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Fritz, Franz, und die Anweisungen der ›Heeres-Leitung‹ aus der Bastei

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, mal wieder ein Seitenblick auf den Zamorra gefällig? Rolf, erzähl mal, was Mike Rennickes letzte Kolumne an Erinnerungen hochspülte. Dann gehts nächste Woche wieder mit der Geschichte des Islam und bald auch mit der Reisebeschreibung weiter. Der Tee ist serviert ...

Fritz, Franz, und die Anweisungen der ›Heeres-Leitung‹ aus der Bastei

Ich möchte aus aktuellem Anlass etwas zu Mike Rennickes letzter ›Schicksalswächter – Zamorra-Kolumne‹ sagen und so kurz die Geschichte des Islam unterbrechen. Vielleicht komme ich einigen Leuten damit entgegen. Für den Rest der Teestunden-Freunde sei gesagt – der Weg per Kamel durch die Wüste von Mekka nach Medina dauert auch sehr lange – also stellen wir uns vor, wir sind mit dieser Handlung noch in der Wüste.

 

Mike Rennicke hat da in seinem Text zwei Romane von mir angesprochen, die am Schluss meiner damaligen ›Schaffensperiode‹ stehen. Bevor ich das jetzt wieder alles vergesse, was da beim Lesen der Kolumne wieder in mir hochgekocht ist, will ich es lieber jetzt gleich zu Papier bringen.

Beide Romane wurden geschrieben, bevor bekannt wurde, dass durch den tragischen Unfalltod eines leitenden Mitarbeiters im Pabel-Verlag die Einstellung aller Phantastik-Serien außer Perry-Rhodan drohte. Über diese Sache - und was in jenem ›Unglücksjahr 1986‹ daraus resultierte - habe ich schon geschrieben.

Mit unseren Betrachtungen müssen wir nach der Fertigstellung des ›Dynastie-Zyklus‹ der Bände 300 bis 308 beginnen. Darüber habe ich in den ersten Teestunden schon mehr als ausführlich berichtet. Denn dieser Zyklus sollte vorerst das letzte Mal sein, dass wir in Sachen ›Fantasy‹ so richtig in die große Effekten-Kiste greifen durften. So wollte man es jedenfalls im Lektorat des Bastei-Verlages.

»Der Zamorra ist eine Grusel-Serie!« Genau so, wie euch dieser immer wiederkehrende Spruch auf die Nerven geht, wenn ihr ihn hier immer wieder lest, ging es uns auch auf die Nerven, wenn wir ihn in ständiger Litanei von unserem Redakteur hörten. Werner hatte den direkten Telefon–Draht zu Helmut ›Jason Dark‹ Rellergerd, unserem Redakteur; ich musste das, was er mir damals sagte, als eine Art ›Befehl‹ von der ›Obersten Heeresleitung‹ hinnehmen.

Denn aus der ›Grusel-Serie‹, wie sie seinerzeit noch John Sinclair oder auch Tony Ballard darstellte, waren wir mit den Themen längst abgewichen. Werner hatte die Science-Fiction in die Handlung mitgenommen – zuerst mit den Meeghs und dann mit Die Mächtigen, als Bedrohung von höherer Ebene. Meine Sache war eben der Versuch, an R. E. Howards Werk mit dem Hyborischen Zeitalter und H. P. Lovecrafts ›Alten‹ anzuknüpfen und dazu Zeitabenteuer zu schreiben, über denen so ein wenig der Hauch der alten Zeitkugel wehte.

Das war nun, wie mir Werner erklärte, absolut nicht im Sinne der Verlagsleitung und Redaktion. Würden wir so weitermachen, dann wären eben wieder andere Autoren dran, Romane zu schreiben, wie sie der Bastei-Verlag wollte. Denn das wäre es, was die Leser wollen. So sagte Werner, dem es Jason Dark in seiner Eigenschaft als Redakteur so gesagt hatte. Immerhin war Werner und mir sehr wohl bewusst, dass unsere in der damaligen Zeit etwas ›außergewöhnlichen Romane im Heftformat‹ von einem ›normalen Redakteur‹ abgelehnt worden wären – eben, weil sie nicht dem ›Standard‹ entsprachen.

