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Die alten Helden sind müde - In den Ruhestand mit ihnen …

Zauberwort - Der Leit(d)artikelDie alten Helden sind müde
In den Ruhestand mit ihnen …

Bastei Lübbe will an der Marke »Geisterjäger John Sinclair« nicht nur festhalten, sondern diese und deren multimediale Präsenz auch ausbauen und gar ›internationalisieren‹. Vorstandsvorsitzender Thomas Schierack zeigt sich da ganz optimistisch … John Sinclair ist aber ein Auslaufmodell, eine Art VW-Käfer, ein Nierentisch oder ein anderes Relikt mit dem Charme der Adenauer-Ära. Bastei Lübbe klammert sich immer noch an überkommene Traditionen.


John Sinclair ist aber ein Auslaufmodell, eine Art VW-Käfer, ein Nierentisch oder etwas Ähnliches. Bastei Lübbe klammert sich immer noch an überkommene Traditionen.

Auch in der Unterhaltung, der trivialen zumal, sollte man nicht die Asche bewahren, sondern die Flamme weitergeben (um Thomas Morus mal wieder die Ehre zu geben). Gerade Trivialkultur, sprich Unterhaltung, ist abhängig von Trends und Zeitgeist. Das hat nichts mit ewiger Gültigkeit zu tun, sondern ist Modeerscheinungen und (teilweise) kurzfristigen Trends unterworfen. Und nur weil Bastei 1954 mit »Jerry Cottton« eine Erfolgsformel für ihre Spannungsromane gefunden hat und »John Sinclair« eine Adaption des bekanntesten deutschen ›G-Man‹ unter Berücksichtigung des Übersinnlichen ist, folgert daraus nicht, dass diese Erfolgsformel ist.

Im Gegenteil: Das Ganze ist überaltert. Aufgabe des Heftromans (oder ähnlicher Formate wie Taschenhefte oder auch eBook-Adaptionen davon) ist das Multiplizieren gültiger und aktueller Unterhaltungstrends. Davon kann bei John Sinclair nicht mehr die Rede sein. Diese Vorgabe hat er bestenfalls in Siebzigern und frühen Achtzigern erfüllt.

Denn John Sinclair ist eine Figur und eine Marke der Wurzeln nicht nur in den Siebzigern liegen, sondern vielmehr eher den Heldentypen entstammt, die aus den fünfziger und sechziger Jahren stammen (und eben seine Wurzeln bis zu »Jerry Cotton« zurückverfolgen kann). Das hat zwar Charme, entspricht aber nicht mehr gültigen Unterhaltung.

Man sehe sich TV-Serien wie »Supernatural«, »American Horror Story« und »Fringe«. Das hat mit den Traditionen in der die »John Sinclair«-Serie steht nicht mehr viel zu tun. Da ist ein Relikt, dass Currywürste isst, zu wenig Schlaf bekommt und der verdammt oft ›verdammt‹ sagt.

Aber Bastei fragt man sich offensichtlich: Womit hatten wir in der Vergangenheit Erfolg? Welche unserer ›Marken‹ kennt der Leser?

Aber kann man die frage überhaupt so stellen?

Nein, nein und nochmals nein …!

Die Frage sollte anders lauten. Sie muss heißen: Was ist heute in Film, Fernsehen in Büchern und Comic Trend? Was unterhält die Leute oder am besten morgen? Wie können wir das adaptieren?

Oder anders formuliert: Welche Erfolgsformeln sind heute gültig und welche werden in drei bis fünf Jahren gültig sein?

Das sind nicht mehr die Cottons und Sinclairs … Man sehe sich Film und Fernsehen an. Wo findet man heute noch solche Helden? Nirgends, außer bei Bastei, Kelter und den Kleinverlagen, die Heftserien neu auflegen und fortführen.

Hans Hartz sang einst ...

