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Perry, der Zauderer - Ein Exkurs zur Verhaltensforschung

Perry Rhodan ... und wirPerry, der Zauderer
Ein Exkurs zur Verhaltensforschung

Wir befinden uns (wieder) im „STARDUST“-Zyklus. Perry Rhodan verhält sich zum Teil ungewohnt. Kann es sein, dass er durch ES’ Frieren und Schlottern auf Wanderer beeinflusst wird? Aus dem Sofortumschalter wird nämlich ein Unentschlossener erster Güte! Nicht, dass er vor Schreck erstarren würde, aber gegenüber den Anfangstagen des Solaren Imperiums fällt einem doch eine starke Veränderung in der Verhaltensweise des Terraners auf. Begleitet mich auf einem kleinen Exkurs von Aufdeckung und Beweisführung.

 

Das Problem:
Bestätigt durch einen Leserbrief entschließe ich mich zu einem Thema, das mir schon länger im Hinterkopf rumschwirrt. Volker Becker schreibt auf der LKS von PR 2606, dass man Perry wieder vermehrt als den agierenden Terraner handeln lassen soll und nicht als den Grübler und Zauderer, der er in letzter Zeit ist.

Die verlorene StimmeBeweisführung:
Sogar MMT hat Perry in einer Beschreibung als eine Person hingestellt (PR 2602, Seite 4;2603, Seite 18, 33), der zuviel überlegt und eine Entscheidung auf die lange Bank schiebt. Ein Tatbestand, der mich doch ein wenig überraschte, ist dies nämlich keine gebräuchliche Bezeichnung für eine Hauptfigur, die ein PR-Autor normalerweise verwendet. Üblicherweise lässt man die Figuren agieren und erst aus dem Beschrieb erkennt der Leser, wie sich die betreffende Person in der Handlungen verhält.

Bereits im Roman von Marc A. Herren (PR 2564 „Die verlorene Stimme“) wird Perry als eine Figur dargestellt, die sich anders verhält als man es von ihr gewohnt ist.
 
Zu diesem Heft – diesem Handlungsstrang – gibt es jedoch eine Auflösung: Perry hört die Stimme eines Kindes, was seine Aktionsfähigkeit einschränkt. – Klingt wie ein Vorläufer des Zauderns, wie wir es heute kennen.

Wie war das damals noch mal?
Als Perry am 19. Juni 1971 auf dem Mond landet und dabei den Arkoniden Thora und Crest begegnet, stellt der Terraner eine harte Führernatur dar, der weiß was er will. Natürlich ist er sich noch nicht genau im klaren, ob er auch das bekommen wird, was er anstrebt, aber Perry hat einen Plan: er will für die Menschheit das Weltall erobern.

Als Risikopilot und Major der „U.S. Space Force“ wurde er dazu ausgebildet, nach vorne zu blicken und genau dieses Ziel immer im Blick zu halten.

In solchen Momenten sehe ich das Bild eines Esels vor mir (wenn auch in diesem Beispiel auf eine positive Weise), der einen Wagen zieht, weil die Möhre immer ein paar Zentimeter vor dem Kopf baumelt. Dies entspricht dem menschlichen Naturell: größer, weiter, besser, schneller, billiger. Ein Expansionsdrang, der zuweilen mit einem natürlichen Größenwahn einhergeht: Man strebt immer nach mehr, damit man genau das bekommt, was man will.

K. H. ScheerDiese Romane aus der Frühzeit sind sowohl Abdrucke als auch Kinder ihrer Zeit und deren Erfinder. K. H. Scheer und Clark Darlton waren beide Träumer und glaubten an einen Weg der Menschheit im Universum. Und in erster Linie an das Gute im Menschen.
    
Scheer besaß da wohl eher weniger das absolute Vertrauen als Darlton, den ich gerne mal als einen positiven Träumer bezeichne.

Es wurden in der Serie immer wieder Grenzen gesetzt, die es zu erreichen galt, doch so, dass diese im Bereich des Möglichen standen (mit der zur Verfügung stehenden Technik der anderen, die die Terraner immer wieder mal ergaunerten) und auch erreicht werden konnten.

