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Über siebte Reisen, Barbaren, Tagträumer, Dompteure und ein Exkurs zum Thema Bier...

Teestunde mit RolfWie war denn das mit der Fantasy-Heftreihe, in der Du zum beliebtesten Autor gewählt wurdest? Erzähl doch mal und hole – wie gewöhnlich – weit aus. Und erzähle doch was über den Dompteur, der Dich besuchte. Und natürlich übers Bier, immerhin heftig diskutiert. Der Tee ist bereitet.

Über siebte Reisen, Barbaren, Tagträumer, Dompteure und ein Exkurs zum Thema Bier...

Es gibt mathematisch denkende Realisten – und es gibt Schöngeister

Es gibt Leute, die lieben als Schüler Mathematik, Physik und Chemie. Und andere Leute, die sich von in der Schule an der schönen Literatur, der Malerei oder der Musik begeistert haben.

Die meisten mathematisch denkenden Menschen werden zu Logikern und Realisten, die ihr Leben voll im Griff haben und sich selbst und andere auf Erfolg trimmen. Das sind dann die dynamischen Typen „Mein Haus – mein Auto – mein Boot“.

 

Die Anderen – das sind in ihren Augen die Spinner, die ihre Zeit mit unnötigen Dingen vertun, die nichts einbringen. Die zwar in dieser Welt alles mitmachen, weil sie ja irgendwie ihr tägliches Brot verdienen müssen, die sich aber zurückgezogen in ihrem Inneren weit weg in bessere Welten träumen, die sie mit der Kraft ihrer Gedanken schaffen.

Ich bin einer dieser „Spinner“. Wenn es mir in unserer kalten, von eisiger Logik beherrschten Welt nicht gefällt, ziehe ich mich auf den Flügeln meiner Gedanken zurück in die Wunderwelten der Fantasy. Die Realität holt mich schon früh genug ein und dann ist es immer noch Zeit, sich ihr zu stellen. Aber eine Tagträumerei – ein Zustand zwischen Wachen und Schlafen - das muss auch heute noch gelegentlich sein.

Solche Wachträume phantasiere ich mir zusammen, so lange ich denken kann – also schon in der Zeit, als ich noch mit dem Teddy-Bär  und meinem Steiff-Tiger im Gitterbettchen geschlafen habe. Die Geschichten, die ich mir da in meinen Gedanken vorgespielt habe (doch, manchmal kommen noch die Nebelfetzen der Erinnerung) waren auf der Basis der deutschen und orientalischen Märchen, die man mir immer vorgelesen hat, mit Schwert und Zauberei schon damals Fantasy reinsten Wassers. Allerdings hätte weder ich noch sonst jemand in unserer Gegend sagen können, was „Fantasy“ ist.

Mit der Schulzeit konnte ich dann meine Sigurd- und Akimhefte lesen – und auch die von Nick, dem Weltraumfahrer. Die kam unmittelbar nach dem Start des ersten Sputnik – und der erste Band hieß auch deshalb „Sputnik explodiert“. Nur machten sie da schon im ersten Heft einen Sprung zur interstellaren Raumfahrt.

Meine eigentliche Welt aber war die von Sigurd und auch von Prinz Eisenherz, zumal mir mein Großvater im Harz ja schon viel von Rittern erzählt hatte und mit mir zu den umliegenden Burgen und Ruinen gepilgert war. Dass er auch von Gespenstern und anderen unheimlichen Sachen erzählte und mir Angst machte, habe ich schon an anderer Stelle erzählt.

Aber da Sigurd ja auch jeden Gegner mit dem Schwert besiegte, war mir klar, dass ich das auch konnte. Man musste eben nur ein richtiges Schwert haben – und nicht eins aus Holz.

Später kamen dann die Sagen der Antike dazu. Ich verschlang die Bücher der Helden von Troja (mein Lieblingsheld war übrigens der listige Odysseus) und der römischen Sagenwelt. Und endlich fand ich auch Jugendbücher über den Glauben unserer germanischen Vorfahren. Das war sehr wichtig, weil meine Freunde und ich uns damals für den Film „Die Wikinger“ mit Kirk Douglas begeisterten und mit wilden „Odin“-Geschrei mit Holzschwertern und Bohnenstangen in wilden Straßenschlachten übereinander her fielen. Ja, wenn man schon zu Odin ruft (hoffentlich hatte der Christengott das nicht gehört – schließlich musste ich als gut katholischer Junge jeden Sonntag in die Kirche), dann muss man auch etwas mehr über den Herrn von Walhall wissen.

Und dann kamen die deutschen Heldensagen von den Nibelungen und von Dietrich von Bern. All das wurde mit den schon genannten Bilder-Heften der sogenannten „Schund- und Schmutz-Literatur“ in meiner eigenen Phantasie zu einer Art Masse, aus der ich mir meine eigenen Geschichten machte. Und gelegentlich erzählte ich sie andren Kindern auf dem Schulweg.

Leider gab es  bei den Filmen in dieser Richtung nur sehr wenig zu sehen. Einer davon war „Sindbads siebte Reise“. Diesen Film habe ich was weiss ich nicht wie oft in meinen eigenen Tagträumen umgebaut und immer wieder neu erlebt. Natürlich stand ich an Stelle von Sindbad dann selbst auf der Brücke des Schiffes und segelte zur Insel Kolossa. Ich kämpfte gegen den Zentauren, den Drachen, prügelte mich mit dem Skelett und spaltete schließlich dem Zauberer mit dem Schwert (nein, mit dem Krummsäbel Sindbads konnte ich mich absolut nicht anfreunden) den Schädel.

Später erzählte ich mir solche abenteuerlichen Geschichten mit Schwert und Magie in geheimnisvollen Welten jenseits unserer Vorstellungen nur noch selbst. Ich war ein Teenager geworden und absoluter Fan der Beatles – und ich wollte mindestens so ein guter Schlagzeuger werden wie Ringo Starr. Zwar träumte ich noch für mich selbst heimlich aber ganz bewusst solche Geschichten. Aber das durfte niemand wissen, weil sie sonst gelacht hätten, dass ich immer noch an diesem „Kinderkram“ hing. Schwerter, Zauberei und der heilige Gral – so was war völlig von Gestern. In dieser Hinsicht gab es weder was zu lesen noch wurden Filme dieser Art gedreht.

