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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Fort Larned?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Fort Larned?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 13. Juli 1878 – vor 143 Jahren – gab die US-Armee ein kleines Fort in Kansas auf, das bis dahin eine wichtige Schutzfunktion am Santa Fe Trail gespielt hatte: Fort Larned. Zu Zeiten, als Jahr um Jahr lange Karawanen von Frachtwagen durch die Ebenen von Kansas nach Südwesten gerollt waren, um am profitablen Santa-Fe-Handel teilzuhaben, waren diese Trecks immer wieder in Gefahr gewesen, von Cheyenne, Kiowa, Comanchen und anderen südlichen Plainsstämmen angegriffen und beraubt zu werden. Die US-Armee platzierte somit mehrere Garnisonen auf dem Weg nach New Mexico, wie Fort Dodge oder Fort Larned, um den Handelskarawanen Sicherheit zu bieten. Aber nach dem Krieg mit Mexico, dessen Resultat 1848 die Übernahme des gesamten Südwestens durch die USA war, so dass Santa Fe jetzt nicht mehr zu Mexico gehörte, und nach dem Bau der Eisenbahnlinie nach Santa Fe, verloren diese Warentrecks ihre Bedeutung. Ihre Zahl ging schließlich stark zurück, gleichzeitig wurden die Indianer aus den südlichen Plains verdrängt, so dass die Schutzfunktion nach und nach entfiel. Die Armee entschied, Fort Larned zu verlassen.

Das Fort war am 22. Oktober 1859 als „Camp on Pawnee Fork” gegründet worden, erhielt im folgenden Jahr den Namen „Camp Alert“, war zeitweise Sitz der Indianeragentur für die Central Plains-Indianer und erhielt schließlich den Namen „Fort Larned“ nach dem General-Zahlmeister der US-Armee Benjamin Larned.

Die Indianerbehörde schloss schon früh ihre Pforten, als die meisten Stämme der zentralen Plains in Reservationen in Oklahoma zogen.

Auf dem Höhepunkt der Existenz des Forts wurden auf dem Santa Fe Trail jährlich Waren im Wert von 10 Millionen Dollar transportiert. (Das wären nach heutigem Wert gut 300 Millionen Dollar.) Man zählte über 2.300 Menschen, die jedes Jahr nach New Mexico zogen, über 1.900 Wagen, gezogen von 15.000 Ochsen und 4.000 Maultieren.

Der Standort von Fort Larned war von keinem geringeren als William Bent empfohlen worden, dem Inhaber von Fort Bent am Arkansas. Er schrieb: „Ich halte es für essentiell, dass es mindestens zwei ständige Armeeposten am Trail gibt, eine an der Mündung des Pawnee Fork, eine bei Big Timbers am Arkansas River. Um die Indianer zu kontrollieren, ist die ständige Präsenz von Militär vonnöten.“

Bent, der selbst eine Cheyenne-Familie hatte, amtierte in jener Zeit als Indianeragent dieser Region.

Die Besatzung war jeweils klein und beeindruckte die Indianer nur wenig. Es waren selten mehr als 50 Soldaten hier stationiert. Sie lebten in einfachen Adobebauten, die später durch Holzhütten im Clappboardstil und Feldsteingebäude ersetzt wurden. Es gab ein Offiziers-Quartier, zwei Lagerhäuser, ein Mannschaftsquartier, ein Arrestgebäude, eine Wäscherei, ein kleines Hospitalgebäude, in das eine Bäckerei und ein Lebensmittellager integriert wurden.

Erstmals hatte die Mannschaft 1861 einen Zusammenstoß mit Indianern, denen nicht entgangen war, dass durch den Ausbruch des Bürgerkrieges im Osten die Armee im Westen geschwächt wurde. Die reguläre Armee war abgezogen und durch schlecht ausgebildete Kansas-Miliz ersetzt worden. Überfälle auf Reisende auf dem Santa Fe Trail nahmen zu und erforderten ständige Patrouillen der Truppen in Fort Larned. Am 17. Juli 1864 wurde das Fort von Kiowa angegriffen, die 172 Pferde und Maultiere stahlen. Ab 1865 wurde jeder Treck von Fort Larned aus militärisch eskortiert. Am 12. April 1867 traf sich General Winfield Scott Hancok mit den Häuptlingen der südlichen Cheyenne in Fort Larned. Er versuchte erfolglos, die Cheyenne-Krieger zu beeindrucken. Die Folge waren kleinere Scharmützel westlich und südlich von Fort Larned, die als „Hancocks Krieg“ in die Geschichte eingingen. Fort Larned war in diesen Auseinandersetzungen eine Art Versorgungsstation der Armee. Die Konflikte endeten mit dem Vertrag von Medicine Lodge.

Im Winter 1868-69 ordnete General Phil Sheridan einen Feldzug gegen die Cheyenne, Kiowa und Comanchen an, an dessen Ende tatsächlich die meisten Indianer diese Region aufgaben.

Ab 1871 stellte die Armeeführung fest, dass die regelmäßigen Eskorten auf dem Santa Fe Trail entfallen konnten, weil die indianische Gefahr nicht mehr bestand und die Trecks immer weniger wurden. Die gesamte militärische Präsenz in der Region wurde infrage gestellt. Aber wie in Bürokratien üblich, zog sich der Entscheidungsprozess über mehrere Jahre hin. Am 13. Juli 1878 wurde Fort Larned von den letzten Truppen verlassen. Es dauerte dann noch bis zum März 1883, bis die sogenannte „Militärreservation“ an das Innenministerium übertragen wurde, das das Gelände 1885 an eine Ranch verkaufte, die bis 1966 ihr Hauptquartier hier einrichtete. Dann wurde das alte Fort dem Nationalpark-Service übergeben und unter Denkmalschutz gestellt. Die Quartiergebäude wurden wieder hergerichtet.

Heute ist Fort Larned eine Gedenkstätte des alten Santa Fe Trails und regelmäßig Treffpunkt von Living-History-Veranstaltungen, die die Vergangenheit des Postens wieder aufleben lassen.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2021Die aktuelle Ausgabe

 

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