Für einen Autoren, der vom Schreiben lebt, ist es natürlich wichtig, weniger seine Leser, als vorerst seinen Lektor, seinen Redakteur und wer da sonst noch im Verlag das Sagen hat, zufriedenzustellen. Es gibt nicht nur im Musikgeschäft die berühmten ›zehntausend Geiger‹, sondern in jedem Verlag hat man genügend Autoren, die nicht nur ›aus dem Stand‹ schreiben können – sondern auch jede Branche bedienen.

Ich brauche da nur an Walter Appel zu denken, den ich mit Stolz zu meinen Freunden rechnen darf. Egal, was immer verlangt wird – Jerry Cotton, Western, Grusel, Fürstenroman und alles, was sonst mit Liebe und dem Onkel Doktor samt dem Alm-Öhi vom Heimatroman zu tun hat, Walter kann unter verschiedenen Pseudonymen alles bedienen und alles schreiben – von härtester Action bis zu Courths-Mahler-Gefühlen.

Zu Werners Zeiten, also in den letzten Jahren von W. K.s Leben, hat er sogar einige Zamorra-Romane geschrieben. Warum Werner ihn nicht voll mit in die Serie genommen hat, anstelle sich einen ganzen Rattenschwanz neuer Autoren zu nehmen, kann ich nur vermuten. Mit Walter Appel zusammen hätte Werner die Serie gut alleine weiterführen können – und nach seinem Ableben hätte Walter eben weitergemacht und die Serie alleine geschrieben.

Aber das gehört jetzt nicht hierher. Sondern ganz einfach der ›Befehl‹ von der ›Hohen Bastei‹, die Serie »Professor Zamorra« wieder auf die Grundthemen herunter zu nehmen. Also den Vampir im Sonderangebot und den Werwolf vom Dienst. Übrigens schrieb Werner in diesem Zusammenhang den Roman Bd. 313 ›Der Blutgraf erwacht‹, der eigentlich die Handlung unseres selbst gedrehten Films zur Serie »Der Magier« bringt. Als ›Grusel-Roman‹ ließ sich diese Handlung gut recyceln. Wie denn Werner ja auch einige Romane zur Magier-Serie in den Zamorra mit eingefügt hat.

Um erst mal vor der ewigen ›Grusel-Roman-Nörgelei‹ Ruhe zu haben, schrieb ich dann den »Mumienfluch« (Bd. 312) und den »Krakenfluch« (Bd. 316). Meine Original-Titel der Romane waren damals anders – ›Der Fluch vom Tal der Könige‹ und ›Die Bestie der Südsee‹. Aber im Verlag werden Titel gern geändert und angepasst.

Dass der ›Seelenschmied‹, der sich unmittelbar an den »Krakenfluch« anschloss, schon wieder Fantasy war, machte meinen Redakteur nicht gerade glücklich. Wenn ich ihn mir heute so durchlese, war es im Prinzip eine Piraten- und Schatz-Thematik, womit man heute als »Fluch der Karibik« Geld macht. Damals aber bekam ich von Jason Dark – über W. K. Giesa – was zu hören.

Dass nun nach dem »Seelenschmied« eine Zeitreise-Trilogie kam, lag daran, dass Werner und ich vom Verlag, wie damals beim Start von ›Bastei-Fantasy‹, Titelbilder bekommen hatten, nach denen wir Romane schreiben sollten. In einer anderen Teestunde habe ich ja schon erzählt, dass Sebastiano Boada, der spanische Zeichner, der einige Jahre die PZ-Titelbilder nach unseren Vorgaben schuf, die Termine nicht mehr halten konnte und man bei Bastei dazu überging, Bilder in einer gewissen Menge zu kaufen und danach in etwa die Romane schreiben zu lassen.

Ich hatte da ein schönes Bild mit einem T-Rex und zwei fast nackten Gestalten, das förmlich zu einem Zeitsprung in die Ur-Zeit aufforderte. Warum dann zwei Flugsaurier, mit denen Professor Zamorra und Michael Ullich über die späte Kreidezeit rauschen, Fritz und Franz heißen, habe ich schon erzählt.

