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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit William Preston Longley?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit William Preston Longley?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Er war völlig skrupellos und kokettierte damit. Er gehörte zu den Männern, die der amerikanischen Pionierzeit das Prädikat „Wilder Westen“ aufdrückten. WILLIAM PRESTON LONGLEY, auch bekannt als „Wild Bill” Longley, starb am 11. Oktober 1878 und hinterließ einen schrecklichen Ruf. Zeitgenossen nannten ihn „einen der tödlichsten Revolvermänner des alten Westens“; diese Einschätzung wurde von der Sensationspresse begierig fortgeschrieben.

Bill Longley kam am 6. Oktober 1851 auf einer Farm am Mill Creek in Texas zur Welt. Wie in jener Zeit üblich, zog die Familie mehrfach um. So wuchs Longley letztlich nahe der Siedlung Old Evergreen in Texas auf. Er besuchte die dortige Prärieschule. Schon als Kinid war er ein guter Schütze, weil der Vater ihn täglich auf die Jagd schickte, um den Speisezettel der Familie anzureichern.

In der chaotischen Zeit nach dem Bürgerkrieg, in der die Rekonstruktionsmaßnahmen der Regierung für Bitterkeit in den ehemaligen Konföderierten Staaten sorgten, geriet Longley in schlechte Gesellschaft. Bill Longley brach die Schule ab und begann in den Saloons von San Antonio und Nacogdoches zu spielen und zu trinken.

Zusammen mit einigen Kumpanen attackierte er im Dezember 1868 drei ehemalige Sklaven, die ihre Familien in Evergreen besuchen wollten und erschoss einen von ihnen. Longley und seine Freunde plünderten den Toten aus. Um der Mordanklage zu entgehen, flüchtete Longley und schlug sich mit Glücksspiel und gelegentlichen Überfällen auf die Farmen ehemaliger Sklaven durch. Begleitet wurde er von einem seiner Schwäger, John Wilson. Sie töteteten und beraubten den ehemaligen Sklaven Paul Brice. Sie vergewaltigten und erschlugen eine schwarze Frau. Sie stahlen Pferde und verkauften sie über die Grenze nach Mexiko. Die meisten von Longleys Taten richteten sich gegen farbige Siedler und gegen Sympathisanten der Nordstaaten. Iim März 1870 setzten die Behörden eine Prämie von 1.000 Dollar auf seinen Kopf aus.

Die öffentliche Fahndung veranlasste Longley, Texas zu verlassen. Er tauchte mit einer Gruppe Goldsucher im Mai 1870 in Wyoming auf. Von hier aus zog er in die Black Hills von South Dakota. Gold fand er nicht, also meldete er sich im Juni zur Kavallerie. Longley wurde Soldat in Kompanie B des 2. Regiments. Nur zwei Wochen später desertierte er, wurde gefangen, vor ein Militärgericht gestellt und zu 2 Jahren Arbeitslager verurteilt. Nach 4 Monaten begnadigt, kehrte er in seine Einheit zurück. Im Mai 1872 desertierte er erneut. Diesmal erfolgreich.

1873 tauchte er wieder in Texas auf. Hier erschoss er im Bastrop County einen ehemaligen Sklaven. Er wurde verhaftet und von einem Gericht in Austin wegen Mordes angeklagt. Wenig später war er wieder auf freiem Fuß – Gerüchten zufolge, war der Sheriff von einem Onkel Longleys bestochen worden.

Am 31. März 1875 erschoss Longley seinen alten Schulfreund Wilson Anderson mit einer Schrotflinte; es war ein Racheakt. Wieder wurde er zur Fahndung ausgeschrieben.

Longley änderte jetzt häufig seinen Namen, zog von einem Ort zum anderen, versteckte sich ständig und entkam einigemale nur knapp seinen Jägern. Auf seiner verzweifelten Flucht geriet er in Streit mit George Thomas, einem alten Bekannten, und tötete ihn. Anfang 1876 erschoss er einen seiner Kumpane, Louis Shroyer. Er setzte sich nach West-Texas ab und pachtete hier zeitweise eine kleine Baumwollpflanzung. Hier versuchte er, dem Neffen des Landeigner, William R. Lay, die Frau auszuspannen. Nach einer heftigen Schlägerei wurde Longley verhaftet. Im Juni 1876 war er wieder auf freien Fuß, suchte die Nachbarfarm auf und fand den Neffen von William Lay damit beschäftigt, eine Kuh zu melken. Longley schoß den überraschten Mann mit seiner Schrotflinte nieder. Kurz danach befreite er zwei ehemalige Kumpane aus einem County-Gefängnis und flüchtete mit ihnen nach Louisiana, wo sie von kleinen Räubereien und Glücksspiel lebten.

Am 6. Juni 1877 wurde die kleine Hütte Longleys von einem Aufgebot unter Sheriff Mitt Mast aus Texas im De Soto Parish in Louisiana umzingelt. Longley lebte hier unter dem Namen „Bill Jackson“. Er wurde zurück nach Texas gebracht und vor einem Gericht in Giddings zum Tode verurteilt. Ein Gnadengesuch wurde im März 1878 abgelehnt. Am 11. Oktober 1878 wurde Longley zum Galgen geführt. Noch vor Gericht hatte er – ohne eine Spur von Reuer – behauptet, er habe 32 Menschen gtötet, die meisten seien ehemalige Sklaven gewesen. Diese Zahl wird angezweifelt. Er war ein rücksichtsloser, kaltblütiger Mensch, dem das Leben anderer nichts bedeutete, aber einige der Morde, die ihm später angelastet wurden, hatte er nicht begangen.

Jahre später behauptete sein Vater, sein Sohn sei gar nicht gehängt worden, sondern entkommen. Diese Gerüchte hielten sich bis ins 20. Jahrhundert. Im Jahr 2000 wurde seine Leiche exhumiert und eine DNA-Untersuchung durchgeführt, die im Juni 2001 zweifelsfrei bestätigte, dass es sich bei dem Leichnam um Bill Longley handelte.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

 

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