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E-Zines und Web-Zines und Blogs - Oh je!

Zauberwort - Der Leit(d)artikelE-Zines und Web-Zines und Blogs
Oh je!

zum englischen Original Ich war in der glücklichen Lage, während der Revolution und Evolution der Datenverarbeitung einen Platz in der ersten Reihe zu haben. Mitte der Fünfziger Jahre war mein Vater Computerprogrammierer für die (damals) aufregende Welt von Univac und Eniac und riesigen Computern, die ganze Gebäude benötigten und riesige Kühlanlagen brauchten, um ihre Elektronenröhren vor dem Durchbrennen zu bewahren. Programmieren war damals ebenso sehr körperliche Arbeit wie geistige.

 

Der Programmierer musste das zu lösende Problem erfassen und entweder ein Programm auf Papier mit Anmerkungen versehen oder später auf einer besonderen Tastatur eintippen, die eine Lochkarte auswarf, welche die Maschine “lesen“ konnte.

Dann musste er – es gab damals nicht viele Programmiererinnen – in diese gewaltige Maschine hinein gehen und verschiedene Teile der Anlage durch Stromkabel miteinander verbinden, was sehr wie die Arbeit des „Fräuleins vom Amt“ in einer Telefonvermittlungszentrale aussah. Und dann würde die Maschine unter Einsatz ihrer unglaublichen zweihundertsechsundfünfzig Kilobyte Arbeitsspeicher daran arbeiten, die Frage zu beantworten.

Wir haben es weit gebracht seit damals. Die Rechenmaschine auf meinem Schreibtisch hat mehr Arbeitsspeicher und kann mehr Funktionen ausführen als diese Ungetüme aus der Kreidezeit. Heute haben Mobiltelefone Applikationen, die weit über das hinausreichen, was vor gerade mal fünf Jahren ein PC leisten konnte. Alles ist kompakter, schneller, beweglicher und glänzt mehr.Ich kann damit aktuelle Kinofilme sehen, das neueste Computerspiel spielen, e-mails lesen und beantworten, auf Twitter lesen und schreiben.

Ich denke, es ist alles zu leicht geworden.

Die Bühne steht jetzt bereit für das Erscheinen eines neuen Tyrannen – des elektronischen Diktators über die Welt der Informationen. Die Verantwortung ist verschwunden, die Genauigkeit fliegt auf den Müll. Alles, worauf es jetzt noch ankommt, ist: Habt ihr euch an meine Regeln gehalten?

Was?

Eure Fakten zeigen, dass meine nicht stimmen? Nein, zum Teufel! Lasst uns das zur Diskussion stellen und solange darauf einprügeln, bis ein Konsens erreicht wird.  Und jetzt ist also dieser unhandliche Wert von Pi – 3,14undsoweiterohneende – auf einmal eine glatte 3, weil wir uns darüber einig geworden sind, dass diese Zahl annehmbarer ist als die sperrige altmodische  Dezimalzahl und dass man damit einfacher arbeiten kann.

Wahrheit. Was ist Wahrheit?

Wahrheit ist, was auch immer die Lieferanten von Information und Wissen auf den Webseiten für wahr erklären. Als ich aufwuchs, brachte man mir bei, dass jedes Buch mit einem Namen, der auf -pädie oder -pedia endet, wahrscheinlich eine gute Quelle für Wissen darstellt.

Es tut mir Leid um uns alle.

Wenn ihr das nächste Mal eine Bauanleitung von Wikipedia herunterladet und die Maße verlangen, dass etwas drei Fuß lang sein soll, weil die Bearbeiter fanden, dass ein Meter zu unpraktisch wäre und gegen ihre Befindlichkeiten, gegen ihre Bequemlichkeit oder gegen die Regeln ihrer Webseite verstoße, dann erinnert euch daran: obwohl da ein Haufen Schrott um euch herum auf dem Boden liegt, ist es trotzdem ihrem Konsens folgend genau so richtig zusammengebaut.

Der Fehler muss bei euch liegen.