Was – das habt ihr vergessen? Also, noch mal! In einem internen Gespräch auf einem Con, wie er die Zamorra-Romane haben wollte, sagte Jason Dark: »Schick den Zamorra in die Urzeit, wo zwei Saurier kämpfen. Den einen nennst du Fritz, den anderen Franz – und Zamorra geht dazwischen und schafft Frieden. So muss ein Roman aussehen.«

Ganz klar, dass mir diese Worte dann beim Schreiben des ›Saurier-Romans‹ einfielen und ich diese ›Anweisung‹ mit einbaute. Sogar noch logisch begründet. Denn der ›Franz‹, den Zamorra ritt, weist eben auf einen Franzosen hin, denn im Soldaten-Slang des 1. Weltkrieges sind Franzosen ›der Franzmann‹. Der deutsche Soldat war damals für den französischen Soldaten ein ›Fritz‹ - und diesen Saurier ritt Micha Ullich.

Ja, mit dieser Urzeit-Trilogie hatte ich eigentlich was anderes vorgehabt. Aber dann entwickelte sich die Handlung mal wieder selbst. Und so hatte ich plötzlich die Vorgeschichte der Dynastie - die in der Saurier-Zeit bereits auf unserem Planeten war. Damals existierte das Atlantis des Amun-Re mit seinen Blut-Götzen, und das Finale war der erste Untergang von Atlantis – was übrigens die Thematik der ersten ›Gunnar-Story‹ war. In dieser Trilogie wurde dann auch Tina Berner „von der Platte genommen“, sie durfte als Jedi-Ritter das Universum retten. Gleichzeitig war logisch erklärt, warum Zeus als der erbberechtigte ›Erhabene‹ der Dynastie der Ewigen das Erbe verweigerte und sich in einem Winkel des Universums eine eigene Welt aufbaute, die er die ›Straße der Götter‹ nannte. Diese drei Romane sind, im Nachhinein gesehen, das Bindeglied zu W. K.s Straße der Götter und der Dynastie der Ewigen. Hier sind die Titel: Bd. 320 - »Verloren im Höllensumpf«, Bd. 321 »König der Ghouls« und Bd. 324 »Duell der Teuflischen«.

Danach musste ich dann wieder ›Grusel-Romane‹ schreiben, weil es der ›Chef‹ eben so wollte – sucht euch aus, ob Werner oder Jason Dark hier mit dem Begriff ›Chef‹ gemeint ist. Zuerst »Die Loge der Henker« (Bd. 325) und dann »Wer die Blutfrau lockt« (Bd. 327) – ein Roman, der mir unter dem Original-Titel ›Marenia – Herrin der Vampire‹ besser gefiel. Damals hatte ich in einer Zeitschrift einen Artikel über die damals absolut neue Mode der ›Gothics‹ gelesen, die sich von London aus verbreitete. Und weil es so schön war, durften die Leute aus dem Artikel vom Namen her gleich die Hauptrollen spielen.

Ja, und dann kam ›Astaroths Höllenwurm‹, der dann als Bd. 329 in »Astaroths Höllenbote« umbenannt wurde und der mit dem »Seelen-Wächter« (Bd. 330) fortgesetzt wurde. Grund dafür waren zwei Titelbilder, die mir Werner zugeschoben hatte, weil er mit ihnen nicht viel anfangen konnte. Und – ich erst mal auch nicht. Aber der Ritter zu Pferd, der mit der Streitaxt auf einen Lindwurm einprügelt – das sah schon mal nach Filmkulisse aus. Warum nicht einen Roman aus der Welt des Films? Zumal meine damalige Frau jede Menge Informationen über das Filmgeschäft hatte.

Übrigens spielt Werner am Schluss des Romans unter seinem Country-Alter-Ego ›Monty G. Ryker‹ selbst mit. Bei der Oscar-Verleihung gewinnt nämlich nicht der mithilfe der höllischen Heerscharen gedrehte Fantasy-Film, sondern ein ›experimenteller Film‹ mit dem Titel „Dracu-Lord“. Wie Teestunden-Freunde ja wissen, war das der erste, heute verschollene Film, den Werner mit uns aus Kassel drehte, die wir damals mehr als Antares-Crew bekannt waren. Und das war auch vor meiner Zeit als Romanautor.

Ja, während des Schreibens des ›Höllenboten‹ fing die Handlung mal wieder an, sich selbstständig zu machen und zu entwickeln. Und zwar genau so, wie ich mir eine Weiterentwicklung der Zamorra-Serie auf lange Sicht vorstellte. Wäre ich weiter beim Zamorra dringeblieben, hätten wir hier zwei echte Schlüssel-Romane gehabt.

