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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Pierre Cadet Chouteau?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Pierre Cadet Chouteau?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 6. September 1865 starb in St. Louis PIERRE CADET CHOUTEAU, einer der einflussreichsten Männer in der Geschichte der amerikanischen Westeroberung. Er entstammte einer Familie, die sowohl an der Wiege der Städte St. Louis und Kansas City gestanden hatte als auch zu den bedeutendsten Unternehmern der frühen abenteuerlich-romantischen Pelzhandelsära gehört hatte. (Über die Gründung von St. Louis hatte ich vor einigen Monaten schon einmal eingehender berichtet.)

Pierre Chouteau gilt auch als der „Vater der Dampfschifffahrt auf dem Oberen Missouri“. Trotz seiner weitreichenden Unternehmungen galt Pierre Chouteau immer als eher öffentlichkeitsscheu. Er war ein Geschäftsmann von großer Diskretion und hielt sich gesellschaftlich eher zurück. Den öffentlichen Auftritt überließ er anderen. Er arbeitete unauffällig im Hintergrund.

Sein Vater, Jean Pierre Chouteau, der Gründer der Dynastie, kann durchaus als Kopf der französischen Elite von St. Louis angesehen werden; ein äußerst einflussreicher und kluger Mann, der den Reichtum seiner Familie mit großem Geschick aufbaute und die vielfältigen geschäftlichen Verknüpfungen zementierte, so dass die Chouteaus über Generationen eine nachhaltige Rolle in der Entwicklung der Westbesiedelung Nordamerikas spielten.

Pierre Chouteau war am 19. Januar 1789 geboren worden. Von Kindesbeinen an wurde er auf ein Leben als Kaufmann vorbereitet.

Schon mit 15 Jahren wurde Pierre von seinem Vater mit Handelsmissionen im Indianergebiet betraut, nachdem er in den Trading Posts und den Büros der Familienfirma ausgebildet worden war und Erfahrungen gesammelt hatte. Er führte als Teenager erste Verhandlungen mit den Osage-Indianern und war in die Geschäftsführung der familieneigenen Bleiminen in der Nähe von Dubuque (Iowa) involviert. 1827 trat er als Teilhaber in die Pelzhandelsfirma „Bernard Pratte & Co“ ein, die als Vertreter von Johann Jacob Astors „American Fur Company“ im amerikanischen Westen fungierte, des größten amerikanischen Pelzhandelsunternehmens im 19. Jahrhundert.

Chouteau unterstützte den “Bourgeois” – den Manager – des Upper Missouri Outfits der „American Fur Company“, Kenneth McKenzie, bei den Versuchen, die Dampfschifffahrt auf dem Oberen Missouri zu etablieren. Das war ein riskantes Unternehmen. Der Missouri galt als tückisches Gewässer. Er veränderte mit jedem Frühjahrshochwasser sein Bett. Er war extrem flach. McKenzie überlegte die Konstruktion von Dampfschiffen mit flachem Kiel, die sehr leicht waren und trotz voller Ladung kaum 80 cm Tiefgang erreichten. Chouteau unterstützte diese Pläne und investierte Geld in den Bau solcher Schiffe, die den Transport von Waren und Menschen bis hoch in die nördlichen Plains möglich machte und damit enorm größere Frachtmengen und stark verkürzte Transportzeiten bedeutete. Diese Dampfschiffe wurden „Mountain Boats“ genannt.

1834 kauften Pratte und Pierre Chouteau die Anteile von Astors „American Fur Company“. Astor sah voraus, dass der Pelzhandel im Westen sich stark ändern würde und trennte sich von dieser Firma. Einen weiteren Anteil erwarb der erfahrene Astor-Angestellte Ramsay Crooks. 1838 wurde die ganze Firma neu organisiert und hieß von da an „Pierre Chouteau Jr. & Co“. Mit der erfolgreichen Dampfschifffahrt bis nach Fort Union und Fort Benton wurde das Unternehmen beherrschend auf dem Missouri. Als das Geschäft mit den Biberpelzen ab 1840 rapide einbrach, konnte Chouteau nahtlos zum Handel mit Büffelroben wechseln. Auch hier wurde der Name Chouteau dominant, bis die Bisonherden auf den nördlichen Plains verschwunden waren. 1864 wurde das Pelzhandelsunternehmen aufgelöst.

Schon zu dieser Zeit hatte Chouteau aber vorausschauend in andere Geschäftszweige investiert. Er hielt Beteiligungen an Gold-, Silber-, Kohlen- und Bleiminen, an Eisenbahnen und anderen Transportbetrieben, sowie an Walzwerken zur Eisen- und Stahlverarbeitung. Er war einer der Gründer der „Ohio & Mississippi Railroad“ in Illinois und gehörte zeitweise zu den größten Finanzinvestoren der USA, der auch eine Niederlassung in New York unterh8ielt.

Ein Teil seines Einflusses ging auch auf die Förderung des mächtigen Senators von Missouri, Thomas Hart Benton, zurück, der frühzeitig die westliche Besiedelung prophezeit und unterstützt hatte.

Ende der 1850er Jahre verschlechterte sich seine Gesundheit. 1959 erblindete er. Zu dieser Zeit hatte sein Sohn Charles die Führung der Geschäfte übernommen.

Heute sind mehrere Regierungsbezirke in Montana, aber auch Ortschaften am Oberen Missouri nach Chouteau benannt. Die Hauptstadt von South Dakota, Pierre, wurde von Pierre Chouteau einst als Handelsposten – Fort Pierre – begründet.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

 

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