Und dann kam der Tag an dem alles – alles – alles - anders wurde. Ich stand an einem Wühltisch mit Taschenbüchern und da lag ein Buch, das mich mit unheimlicher Gewalt anzog. Auf dem Titelbild war ein mächtiger Krieger mit Kettenhemd und Hörnerhelm, der in einer wildromantischen Gebirgslandschaft eine gewaltige Doppelaxt gegen eine Bestie vom Typ „Schrecken von Amazonas“ schwang. Und der Titel, der darauf stand war: „Conan von Cimmeria.“

Das Buch musste ich haben – zumal es vom Wühltisch nur eine müde Mark kostete. Ganz klar, Heyne hat die Erstauflage des Conan damals verramscht, und der Erfolg stellte sich erst unmittelbar nach dem Beginn der Ramschaktion ein.

Um es kurz zu machen, ich habe das Buch im wahrsten Sinn des Wortes „durchgefetzt“. Und als ich hinten fertig war, ging es vorn sofort wieder los. Das war es, ja genau das, worauf ich mein Leben lang gewartet hatte.

Und auf dem Buchrücken stand ganz klein und verschämt „Fantasy“. Ein Begriff, den ich noch niemals gehört hatte, der aber passte wie das Gesäß auf den Eimer.
Muss ich noch sagen, dass ich am nächsten Tag wie ein Gold-Digger am Klondike die Bücher-Wühltische aller Warenhäuser in Kassel nach „Conan“- Büchern durchgeforstet habe – und mehrfach fündig wurde. Und den fehlenden Rest – habe ich nachbestellt.

Ganz klar, dass ich so was Tolles den Leuten zeigen musste, die ich seit einiger Zeit kannte, weil ich nach zwei Jahren musikalischer Abstinenz wieder bei einer Rock-Band eingestiegen war. Da spielte übrigens ein gewisser Hans Klipp Bass, den ich schon des öfteren erwähnt habe, der aber hier nun vorerst zu einer Zentral-Figur wird. Der gehörte nun eigentlich Science-Fiction-Fan und war (und ist) der größte Ren-Dhark-Fan diesseits und jenseits des Universums.

Aber die Conan-Bände begeisterten auch Hans und wenig später gingen die Bücher in unserem damaligen Kreis von Hand zu Hand. Dann kamen die Schwerter-Bände von Fritz Leiber mit den Abenteuern des Barbaren „Fahrd und dem Grauen Mausling“ hinzu. Und schließlich Tarl Cabot und die Gegenerde „Gor“. Obwohl Conan bei uns immer die Nummer Eins blieb –  es sei gesagt, dass wir uns für die Gor-Serie echt begeistert haben.

Und auch, wenn mich jetzt gewisse Frauen sexistisch und frauenfeindlich nennen – ich mag die „Gor“ – Serie. Und frauenfeindlich bin ich absolut nicht – ehr das Gegenteil. Wenn die Frauen mit ihrem Anblick meine Augen nicht beleidigen, bin ich ausgesprochen „frauenfreundlich“. Ich mag auch Frauenbewegungen – besonders, wenn sie schön rhythmisch sind.

Und jetzt für gewisse Frauen was zum richtig giften!

Ich habe nämlich eine Miet-Kajira. Für Unbedarfte – eine Kajira ist auf Gor eine Sklavin – und die sehen nicht nur alle traumhaft schön aus sondern haben auch keinen höheren Wunsch, als ihrem Herrn und Gebieter zu gefallen und immer und zu jeder Zeit zu Willen zu sein.

Nun habe ich meine Kajira eben nicht im Curuleum von Ar für einige Kupfer-Tarsk gekauft, so dass sie mir mit Haut und Haaren gehört. Sie gehört sich selbst, ist auch ansonsten ihre eigene Herrin – und ich habe sie nur für Geld „als kajira gemietet“. Zwar nicht für goeranische Tarnscheiben – aber für in dieser Welt gültige Euro. Und damit sind wir beide glücklich.

Meine Kajira und ich haben ein perfektes Verhältnis. Ich brauche eine halbwegs saubere Wohnung und sie braucht Geld. So bekommt jeder, was er braucht. Das ist übrigens billiger als eine Ehefrau, die man durchfüttern und kleiden muss. Und wenn sie mit der Arbeit fertig ist, hat man wieder seine Ruhe. Und nun schreit, ihr Harpyen!

Dass meine Kajira mit ihrem „grausamen Los“ ganz zufrieden ist, merke ich, wenn ich gelegentlich selbstgebackenen Kuchen bekommen. Ich revanchiere mich dann mit einer Einladung zum Essen oder ins Kino. Und selbstverständlich ist sie mit mir in der Loge, wenn ein Zirkus Premiere hat. Nur die Hauptsache, die eine goreanische Kajira für ihren Herrn so zu tun hat, die haben wir ausgeklammert. Und das bleibt auch so. Ach ja, wenn ich im Urlaub bin, versorgt sie meine Katzen – natürlich für Extra-Bezahlung. Sie spielt nämlich gern mit Katzen, kann aber in ihrer „Puppenstube“ außer Plüschkatzen nichts halten, ohne dass ihre „heilige Ordnung“ kaputt geht.

Das war so ein kurzer Ausflug in meine derzeitig heimische Welt, in der heute manchmal nach meinem Willen Realität und Fantasy zusammen fließen.

Es dauerte gar nicht lange und es wurde in der Kneipe „bei Crom“ geflucht, dem einen oder anderen das „haarlose Verfaulen oder der knochenlose Tod“ gewünscht oder festgestellt, dass gewisse Mädels noch einige Zeit „in die Gehege von Ar gehören, wo man ihnen beibringen muss, wie eine Frau zu denken!“ Wir feierten wilde Barbarenfeste im Wildergelände Dönche hinter der Kasseler Helleböhn-Siedlung. Das war früher ein Truppenübungsplatz und ich kenne ihn seit meiner Zeit als Panzergrenadier aus der Froschperspektive. Ich habe meinen „Dienst fürs Vaterland“ nämlich in Kassel abgeleistet – da waren die Wochenendheimfahrten nicht so teuer.