Es ging schlicht und ergreifend um Höllen-Strukturen. Deshalb nahm ich die ›Scheol‹ mit dazu. In der jüdischen Religion ist die ›Scheol‹ die Hölle allgemein, in christlichen Gedankengängen ist es die ›Heiden-Hölle‹, in die jene Seelen kommen, die vor Christus gelebt haben und noch nichts von der Erlösung wissen können. Für etwas Mystik sorgten dann gewisse Adaptionen aus dem zweiten Teil von Goethes »Faust« mit dem »... versinke stampfend, stampfend steigst du wieder ...«.

Mit Begriffen wie ›die Mütter‹ und ›der Schlüssel‹, die Goethe hier vorgab, hatte ich einiges vor. Immerhin war Goethe ein Meister-Grad der Freimaurerei und kannte sich in esoterischen Dingen sehr gut aus. Und ich liebe es nun mal, Dinge in die Romane mit einzubauen, die sich, wenn man will, nachprüfen lassen. Ja, aber leider war's das dann. W. K. Giesa hatte ja mit den ›Klassikern‹ nicht viel am Hut. Er ist eben andere Wege gegangen.

Ja, ich wollte mich, was meinen künftigen Handlungsrahmen anging, mehr um die Hölle kümmern. Samt der Höllenstadt ›Dis‹ mit den Sieben Kreisen, wie sie uns Dante im ›Inferno‹ seiner ›Göttlichen Komödie‹ beschreibt, und eben der ›Scheol – der Heiden-Hölle‹. Dazu die Erlebnisse mit Doktor Faust, der durch den Höllenpakt mit Mephistopheles einen Höllenfürsten dazu zwingt, die Hölle selbst zu bekämpfen. Was dieser natürlich mit allen Tricks zu verhindern sucht. Zamorra an der Seite von Doktor Faust – und dazu der Maler Hieronymus Bosch, der die bekannten ›Höllenbilder‹ mit Dämonenwesen gemalt hat. 

Ja, das wäre auf die Leser zugekommen. Ich habe dann versucht, wenigstens die Faust-Sache Werner für ein Zamorra-Hardcover schmackhaft zu machen – aber wie schon geschrieben, er erklärte mir kategorisch, die Hardcover seien alle schon vergeben, da gäbe es keine Chance.

In der Handlung des ›Höllenboten‹ war Asmodis ja bereits aus der Hölle entschwunden und zu Sid Amos geworden. Astaroth war die neue große Figur, die ich mit diesem Roman ins Spiel bringen wollte. Asmodis sollte ja nach meiner Planung spätestens 20 Bände später wieder auf seinem Höllenthron sitzen.

Im »Seelen-Wächter« findet der Leser noch einmal alles aufgezeichnet, wie die Handlung dann, ausgehend von Werners Vorgaben vor meiner Zeit, teils von uns gemeinsam, teils von mir alleine entwickelt wurde.

Das ›alleine entwickelt‹, das waren die sogenannten ›Kuckucks-Eier‹, die ich Werner gern ins Nest setzte – und die er dann nach einer gewissen Zeit übernahm und über Hunderte von Bänden beibehielt. Das erste ›Kuckucks-Ei‹ war damals schon mit meinem zweiten Band »Herr der Grünen Hölle« die ›Entmachtung des Amuletts‹, durch die dann im 250er-Zyklus Leonardo de Montagne seinem Nachkommen Professor Zamorra das Amulett abnehmen und ihn aus dem Schloss werfen konnte. Meine ›Kuckucks-Eier‹ waren also immer recht brauchbar.

Am einfachsten ist es, ich schreibe diese Passage der ›Entwicklung‹ hier noch einmal aus dem Roman »Der Seelen-Wächter« ab.

