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Helden, Zamorra und Weinland

Teestunde mit RolfMoin Rolf. Wer dich kennt weiß, dass die letzte Zamorra-Kolumne von Rudi Bading dir keine Ruhe lässt. Du wirst etwas dazu sagen müssen. Gut, dann mal los. Der Tee ist serviert …
 
Helden, Zamorra und Weinland
 
Wieder einmal sorgt Rudi Badings Zamorra-Kolumne dafür, die laufende Handlung aus den Anfangstagen von Werner-Kurt Giesa als Schriftsteller kurz zu unterbrechen, weil mein angedachter Kommentar zu umfangreich geworden wäre.
Es lohnt sich aber, diesen Artikel und vor allen die sehr interessanten Kommentare dazu sich noch mal durchzulesen.

Doch was dort geschrieben steht, trifft eben auf die heutige Zamorra-Serie und eine Schriftstellerei zu, die teilweise bereits in Krimis und anderen Bereichen Erfolge verzeichnen konnte. Und die teilweise in Kursen ›erlernt‹ wurde. Bei Werner und nachher auch bei Manfred Weinland und mir war alles etwas anders. Wir kamen aus dem Fandom und waren dort bereits ›als Schriftsteller‹ erfolgreich, ohne jemals den Schimmer der Hoffnung haben zu können, dass unsere ›Werke‹ einmal anders als mit Spiritus-Umdruck oder Fotokopien veröffentlichen zu können. Aber in irgendwelchen Kursen gelernt haben wir das nicht. Es kam ›einfach so raus geflossen‹.

Wo Werner und ich in Bezug auf die Schreibe herkommen, habe ich in den letzten Wochen noch mal ausreichend erzählt. Manfred Weinland, den heutigen Phantastik-Fans und Zamorra-Lesern besser bekannt als ›Adrian Doyle‹, kannte Werner aus dem SF-Fandom. Ob er auch in der AGSF war, kann ich nicht mehr sagen. Jedenfalls war er für mich ein ›unbeschriebenes Blatt‹, mit dem Werner gelegentlich mal einen Roman zusammen verfasste.

W.K. war begeistert von Manfred Weinlands Schreibe und meinte, sie würde sich der Seinen total anpassen. Das stimmt auch. Denn man kann bei ihnen im Text des Romans nicht erkennen, wo der eine aufgehört und der andre begonnen hat. Ganz im Gegensatz zum 666er Zyklus, wo ich ohne es zu ahnen meine ›Zugabe zur Abschieds-Vorstellung‹ gegeben habe. Da ist sofort erkennbar, welcher Text von Werner kommt und welcher von mir. By the way - als meine Abschieds-Vorstellung bei Zamorra betrachte ich den Roman »Am Tor zur Hölle«, der die Irrfahrten des Odysseus auf eine etwas andere Art erzählt.

Die Co-Produktionen mit Manfred Weinland gab es schon, bevor ich beim Zamorra rein kam und sie wurden auch immer mal wieder gemacht. Auch wenn Manfred Weinland dann gelegentlich auch mal einen kompletten ›Professor Zamorra‹ schrieb - und auch schon andere komplette Romane im Bastei-Heft-Angebot. Wenn ich mich recht erinnere, lernte ich Manfred Weinland erst auf dem Marlos-Con in Frankfurt kennen. Da lernte ich auch Hexen Hermann kennen.

Allerdings baute Manfred Weinland seine Zamorra-Handlungen immer so auf, dass sie mit dem Gesamt-Konzept nicht kollidierten, das Werner und ich eben an den Wochenenden in Ahnatal bei Bier und ›Ahler Wurschd‹ zusammen ›bastelten‹. Als Werner dann ab Mitte 1986 aus den schon oft erwähnten Gründen den »Professor Zamorra« alleine schreiben musste, war auch Manfred Weinland erst mal aus der Serie und musste sehen, wie er als Profi-Autor zurecht kam. Seine Romane und auch seine Nebenfiguren der damaligen Zeit haben deshalb dann auf die weiteren Handlungsebenen keinen Einfluss gehabt. Sicher hätten wir im Lauf der Zeit alle drei Handlungsstränge verwoben. Heute mit dem Internet wäre so was möglich. Damals jedoch wohnte Manfred Weinland zu weit weg, als dass der Kontakt so eng werden konnte, wie er zwischen W.K. Giesa und mir war.