Bei diesen Barbarenfesten wurde nicht nur am Holzspieß gebratenes Fleisch halb roh verzehrt und das Bier aus dem über den Kopf gehobenen Fass getrunken – es wurde auch mit selbst gebastelten Holzschwertern aufeinander eingeprügelt. Wer uns gesehen hat, musste sicher annehmen, dass sich das einige angehende Dreißiger wie die Dreizehnjährigen benehmen. Aber Spaß gemacht hats trotzdem – und unser „Zauberer“ hatte irgendwann nur noch einen Schneidezahn, weil ihm im Rausch das Bierfass auf den Kopf gefallen ist, aus dem er die letzen Liter trinken wollte.

Es sei noch erwähnt, dass wir irgendwann in einem Dekorationsgeschäft echte Schwerter entdeckten. Das sind die Klingen, die in Spanien als Massenproduktion hergestellt werden und die den Schwertern des Cid und anderer spanischer Helden und Könige nachempfunden sind. Ganz klar, die ganze Meute kaufte sich nicht nur ein Schwert, sondern zog auch mit blank gezogener, geschwungener Klinge unter Absingen unzüchtiger Barbarenlieder durch die Kasseler Innenstadt.

Ich erwähnte schon mal, dass mein Schwert die gleiche Parierstange hatte, wie das Schwert meines Kinderhelden „Sigurd“. Auch, wenn es damals etwas teuer war – das musste ich haben. Ich habe es „Friedensstifter“ genannt, es ist oder besser, es war mein eigentliches Ritterschwert. Denn eigentlich sollte es bei meinem Tod zerbrochen werden. Aber – Tobias, der Sohn von Hans Klipp, ist durch den „Herrn der Ringe“ in die Wunderwelten der Fantasy eingetreten und sieht sich als Ritter. Und so habe ich schon zu Lebzeiten mein Schwert weiter gegeben. Dass ich zu Hause noch einige andere Klingen habe, für die ich mal viel Geld gegeben habe, ist eine andre Geschichte.

Nun hatten wir zwar Schwerter und vorerst einen „Barbaren-Club“ – aber die Literatur, nach der wir uns so sehnten, war nur selten zu finden. Immer wieder suchten wir die Rückseiten der Taschenbücher nach dem Wort „Fantasy“ ab.

Und dann ließ Hans Klipp, der auch regelmäßig Perry-Rhodan las, die Bombe platzen. Der Pabel-Verlag wagte etwas, von dem wir nicht zu träumen wagen.

„Dragon – Söhne von Atlantis“. Die erste deutsche Fantasy-Serie.

Die Ankündigung auf der Werbeseite war für uns wie Elektrizität. Ganz klar, das mussten wir lesen.

Und von dem Tag an, als der „Dragon“ raus kam, wurde alles anders. Denn da stellten wir fest, dass wir mit unserer Beigeisterung für Geschichten mit Schwert und Magie nicht alleine im Universum waren.

Doch weil ich das, was jetzt noch kommt, bereits vorab schon geschrieben habe, breche ich hier uns jetzt erst mal ab. Denn danach kommen FOLLOLW, der Kontakt zu Helmut Pesch, der bereits schon beschriebene Kontakt zu W.K. Giesa und schließlich die Erfüllung all meiner Wünsche - die Serie „Bastei-Fantasy“.

Natürlich habe ich wieder „etwas weiter ausgeholt“. Aber ich möchte der heutigen Generation von Lesern, die gar kein Problem haben, Fantasy auf jede Art in überreichen Maß konsumieren zu können mal zeigen, wie das alles Anfang der 70er angefangen hat.

Und es ist vielleicht interessant den Schicksalsweg zu sehen, auf dem ein kleiner Junge, der seinen Freunden auf der Kellertreppe Fantasy-Geschichten erzählt hat, viele Jahre später die Möglichkeit bekam, so ähnliche Geschichten irgendwann einmal durch Hefte und Taschenbücher dann auch vielen, vielen Leuten zu erzählen.

Ja, und der kleine Junge, heute äußerlich ein älterer Mann geworden, erzählt diese Geschichten heute sich selbst und andren noch so gerne wie damals, als er auf den „Blutgang“ (mein Holzschwert) gestützt auf der Kellertreppe hockte…

Jetzt aber erst mal zu den Sachen, die ich bereits vorab geschrieben habe. Es geht um Dompteure, meine Katzen – und in der zweiten Abteilung um Bier. Wen das  nicht interessiert – von dem verabschiede ich mich jetzt schon mal.

Viele Teestundenfreunde haben mich nämlich über Telefon oder Mail angefragt, was denn nun aus meinem Besuch vom Zirkus, den ich am Ende meiner letzten Plauderei angedeutet habe, geworden ist. Da ich nun nicht alles individuell beantworten kann, hier mal eine kurzer Bericht darüber.

Der Circus Herkules, dessen Direktor eine kleine, ausgesetzte Katze gefunden hat, die jetzt bei mir lebt, hat in der letzen Woche zwei Tage in Borken gastiert. Wir hatten schon damals in Schlotheim, als ich die in eine Hand passende weiße Baby-Katze holte, abgesprochen, dass es selbstverständlich möglich sei, die „Kleine“, inzwischen nicht mehr ganz so klein, jederzeit zu besuchen, wenn der Zirkus in der Nähe ist.

Also habe ich Sascha Prehn, der Tierlehrer für die Tiger, mit seiner Frau Janine und der Artistin Barbara anlässlich des Borkener Gastspiels nach der Vorstellung zu einem gemütlichen Abend in meinen heiligen Hallen abgeholt. Das musste schon sein, weil meine Behausung nicht so einfach zu finden sind. Außerdem hatte ich mir ohnehin die Vorstellung angesehen, wenn auch zum x-ten Male, ich kann fast das Programm ansagen. Wer mehr wissen will, der Circus Herkules hat eine Web-Seit – und da sind auch Janine mit Esel und Barbara mit Federkrone und Kostüm im Las-Vegas-Stil der 50er Jahre zu sehn.