Der ›Fürst der Finsternis‹, der zum Zeitpunkt dieser Handlung auf dem Thron des Asmodis saß, war Leonardo de Montagne, Professor Zamorras unseliger Vorfahre aus der Zeit der Kreuzzüge, von dem er das Amulett erbte. Also – jetzt geht es in den Text, in dem sich vielleicht die Fragen einiger der heutigen Zamorra-Leser etwas aufhellen.
Der Fürst der Finsternis sah sie mit dunklen Augen von oben herab an. Er hatte jetzt die Gestalt angenommen, die er schon in den Zeiten seines ersten Lebens besaß. Damals war Leonardo de Montagne, ein Ritter und Schwarzzauberer, mit Gottfried von Bouillion zum ersten Kreuzzug aufgebrochen. Hier erbeutete er das Amulett und vermochte es, die Silberscheibe zum Bösen zu lenken. In den späteren Jahren seines Lebens ließ er an der Loire unweit von Lyon Chateau Montagne errichten. Ein Anwesen, das eine Synthese zwischen einer Trutzfeste des Mittelalters und der anmutigen Grazie eines der Königsschlösser der Loire vereinigt.

In unseren Tagen erbte Professor Zamorra dieses Schloss und fand in einem geheimen Versteck das Amulett des Leonardo de Montagne, der damals schon mehrere hundert Jahre Höllenpein erlitt. Mit diesem Amulett wurde Professor Zamorra, der Weltexperte für Parapsychologie, ein entschiedener Gegner der Schwarzen Familie in der Hölle.

Der Teufel Asmodis, damals regierender Fürst der Finsternis, erkannte jedoch, dass die Höllenqualen Leonardo de Montagne nicht verdorren oder entkräften konnten. Ganz im Gegenteil. Es war für ihn der gleiche Prozess, der aus Eisen Stahl werden lässt. Die Kräfte des Amuletts, das er im Leben besessen und genutzt hatte, machten ihn über das Höllenfeuer erhaben. Asmodis erkannte, das Leonardo de Montagne der Hölle selbst zum Schaden werden konnte.

Denn die Zeitwende stand bevor. Die Ära der Fische endet und das Zeitalter des Wassermannes, des mystischen Aquarius, dämmert herauf. Das Sternzeichen der Zauberei, von Saturn, dem Planeten der Magier, wird es regiert. In dieser Zeit, so wusste Asmodis, wurden Menschen zu Dämonen – und Dämonen zu Menschen. Asmodis erkannte, dass die Feuer der Hölle Leonardo so weit gefestigt hatten, dass die sterblichen Dinge von ihm abgefallen waren. Leonardo stand damals kurz vor der Verwandlung zu einem Dämon.

In der Zeit, wenn der Halley'sche Komet auf der Erde sichtbar ist, soll die Zeitwende sein. Asmodis erkannte, dass er handeln musste. Leonardo de Montagne musste vernichtet werden.

Mit Erlaubnis von Lucifuge Rofocale, dem Ministerpräsidenten Satans, gab man Leonardo de Montagne einem neuen Menschenkörper und schickte ihn der Armee der Skelett-Krieger gegen Professor Zamorra. Der listige Asmodis hoffte, das sich seine beiden Gegner gegenseitig vernichteten.

Leonardo hatte Anfangs einige Erfolge. Doch Professor Zamorra gab nicht auf und konnte sich behaupten. Aber seit der Zeit, da Leonardo de Montagne Merlins Stern für einige Zeit besessen hatte, war auf die Kraft und Wirkung der Silberscheibe mit dem Drudenfuß im Zentrum, den umlaufenden Zeichen des chaldäischen Tierkreises und den unübersetzbaren, hieroglyphenartigen Buchstaben kein Verlass mehr.

Mehrfach errang Professor Zamorra gegen Leonardo und seine Streitmacht Siege, die beim genauen Hinsehen eher Niederlagen waren. Aber Leonardo erkannte, dass er nicht als Diener des Asmodis dessen Befehle ausführen wollte. Und er wob ein feinmaschiges Netz, in dem sich der Fürst der Finsternis verfangen sollte.

Als die Dynastie der Ewigen anstürmte und Professor Zamorra und Asmodis zum gemeinsamen Handeln zwang, hatte Leonardo de Montagne freie Bahn eine Schlinge zu legen.

Es gelang ihm, heimtückisch Asmodis in seiner Existenz zu vernichten, um selbst seinen Thron einzunehmen. Er bestieg den Lava-Thron und LUZIFER, der dreigestaltige Kaiser der Hölle, schwieg. Lucifuge Rofocale sah dieses Schweigen als Bestätigung an, dass Leonardo de Montagne als Nachfolger des Asmodis Fürst der Finsternis war.