Aber dennoch bleibt zu sagen, dass die ›alten‹ Zamorra-Autoren eben keine ›gelernten Schriftsteller‹ waren, sondern eigentlich immer die Phantastik-Fans geblieben sind, die mit ihren kreativen Ideen neue Wege beschreiten wollten. Und das oft genug gegen den erklärten Willen der Redaktion. Ich zweifele mit Berechtigung an, dass Werner Kurt Giesa mit seinen für die damaligen Zeiten absolut progressiven Gedanken in einer ›Grusel-Serie‹ bei einem anderen Redakteur als Helmut ›Jason Dark‹ Rellergerd, eine Chance bekommen hätte. Die Gründe habe ich in den vergangenen Teestunden schon mehrfach aufgezeigt. Nur ab und an bekamen wir vom ›Chef‹ einen wohlgemeinten Wink, es nicht zu übertreiben - besonders mit den Nebenfiguren der Serie.

John Sinclair kam mit Suko und Bill Conolly aus. Im weitesten Sinne noch mit Sir James und Glenda Perkins. Beim Zamorra waren manchmal bis zu 20 ›hauptamtliche‹ und sicher mehr als 30 ›neben- und ehrenamtliche‹ Nebenfiguren in der Handlung. Allerdings nicht, wie später bei »Mythor« ein wahrer ›Rattenschwanz‹, der dem Helden in jedem Roman folgte wie weiland Jesus seine Jünger und auch jede Figur wenigstens eins bis zwei Sätze sprechen musste, damit die ›Hard-Core-Fans‹ keinen Aufstand probten. Beim Zamorra wurden die Nebenfiguren nach ihren Fähigkeiten ausgesucht, wie die dem ›Herrn Professor‹ bei seiner jeweiligen ›Operation‹ mit ihren speziellen Fähigkeiten am besten ›assistieren konnten‹.

Fast in jedem Roman bekamen neue und auch interessante Figuren Leben eingehaucht. Eigentlich manchmal nur für einen einzigen Roman vorgesehen wie bei Werner damals Monty G. Ryker oder Magnus Friedensreich Eysenbeiß kamen sie beim Autoren doch so gut an und entwickelten ein Eigenleben, das sich einfach in weitere Romane rein drängte. Sicher, sie kamen erst mal beim Autor gut an und der hoffte, dass der Leser seine Liebe für diese Figur teilen würde. Denn immerhin war und ist vermutlich heute noch die Zeitspanne vom Schreiben eines Heftromans bis zu Erscheinen ein halbes Jahr.

Als Werner seine ersten Zamorra schrieb, gab es nur zwei feststehende Nebenfiguren - nämlich Nicole Duval und Bill Fleming. Nicole wurde bei Werner dann sehr schnell zur unverzichtbaren Hauptfigur. Bill Fleming aber ging zurück in die zweite und dritte Reihe, als Werner begann, eigne immer wieder kehrende Figuren in die Serie einzubauen und nicht mehr ab Seite 63 in der ewigen Versenkung verschwinden zu lassen.

Eine ›Helden-Serie‹ ist am einfachsten mit dem Aufbau eines Stückes im Kasper-Theater zu vergleichen. Die ›gute Seite‹, das sind meist der ›Kasper‹ - Held in allen Lebenslagen, der neben dem Räuber und dem Krokodil auch den Tod und den Teufel mit einer ›Pritsche‹ besiegt - dazu die Gretel oder ersatzweise die Großmutter oder die Prinzessin, die aus den Klauen des vorgenannten Personenkreises gerettet werden muss und dazu der ›Seppel‹, der gute Freund in allen Lebenslagen, der versucht zu helfen und sich bemüht, dem Helden dabei nicht gerade im Wege zu stehen.

Jason Dark nimmt es für sich in Anspruch, die Serie ›Professor Zamorra‹ erfunden zu haben. Und zwar nach genau dem gleichen Strickmuster, an das er allerdings nicht gedacht hat. Der Kasper - Zamorra, keine Frage, die Gretel, die gerettet werden muss ist die Nicole und Bill Fleming musste die Rolle des Seppel übernehmen. Ketzerisch gesagt - diese Serie in der ursprünglichen Form hätte jeder aus dem damaligen Fandom entwickeln können. Und sie wäre schon lange Jahre vom Markt, hätte W. K. Giesa da nicht etwas Besonderes draus gemacht.