Die Barbara arbeitet übrigens am Trapez und gibt mir ihrer unverkennbaren „Rubens-Figur“ auf der Luftschaukel eine wirklich komische Nummer. Bei ihr hat meine kleine Cindy neben fünf kleinen Hunden im Wagen gewohnt, bevor sich zu mir geholt habe. Außerdem hat sie noch einen Schäferhund und ein Riesenvieh von der Größe eines Bernhardiners – eine englische Rasse, deren Namen ich vergessen habe. Es gehören schon gewisse Nerven dazu, ruhig zu bleiben, wenn Schäferhund Maja und Louis, das Riesen-Monster, auf dich zugelaufen kommen und bellend an dir hochspringen.

Also, das Gelände eines Circus nie außerhalb der Tierschau betreten. Fast überall laufen große, Achtung gebietende Hunde, mit denen man die kleine Tochter auch noch spätabends in den Stadtpark gehen lassen kann, draußen frei rum. Und die brauen garantiert weniger Zeit bis zum rettenden Zaun als du.

Sascha und Janine haben zwei mächtige Katzen im Wagen – allerdings keine Tiger. Weil Sascha mit einem Kreuzbandriss derzeit außer Gefecht gesetzt ist, muss Janine seine Amur-Tiger noch einige Wochen vorführen. Die Sache ist ausgerechnet in der Manege während der Tigervorführung passiert und Sascha muss mehrere Schutzengel gehabt haben, dass er lebendig wieder rausgekommen ist.

Katzen spüren jede Schwäche – und nutzen sie sofort aus. Das ist dann kein böswilliger Angriff, sondern ehr Spiel. Aber ihre Krallen gehen trotzdem durch Stoff und Haut bis auf die Knochen. Und wenn man dann die Nerven verliert und wild um sich schlägt, dann kommen auch die Zähne. Ja, und wenn die Hackebeißerchen kommen, dann ist es die Frage, wessen Job du anschließend bist – der vom Doktor oder vom Pfarrer…

Aber Unfälle mit Raubtieren sind recht selten. Die meisten Unfälle kommen im Zirkus mit Pferden vor. Doch das alles sind so Spezialkapitel, für die es genug Seiten im Internet gibt…

Nachdem wir einen Umweg über den „Pegasus“ gemacht haben, wo ich für meine gute Freunde (und das sind sie wirklich für mich, auch wenn wir uns selten sehen) ein gutes Fresschen aus dem Land des Aristoteles, des Gyros und des Otto Rehakles ausgegeben habe, sind wir dann rüber nach Nassenerfurth in meine „Katzenburg“.

Natürlich sind alle froh, dass es die Kleine so gut gepackt hat. Cindy wollte auch sofort mit jedem spielen. Ihr „Vorleben“ beim Zirkus und den Wohnwagen mit Barbaras fünf kleinen Hunden scheint Cindy inzwischen vergessen zu haben.

Cindarella, kurz Cindy gerufen, zeigte jedenfalls absolut keine Scheu und kletterte sofort an den Hosenbeinen hoch. Bei den Damen brachte das einige Schmerzensschreie, weil sich kleine Katzenkrallen eben durch Jeansstoff, wenn er wie eine zweite Haut anliegt, hindurch in die Haut bohren.

Allerdings – das berührt keine Katze und bei mir klettert Cindy bis hoch auf die Schulter. Besonders unangenehm ist das, wenn man morgens im Bad beim Waschen in der Dienstkleidung von Tarzan steht und die Katze klettern muss.
Aber ein Indianer kennt ja keinen Schmerz…

Natürlich hat Sascha als erfahrener Tierlehrer versucht, Cindy zum „Hochsitzen“ zu bringen. „Hochsitzen“ ist besser bekannt als „Steigen“ oder im kindlichen Sprachgebrauch „Männchen machen“. Klar steigt Cindy hoch, wenn jemand mit dem Finger in erreichbarer Nähe rumfuchtelt – und es ist völlig egal, was dazu gesagt wird. Sie springt nach allem, was sich bewegt und von mir kennt sie das als Aufforderung zum Kampf-Spiel.

Also – Saschas Finger war da – und das Kommando, das er dazu gab, mag vielleicht für Hunde interessant sein – aber nicht für eine Katze, die Spielen will. Ein kurzer, kühner Sprung, dann bohrten sich die Spitzen kleiner Krallen in die Haut der Hand – und danach kamen die Zähne.

Ein kurzes „Autsch! So ein Luder!“ beendete die „Darbietung“. Nun, ich weiß aus eigener Erfahrung, das Cinderella ganz schön zupacken kann. Aber so schlimm kanns ja gar nicht gewesen sein – es hat nicht mal geblutet…

Wenn ich da dran denke, wie mein Kater Merlin Werner Kurt Giesa mal vom Kleiderschrank herunter angesprungen und sich in die Haut eingekrallt hat. Aber der wollte Merlin ja wegschubsen – und da musste sich der Kater ja einkrallen. Und Werner, der damals ein fast bis zum Bauchnabel offenes Westernhemd anhatte, hatte mächtige Krallenspuren auf seiner weißen Haut, aus denen ein rotes Sekret hervor drang und Heike mal wieder erklärte, dass Katzen blutgierige Bestien wären, die bei ihr nicht ins Haus kommen.

Also so schlimm hatte es Sascha nun nicht erwischt. Cindy ist ja auch noch klein – vermutlich erst vier Monate. Mona oder Sarina hätten da ganz anders zugelangt. Die Bissspuren an den Mäusen, die sie immer mal auf dem Hof ablegen, sprechen da Bände. Und die Seilwindungen an den beiden Kratzbäumen haben sie teilweise schon ganz schön zerfetzt.