Niemand im Reich der Schwefelklüfte wusste, dass LUZIFER mit Asmodis eine geheime Unterredung hatte. Was immer damals gesprochen wurde – selbst Satans Ministerpräsident hatte davon keine Ahnung.

Und nun flüsterte man sich in der Hölle zu, dass Asmodis gar nicht vernichtet war. In einer anderen, fast menschlichen Existenz, war er zurückgekehrt auf hatte auf Caermarddhyn, Merlins unsichtbarer Burg in Wales um Asyl gebeten. Hieß es nicht in den alten Legenden, dass Merlin ein Kind des Teufels sei? Und benutzte Merlin nicht, wenn die Rede auf Asmodis kam, nicht den Begriff „Dunkler Bruder“?

Sid Amos nannte sich Asmodis nun – als Anagramm seines bisherigen Namens.

Leonardo de Montagne war jedoch jetzt, wo er auf dem Hochsitz des Asmodis in der Hölle thronte, zum echten Dämonen geworden. Und seine Macht wuchs mit jedem Kampf, wie die Kraft und Kondition eines Sportlers mit der Anstrengung des Trainings wächst.

Menschen werden zu Dämonen – und Dämonen werden zu Menschen.

Das Feuer des Halleyschen Kometen signalisierte die Zeit des Aquarius ...
Ja, wie ich schon mal in der Teestunde geschrieben habe, der ›Seitenwechsel des Asmodis‹ ist die letzte größere Idee, die ich Werner überlassen habe. Und weil Leonardo de Montagne auch mehr Werners Figur ist, konnte er auch den entsprechenden Roman »Duell in der Hölle« Bd. 311 schreiben. Allerdings war der Seitenwechsel des Teufels von mir nur für maximal 20 Bände geplant.

Immerhin war Asmodis schon damals – Teufel oder nicht – die unberechenbare Figur. Manchmal war es so – bei mir jedenfalls –, dass er den Romanen plötzlich durch spontane Einfälle eine andere Wendung gab. Das geheime Gespräch mit Luzifer war so eine Sache – an die ich ursprünglich nicht gedacht hatte – und die dann einfach dastand.

Werner hat mir damals gesagt, dass es bei ihm mit dem Asmodis ähnlich ging. Alle anderen Romanfiguren, einschließlich Zamorra, waren für uns berechenbar – nur der Asmodis nicht. Es mag allerdings auch dran gelegen haben, dass Werner und ich uns an den gemeinsamen Wochenenden im Gespräch über ›Zamorra‹ so viele ›Bälle zuwarfen‹, dass diese Dinge dann irgendwann aus dem Speicher im Großhirn wieder raus wollten.

Ja, diese beiden Bände »Astaroths Höllenbote« und der »Wächter der Seelen« waren so etwas wie ein leichtes Umlegen des Ruders für einen neuen Kurs. Werner wäre wieder mehr in den Weltraum gegangen und ich hätte mich mehr mit der Hölle und der Schwarzen Familie abgegeben. Und zwischendurch vielleicht mal eine Zeitreise – weil die Fans auf den Cons uns immer wieder sagten, wie gut sie das fänden.

Wir wussten ja, von den Gesprächen mit den Fans und dem Studium ihrer Zines mal abgesehen ja nicht, wohin der allgemeine Geschmack zielte und was die Leute wollten. Eine Leserkontaktseite wollte uns Bastei nicht geben. Auch als Werner und ich uns erboten, beim Zamorra eine LKS ohne Zusatzhonorar zu machen, bissen wir da beim Verlag auf Granit. Und so wussten wir eben auch nicht, was in evtl. eingegangenen Leserbriefen stand. Die LKS im Zamorra gab es ja erst ab Band 500. Und eingegangene Leserbriefe wurden nicht an uns weitergeleitet.

