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Das Phänomen von sechzig Seiten - Wie eine Maus einen Berg gebiert

1Das Phänomen von sechzig Seiten
Wie eine Maus einen Berg gebiert

Es ist immer wieder erstaunlich, wie sehr Fans sich in ein Thema hineinknien können. Eine positive Art von Fanatismus wird ja durch Begeisterung für das Anliegen erzeugt aber manchmal kommt man sich im einschlägigen Forum schon vor wie in einer Scholastikerschule des Wilhelm von Occam oder Roger Bacon. Da wird auch noch der kleinste Punkt, der nebensächlich in einem einzelnen Roman erwähnt wurde, zu Tode diskutiert. 

Grundsätzlich ist ja auch nichts dagegen zu sagen, wenn man die Inhalte der Hefte gewollt reflektiert. Das tue ich ja auch und finde oft Fehler, die ich gar nicht suche, die aber hervorstechend auffallen. Manche Unterthemen, welche von den Autoren nur streifend erwähnt werden, können die Duskutanten dann auch oft sehr erhellend herausarbeiten und die Konturen von Begriffen oder Definitionen klären, an die Autoren gar nicht gedacht haben (können). Das kann also auch für andere Leser sehr hilfreich sein bei neuen Begriffsbildungen. Immerhin ist es ja eine Art SF Serie mit einem gewissen Anspruch an den Leser. Sie liest sich eben nicht wie Jerry Cotton, für den man nun wirklich als Leser keinen höheren Hintergrund benötigt. Nun, für Perry muss man als Leser natürlich auch kein Akademiker sein, aber eine gewisse Affinität zur SF, zum Phantastischen im Allgemeinen muss man als Leser doch mitbringen, man braucht einen gewissen Horizont, den etwa ein reiner Krimileser nicht aufbringen muss.Man muss sich auf das Unbekannte einlassen können, überraschen und faszinieren lassen können.Offen sein für neue Fragestellungen. Das macht die Faszination der phantastischen Literatur aus, auch beim Perry.

Man kann den durchschnittlichen Perryleser also durchaus auffassen als außergewöhnlichen Menschen, der nicht dem Durchschnitt entspricht, weil sich seine eigene Phantasie auf nicht reale Dinge einlässt und er, wenn zu den aktiven Fans gehörend,diese immer wieder auch einschlägig diskutiert.Diese Diskussionen können sich auch totreden, natürlich. Mitunter aber kommen Aspekte bei den Disputanten heraus, die selbst Autoren (wenn auch vielleicht erst später) manchmal aufgreifen.Denn auch diese lesen ja manchmal noch die Forenbeiträge mit.Lernen kann man sein ganzes Leben lang, das gilt auch und gerade für Schriftsteller.Nun hat der Perryautor ohnehin einen weiteren Horizont als so manch anderer Zeitgenosse, möchte ich mal behaupten in Phantasie und Toleranz.Das Gleiche gilt auch für die Leser, die ja ohnhin oft im SF-Fandom zuhause sind und sich seit Jahren oder gar Jahrzehnten auf neue Ideen kreativer Köpfe einlassen oder gar selbst welche dazu beisteuern.

Manches wird allerdings gar manchmal wirklich zu Tode geredet. Da liest man dann nur zehn von dreißig Beiträgen, weil keine neuen Infos mehr dazukommen, nur Meinungen geäußert werden oder die Emotionen hochsprudeln im Kampf der Worte und Begriffe.Wenn sich alles wieder beruhigt hat, lassen sich auch die Informationen von den Emotionen wieder trennen.

Perry Rhodan galt mal bei den Linken des AST und der SF-Times als „Fluchtliteratur“ des reinsten Eskapismus … und kann durchaus auch heute noch so betrachtet werden.Die Serie hat eben keinen Anspruch, reale Verhältnisse sozial umwälzen zu wollen oder sonst irgendwie zu ändern. Man fragt sich also wirklich manchmal, und das betrifft auch diesen Artikel hier und ist also durchaus eine Selbstbetrachtung wert, ob man seine Zeit nicht nützlicher, besser oder wenigstens irgendwie kreativer verbringen kann, als sich einmal pro Woche mit sechzig gelesenen Heftseiten in tagelange, heiße Diskussionen in den entsprechenden Foren zu stürzen.Sollte man sich wirklich auf derlei „Zeitverschwendgeudung“ einlassen, oder nicht?

Den wahren Fan braucht man da gar nicht ztu fragen. Der steht immer hinter seinem Thema und ist der reinste Enthusiast, was konstruktive Kritik nicht ausschließt.Der echte Fan denkt ja mit beim Lesen und konsumiert nicht nur. Es ist eine Reflektion vorhanden zur aktuellen Schreibe, zum Thema des Heftes, der Charaktere und Protagonisten, zum Zyklus und allgemein.Aber sollte man sich das wirklich antun im Leben? Gibt es keine Möglichkeiten, seine Zeit sinnvoller zu verbringen?

Das muss dann wohl jeder für sich selbst herausfinden. Aber ich habe mir sagen lassen, dass bereits ganze Ehen am Perry gescheitert sind. Nicht immer, aber manchmal schon.Das wöchentliche Heft ist also stark in seiner Anziehungskraft und zerstört manchmal sogar Beziehungen … aber heiß und vielfach diskutiert, bleiben jede Woche die aktuellen Hefte: wieviele Engel auf eine Nadelspitze passen, ist hier unwichtig, aber ob der Slender-SERUN mitgenommen wurde oder nicht, ob man Schüssen aus Strahlern ausweichen kann oder nicht, ob die Handlung oder die beschriebene Technologie mit dem Kanon übereinstimmt, das ist jede Woche am Freitag (für das e-book donnerstags) wieder sehr wichtig.Der Fan kann eben nicht anders …

© 2020 by H. Döring

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