Eine kleine, weiße Katze hat also einen großen, erfahrenen Tiger-Dompteur „angefallen“ und gebissen, der danach die „Dressur-Arbeit“ eingestellt hat. Dass es danach einige sehr anzügliche Bemerkungen von seiner Frau Janine gab, ist sicher jedem klar.

Aber die „Vorstellung“ war noch nicht zu Ende.

Ich wollte nämlich dann meine Mona vorführen. Wenn ich etwas die Hand ausstrecke, steigt die schwarze Hexe vor mir in die Höhe, weil sie gestreichelt werden will. Weil ich vorher „Mona, hoch“ kommandiere, sieht das wie eine tolle Dressur aus.

Um den unsterblichen Clown Charly Rivel zu zitieren: „Akrobat – schööööön!“

Dann allerdings hatte an diesem Abend nicht nur der Profi, sondern auch der halbtalentierte Laie sein dressurtechnisches Cannae.

Mona hatte schon die ganze Zeit auf der Couch zwischen Barbara und Janine gelegen und war so richtig mit Streicheleinheiten verwöhnt worden. Ja, und dann komme ich, nehme sie einfach hoch und setze sie mitten ins Zimmer. Hand in halbe Höhe ausgestreckt – also das Zeichen, das gestreichelt wird und dazu das Kommando: „Mona, hoch!“ Das sah ziemlich professionell aus. 

Allerdings – ein Blick aus grünen Katzenaugen, wie ihn nur meine schwarze Hexe bringt. Und hätte sie reden können, wären das ihre Wort gewesen: „Sag mal, hast du Getriebeschaden, Alter? Soll ich hier arbeiten und den Affen machen, nur damit du mir eben mal über mein Köpfchen streichelst? Nee, nee, das bekomme ich nebenan völlig umsonst. Deine Pantherdressur fällt heute aus – mach für dein Fachpublikum als Ersatz ganz einfach mal den dummen August.“

Ja, so hätte Mona sich er gesprochen, wenn sie reden könnte. Aber sie hat nicht mal „Mau“ gesagt, sondern ist nur mit der Grandezza einer beleidigten Hoheit wieder zum Sofa gegangen, wo der Platz zwischen den Damen noch frei war. Und das Shakepear’sche: „Wann treffen wir wieder zusammen…“ das die drei Hexen bei „Macbeth“ sprechen, hätte da wirklich gepasst. Klar, dass sofort streichelnde Hände wieder da waren…

Unnötig zu sagen, dass auch ich mir so einige salbungsvolle Worte der Damenriege anhören musste. Und Sascha, der die Situation natürlich richtig bewertet hat, erzählte dann so eine Episode, als ihm in einer ähnlichen Situation seine Tiger eine Nase gedreht haben.

Den „Vorführ-Effekt“ nennt man so was. Und die Grundlage dazu ist „Murphys Gesetz“…

Hauptsache, dass mir Sahib, Shiva und Jill nicht mal einen Streich spielen wollen, wenn ich mal wieder mit Sascha im Käfig bin. Die haben nämlich etwas größere Zähne und Krallen und können fester zubeißen als meine kleine Cindy…

Ja, und nun noch was auf die vielen Lesermeinungen der letzen Teestunde zu den Themen „Bayern – Nordhessen – Bier“. Da habe ich ja anscheinend. den Urenkeln König Marbods, Herzog Tassilos, des Märchenkönigs oder des nicht ganz so heiligen Franz-Josef mächtig auf die Füße getreten.

Na klar, ich bin schließlich Preuße. Denn obwohl sich Kurhessen im Krieg 1866 wie übrigens auch das Königreich Bayern die Seite Österreichs geschlagen hat, ging der Krieg verloren, bevor die hessischen Truppen in Königsgrätz die Sache noch drehen konnten. Unser „allergnädigster Landesherr“ ging ins Exil und die Residenzstadt Kassel und das nördliche Hessen wurden in den Staat Preußen mit eingemeindet. Von daher bin ich Preuße – was ich in Bayern auch immer recht provokativ kundtue. Aber natürlich – eigentlich bin ich ein in Kassel gebürtiger Nordhesse – mit Herkunft von Bauern aus dem thüringischen Eichsfeld und Bergleuten aus dem Mansfelder Gebirgskreis im Harz.

Tut mir leid, wenn ich jemandem mit meiner Bemerkung über bayrisches Bier seelischen Schmerz bereitet habe. Ich würde ja gern in Sack und Asche Buße tun – aber Rauchen darf ich leider nicht mehr und in Sackleinen gekleidet lassen sie mich nicht mehr ins Rathaus…

Natürlich ist das bayerische Bier in der Welt der bekannteste Gerstentrank. Nicht nur seine Majestät, Kaiser Wilhelm II ließ sich den Trunk vom der „Pschorr-Brauerei“ nach Berlin bringen. Eine Preuße – der bayrisches Bier trinkt. Ob es das in umgedrehter Folge gibt, wage ich zu bezweifeln. Obwohl eine „Berliner Weiße“ mit einen Schuss Waldmeistersirup recht schmackhaft sein kann. Für den, der eigentlich lieber Sprudel trinkt als den herben Gerstensaft, dem ist dieses „Preißn-Bier“ anzuraten. Der Rest… nun, ich will nicht auch noch die Berliner verärgern…

In den Erinnerungen des Rochus Misch habe unlängst sogar gelesen, dass selbst Hitler, der ja eigentlich strikter Anti-Alkoholiker war, gelegentlich ein „Holzkirchner Bräu“ getrunken hat. Und ich selbst habe nicht nur deshalb eine besonders Vorliebe für „König Ludwig Dunkel“, weil der Märchen-König und ich am gleichen Tag Geburtstag und die gleiche Schwäche für Richard Wagner und deutsche Ritter- und Germanen-Fantasy habe. Übrigens – außer mit Champagner hat auch der zweite Ludwig bei seinen nächtlichen Rundfahrten in den Dorfgasthäusern ganz gern mal mit einen oder mehreren Bierchen seinen Durst gelöscht.