Im »Wächter der Seelen« hatte Zamorra dann in der ›Heiden-Hölle‹ ein kurzes Zusammentreffen mit Odysseus und wusste seit dieser Zeit, dass er nicht nur die im Roman »Dämonen-Orakel« beschriebene Heimkehr des Odysseus und die Rache an den Freiern erlebt hatte, sondern dass er auch die bekanntesten Abenteuer der ›Irrfahrten‹ miterleben würde. Deshalb waren in meinem letzten Zamorra »Am Tor zur Hölle« Bd. 361 eben die Irrfahrten mit drin. Werner hatte mit der Vorbereitung für die Ren-Dhark-Hardcover zu viel zu tun und gab mir vorerst noch mal einen PZ frei. Aber es sollte eben der ›Odysseus‹ sein. Obwohl ich den »Wolfsmond« schon zur Hälfte fertig hatte.

Der ›Wolfsmond‹ wäre der erste Zamorra-Roman gewesen, in dem Zamorra nur ganz am Schluss auftaucht, indem ihm Carsten Möbius neue Erkenntnisse über Werwölfe in den Computer eingegeben hätte. Ansonsten sollte es ein Versuchsballon werden, beliebte Figuren aus dem Zamorra-Team völlig alleine agieren zu lassen. Ähnlich wie bei Perry Rhodan, wo Rhodan ja auch nicht bei jedem Roman mit dabei ist und der Name vielleicht ein- oder zweimal erwähnt wird. Wie ich schon erzählt habe, wurde der ›Wolfsmond‹ in der Hälfte abgebrochen und erst Jahre später für den Sonderband des EDFC zum 500sten Zamorra fertig geschrieben und veröffentlicht.

Ja, Werner und ich wollten jeder für sich im Zamorra neue Wege gehen und diese eben nur mit Absprachen koordinieren. Werner hatte gerade geheiratet, aber in seinem großen Haus in Altenstadt unter dem Dach ausreichend Platz. Wenn wir uns alle zwei Monate zusammengesetzt hätten, wäre das auch gegangen. In den ›Glanzzeiten‹ war Werner ja fast jedes Wochenende bei mir in Ahnatal gewesen. Nun waren wir beide verheiratet und konnten nicht mehr so ganz, wie wir wollten.

Der am Beginn angesprochene tödliche Unfall Müller-Reymanns löste das Sterben der Phantastik-Serien beim Pabel-Verlag aus, über das samt aller Konsequenzen hier in der Teestunde schon genug geschrieben wurde.

Und so konnte Werner die Serie Professor Zamorra so entwickeln, wie er es wollte – und wie er früher mit mir Ideen und Handlungsebenen ausgetauscht hatte, so tat er das jetzt mit Heike und den Leuten aus dem Fandom, die ihn immer an den Wochenenden besuchten. Ich bekam dann am 2. Januar 1987 überraschend keinen langweiligen Job beim ›Statistischen Amt‹, sondern konnte in der Abteilung ›Handel, Gewerbe und Gaststätten‹ beim Ordnungsamt der Stadt Kassel so richtig zeigen, was drin war. Sosehr ich den Job bei der ›Beschaffungsstelle‹ vom ›Hauptamt‹ gehasst habe, beim Ordnungsamt war ich mit Herz und Seele dabei.

Je mehr ich in meinem ›bürgerlichen Beruf‹ aufging, umso weniger war die Schreiberei für mich noch interessant.

Wie sagt Han Solo in Star-Wars? »Keine Belohnung ist das hier alles wert.« Jedenfalls dann nicht, wenn ich ›nach Vorschrift‹ arbeiten sollte. Was nicht für die beiden »Trucker-King«-Romane zählt – die ich als persönliche Herausforderung geschrieben habe – oder den Titanic-Roman »Das Meer wird dein Leichentuch«, den man hier im Zauberspiegel lesen kann. Dieser Roman wurde lange vor dem Cameron-Film geschrieben. Der damalige Redakteur beim Mitternachts-Roman erklärte mir fairerweise gleich, dass er diesen Roman nicht nehmen könne, weil er kein Happy-End habe. Also habe ich diesen Roman mehr für mich selbst geschrieben, und Kelter hat ihn dann Jahre später gebracht.    

Ja, wer weiß, was alles aus dem Zamorra geworden wäre. Ich habe schon erzählt, dass ich Hermann mal so in den Jahren 1988/89 während eines Fischessens in Stade aus dem Stegreif heraus erzählte, wie ich die Serie bis Band 800 weiterentwickeln würde. Wer Hermann in seiner Art, stets seine Meinung deutlich zu sagen kennt, der weiß, was es bedeutet, wenn er sagt, dass er etwas gut findet. Und das hat er dazu gesagt. Nur war das eben völlig improvisiert, und es sind hinterher keine ›Eckdaten‹ aufgeschrieben worden. So lässt es sich also nicht rekonstruieren.