Im John Sinclair ist der Meister übrigens vom eben beschriebenen Schema abgewichen. Zwar hat er mit Suko und Bill Conolly (ich vermute, der inzwischen verstorbene Sänger der Pop-Guppe "Sweet" stand hier für den Namen Pate) zwei Seppel-Figuren - aber John Sinclair hat keine feste Freundin, die er ständig retten muss - wie Zamorra in den ersten Bänden. Glenda Perkins erfüllt die Rolle der ›Gretel‹ nur bedingt.

W.K. Giesas Verdienst ist es, Nicole Duval aus der Rolle einer Nebenfigur zu einer fast gleichberechtigten Hauptfigur zu machen, die fast genau so stark ist wie der Held - in manchen Dingen wie z.B. als ›Flammenschwert‹ ist Nicole dem ›Meister‹ sogar voraus. Nicole Duval bekam von Werner neue Fähigkeiten sie sie in die Lage versetzten, auch eigenständig gegen Dämonen zu kämpfen.

Diese Metamorphose zur ›echten Dämonen-(Be-)Kämpferin‹ machte Bill Fleming nicht mit. Seinen Namen hat Bill vermutlich von ›Ian Fleming‹, den Erfinder von ›James Bond‹. Denn Jason Dark ist absoluter James Bond-Fan.

Nicole war seinerzeit einer der beliebtesten Mode-Namen für Mädchen und den Namen ›Duval‹ gibt es in Frankreich wie bei uns ›Müller‹ oder ›Meier‹. Leider konnte ich den Zeitsprung in die Französische Revolution nicht mehr schreiben, wo Nicole ihre Ur-Ahnin Constanze, Comtess du Valois, vor der Guilottine rettet, auf die sie ein Dämonen im Auftrag des Asmodis bringen will um zu verhindern, dass Nicole Duval jemals geboren wird. Das war so eine der Ideen für Zeit-Abenteuer, die mit dem Rom-Zyklus begannen und in denen Asmodis versucht, durch Manipulationen der Vergangenheit die heute Situation grundlegend zu ändern. Werner hatte nichts gegen dieses Konzept, aber bei den wenigen Romanen, die ich nur schreiben konnte, mussten diese Zeit-Abenteuer immer wieder in den Hintergrund treten und ›geschoben‹ werden.

Wäre Werner damals durch die Kooperation mit G. M.Schelwokat noch stärker bei Pabel im Geschäft gewesen, hätte ich in dieser Hinsicht beim Zamorra mehr machen können. Aber wie wir ja wissen war es gerade der Zusammenbruch der Phantastik-Serien beim Pabel-Verlag, der Professor Zamorra zum ›echten Helden‹ werden ließ. Er rettete nämlich seinen Autoren, indem er die einzige Serie war, in der dieser dann noch mitschreiben konnte.

Ich hatte dann noch gehofft, mit Zamorra-Zeit-Abenteuern bei den Hard-Cover was machen zu können. Aber Werner, der dort die Autoren einsetzte, erklärte mit kategorisch, solche Sachen kämen heute bei den Lesern nicht mehr an. Außerdem gäbe es so viele Hintergründe beim Zamorra, die für den Leser interessant wären und durch andere Autoren aufgehellt werden müssten, weil die eben voll in der aktuellen Serie mit drin waren.

Aber zurück zu Bill Fleming. Er war und blieb, was er von Anfang an war. Ein ›B-Held‹ - ein ›Wasser-Träger‹ wie ich das gern nannte. Einer aus dem Fußvolk, dem man zwar eine Aufgabe übergeben kann, die dieser auch getreulich ausführt. Aber der mehr als angreifbar bleibt, weil er über keine besonderen Fähigkeiten verfügt.

Dennoch wurde Bill Fleming immer verschont, wenn es mal wieder drum ging, dass wieder mal einige ›von den Guten‹ dran glauben mussten, wenn der ›Wanderzirkus Zamorra‹ zu groß geworden war. Irgendwie wurde Bill Fleming da immer ausgeklammert, weil er ja von Anfang an dabei war - auch wenn er immer nur mal gelegentlich erwähnt wurde und sehr selten zum Einsatz kam.