Alles klar, der Willy, der Addi, der Wittelsbach-Ludwig und ich…ahem…

Allerdings – es ist alles eine Frage des Geschmacks. Die Sauerländer Biere wie Warsteiner, Veltins oder Krombacher sind süffig und haben inzwischen den Ruf als „Frauenbiere“ verloren. Und im Rheinland wird eben Kölsch oder Altbier getrunken – letzteres gab es früher in einem meiner Stammkneipen, wo man bei Live-Jazz-Musik so richtig schön versacken konnte. Vom Kölsch haben wir mit fünf (damals) trinkgewohnten „Hellebern“ mal ein 30-Liter-Fässchen alleine getrunken und waren anschließend noch voll fit.

Für Freunde der Brautradition südlich der Donau gab es in Kassel die „Paulaner Wiesn“, wo man alles zu Essen und zu Trinken bekam, was es auf dem Oktoberfest auch gibt (halt – Korrektur – Stockfische gab es nicht). Das Gegenstück war der „Jever-Krog“, wo man neben einem Friesisch-Herben auch echten Labskaus probieren konnte.

Es sei hier allerdings gesagt, dass ich eine Schwäche für Guiness habe, die dem Einfluss von Dr. Helmut Pesch zu verdanken ist. Als ich in Kassel wohnte, konnte man dieses edle Gebräu, dass nicht jedermanns Geschmack ist, bei Life-Rock-Musik genießen. Aber seit ich auf dem Lande wohne, ist es für mich vorbei mir diesen trinkbaren Köstlichkeiten und dem Genuss guter alter Rock-Musik.

Übrigens – noch früher als die Ägypter haben die Sumerer Bier gebraut – die Rezepte sind noch vorhanden und in den Büchern finden sich Bilder von Reliefs, wo Biertrinker gezeigt werden. Der Trunk wurde damals mit einem Strohhalm eingesogen. Mach das mal heute, möglichst mit einem „Martinator“ oder „Carolus“ wie die starken Kasseler Bock-Biere heißen. Dann bist du ganz schnell in jenen Sphären, wo alles ganz leicht und problemlos wird.

Ich weiß das, denn ich habe mal nach zwei oder drei Flaschen Martinator im oberen Bereich meines Körpers die letzen Geheimnisse des Weltalls analysiert und begriffen – der untere Teil des Körpers schien jedoch einem einjährigen Kind zu gehören, dass so die ersten Schritte macht. Vermutlich bin ich dann auf eine Art in mein Bett gekommen, wie damals im Krabbelalter – oder bei der Bundeswehr…

Übrigens habe ich auch ein Rezept, wie man das Bier bei den Germanen braute – mit Eichenblättern und den Wurzeln von Buchen anstelle von Hopfen. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass dieses Gesöff mein Wohlwollen findet oder außer bei experimentellen Archäologen Begeisterungsstürme auslöst.

Da ich früher für das Ordnungsamt in Kassel die Schankanlagen unserer schönen Stadt überprüft habe, kenne ich mich mit Bier eigentlich ganz gut aus. Ich habe sogar am Doemens-Technikum in München den Lehrgang als Getränkefachwart gemacht und irgendwo zu Haus liegt auch noch das Diplom rum. War eine tolle Zeit – besonders an den Abenden. Denn das in der dortigen Lehr-Brauerei selbst gebraute Bier kann wegen der Steuer nicht verkauft werden. Da man jedoch diese guten Gaben Gottes auch nicht wegschütten kann, wird es von den Teilnehmern der Lehrgänge getrunken. Ganz klar, dass am Abend zu den Fachsimpeleien mit anwesenden Braumeistern jede Menge Bier getrunken wurde. Schließlich kostete es ja nichts.

Es gab sogar „Neger-Bier“ wie man das Gebräu aus Mais dort nannte, das ein Brauer-Lehrgang aus Nigeria damals gerade fertig gestellt hatte. Wer das süße und süffige Bier aus Oberbayern mag, der wird zum „Neger-Bier“ keinen Unterschied feststellen, wenn man ihn nicht speziell drauf hinweist. Es schmeckt süß, ist süffig und hat kaum Alkohol.

Weil man aber in Afrika keine Gerste, sondern Mais hat oder in Indien oder China der Reis den Grundstoff für Bier abgeben muss, darf in dieser Brauerei entgegen dem berühmten „Reinheitsgebot“ gebraut werden.

Dass dieses „Neger-Bier“ recht süffig ist und gut schmeckt gilt übrigens auch für andere internationale Sorten, die ich auf meinen Reisen kennen gelernt habe. Das „King-Fisher“ in Indien ist bei der Hitze beispielsweise durchaus trinkbar und ich freue mich schon wieder auf das „Stella“ in Ägypten, wenn ich im nächsten Februar mal wieder den Nil unsicher mache. In den USA bevorzuge ich allerdings das dunkle „Sam Adams“. Und den Namen des chinesischen Bieres habe ich vergessen – aber es stammt noch aus der alten Brauerei der ehemaligen deutschen Kolonie im chinesischen Kiautschou.

Aus dieser Brauerei kommt heute noch das Bier, dass als beliebtestes von China gilt und das man sogar bei uns in Deutschland kaufen kann. Wie sagte unser Kaiser? „Am Deutschen Wesen – soll die Welt genesen!“ Na, in diesem Sinne dann Prost – wenns mit dem „genesen“ damals nur beim Bier geblieben wäre…

Für oder wieder bayerisches, westfälisches, rheinisches oder norddeutsches Bier lässt sich viel sagen – und jeder liebt natürlich das Gerstengebräu seiner Heimat, mit dem er sich den ersten Rausch eingefangen hat. Bei mir war das übrigens „Einbecker-Ur-Bock“ und ich was so im zarten Alter von vierzehn Jahren.

Unser nordhessisches Bier hat sehr viel Alkohol drin – und das ist beispielsweise für trinkgewohnte Bayern, die sich normalerweise vor einigen Litern nicht fürchten, sehr gefährlich. Die glauben, sie können das Zeug in den gleichen „Maßen“ kübeln wie im Hofbräuhaus. Und dann wundern sie sich, wenn plötzlich der Filmriss da ist.

