Sie sind Fans ... nehmt sie (niemals) ernst!
Sie sind Fans...
...nehmt sie (niemals) ernst!
Sie stehen an roten Teppichen, reichen ehrfürchtig Bücher, CDs, Autogrammkarten, DVDs, Poster zum Signieren an. Fans halten den Schlüssel zum Verständnis in Händen. Sie sind der Schutzwall gegen unberechtigte Kritik von außen.
Und so fordern sie lautstark ihren Anteil ein, denn immerhin stellen sie das Rückgrat dessen dar, was das Objekt der Verehrung ausmacht.
Oder...?
Man nehme als Beispiel: Fußballfans (von Profivereinen): Die glauben, sie wären die Einzigen, die noch mit den Herzen bei ihrem Verein sind. Stimmt vermutlich, denn mit heißem Herzen aus dem Bauch heraus, ist ein Unternehmen im professionellen Fußball nicht zu führen. Das ginge schneller in die Oberliga, als sich Lothar Matthäus auf Englisch in einem Schnellimbiss ein Menu bestellt oder Rudolf Scharping uns etwas über den dopingfreien Radsport erzählt.
Ich interessiere mich zwar für Fußball, aber der geneigte Leser mag sich denken, dass der gemeine Fußballfan wohl nicht das Thema dieses Leitartikels ist. Vielmehr dürfte der Interessierte nun erwarten, dass ich den eleganten Schwenk zu den Fans der Themen des Zauberspiegels hinbekomme. Einige dürften dabei bereits in Abwehrhaltung gehen und sich sammeln um Widerworte gegen die unausweichlichen Thesen (die da kommen werden) zu finden.
Warum also nicht Erwartungen enttäuschen und zum Auftakt der Rückrunde der Bundesliga tatsächlich einmal über den Fußball räsonieren? Nein: Das Thema sind Literaturfans, insbesondere jene, die ihre Literatur (ganz oder zum Teil) in Form des Heftromans (mehr oder weniger) genießen. Die Leute, die sich dann Fan, Sammler oder interessierter Leser nennen, ihnen möchte ich mit diesem Artikel ein paar Sätze ins Stammbuch schreiben - und damit, das gebe ich gerne zu - ein wenig auch mir selbst. Sie werden Euch nicht (unbedingt) gefallen.
Der zweite Satz lautet: Fans sind den Serien gegenüber oft sehr emotional eingestellt. Ihnen fehlt die nötige Distanz um das, was sie lesen, als kommerzielles Unterfangen zu begreifen.
Fans reagieren (oft) einfach nur emotional statt rational. Ein gutes Beispiel für das freundlich umschrieben hin und wieder seltsame Verhalten von Fans war das Geschehen um die MADDRAX-Serie, nachdem Aruula eine Fingerkuppe verlor. Geweint hätten sie, nie wieder würde man die Serie lesen und Ähnliches war zu lesen. Was nun nur noch fehlte war, dass dem Autor des Bandes, Marcus M. Thurner, ebenfalls der Verlust von Fingergliedern oder Schlimmeres angedroht wurde.
Ich war schon soweit, Therapien zu empfehlen.
Sieht so eine Elite von Lesern aus, deren Meinung relevant ist und deren Anregungen man folgen sollte?
Eher nicht. Zumindest hoffe ich es...
Dazu kommen die großen, überraschten Kinderaugen, wenn eine Serie eingestellt wird.
Warum nur?
Der Fan heult entsetzt auf. Wehklagt, wie der Verlag das tun konnte. Schließlich ist diese Serie doch so wichtig und ein Stück Literatur, das verloren geht. Bis auf einige Ausnahmen (Macabros, Brent, Ballard, deren Einstellung auf andere Gründe zurückzuführen sind) wird eine Serie nicht eingestellt, will sie zu gut läuft. Mit Einstellungen will der Verlag den Fan nicht persönlich treffen.
Wirklich nicht!
Manchmal bekommt man bei den Reaktionen auf Serieneinstellungen den Eindruck, in den Katakomben der Verlage hocke eine gesichtslose Macht, die einigen wenigen Fans persönlich den Spaß verderben will und Serien einstellt. Und es erinnert unwillkürlich an die hektische Einrichtung von Krisen-Hotlines, als sich in den 90ern diverse Boygroups trennten und die Fans reihenweise in Depressionen verfielen.
Dem und vielleicht enttäusche ich jetzt einige ist aber nicht so.
Zumeist reichen die verkauften Exemplare einfach nicht aus. Der Break Even Point (der Punkt, an dem Erlöse und Kosten sich aufheben) wird nicht mehr erreicht bzw. gar unterschritten. Das ist dann der Zeitpunkt, wo der Verlag, der nicht das Sozialamt für Fans defizitärer Serien ist, die Serie zumacht.
Das sollten Fans lernen.
Zum 3. und für heute zum letzten Satz:
Der Fan glaubt an die Unverwundbarkeit des Heftromans an sich. Da wird gewehklagt, die Verlage würden lieber neu auflegen, denn was Neues und Innovatives zu starten.
Toll! Gute Idee.
Nur was ist innovativ?
Der Heftroman war zu seinen besten Zeiten der Spiegel populärer Strömungen, Spiegel und Kinder ihrer jeweiligen Zeit und ihrer sozialen, politischen und wirtschaftlichen Umwelt. In den 50igern dominierten Western und Krimis und SF im Kino - und eben das dominierte auch die Spannungsgenres im Heft (Analogien finden sich auch bei den Frauengenres). In den Sechzigern dauert es (überraschend lange) bis der Horror dazu kam.
Der Heftroman war ein billiger Weg, den Traum des Kinos zu verlängern. Doch inzwischen gibt es zahlreiche Alternativen. (Pay-)TV, PC, DVD und noch ein paar Abkürzungen zeigen an, was das Heft ablöst.