Die weißen Tauben sind müde

Die alten Helden sind es ebenso. Es wird Zeit an deren Ende zu denken. Auch in der Unterhaltung gibt es den Kreislauf des Lebens. Komatöse Patienten hält man nicht ewig am Leben.

Seien wir ehrlich. Bastei soll die Cashcows »Cotton« und »Sinclair« noch melken solange sie Milch geben, aber es wird Zeit für die nächste Erfolgsformel und die übernächste Erfolgsformel auch, denn unsere Zeit wird kurzlebiger. Immer schneller verändert sich das Geschäft. Mit Bastei Entertainment und Lübbe Audio sowie Kontakten zu anderen Firmen aus der vielfältigen Unterhaltungsindustrie (Film- und TV-Produzenten, Comuterspielhersteller und was es da nicht so alles gibt) kann man auch an echte 360° Vermarktung (ein Schlagwort bisher, das noch mit Leben erfüllt werden muss) angehen, aber muss man dafür auf alte Sachen zurückgreifen, auf überkommenes Material und Dinge auf dem absteigenden Ast.

Aber das Klammern an traditionellen Namen bringt nichts, solange ich die Asche verehre,  anstatt neue Glut zu entfachen. Bastei hat eine Tradition in Sachen Unterhaltung, aber wenn die Herren (so weitermachen), dann wird diese Tradition eher zu einem musealen Ausstellungsstück. Man muss auch Abschied nehmen können und aus der Asche neue Phönixe kommen lassen.

Es ist an der Zeit zu handeln und nicht alte Erfolgsrezepte zu Tode zu pflegen.

 


Kommentare  

#46 Katja 2014-03-26 10:22
Es gibt ja durchaus noch erfolgreiche Heftromane. Die Liebesromane von Cora Verlag sind noch immer sehr gut verkauft. Das ist alt Genreabhängig. Männerromane laufen nicht mehr. Grusel und so weiter auch nicht. Daher werden nun auch die Mysteryserien von Cora vom Markt genommen. So ist das halt. Diese Sachen laufen dafür in Buchform gut.
#47 Lefti 2014-03-27 09:51
Cora hat ebenfalls einen absoluten Einbruch erlitten. :sigh:
#48 Laurin 2014-03-27 09:57
Bei uns in der Stadt sind die Ständer mit den CORA-Taschenheften längst verschwunden. Wie es anderswo aussieht, kann ich aber nicht sagen. Nur ein Allheilmittel scheint auch das Format Taschenheft nicht wirklich zu sein. Und wenn CORA wirklich die Mysteryserien vom Markt nimmt, dann scheint ja wohl insgesamt irgendwo der Wurm (stärkere rückläufige Verkaufszahlen) drin zu sein.
#49 Pisanelli 2014-03-27 12:08
Gibts CORA-Hefte als Ebooks? Dann könnte sich die Abnahme auch einfach verschoben haben.
#50 Laurin 2014-03-27 12:49
Nun ja, wenn es sie als eBook gibt, wird dies wohl schon länger der Fall sein, weshalb ich an eine massive Verschiebung nicht glauben kann. Und wenn Katja schon von der Einstellung einer Reihe bei CORA spricht, dürfte sich die Verschiebungsfrage wohl generell erledigt haben. Ich glaube da ist Lefti näher an der Realität dran, wenn er von stark sinkenden Verkaufszahlen spricht.
#51 Katja 2014-03-27 13:01
Es gibt nahezu alle Coras als ebook, Cora hat das größte Backlistprogramm. Und zusätzlich das neue Laben books2read erschaffen. Die Liebesromane sind bei Cora wie eh und je sehr beliebt und sehr gut verkauft. Die Mysteryserien ware schon seit Jahren stark an der Grenze zur Einstellung, daher gab es viele Umstellungen im Format dort. Neue Aufmachung, ältere Protagonistinnen.. Doch das hat nichts gebracht, das liegt am Genre. Denn das Genre ist in Buchform sehr beliebt, die Leser wollen aber eben längere Texte.

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