Oh, meine Götter, Teil 20: Herakles IV – Die restlichen Arbeiten

Oh, meine Götter!Teil 20:
Herakles IV –
Die restlichen Arbeiten

Wer trug eigentlich „Eulen nach Athen“?

Wurde Sisyphus je mit seiner Arbeit fertig? Und kam der Götterbote auch immer ausgerechnet dann, wenn der Empfänger gerade leider nicht Zuhause war? Kleine Ausflüge in das Reich der griechischen Mythologie.

Gustav Schwab: Sagen des klassischen AltertumsWie bereits angekündigt, führt die siebte Arbeit unseren Herakles nach Kreta. Hier treffen wir auf einen alten Bekannten aus der Sage von Dädalus und Ikarus. König Minos hat Probleme mit seinem geklauten Stier, der in eine Raserei verfallen ist und ihm nun das ganze Land verwüstet (kurze Erinnerung: Poseidon hat Minos zum Thron verholfen, wofür ihm Minos einen wunderschönen Stier als Opfer versprochen hat. Dann hat Minos den Stier aber einfach behalten, weshalb Poseidon den Stier zu einem rasenden Untier gemacht und dafür gesorgt hat, dass sich Minos´ Angebetete in den Stier verliebte, woraus der Minotaurus entstanden ist).

Wir ahnen es schon: Diesen wild gewordenen Stier soll Herakles nun bändigen und zu Eurystheus bringen. König Minos ist froh über die Möglichkeit den Stier loszuwerden, und hilft Herakles höchstpersönlich beim Einfangen des Tieres. Dank seiner halbgöttlichen Fähigkeiten ist es für Herakles ein Leichtes, den Stier zu bändigen, und so reitet er auf dessen Rücken zurück zu Eurystheus. Dieser ist zufrieden mit der siebten Aufgabe, hat aber an dem Stier nur kurze Zeit Interesse und lässt ihn schon bald wieder frei. Nun nicht mehr unter Herakles´ Einfluss, verfällt der Stier in Freiheit wieder in seine Raserei und soll uns in Verbindung mit einem anderen Helden nochmal wieder begegnen. Aber dazu mehr in einer anderen Sage.

Herakles kann sich nun seiner achten Arbeit widmen. Diesmal geht es für ihn zu König Diomedes. Der herrscht über die kriegerischen Vistonen und ist selbst ein Sohn des Kriegsgottes Ares. Wie es sich mit einem solchen Vater gehört, ist Diomedes nicht unbedingt für seine Sanftmut bekannt. Die Spitze seines grausamen Eisberges bilden seine Stuten, wilde und starke Bestien, denen Diomedes unglückliche Fremde, die sich in sein Reich verirren, zum Fraß vorwirft. Diese Stuten nach Mykene zu bringen ist die achte Aufgabe für Herakles.

Bei den Vistonen angekommen findet Herakles die besagten Stuten ohne Schwierigkeiten. Er überwältigt den blutrünstigen Diomedes und wirft ihn den Stuten in die Futterkrippe. Der König wird von seinen Stuten gefressen, die durch das Verspeisen ihres Herrn zahm werden. Herakles nimmt die Tiere mit, wird jedoch von den Vistonen verfolgt und muss sich ihnen im Kampf stellen. Die Stuten übergibt er in der Zwischenzeit seinem Freund und Begleiter Abderos, einem Sohn vom Götterboten Hermes. Dummerweise bekommen die vermeintlich zahmen Stuten aber in Herakles´ Abwesenheit doch wieder Hunger auf Menschenfleisch. Als Herakles die Vistonen zurückgeschlagen hat und wieder zu den Stuten kommt, findet er nur noch die Überreste seines Freundes Abderos. Er kann die Stuten aber wieder bändigen und sie nach Mykene bringen. So ist auch die achte Arbeit erledigt.