Nun kommen dann Fans auf glorreiche Ideen und sagen: Bringt doch im Western mal wieder was Neues. Dieses oder Jenes hat doch einst prima funktioniert.
Jou, einst in den Sechzigern und Siebzigern hat vieles funktioniert. Nur die Sechziger oder Siebziger mit dem ersten Jahrzehnt des neuen Jahrtausends zu vergleichen, ist wie Äpfel mit Birnen zu vergleichen und dann noch Kirschen als Ergebnis zu erwarten.
In den Sechzigern und Siebzigern gab es kein Vollprogramm im Fernsehen und nur drei Programme. Es gab weder DVD noch Video. Keine Dailysoaps, keine Spartenkanäle, kein Kauffernsehen nach Wunsch, kein Onlinefernsehen und längst nicht so viele Serien.
Wer heute erwartet im klassischen Format des Heftes noch etwas starten zu können das ähnlich erfolgreich ist wie JERRY COTTON, PERRY RHODAN, LASSITER, LARRY BRENT oder JOHN SINCLAIR, der ist ein naiver Träumer oder eben - ein Fan.
Gerne wird auch auf Coras Taschenheftemit ihren diversen Serien an Frauenromanen verwiesen, die sich in beeindruckender Breite in den einschlägigen Regalen der Supermärkte aufbauen. Die haben eine ganz andere Tradition und sind neben dem Heft entstanden, nicht statt dessen. Schon das Format gleicht dem eines Taschenbuches. Und um sich gegen Cora durchzusetzen, muss man ein volles Programm starten, das dann eine echte Alternative dazu bildet. Wer hat soviel Geld, das durchzuziehen? Wer will überhaupt soviel investieren, um dann möglicherweise zu scheitern?
Dann lässt man das Heft lieber langsam austrudeln. Schöpf die mageren Erträge ab solange es geht. Bediene mit Wiederauflagen die wenigen nachwachsenden Neufans und akribischen Sammler, schaffe Spin-offs, mit denen auch noch ein bisschen Geld zu machen ist. Und irgendwann ist dann Schluss mit lustig. Auch eine Heftromanserie hat einen Lebenskreislauf, der sich irgendwann mal schließt.
Daher liebe Fans, begreift, dass ihr Euch um Euch selbst dreht und habt einfach Spaß dabei. Das nervt nicht so.
Zudem wünscht man Fans ein wenig weniger Naivität und Emotion. Das nervt dann noch weniger.
Dann können wir alle noch mehr Spaß haben.
Kommentare
da die mystery heftchen in den letzetn jahren nur noch von ü25 gelesen wurden, wurden sie inhaltlich verändert. Und weg wie sonst was können die schlecht gehen weil die serien dieses jahr beendet werden wie ich leider erfahren musste.
Sooo ..., das musste ich mal loswerden
In letzter Zeit habe ich mir gelegentlich mal Westernhefte geholt, so als Badezimmerlektüre. Eine Forsetzungserie fange ich gar nicht erst an, dafür ist es zu stressig, regelmäßig zu einem Laden zu kommen, wo es das überhaupt noch gibt.
Irgedwo habe ich jetzt eine Reklame gesehen, dass auch so ein Ableger von diesem Sado-Maso-Kram, der gerade Mode ist, als Heftserie rauskommen soll. Zitat in der Werbung: Für die Fans von Shades of Grey. (Ich werde sowas nicht mal geschenkt annehmen. Wenn es um Prügel und Schmerzen geht, bin ich ganz bibelfest. Aber nicht die Stelle mit der zweiten hinzuhaltendenen Backe meine ich, sondern: Geben ist seliger denn nehmen.)
Das SM-Zeugs soll wohl die Lücke schließen, nachdem die Kuschelvampire jetzt endgültig zu vielen Leuten zum Hals heraushängen, um damit noch was reißen zu können. Allein an diesen Modewellen, die an- und abschwellen, kann man doch erkennen, dass die Werke, seien es nun Hefte, Bücher oder Filme, eine kommerzielle Sache sind und nicht vom Verlag oder der Filmgesellschaft abgezielt ist, das offenbar sehr wacklige Seelenleben einzelner Fans zu stabilisieren.
Die Aussage mit dem wackeligen Seelenleben ist großartig. Neulich ist die Diskussion um das unsägliche Verhalten von Hardcore-Fans ja noch einmal aufgelebt. Es spottet jeder Beschreibung, was da teilweise an Äußerungen von diesem Personenkreis kommt. Das reicht bis hin zu pauschalen Beleidigungen aller vernunftbegabten Menschen und zur Gleichsetzung von Serienmachern mit kruden Diktatoren aus der Geschichte. Ich denke, der Eskapismus erreicht bei einigen Zeitgenossen eine neue Dimension. Klar, Eskapismus ist der Trivialliteratur seit jeher eigen. Der Leser träumt sich halt in die Rolle von Perry Rhodan, Atlan, Jerry Cotton oder James Bond hinein. Eine eingehende Analyse etwa der Romane von K.H. Scheer unter psychologischen Gesichtspunkten würde wahrscheinlich schnell aufzeigen, dass hier jemand seine Komplexe aufgearbeitet hat - und die der Leser gleich mit. (Ich bin aber trotzdem Scheer-Fan. :-))
Die andere Ebene des Eskapismus: Der gemeine Hardcorefan träumt sich heute in die Rolle des allwissenden Seriensupervisors, der den Machern sagen will, wo's langgeht, freilich ohne auch nur den geringsten eigenen kreativen Gedanken zu haben oder die Fähigkeit, seine "Kritik" zu begründen.