Ich gestehe, dass ich Bill Fleming immer an die Spitze der Liste gesetzt habe, wenn ich mir mit Werner bei den Bier-Konferenzen in Ahnatal Gedanken machte, das Umfeld des Professors etwas auszudünnen, damit ›Neues nachwachsen kann‹. Rudi, der sich in seiner Kolumne als Freund Bill Flemings geoutet hat, wird mich vermutlich jetzt in die sieben mulivianischen Höllen verfluchen - aber das kann er gern tun, denn die sind eine Fantasy-Erfindung von mir und haben keine Grundlage in den alten Grimorien, wie die Höllen-Hierarchie des Kaisers LUZIFER. In etwas, das nicht existiert, könnt ihr mich ruhig hin verfluchen. 

Bill Fleming war der ideale Freund, Zweit-Held und Assistent bei der Befreiung der Frau aus den Klauen des Teufels in den ersten 110 Bänden der Serie ›Professor Zamorra‹. Mit Band 111 »Lockruf aus dem Jenseits« brachte Werner Kurt Giesa frischen Wind in die Serie, neue Ideen und neue Charaktere für Neben-Figuren.

Bill Fleming hatte außer seinen recht großen physischen Kräften und seinem Wissen in vielen Bereichen nichts, was ihn in der PZ-Handlung, wie sie jetzt begann, unentbehrlich machte. Gewiss, Werner setze ihn in seinen ersten Bänden als ›vorgegebene Figur‹ immer noch mal mit ein. Aber je mehr er die Serie in den Griff bekam, umso weniger wurde Bill Fleming gebraucht. Ich weiß gar nicht, ob ich ihn jemals in einem meiner Romane dabei hatte. Vermutlich wurde er immer mal unter ›ferner liefen‹ mit erwähnt.

Ich brauchte ihn auch nicht, weil ich die Romane, die ich eben von Werner zugeschoben bekam, nutzen musste, um meinen eigenen Figuren Profil zu geben. Um die Figur Bill Fleming weiter zu entwickeln hätte ihn Werner etwas in Richtung ›Indiana-Jones‹ driften lassen müssen. Aber so begeistert W.K.G. auch von dem peitschenschwingenden archäologischen Grabräuber war - er hat nie daran gedacht, aus Bill Fleming etwas Ähnliches zu machen.

Und als W.K. und ich dann mal wieder für uns so überlegten, dass es mal eine richtig ›prominente Figur‹ erwischen müsse, da war das ›Todesurteil‹ über Bill Fleming gesprochen. Werner wehrte sich zwar etwas, weil er meinte, dass wir das »dem Helmut nicht antun können«. Aber dann kam auch W.K. zu der Erkenntnis, dass der Redakteur das vermutlich gar nicht bemerken würde. Und wenn, dann würde er mit einem Achselzucken drüber hinweg gehen.

Werner erklärte dann das Ausscheiden des Bill Fleming aus der Serie zur ›Chef-Sache‹. Und er bereitete den braven und biederen Archäologen einen Heldentod in sechs Akten, wie man so schön sagt.

Im Gegensatz zu der Art, wie Werner in späteren Jahren seine ›Spielfiguren‹ in liebloser Weise ›von der Platte nahm‹ bekam Bill Fleming ein ›Ableben erster Klasse‹. Erst bekam der ewigen Junggeselle eine Freundin, die seine große Liebe wurde - und die dann durch einen tragischen Verkehrsunfall starb. Das machte Bill Fleming dann vom ›Gutmenschen‹ im Verlauf einiger Romane zum erbitterten Feind Zamorras - der jedoch kurz vor seinem Tod sein Unrecht eingesehen hat und in Frieden stirbt. Werner hat ihn dann auch aus dem Totenreich immer noch mal mit agieren lassen.

So viel zu Bill Fleming, mit dessen Figur ich niemals so recht warm geworden bin und den Werner im Tode noch einmal richtig groß werden ließ. Pater Aurelian, den Rudi in seiner Kolumne ansprach, ist dagegen ein anderer Fall. Zumal er für mich von der Entwicklung her und das was ich mit ihm vorhatte, ganz am Anfang stand.

Doch davon erzähle ich in der nächsten Woche. Bei dann also...