Übersetzung: Harald Weber

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2011-09-15 09:43
Ja, das waren noch Zeiten als man PAPs von hand mit Dreieck und Schablone malte, Assembler programmierte, und Rechner die Größe von Kellerräumen hatten. (Das war die Zeit wo bei Perry Rhodan die Mikronesen Microchips bauten ;-) ). Wer damals von einer GUI (Grafsches User Interfac), als fabuliert hatte, wäre auf dem "Röhren-Scheiterhaufen" mit 220V gerillt worden! :) Und Kondensatoren waren noch mit bloßem Auge erkennbar. Ja und Computer wurden noch mit Lötkolben verdrahtet.
Ich habe die Zeit ab C64 miterlebt und kann nur zustimmern. Als dann Geoworks kam, wurden die C64-User mit einer Art Prähistorischem Windows verwöhnt. Atari brachte GEM, Mac hatte glaub ich schon eine GUI, und Windos hieß noch zurecht Windoof. Linux war Textbasiert und Internet... nun das hatten Unis, Regierungen und das Militär, sowie einzelne Firmen. Der "Normalsterbliche" hatte einen Akusstikkoppler (da legte man den Telefonhörer rein, nur mal für die Generation Netbook erwähnt :-) ) und die Telekom war Marktmonopolist! Ich denke noch mit Grauen am meine erste eigen Telefonrechung als ich MausNet - Mailboxnutzer war!
Heute ist alles "Klickiebuntie" und mit "Perwoll" weichgespült. Wer programmiert seine Hompage noch von Hand? Hände hoch... ah, ich kann nix sehen! :-) Wordpress, Jolama oder mit dem sonst einem "Textprogramm" Text rein, Bild rein, als htm(l) gespeichert - fertig.
Ich muss leider sagen, der Verfasser dieses Artikel hat recht. Heute ist vieles einfacher... aber sicherer ist es dadurch nicht geworden. Und bzgl. des Daten- und Informationsschutzes hätte ich da noch was Parodistisches:
www.youtube.com/watch?v=6s9IM1j0xFo
www.youtube.com/watch?v=OaKR9Ew0okE&feature=share
#2 Larandil 2011-09-15 10:49
Tja. Ich biete einen MS-DOS-Prompt C:/>. Und Fortran und Turbo-Pascal. Webseiten schreibe ich mit Wordpad - Hauptsache, die Tags werden alle richtig geschlossen, und das ganze blinkende bewegte Gedöns braucht ja doch keiner.
Aber natürlich habe ich auch noch im Theorieunterricht an der Fahrschule Modelle von Zweitakt- und Viertaktmotoren gesehen ... wer macht denn heute noch freiwillig die Motorhaube auf?
#3 localhorst 2011-09-15 15:29
Wo ist dein Problem? Du beklagst eine zunehmende Freiheit. Freiheit bedeutet immer Verantwortung. Das ist nicht einfacher, das ist schwieriger. Es hängt von dir ab wie du deine Grenzen definierst und nicht davon was du dir vorgeben läßt. Wenn du Pi auf zig Stellen hinter dem Komma brauchst dann such dir entsprechendes Werkzeug. Wenn nicht, dann lass es. Modelle oder Theorien sind immer Abstaktionen der Realität und sollen deshalb auch nur eine ausreichende Genauigkeit haben.
Wenn dir die Genauigkeit nicht reicht, such dir komplexere Modelle oder Theorien.
#4 Harantor 2011-09-15 15:47
Sein Problem ist, dass das Netz eben keine Demokratie ist, sondern schlicht und ergreifend Anarchie. Jeder Admin ist der Herr im Hause und bestimmt die Richtung. Im Zauberspiegel läuft das in letzter Konsequenz auch so... Hier gilt das bekannte Helleber-Gesetz: Jeder darf sagen was er will. Gemacht wird, was der Herrscher will.

Diese Rolle darf man (und auch ich) nicht überziehen, sonst hat man bald (und auch ich) keine Mitstreiter mehr, sondern führt einen Blog. Aber da ist man da absoluter Herr im Hause.

Besonders ätzend sind selbstherrliche Admins allerdings bei der Wikipedia. Dort ist ein solches Verhalten schädlich, wenn man sich gegen offensichtliche Fakten sperrt.