In den letzen Wochen der Bundeswehr bekamen wir einen oktoberfesten „Neuen“ direkt aus München, der angeblich sechs oder sieben Maß (also Liter) trinken konnte. Bei unserem Bier ist er dann nach vier Halben auf die Bretter gegangen – war aber nach dem Erwachen am nächsten Morgen der Meinung, er müsste jetzt fleißig trainieren.

Ich kann bestätigen, dass er sein Trainingspensum jeden Abend voll erfüllte und, weil wir Ende September 1969 entlassen wurden, beim Oktoberfest garantiert alles unter den Tisch getrunken hat.

Allerdings, so süffig das bayrische Bier ist und so wenig Alkohol es hat – ich zweifele doch stark, dass man nach dem Genuss von zwei Litern des Gebräus noch Auto fahren kann. Auch, wenn ein Politiker der CSU dies unlängst vor einer jubelnden Menge verkündet hat.

Ich persönlich bin für die Null-Promille im Straßenverkehr. Wenn ich weiss, dass ich Auto (vergib mir, Geist des großen WKG, ich meine natürlich meinen Volkswagen – und ein VW ist ja in deinem Sinne kein Auto) fahren muss, dann wird bei mir nichts Alkoholisches getrunken. Und wenn ich nichts von dem, was ich so mache, zur Nachahmung empfehlen kann – das ja!

Da das Hütt-Bier in den Beiträgen der Teestunden-Freunde viel und hoch gelobt wird, stimme ich auch hier mit ehrlichen Herzen in die Loblieder ein. Allerdings – das Bier wird nicht im Kassel, sondern im genau nebenan liegenden Baunatal gebraut. Früher waren das mehrere „Kuhdörfer“ – doch als sich das VW-Werk auf die grüne Wiese festsetzte, wurde der Anfang eines Liedes von Klaus Lage: „Das Kaff trägt Beton – weil es Stadt sein will..“ Realität.

Ja – und dass ein Kasseläner keinen Baunataler mag ist seit den Tagen bekannt, als Baunatal in die 2. Bundesliga aufstieg und der KSV-Hessen-Kassel in einer der unteren Ligen rumkrebste. Von der Flutlichtanlage im dortigen Stadion mal ganz zu schweigen. Aber – um es mal sehr frei mit Altmeister Goethe zu sagen: „Ein guter Kasseläner mach keinen Baunataler leiden – jedoch ihr Hütt-Bier trinkt er gern…“

Mein Favorit in Sachen einheimisches Bier ist, wie kann es anders sein, das „Kassler“ das immer noch direkt in Kassel gebraut wird und in den Felsenkellern der Martini-Brauerei reift. Und weil man ja im Clan der Löwen ist, darfs auch mal ein Kasten „Hessisches Löwen-Bier“ aus Malsfeld sein. Diese Löwen-Brauerei gehört aber inzwischen auch zur Hütt-Brauerei.

Und weil es bei den „Hopfen-Blüten-Tee-Liebhabern“ auch genügend Leute gibt, die ein süffiges Hütt, egal ob Luxus-Pils, Natur-Trüb oder Schwarzes Gold, zu schätzen wissen (ich auch), will ich noch die Story zu diesem Bier erzählen. Sie ist authentisch, ich kannte den Braumeister sehr gut – der jetzt im Ruhestand lebt. Und wenn ich das erzählt habe, dann wird auch die Fan-Gemeide des bayerischen Bieres zufrieden sein.

Die heutige Hütt-Brauerei ist auf der sogenannten „Knallhütte“. Das war in den vergangenen Jahrhunderten eine Fuhrstation, wo Postkutschen und sonstige Fuhrwerke auf der Straße nach Frankfurt die letzte Rast vor der Residenzstadt Kassel machten. Auf der Knallhütte wurde auch die Frau geboren, die als Kind und junges Mädchen den Fuhrleuten zuhörte, wie sie sich Märchen erzählten und diese Märchen später als Dorothea Viehmann an die Gebrüder Grimm weiter erzählte. Das war übrigens im Dorf Niederzwehren – und da bin ich auch aufgewachsen. Also, mein Weg zur Fantasy war gar nicht so weit. Aber ich wollte ja vom Bier erzählen.

Noch im 19 Jahrhundert hatte Kassel mehr als 50 private Brauereien und selbstverständlich wurde auch auf der Knallhütte das Bier selbst gebraut. Und als dann nur noch drei Brauerein in der Region übrig waren, nämlich die „Herkules-Brauerei“, die dann Binding übernommen hat und die heute abgerissen wird, und die „Martini-Brauerei“, die das „Kasseler“ braut (bleibe deiner Heimat treu – trinke Kropfs Martini-Bräu) – da gab es außerhalb der Stadt Kassel noch die „Knallhütter Brauerei“.

Nun mögen wir Nordhessen ja Biere mit einem etwas herbwürzigen Geschmack. Aber das „Knallhütter-Bäu“ war bitter – und da es zudem noch „von draußen kam“ gab es in Kassel kaum eine Kneipe mit diesem Bier. Aber der alte Besitzer dieser Privatbrauerei ging nicht von diesem alten, aus Urväter Tagen überliefertem Rezept ab. In Kassel hieß es:“Mäh suffens nit!“ Wer das nicht übersetzen kann, braucht sich mit mir nicht zu unterhalten – ich spreche nämlich recht viel Kasseläner Platt und schäme mich dessen nicht.

Aber dann kam ein Wechsel in der Spitze – und ein neuer Braumeister der, nun beginnt zu jubeln, ihr Enkel der trinkfreudigen Bajuwaren, aus dem tiefsten Oberbayern kam. Der kostete das Gebräu – und schüttete es weg. So hat er mir das jedenfalls erzählt.