Moin Rolf. Wer dich kennt weiß, dass die letzte Zamorra-Kolumne von Rudi Bading dir keine Ruhe lässt. Du wirst etwas dazu sagen müssen. Gut, dann mal los. Der Tee ist serviert …

 

Helden, Zamorra und Weinland

 

Wieder einmal sorgt Rudi Badings Zamorra-Kolumne dafür, die laufende Handlung aus den Anfangstagen von Werner-Kurt Giesa als Schriftsteller kurz zu unterbrechen, weil mein angedachter Kommentar zu umfangreich geworden wäre. Es lohnt sich aber, diesen Artikel und vor allen die sehr interessanten Kommentare dazu sich noch mal durchzulesen.

 

Doch was dort geschrieben steht, trifft eben auf die heutige Zamorra-Serie und eine Schriftstellerei zu, die teilweise bereits in Krimis und anderen Bereichen Erfolge verzeichnen konnte. Und die teilweise in Kursen ›erlernt‹ wurde. Bei Werner und nachher auch bei Manfred Weinland und mir war alles etwas anders. Wir kamen aus dem Fandom und waren dort bereits ›als Schriftsteller‹ erfolgreich, ohne jemals den Schimmer der Hoffnung haben zu können, dass unsere ›Werke‹ einmal anders als mit Spiritus-Umdruck oder Fotokopien veröffentlichen zu können. Aber in irgendwelchen Kursen gelernt haben wir das nicht. Es kam ›einfach so raus geflossen‹.

 

Wo Werner und ich in Bezug auf die Schreibe herkommen, habe ich in den letzten Wochen noch mal ausreichend erzählt. Manfred Weinland, den heutigen Phantastik-Fans und Zamorra-Lesern besser bekannt als ›Adrian Doyle‹, kannte Werner aus dem SF-Fandom. Ob er auch in der AGSF war, kann ich nicht mehr sagen. Jedenfalls war er für mich ein ›unbeschriebenes Blatt‹, mit dem Werner gelegentlich mal einen Roman zusammen verfasste.

 

W.K. war begeistert von Manfred Weinlands Schreibe und meinte, sie würde sich der Seinen total anpassen. Das stimmt auch. Denn man kann bei ihnen im Text des Romans nicht erkennen, wo der eine aufgehört und der andre begonnen hat. Ganz im Gegensatz zum 666er Zyklus, wo ich ohne es zu ahnen meine ›Zugabe zur Abschieds-Vorstellung‹ gegeben habe. Da ist sofort erkennbar, welcher Text von Werner kommt und welcher von mir. By the way - als meine Abschieds-Vorstellung bei Zamorra betrachte ich den Roman »Am Tor zur Hölle«, der die Irrfahrten des Odysseus auf eine etwas andere Art erzählt.

 

Die Co-Produktionen mit Manfred Weinland gab es schon, bevor ich beim Zamorra rein kam und sie wurden auch immer mal wieder gemacht. Auch wenn Manfred Weinland dann gelegentlich auch mal einen kompletten ›Professor Zamorra‹ schrieb - und auch schon andere komplette Romane im Bastei-Heft-Angebot. Wenn ich mich recht erinnere, lernte ich Manfred Weinland erst auf dem Marlos-Con in Frankfurt kennen. Da lernte ich auch Hexen Hermann kennen.

 

Allerdings baute Manfred Weinland seine Zamorra-Handlungen immer so auf, dass sie mit dem Gesamt-Konzept nicht kollidierten, das Werner und ich eben an den Wochenenden in Ahnatal bei Bier und ›Ahler Wurschd‹ zusammen ›bastelten‹. Als Werner dann ab Mitte 1986 aus den schon oft erwähnten Gründen den »Professor Zamorra« alleine schreiben musste, war auch Manfred Weinland erst mal aus der Serie und musste sehen, wie er als Profi-Autor zurecht kam. Seine Romane und auch seine Nebenfiguren der damaligen Zeit haben deshalb dann auf die weiteren Handlungsebenen keinen Einfluss gehabt. Sicher hätten wir im Lauf der Zeit alle drei Handlungsstränge verwoben. Heute mit dem Internet wäre so was möglich. Damals jedoch wohnte Manfred Weinland zu weit weg, als dass der Kontakt so eng werden konnte, wie er zwischen W.K. Giesa und mir war.