Dennoch das Web als riesige Demokratie zu kennzeichnen ist eben IMHO ein Basisfehler...
#5 Larandil 2011-09-15 17:59
Irgendwann, irgendwo hat's mal ein anderer Amerikaner auf den Punkt gebracht: er schreibt im Netz, weil er seine eigene Meinung zum Ausdruck bringen will, und nicht, weil ihn die Meinungen anderer interessieren oder gar seine eigene Weltsicht verändern sollten. Und wenn dann der Klügere nachgibt, wieder und wieder, dann haben eben die Dummen das Sagen, und nach dem Eliminationsverfahren landet schließlich der Dümmste ganz oben in der Pyramide.
#6 Thomas Backus 2011-09-16 09:52
Klar, es gibt viel Mist (Datenmüll) im Internet. Aber es gibt auch grottige Bücher.

In meinen Augen ist das Internet vor allen Dingen ein Ort für Kreativität. Ich bin mit Fanzines aufgewachsen. Meine ersten Geschichten schrieb ich mit schreibmaschine, unter der Verwendung von viel Tipex, später hatte ich einen 24nadler am c64. Die Technik ist heute viel Weiter als damals, aber sie bietet einem eine Möglichkeit, sich einzubringen, sich auszubrobieren und durch Kritik zu wachsen. Ich liebe das Internet!
#7 Jonas Hoffmann 2011-09-16 10:52
Ich sehe das ähnlich wie Thomas Backus, die Gedankenwelt der Menschen hat sich durch das Internet nicht geändert. Es hat nur die Mitteilungsmöglichkeit der Gedanken erweitert. Der Müll war schon immer vorhanden, nur gibt es nun eine einfache Möglichkeit ihn in die Welt hinaus zu tragen.

Oder anders ausgedrückt.

Es gibt den Spruch: Das interessiert mich soviel als wenn in China ein Sack Reis umfällt.

Heute kann man sich das sicher via Webcam im Internet live anschauen wie der Sack fällt ;)
#8 Kerstin 2011-09-21 16:00
Ja, Thomas, an unsere erste Computerversuche und die unhandlichen Dinger kann ich mich noch erinnern! Weißt du noch, wie wir die ersten Viren hatten und nix mehr ging? Aber das war trotzdem schon ein großer Fortschritt zur mechanischen Schreibmaschine, wo man wie wild auf die Tasten hämmern musste und Fehler kaum korrigieren konnte.

Heute nutze ich das Internet andauernd und denke, man kann sich zu fast jedem Thema auf so vielen verschiedenen Seiten informieren, dass man eine Sache wirklich von allen Seiten betrachten kann.

Dabei liegt es ja an einem selber, ob man nur eine Seite aufruft oder die Info auf mehreren Seiten abruft und miteinander vergleicht. Natürlich gibt es da auch das Phänomen, dass einer einen Blödsinn in die Welt setzt und viele andere schreiben das ab.

So geht das doch mit jedem Medium. Man kann kluge Sachen sagen oder Mist reden, schreiben, twittern .... Man denke an Filme, die einen sind gut und intelligent gemacht, die anderen einfach nur billig und schlecht, um das schnelle Geld mitzunehmen. Bei Büchern gibt es das auch. Es liegt ja nicht am Medium, ob der Inhalt Sinn macht.

Dummes Zeug zu verbreiten ist immer leichter, als etwas Bedeutsames unter die Leute zu bringen, weil das dumme Zeug oft bereitwilliger angehört und geglaubt und auch weitererzählt wird.

Das Internet erreicht halt viel mehr Leute als viele andere Medien. (Denkt an die Menschenmassen bei Facebook-Partys!) Auswählen muss dann jeder für sich, was er von dem Inhalt annimmt und was er nicht in sein Leben lassen will. Nicht selten sieht man schon an grottenschlechter Rechtschreibung, Grammatik, Zeichensetzung und einem sehr überschaubaren Wortschatz (sofern man das selber überhaupt erkennt), wenn einer auch sonst kein helles Licht ist, was sich auch auf die Qualität des Inhalts auswirkt. (Damit meine ich jetzt nicht die Rechtschreibschwäche. Die dafür typischen Fehler erkenne ich, und auch simple Tippfehler, die jedem mal passieren können.)

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