Nun hat ja jeder Braumeister sein eigenes Rezept für sein Bier dass er hütet, wie man in Atlanta das Geheimnis von Coca-Cola bewahrt. Zwar sind die Grundlagen nach dem deutschen Reinheitsgebot allgemein verbindlich – aber nur der Braumeister weiss, wie viel und welchen Hopfen er beigeben muss. Das macht er selbst in Handarbeit – das ist das Einzige beim heutigen Brauvorgang, dass nicht vom Computer kontrolliert wird.

Ja, und dann hat dieser bayrische Braumeister ein Bier „komponiert“, das eine Mischung zwischen der Herbe des Nordhessischen Gerstensaftes mit der Milde der Sauerländer Biere war – allerdings mit Hopfen und dem brautechnischen know-how aus Bayern. Dazu kam dann anstelle des altüberlieferten „Knallhütter-Bräu“ die etwas zeitgenössischere Bezeichnung „Hütt-Bier“ und etwas mit Marketing kam die Sache ins Rollen.

Als dann das „Naturtrüb“ dazu kam, war der Siegeszug von „Hütt“ nicht mehr aufzuhalten. Allerdings ist das Naturtrüb ein normales Bier, nur ohne die letzte Filterung, bei der die letzte Hefe entfernt wird. Also ein Bier, wie man es zu Kaiser Wilhelms Zeiten getrunken hat. Für ganz kalorienbewusste Leute nicht zu empfehlen – aber gerade die Mädels trinken das „Naturtrüb“ gern.

Und obwohl ein richtiger Kasseläner eigentlich nichts mag, was aus Bananental, Bruchtal, Brauntal, oder wie immer man bei uns Baunatal nennt, kommt – das Hütt-Bier ist davon ausgenommen. Und inzwischen kann man es auch weit über die Region hinaus bekommen.

Allerdings – nicht alle unsere nordhessischen Biere kann ich bejubeln. Am letzten Wochenende hatten wir Kirmes in Nassenerfurth und Hermann auch war angerauscht. Wir wollten uns mal wie früher was über den Knorpel rinnen lassen.
Ja, aber bei der Kirmes gab es wieder „Schwalm-Bräu“ aus Treysa. Klar, unsere Jungs und Mädels haben das Zeug in sich rein gekübelt wie das liebe Vieh. Die sind, wenns um Bier geht, nicht sonderlich empfindlich.

Aber Hermann bekam plötzlich Heimweh – er dachte das das Hamburger „Astra“, das man in der dortigen Region als „Maurertod“ bezeichnet. Weiß der Teufel, warum unsere Kirmes-Burschen immer dieses Bier aus Treysa holen – zu den anderen Dorf-Festen haben wir andere Gerstenkaltschale. Ich muss mich ja selbst immer zwingen, wenns „Schwalm-Bräu“ gibt und das Zeug in ich reinschütten – weil man sich ja bei Festen auf dem Dorf sehen lassen muss.

Um es kurz zu machen – nach ungefähr fünf Kirmesschoppen (kleine Biere mit viel Schaum, weil schnell gezapft werden muss) hatte der Herausgeber des Zauberspiegels schon genug – zumal er wusste, was für Köstlichkeiten der Brautechnik ich so im Kühlschrank stehen hatte. Auf diese Art war es eine billige Kirmes – aber, das was ich an Bier im Hause hatte, ist im Verlauf des Abends noch bis auf die letzte Flasche drauf gegangen.

So, das war am Schluss noch was Privates. Ich hoffe, dass mir nun meinen nordhessischen Lokalpatriotismus in Sachen Bier keiner mehr übel nimmt. Und nebenher – ich freue mich schon wieder auf das Bier in Ingolstadt, wenn ich im November zum diesjährigen Löwen-Treffen fahre. Und vielleicht hole ich mir auch mal wieder einen Kasten „König Ludwig – Dunkel“…

In der nächsten Woche gehts mit der „Fantasy“ weiter.

Und vielleicht treffe ich einige „Teestunden-Freunde“ auf dem Buchmesse-Convent. Diesmal hat jemand gesagt: „Komm!“ Auch, wenn’s bloß der Herausgeber des „Zauberspiegel“ war-

Und ansonsten gilt - nicht vergessen – am Donnerstag wird beim „Zauberspiegel“ wieder Tee serviert…

Kommentare  

#1 Thomas Rippert 2008-10-09 11:15
Zitat:
Ich mag auch Frauenbewegungen ? besonders, wenn sie schön rhythmisch sind.
Autsch... :o
#2 blu 2008-10-10 03:43
Zitat:
..Ganz klar, die ganze Meute kaufte sich nicht nur ein Schwert, sondern zog auch mit blank gezogener, geschwungener Klinge unter Absingen unzüchtiger Barbarenlieder durch die Kasseler Innenstadt.
Das hätte ich ja gerne gesehen! 8)
Habe wieder einmal köstlichst geschmunzelt beim Lesen, herrlich, einfach herrlich - und auch wenn ich selbst kein Bier mag - interessant noch dazu. :-)
#3 Mikail_the_Bard 2008-10-10 16:31
Irgendwie hab ich jetzt "Durscht". :lol:
[Zitat Rolf:] ...noch früher als die Ägypter haben die Sumerer Bier gebraut ? die Rezepte sind noch vorhanden und in den Büchern finden sich Bilder von Reliefs, wo Biertrinker gezeigt werden. Der Trunk wurde damals mit einem Strohhalm eingesogen. [Zitat Ende]
Tja, in meinem Alter bringt man mal Ägypter und Sumerer durcheinander... :-* Und das mit dem Strohhalm ist verdächtig... gabs damals schon diese berüchtige Urlaubsinseln wo man aus Eimern trinkt? ;-)
[Zitat aus Wikipedia] Auch die ehemals deutsche Brauerei in Qingdao ist nun ein weltweit agierendes Unternehmen und hat inzwischen Brauereien in ganz China, Teilen Asiens und Nordamerikas aufgebaut. Ihr Bier wird unter dem Namen Tsingtao weltweit vertrieben. [Zitat Ende].
Ist das das Bier, dass du meinst Rolf?
Na, bin mal gespannt auf den nächsten Beitrag.

Michael Müller

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