 

Aber dennoch bleibt zu sagen, dass die ›alten‹ Zamorra-Autoren eben keine ›gelernten Schriftsteller‹ waren, sondern eigentlich immer die Phantastik-Fans geblieben sind, die mit ihren kreativen Ideen neue Wege beschreiten wollten. Und das oft genug gegen den erklärten Willen der Redaktion. Ich zweifele mit Berechtigung an, dass Werner Kurt Giesa mit seinen für die damaligen Zeiten absolut progressiven Gedanken in einer ›Grusel-Serie‹ bei einem anderen Redakteur als Helmut ›Jason Dark‹ Rellergerd, eine Chance bekommen hätte. Die Gründe habe ich in den vergangenen Teestunden schon mehrfach aufgezeigt. Nur ab und an bekamen wir vom ›Chef‹ einen wohlgemeinten Wink, es nicht zu übertreiben - besonders mit den Nebenfiguren der Serie.

 

John Sinclair kam mit Suko und Bill Conolly aus. Im weitesten Sinne noch mit Sir James und Glenda Perkins. Beim Zamorra waren manchmal bis zu 20 ›hauptamtliche‹ und sicher mehr als 30 ›neben- und ehrenamtliche‹ Nebenfiguren in der Handlung. Allerdings nicht, wie später bei »Mythor« ein wahrer ›Rattenschwanz‹, der dem Helden in jedem Roman folgte wie weiland Jesus seine Jünger und auch jede Figur wenigstens eins bis zwei Sätze sprechen musste, damit die ›Hard-Core-Fans‹ keinen Aufstand probten. Beim Zamorra wurden die Nebenfiguren nach ihren Fähigkeiten ausgesucht, wie die dem ›Herrn Professor‹ bei seiner jeweiligen ›Operation‹ mit ihren speziellen Fähigkeiten am besten ›assistieren konnten‹.

 

Fast in jedem Roman bekamen neue und auch interessante Figuren Leben eingehaucht. Eigentlich manchmal nur für einen einzigen Roman vorgesehen wie bei Werner damals Monty G. Ryker oder Magnus Friedensreich Eysenbeiß kamen sie beim Autoren doch so gut an und entwickelten ein Eigenleben, das sich einfach in weitere Romane rein drängte. Sicher, sie kamen erst mal beim Autor gut an und der hoffte, dass der Leser seine Liebe für diese Figur teilen würde. Denn immerhin war und ist vermutlich heute noch die Zeitspanne vom Schreiben eines Heftromans bis zu Erscheinen ein halbes Jahr.

 

Als Werner seine ersten Zamorra schrieb, gab es nur zwei feststehende Nebenfiguren - nämlich Nicole Duval und Bill Fleming. Nicole wurde bei Werner dann sehr schnell zur unverzichtbaren Hauptfigur. Bill Fleming aber ging zurück in die zweite und dritte Reihe, als Werner begann, eigne immer wieder kehrende Figuren in die Serie einzubauen und nicht mehr ab Seite 63 in der ewigen Versenkung verschwinden zu lassen.

 

Eine ›Helden-Serie‹ ist am einfachsten mit dem Aufbau eines Stückes im Kasper-Theater zu vergleichen. Die ›gute Seite‹, das sind meist der ›Kasper‹ - Held in allen Lebenslagen, der neben dem Räuber und dem Krokodil auch den Tod und den Teufel mit einer ›Pritsche‹ besiegt - dazu die Gretel oder ersatzweise die Großmutter oder die Prinzessin, die aus den Klauen des vorgenannten Personenkreises gerettet werden muss und dazu der ›Seppel‹, der gute Freund in allen Lebenslagen, der versucht zu helfen und sich bemüht, dem Helden dabei nicht gerade im Wege zu stehen.

 

Jason Dark nimmt es für sich in Anspruch, die Serie ›Professor Zamorra‹ erfunden zu haben. Und zwar nach genau dem gleichen Strickmuster, an das er allerdings nicht gedacht hat. Der Kasper - Zamorra, keine Frage, die Gretel, die gerettet werden muss ist die Nicole und Bill Fleming musste die Rolle des Seppel übernehmen. Ketzerisch gesagt - diese Serie in der ursprünglichen Form hätte jeder aus dem damaligen Fandom entwickeln können. Und sie wäre schon lange Jahre vom Markt, hätte W. K. Giesa da nicht etwas Besonderes draus gemacht.