Walter Ernsting (Clark Darlton)Das forderte die Terraner heraus, ebenso die Leute an der Spitze. Sie mussten flexibel bleiben, weil hinter der nächsten Ecke immer wieder mal etwas Neues auftauchen konnte.

Bis zum heutigen Datum – September, 1469 NGZ – hat Perry schon so viel vom Universum gesehen, dass sich da die Frage stellt, ob bei ihm eine gewisse Ermüdung eingetreten ist? Oder wird er durch seine Verantwortung so eingezwängt, dass sie ihn beim Fällen von wichtigen Entscheidungen erstarren lässt? Aus dem Sofortumschalter ist eine Person geworden, die  wichtige, grössere Entscheidungen gerne auf die lange Bank schiebt. Wenn es dagegen um sein Leben oder das seiner Mondra geht (PR 2602, am Schluss der Seite 4), funktionieren seine Instinkte tadellos. Was lenkt ihn so sehr ab? Was hat ihn verändert?
 
 
Expokraten unter sich:
Hat da auch die Lebenseinstellung eines William Voltz mitgespielt, dass sich die Person Perry Rhodans geändert hat?

Mit Sicherheit sogar!
 
William VoltzErst mit William Voltz’ Darstellung des Universums zeigte sich, dass der Terraner zu einem Menschen wurde, der sich an den Wundern des Universums nicht satt zu sehen vermag. Erst als Willi die Exposéleitung übernahm, wurden vermehrt psychologische Themen aufgegriffen, auch wenn die Entdecker- und Abenteuerseite nicht zu kurz kam. Unter der Ägide von Voltz wurde die beschriebene Handlung noch fantastischer, noch tiefgründiger, noch menschlicher. Ein Umstand, der aus dem zielgerichteten und ehemaligen Major der "U.S. Space Force", einen Denker machte. Es wurde zuerst überlegt, bevor man schoss!

Klar ist, dass sich auch die Perry Rhodan-Reihe nicht vor Trends verstecken kann, das auch nie tat. Sei dies in der Mode (wie „Perry im Bild“ oder auch der "Perry"-Comic belegen) als auch in der Darstellung von Personen.
    
Perry Comics - gestern und heuteIn den Sechzigern war Perry der Held, der alles wusste und schon gar nie einen Fehler beging. Dass er als Vater nicht wirklich tauglich ist (Thomas Cardiff), machte ihn jedoch eher menschlicher, als dass es ihn zu einem Versager stempelte.

Alle Romane, die Willi Voltz als federführender Expokrat  zeigen, habe ich nicht gelesen. Nur ein paar nach tausend.
Ich befinde mich gerade im Zyklus „Die Endlose Armada“. An dieser Stelle gefällt mir auf jeden Fall der dargestellte Perry. Er ist ein Macher, der seine Leute antreiben kann und doch nie mehr verlangt, als selbst er bereit ist zu geben.

Die anderen Exposéleiter wie Ernst Vlcek, Thomas Ziegler, Kurt Mahr, und Robert Feldhoff kenne ich noch nicht, aber das ist eine Strecke, die ich in den nächsten Jahren noch zurücklegen will.
        
Bis auf Ziegler, von dem ich gerade erst ein paar Hefte gelesen habe, kann ich von den anderen Autoren nur Positives sagen. Ihre Schreibe hat mir schon immer gefallen.

Wie sich jedoch ihre Denkweise beim Herstellen von Exposés auf die handelnden Personen niederschlug, weiß ich (noch) nicht zu beurteilen, aber das wird noch kommen.
 
Zum Glück hat sich gegenüber der Frühzeit in PR einiges geändert. Perry ist immer noch ein Mensch, der man gerne sein möchte – Erfahrung und Unsterblichkeit inklusive – und doch gestehe ich ihm zu, dass in seinem Kopf Dinge ablaufen, die selbst ein Autor nicht genau vermitteln kann. Der Expokrat weiß da vielleicht mehr, aber der plaudert nicht. Die Leser sollen auch die Romane lesen!