Falls sich schon jemand gefragt hat, wann Herakles denn nun mit Iason auf Argonautenfahrt geht: Das macht er genau jetzt, zwischen achter und neunter Aufgabe. Nachdem er vorzeitig von der Vlies-Mission zurückgekehrt ist, soll er für Eurystheus als nächstes den Kriegsgürtel der Amazonenkönigin Hippolyte beschaffen. Hippolyte hat diesen Gürtel von Ares selbst als Geschenk bekommen und trägt ihn seitdem als Zeichen ihrer Herrschaft über ihre gefürchteten Amazonen. Herakles sammelt ein paar Freiwillige (eine Gelegenheit, seinen Heldenmut zu beweisen, ist ja bei den Griechen gerne gesehen) und reist per Schiff über das Schwarze Meer zur Amazonenstadt Thermistyra. Hätte Herakles das mal eher gewusst, denn da ist er ja mit den Argonauten auch schon vorbeigefahren. Aber sei´s drum, als Hippolyte den schmucken Helden sieht, willigt sie sofort ein, ihm den Gürtel freiwillig zu geben. So hätte die neunte Arbeit eine ziemlich einfache Geschichte werden können, aber Hera ist immer noch nicht fertig mit ihrem speziellen Freund Herakles. Sie nimmt die Gestalt einer Amazone an und streut unter Hippolytes Volk das Gerücht, Herakles wolle ihre Königin entführen. So kommt es zum Angriff der Amazonen auf das Lager von Herakles und seinen Männern. Ein erbitterter Kampf ist die Folge, bei dem sowohl einige der Männer als auch viele Amazonen fallen. Schließlich fliehen die letzten Kriegerinnen. Hippolyte aber händigt Herakles den Gürtel trotz allem aus, schließlich hat sie ihm das versprochen. So kann Herakles auch den neunten Auftrag erfüllen und den Gürtel nach Mykene bringen.

Als zehnte und somit letzte Aufgabe soll Herakles die Rinder des Riesen Geryones zu Eurystheus bringen. Der Vater von Geryones ist der König von Iberien und hat noch drei weitere Riesen als Söhne, die jeweils ein furchteinflößendes Heer befehligen, was den Rinderklau nicht unbedingt erleichtert, ebenso wie der zweiköpfige Hund, der die Herde bewacht. Aber Herakles meistert auch diese Aufgabe: Er segelt zunächst nach Iberien, wo den drei Söhnen des Königs mit ihren Heeren gegenübersteht. Im Zweikampf tötet er alle drei Söhne. Dann segelt er weiter zur Insel Erythia, wo Geryones mit seiner Rinderherde lebt. Er erschlägt den Hund mit den zwei Köpfen und auch Geryones tötet er mit einem Pfeil. Hera selbst erscheint während des Kampfes zwischen Herakles und dem Riesen, um unseren Helden an der Vollendung seiner Aufgaben zu hindern, doch auch sie wird von einem von Herakles´ Pfeilen in die Schulter getroffen und muss verwundet fliehen. Freie Bahn also für Herakles, der die Rinder nun ungehindert nach Mykene schaffen kann.

Somit sind also zehn Aufgaben erledigt, und Herakles ist fertig mit seinem Dienst an Eurystheus, könnte man meinen. Doch der König von Mykene erkennt zwei der erledigten Aufgaben nicht an: zum einen das Töten der Hydra, weil Herakles Hilfe von Iolaos gebraucht hat, und zum anderen das Ausmisten der Ställe von König Augias, weil unser Held einen Lohn für seine Arbeit erhalten hat. Daher muss Herakles noch zwei weitere Aufgaben erfüllen. Nun soll ein für alle Mal Schluss sein mit dem gefährlichen Vetter, denkt sich Eurystheus, denn durch all die erfüllten Aufgaben ist Herakles´ Ansehen in Mykene noch mehr gestiegen. Der König sieht seinen Thron durch Herakles nun mehr bedroht denn je, und so sollen die letzten zwei Aufgaben wirklich unmöglich sein und bestenfalls tödlich enden.

Als Zeus und Hera geheiratet haben, machte Gaia den beiden ein sehr besonderes Hochzeitsgeschenk. Sie ließ einen Baum voll goldener Äpfel wachsen, der seither in einem Garten von den Hesperiden, vier Jungfrauen, die als Töchter der Nacht gelten, bewacht wird. Außerdem bewacht noch ein hundertköpfiger Drache den Baum, der (wie sollte es anders sein) niemals schläft. Das ist aber noch nicht alles: Niemand weiß, wo sich der Garten mit den goldenen Äpfeln befindet. So ist es also für Herakles eine recht knifflige Aufgabe, die Eurytheus sich da ausgedacht hat: er soll drei der goldenen Äpfel stehlen.