 

Im John Sinclair ist der Meister übrigens vom eben beschriebenen Schema abgewichen. Zwar hat er mit Suko und Bill Conolly (ich vermute, der inzwischen verstorbene Sänger der Pop-Guppe "Sweet" stand hier für den Namen Pate) zwei Seppel-Figuren - aber John Sinclair hat keine feste Freundin, die er ständig retten muss - wie Zamorra in den ersten Bänden. Glenda Perkins erfüllt die Rolle der ›Gretel‹ nur bedingt.

 

W.K. Giesas Verdienst ist es, Nicole Duval aus der Rolle einer Nebenfigur zu einer fast gleichberechtigten Hauptfigur zu machen, die fast genau so stark ist wie der Held - in manchen Dingen wie z.B. als ›Flammenschwert‹ ist Nicole dem ›Meister‹ sogar voraus. Nicole Duval bekam von Werner neue Fähigkeiten sie sie in die Lage versetzten, auch eigenständig gegen Dämonen zu kämpfen.

 

Diese Metamorphose zur ›echten Dämonen-(Be-)Kämpferin‹ machte Bill Fleming nicht mit. Seinen Namen hat Bill vermutlich von ›Ian Fleming‹, den Erfinder von ›James Bond‹. Denn Jason Dark ist absoluter James Bond-Fan.

 

Nicole war seinerzeit einer der beliebtesten Mode-Namen für Mädchen und den Namen ›Duval‹ gibt es in Frankreich wie bei uns ›Müller‹ oder ›Meier‹. Leider konnte ich den Zeitsprung in die Französische Revolution nicht mehr schreiben, wo Nicole ihre Ur-Ahnin Constanze, Comtess du Valois, vor der Guilottine rettet, auf die sie ein Dämonen im Auftrag des Asmodis bringen will um zu verhindern, dass Nicole Duval jemals geboren wird. Das war so eine der Ideen für Zeit-Abenteuer, die mit dem Rom-Zyklus begannen und in denen Asmodis versucht, durch Manipulationen der Vergangenheit die heute Situation grundlegend zu ändern. Werner hatte nichts gegen dieses Konzept, aber bei den wenigen Romanen, die ich nur schreiben konnte, mussten diese Zeit-Abenteuer immer wieder in den Hintergrund treten und ›geschoben‹ werden.

 

Wäre Werner damals durch die Kooperation mit G. M.Schelwokat noch stärker bei Pabel im Geschäft gewesen, hätte ich in dieser Hinsicht beim Zamorra mehr machen können. Aber wie wir ja wissen war es gerade der Zusammenbruch der Phantastik-Serien beim Pabel-Verlag, der Professor Zamorra zum ›echten Helden‹ werden ließ. Er rettete nämlich seinen Autoren, indem er die einzige Serie war, in der dieser dann noch mitschreiben konnte.

 

Ich hatte dann noch gehofft, mit Zamorra-Zeit-Abenteuern bei den Hard-Cover was machen zu können. Aber Werner, der dort die Autoren einsetzte, erklärte mit kategorisch, solche Sachen kämen heute bei den Lesern nicht mehr an. Außerdem gäbe es so viele Hintergründe beim Zamorra, die für den Leser interessant wären und durch andere Autoren aufgehellt werden müssten, weil die eben voll in der aktuellen Serie mit drin waren.

 

Aber zurück zu Bill Fleming. Er war und blieb, was er von Anfang an war. Ein ›B-Held‹ - ein ›Wasser-Träger‹ wie ich das gern nannte. Einer aus dem Fußvolk, dem man zwar eine Aufgabe übergeben kann, die dieser auch getreulich ausführt. Aber der mehr als angreifbar bleibt, weil er über keine besonderen Fähigkeiten verfügt.

 

Dennoch wurde Bill Fleming immer verschont, wenn es mal wieder drum ging, dass wieder mal einige ›von den Guten‹ dran glauben mussten, wenn der ›Wanderzirkus Zamorra‹ zu groß geworden war. Irgendwie wurde Bill Fleming da immer ausgeklammert, weil er ja von Anfang an dabei war - auch wenn er immer nur mal gelegentlich erwähnt wurde und sehr selten zum Einsatz kam.