Heute ist das auch nicht mehr nötig. Wir wissen, wie Werner das Schiff grob gesehen bis Band 800 oder maximal 850 gelenkt hat – und wie es heute mit einer neuen Mannschaft segelt, die einen völlig neuen Kurs eingeschlagen hat. Was Werner ab ungefähr Band 350 alleine (bzw. mit Heike und diversen Fans) an Handlungsebenen im »Professor Zamorra« entwickelt hat, das wird bald nur noch Geschichte sein, über die das Rad der Zeit hinweggerollt ist.

Neue Leute – neue Ideen – neue Wege. Warum auch nicht. Solange es der Leser akzeptiert – oder besser gesagt, eine ausreichende Zahl an Lesern. Mit meinen Zamorra-Gedankengängen hat das nichts mehr zu tun und deshalb ist die Sache für mich schon lange erledigt. Auch wenn ich immer mal Anfragen von Fans bekomme, ob ich nicht denn vielleicht doch ... Nein! Wie man so aus Mike Rennickes Kolumne rausliest, hat sich das neue Team gut eingespielt. Und ein Team, das gut zusammenspielt, muss man zusammen lassen. Never change a winning team.

So, das waren zwischen der Geschichte des Islam mal wieder einige Gedanken und Erinnerungen an die Endphase meiner Zeit beim Zamorra. Bis in einer Woche ... von der Wüste nach Medina ...

Kommentare  

#1 Cartwing 2011-07-07 07:32
Zitat:
Mit Walter Appel zusammen hätte Werner die Serie gut alleine weiter führen können ? und nach seinem Ableben hätte Walter eben weiter gemacht und die Serie alleine geschrieben.
Walters Beiträge sind damals bei den Lesern sehr schlecht angekommen. (Siehe z.B. die Rezensionen auf "gruselromane.de") Dass da nicht mehr kam, dürfte dann auch niemanden groß überrascht haben.
#2 Mikail_the_Bard 2011-07-07 08:22
zitiere Cartwing:

Walters Beiträge sind damals bei den Lesern sehr schlecht angekommen. (Siehe z.B. die Rezensionen auf "gruselromane.de") Dass da nicht mehr kam, dürfte dann auch niemanden groß überrascht haben.


Welche Rezis hast du denn gelesen, ich finde nur Nr.64 (2x 5 Kreuze ), 106 (5 Kre :-* uze), 112 (3 Kreuze), und das war es also. Wie kann man da von 'schlecht angekommen' spreche... oder wurden da Rezis entfernt?
Also, so ganz unrecht kann Rolf nicht haben...
#3 Cartwing 2011-07-07 18:09
Rolf sprach ja von der Zeit kurz vor Werners Tod und da gab es (mein Fehler war die Mehrzahl) einen Roman von Walter (860) der allerdings ziemlich grottig war und da kam dann auch nix mehr.
#4 Harantor 2011-07-07 18:40
Rolf meint die zeit als Co-utoren in die PZ-Serie kamen (also um 600 rum, wenn ich das recht erinnere). Da hätte er mit Walter die Serie zu zweit locker über die Bühne bringen können. Eine rein hypothetische Annahme ...
#5 Mikail_the_Bard 2011-07-07 20:22
zitiere Cartwing:
Rolf sprach ja von der Zeit kurz vor Werners Tod und da gab es (mein Fehler war die Mehrzahl) einen Roman von Walter (860) der allerdings ziemlich grottig war und da kam dann auch nix mehr.


OK, den hatte ich übersehen...
#6 Cartwing 2011-07-08 08:00
Zitat:
Da hätte er mit Walter die Serie zu zweit locker über die Bühne bringen können. Eine rein hypothetische Annahme ?
Rein vom Pensum her sicherlich. Aber selbst WKG hat ja damals zugegeben, dass Walter Schwierigkeiten hatte, sich in die heutige Serie einzuarbeiten. Um 600 rum wäre das kaum anders gewesen.
Dass Walter nach Werners Tod die Serie allein hätte weiterschreiben können, wie Rolf meint, muss also stark bezweifelt werden.

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