Lange irrt Herakles planlos durch die Weltgeschichte und sucht nach dem Garten der Hesperiden. Auf seiner Suche kommt er in den Kaukasus und findet dort Prometheus, der immer noch an seinen Felsen gekettet von dem Vogel malträtiert wird, der von seiner Leber frisst. Herakles hat Mitleid mit dem Gefangenen und erschießt erstmal den Vogel. Und auch um Prometheus´ Fesseln zu lösen, hat Herakles eine Idee. Zeus hatte damals verfügt, dass Prometheus erst befreit werden kann, sobald jemand freiwillig quasi als sein Stellvertreter zu sterben bereit ist. Und wie es der Zufall will, hat Herakles ja dem verwundeten Zentauren Chiron versprochen, ihm die Erlösung des Todes zu bringen. So nimmt Chiron also Prometheus´ Todesurteil an und der Feuerbringer ist befreit. Und, wer hätte das gedacht, Prometheus weiß sogar den Weg zu dem Garten mit den goldenen Äpfeln. Er erklärt Herakles, dass er dorthin gehen muss, wo der Titan Atlas das Himmelgewölbe trägt, nämlich an das westliche Ende der Welt. Direkt daneben befände sich der gesuchte Garten. Prometheus rät ihm außerdem, die Äpfel nicht selbst zu stehlen, sondern lieber Atlas zu den Hesperiden zu schicken.

Gesagt, getan. Herakles reist ans westliche Ende der Welt, und bittet Atlas, die Äpfel für ihn zu holen. In der Zeit trägt Herakles das Himmelsgewölbe für ihn. Als Atlas wiederkommt, legt er die drei Äpfel vor Herakles nieder. Doch einmal die Schultern frei, hat Atlas wenig Lust, die schwere Last wieder auf sich zu nehmen. Der Titan will Herakles schon stehen lassen, als dieser ihn bittet, das Himmelsgewölbe nochmal ganz kurz zu nehmen, damit er sich wenigstens die Schultern polstern kann. Der alte „halt-mal-kurz“-Trick… Kaum hat Atlas das Gewölbe wieder an sich genommen, schnappt sich Herakles die drei Äpfel und sieht zu, dass er wegkommt.

So hat Herakles auch die elfte Arbeit absolviert. Die letzte Aufgabe soll aber nun auch wirklich den Tod des Helden bedeuten, und so schickt ihn Eurystheus dahin, wo er glaubt, dass seine Heldenkraft nicht wirken kann: Herakles soll Kerberos, den dreiköpfigen Höllenhund, aus der Unterwelt heraufbringen.

Herakles geht bei kundigen Priestern in die Lehre, lässt sich in die Geheimnisse der Unterwelt einweihen und sich von dem Mord an den Zentauren entsündigen, was sich wohl empfiehlt, wenn man in das Reich der Toten hinabsteigt. In dieser Weise vorbereitet, steigt Herakles in die Unterwelt hinab. Die Seelenschatten der Toten fliehen bei seinem Anblick, nur die Seele von unserem Eberjäger Meleager bleibt und plaudert ein bisschen mit Herakles, nicht ohne ihm Grüße an seine Schwester Deianira mitzugeben. Im Vorbeigehen befreit Herakles Theseus (aber das ist eine andere Geschichte) und gelangt schließlich zu Hades, Zeus´ Bruder und Hüter der Unterwelt. Hades will Herakles zunächst nicht durch das Tor in die Totenstadt lassen, doch als der Held ihn mit einem seiner giftigen Pfeil an der Schulter verletzt, leidet der Gott Qualen und erlaubt schließlich, Kerberos mitzunehmen, falls Herakles den Hund mitbekommt, ohne seine Waffen einzusetzen. Und so tritt Herakles dem Höllenhund nur mit seinem Brustharnisch und seiner Löwenhaut gegenüber. Aber mit unbewaffneten Kämpfen kennt sich Herakles ja aus: Wie schon beim nemeischen Löwen springt Herakles dem Kerberos auf den Rücken, umschlingt seinen Hals und schnürt ihm so lange die Luft ab, bis das Tier ohnmächtig wird.

Er schultert den Höllenhund und bringt ihn zu Eurystheus, der seinen Augen kaum traut. Nun sieht der König ein, dass er Herakles wohl so leicht nicht loswerden wird und entlässt ihn resigniert aus seinen Diensten. Herakles verlässt Mykene, bringt Kerberos zurück zu seinem Eigentümer und kehrt endlich nach Theben zurück.

Mit der Beendigung der zwölften Aufgabe endet vermutlich auch das allgemein verbreitete Wissen um die Herakles-Sage. Doch auch nach dem Dienst an Eurystheus geht Herakles´ Geschichte noch weiter. Dazu mehr beim nächsten Mal.

Mehr dazu in:  »Sagen des klassischen Altertums« (1838-1840) von Gustav Schwab

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