 

Ich gestehe, dass ich Bill Fleming immer an die Spitze der Liste gesetzt habe, wenn ich mir mit Werner bei den Bier-Konferenzen in Ahnatal Gedanken machte, das Umfeld des Professors etwas auszudünnen, damit ›Neues nachwachsen kann‹. Rudi, der sich in seiner Kolumne als Freund Bill Flemings geoutet hat, wird mich vermutlich jetzt in die sieben mulivianischen Höllen verfluchen - aber das kann er gern tun, denn die sind eine Fantasy-Erfindung von mir und haben keine Grundlage in den alten Grimorien, wie die Höllen-Hierarchie des Kaisers LUZIFER. In etwas, das nicht existiert, könnt ihr mich ruhig hin verfluchen. 

 

Bill Fleming war der ideale Freund, Zweit-Held und Assistent bei der Befreiung der Frau aus den Klauen des Teufels in den ersten 110 Bänden der Serie ›Professor Zamorra‹. Mit Band 111 »Lockruf aus dem Jenseits« brachte Werner Kurt Giesa frischen Wind in die Serie, neue Ideen und neue Charaktere für Neben-Figuren.

 

Bill Fleming hatte außer seinen recht großen physischen Kräften und seinem Wissen in vielen Bereichen nichts, was ihn in der PZ-Handlung, wie sie jetzt begann, unentbehrlich machte. Gewiss, Werner setze ihn in seinen ersten Bänden als ›vorgegebene Figur‹ immer noch mal mit ein. Aber je mehr er die Serie in den Griff bekam, umso weniger wurde Bill Fleming gebraucht. Ich weiß gar nicht, ob ich ihn jemals in einem meiner Romane dabei hatte. Vermutlich wurde er immer mal unter ›ferner liefen‹ mit erwähnt.

 

Ich brauchte ihn auch nicht, weil ich die Romane, die ich eben von Werner zugeschoben bekam, nutzen musste, um meinen eigenen Figuren Profil zu geben. Um die Figur Bill Fleming weiter zu entwickeln hätte ihn Werner etwas in Richtung ›Indiana-Jones‹ driften lassen müssen. Aber so begeistert W.K.G. auch von dem peitschenschwingenden archäologischen Grabräuber war - er hat nie daran gedacht, aus Bill Fleming etwas Ähnliches zu machen.

 

Und als W.K. und ich dann mal wieder für uns so überlegten, dass es mal eine richtig ›prominente Figur‹ erwischen müsse, da war das ›Todesurteil‹ über Bill Fleming gesprochen. Werner wehrte sich zwar etwas, weil er meinte, dass wir das »dem Helmut nicht antun können«. Aber dann kam auch W.K. zu der Erkenntnis, dass der Redakteur das vermutlich gar nicht bemerken würde. Und wenn, dann würde er mit einem Achselzucken drüber hinweg gehen.

 

Werner erklärte dann das Ausscheiden des Bill Fleming aus der Serie zur ›Chef-Sache‹. Und er bereitete den braven und biederen Archäologen einen Heldentod in sechs Akten, wie man so schön sagt.

 

Im Gegensatz zu der Art, wie Werner in späteren Jahren seine ›Spielfiguren‹ in liebloser Weise ›von der Platte nahm‹ bekam Bill Fleming ein ›Ableben erster Klasse‹. Erst bekam der ewigen Junggeselle eine Freundin, die seine große Liebe wurde - und die dann durch einen tragischen Verkehrsunfall starb. Das machte Bill Fleming dann vom ›Gutmenschen‹ im Verlauf einiger Romane zum erbitterten Feind Zamorras - der jedoch kurz vor seinem Tod sein Unrecht eingesehen hat und in Frieden stirbt. Werner hat ihn dann auch aus dem Totenreich immer noch mal mit agieren lassen.

 

So viel zu Bill Fleming, mit dessen Figur ich niemals so recht warm geworden bin und den Werner im Tode noch einmal richtig groß werden ließ. Pater Aurelian, den Rudi in seiner Kolumne ansprach, ist dagegen ein anderer Fall. Zumal er für mich von der Entwicklung her und das was ich mit ihm vorhatte, ganz am Anfang stand.

 

Doch davon erzähle ich in der nächsten Woche. Bei dann also...

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