Vielleicht in Mannheim (Kurs 3000; Samstag, 1. Oktober) wird dann eröffnet, welchen Weg die Redaktion mit der Serie einschlagen will und welche Richtung sich am Horizont bereits jetzt abzeichnet. Vielleicht doch endlich die, die Mike Rennicke schon vermehrt gefordert hat: eine Reglementierung mit den Kosmischen Mächten (d.h. seltenere Auftritte) und vermehrt wieder Abenteuer in der bekannten Milchstrasse, an noch unbekannten Orten.

Da wird dann sogar ein Perry Rhodan vielleicht wieder aufgeweckt und fühlt neue Energien durch seinen Körper strömen. Was ja auch der Leserschaft zugute kommt.
Unternehmen Stardust
 
Was es noch zu erwähnen gilt:
Ganz zu Beginn der Dritten Macht war Perry Rhodan immer derjenige gewesen, der das Heft in der Hand hatte und nach vorne drängte. Immer höher, immer weiter. In seinem Verhalten war abzulesen, dass es ihn nach dem Horizont drängte, den er vor sich sah. Ganz davon abgesehen, dass er einen Traum hatte, dass die Menschheit zu Größerem fähig ist als sich in einem atomaren Krieg selbst auszulöschen.

Das jetzige Zaudern von unserem Lieblingsterraner – davon gehe ich mal aus, sonst würde man die Serie nicht lesen – gibt jedoch Grund zu diversen Spekulation. Steht ES’ Frieren auf Wanderer damit in einem Zusammenhang? Ist durch die Hyperkälte etwas mit den Zellaktivator-Chips passiert, was zu einer Verlangsamung in Perrys Denken führt?

Dagegen spricht eigentlich, dass von den anderen Aktivatorträgern nichts Negatives zu vernehmen ist. Bei denen hat sich anscheinend nichts verändert.

Hat das Zaudern einen Zusammenhang mit der Hyperkälte, aber nichts, was Perry aufs Gehirn schlägt? Sondern hat er sich vielmehr überlegt, nach diesen vielen Jahren, in denen er die Kohlen für die Superintelligenz aus dem Feuer geholt hat,
müsse endlich eine Änderung der Situation, wie man sie jetzt kennt, eintreten?

Dieser Status Quo, der z. B. die Menschheit, die Galaktiker, auf eigene Füsse stellt und von den Kosmischen Mächten abnabelt.

Die Frage, die sich da stellt, lautet folgendermaßen: Wäre die Menschheit bereits soweit, wenn sie auf die Langlebigkeit, die Unsterblichkeit einiger Privilegierten, hätte verzichten müssen?

Anders könnte man auch nachhaken, ob die Menschheit nicht weniger Probleme hätte, wenn ihnen von ES nicht ständig Knüppel zwischen die Beine geworfen würde.

ES hat Perry 20'000 Jahre gegeben. Von mir aus sollte die Superintelligenz wissen, was auf die Menschheit zukommt, und dementsprechend handeln. Besser handeln als sie es bislang getan hat, und die Terraner nicht immer in die Wand knallen lassen und dann vermelden: "Ups, vergass ich zu sagen: da war ein Hindernis." Und wenn wir schon dabei sind, vielleicht auch etwas weniger kryptisch um Hilfe bitten! Klare Aufgabenstellung ergibt eine genaue Erledigung der gestellten Pflicht.
 
Erklärungsversuch(e):
Ist die Menschheit zu groß geworden? Hat sie sich zu sehr verzettelt? Wirkt sich das auf den obersten Terraner aus, weil er überfordert ist? Kann man so etwas Perry überhaupt unterstellen?

Gemäß einem Video-Interview, in dem der Exposéchef Uwe Anton kurz anreißt, wie sich die Serie entwickelt hat und auch weiter tut, spricht er darüber, dass die aktuellen Figuren beginnen, den Weg zu hinterfragen, den sie seit dreitausend Jahren gegangen sind. Das wird mit Sicherheit zu Änderungen führen, die in Zukunft auf die Leser warten.
 
Das Thanatos ProgrammImmerhin etwas, was Hoschpian in Band 2600 voraussagte, dass ein großer Wechsel anstehen würde. Dinge würden passieren, „die wenige Jahre später dazu führten, dass er nicht mehr derjenige war, als er zu den Fernen Stätten aufgebrochen war. Er hatte die Konsequenzen seines Tuns zu tragen …“, Auszug aus dem Roman, Seite 4.

Kein Grund sich jetzt darüber (zu)viele Gedanken zu machen? Ich bin überzeugt, dass die PR-Redaktion die Fäden im Griff hat, die sie über die letzten Hefte ausgelegt hat.

Wir erleben im Augenblick einen Umbruch, der Rückblickend nur das bestätigen wird, was auch schon Hoschpians Andeutungen in Band 2600 bestätigt: es wird eine Wende eintreten. Doch die muss irgendwann langsam kommen. Es bringt nichts, wenn von einem Tag auf den anderen die Welt von PR auf den Kopf gestellt wird. Erst recht nicht, wenn in der gemächlichen Anpassung noch Geschichten stecken, die zu erzählen sich lohnen dürften. Genau dieser Übergang macht es dann für den Leser verständlicher und nachvollziehbarer. Auch wenn man sich im Moment noch fragt, was denn da mit Perry passiert ist.

Zusammenfassung:
Die Veränderung ist von den Autoren bewusst eingeleitet worden. Sie ist nicht einfach in die Geschichte eingeflossen. Sicher wird sie mal weniger, mal mehr hervorgehoben, aber sie wird uns weiterhin begleiten. Der Leser kann also beruhigt sein, dass dies kein willkürlicher Akt ist.

Perry befindet sich – überhaupt die ganze Serie – in einer Um- und Aufbruchstimmung. Noch ist die genaue Richtung nicht zu erkennen, aber dass sich Perry anders verhält als früher - und dies auch Auswirkungen auf die Zukunft der Menscheit haben wird - ist gegeben. - Den Satz „dass sich Perry anders verhält als gewohnt“ unterlasse ich bewusst, hat sich die Serie doch immer schon Trends angepasst. Sie hat aber auch schon welche eingeleitet. Was es dieses Mal genau sein wird, erfahren wir durchs weiterlesen.

Hoffen wir, dass dieser Wechsel nur zum Besten der Serie ist. Auf jeden Fall wird damit eine neue, eine aufmerksamere, eine menschlichere Person geschaffen.

Perry hat sich verändert, d.h. Perry wird sich immer verändern. In meinen Augen wurde es auch langsam Zeit, dass der Held die Züge eines Menschen annimmt. Eines richtigen Terraners.

AD ASTRA

Michel

Kommentare  

#1 Jonas Hoffmann 2011-08-09 09:41
Wenn man ganz böse sein wollte, dann könnte man eine Verschwörung wittern, die angezettelt wurde um die Leser zu NEO zu treiben.

Zum einen verweichlicht man Perry in der EA künstlich. Und dann haut man solche Sprüche raus

zitiere MAH gepostet im NGF:

[..]Man will einen entscheidungsfreudigen Perry zurück. Für alle diese Stimmen kann NEO vielleicht genau das bieten, was sie sich wünschen. NEO ist das, was sich viele gewünscht haben - ohne dass sie von dessen Projekt zu diesem Zeitpunkt wissen konnten.[..]

Q: forum.perryrhodan.net/index.php?s=&showtopic=21552&view=findpost&p=814000

Ein Schelm der was böses denkt. :-* :-* :-* 8)
#2 Michel 2011-08-09 10:23
Jetzt, da du es erwähnst, könnte man wirklich was in der Richtung annehmen. :P
Die Kolumne entstand bereits VOR der grossen Eröffnung, aber die Gedanken waren doch schon länger da. Und abzusehen ist ja wohl eine Änderung.
Schauen wir mal, wie sich NEO wirklich vom aktuellen Perry unterscheidet.

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