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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Colorado?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Colorado?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 28. Februar 1861 unterschrieb US-Präsident James Buchanan das Gesetz, mit dem das Territorium COLORADO gegründet wurde. Ein “Territorium” war – in aller Kürze beschrieben – ein Gebiet in Nordamerika, das nach Erreichen einer bestimmten Bevölkerungsgröße und einer gewissen Besiedelung geografisch eingegrenzt und unter die Verwaltung der amerikanischen Bundesregierung genommen wurde, bis sich eigene Verwaltungskörperschaften des Gebiets gebildet hatten und eine Verfassung ausgearbeitet war. Dann konnte ein Antrag auf Anerkennung als Staat erfolgen, der in die Selbstverwaltung entlassen wurde. Die Gouverneure von Territorien wurden nicht gewählt, sondern vom US-Präsidenten ernannt. Die Wahl von lokalen Polizeibeamten war nur mit Bundesgenehmigung möglich. Das Gesetz wurde ansonsten exklusiv von US Marshals und deren Deputies vertreten. Juristisch waren Territorien eine Art „Mündel“ der US-Regierung.

Die Erhebung von Colorado zum Territorium erfolgte als Antwort auf den Goldrausch in der Pikes Peak Region, der 1858 begann und die Bevölkerung dieses Gebiets sprunghaft wachsen ließ. Die Entscheidung war 1861 sehr bedeutsam, da die amerikanische Regierung sich damit am Vorabend des Bürgerkrieges die Herrschaft über die reichen Gold- und Silbervorkommen entlang der Rocky Mountains sicherte.

Die Grenzen eines Territoriums waren zunächst provisorisch. Im Fall Colorados entsprachen sie bereits fast den heutigen Staatsgrenzen, dehnten sich 1861 aber noch bis ins westliche Kansas und ins südwestliche Nebraska, sowie im Süden bis ins nördliche New Mexico aus.

Die hier beheimateten Indianervölker gerieten erheblich unter Druck. Das waren die Ute und Shoshone, die südlichen Cheyenne und Arapaho, die Pawnee, Comanche und Kiowa. Letztere zogen sich noch 1861 nach Texas zurück. Am Ende des Krieges, 1865, waren die meisten Indianervölker aus den Plainsregionen Colorados verdrängt.

Die ersten europäischen Besucher des Gebiets waren um 1540 spanische Konquistadores unter Coronado gewesen. 1776 folgten Expeditionen von Francisco Dominguez und Silvestre Velez de Escalante. 1806 kam die amerikanische Expedition unter Zebulon Pike.

Anfang des 19. Jahrhunderts durchstreiften Trapper, Mountain Men und Pelzhändler die Rockies. Die erste amerikanische Ansiedlung war der ca. 1833 errichtete Handelsposten der Brüder Bent am Ufer des Arkansas River. Dieser Fluss bildete die offizielle Grenze zu Mexiko. Um 1854 ließen sich erste Farmer in den Ausläufern der Rocky Mountains nieder.

Zu dieser Zeit gab es bereits Gerüchte über Goldvorkommen in den Bergen. Im November 1858 steckte eine Gruppe von Prospektoren unter Führung von Green Russell am Cherry Creek Claims ab. Die erste Siedlung wurde „Denver City“ genannt, zu Ehren des Gouverneurs von Kansas, James W. Denver. Gründer der Stadt war William Larimer, ein Landspekulant, der selbst nicht daran dachte, nach Gold zu suchen. Er sicherte sich die wichtigsten Parzellen für den Bau der wachsenden Stadt, und machte damit ein Vermögen. Er bemühte sich auch sofort um eine Anerkennung des Gebiets als „Territorium“. Diese Anerkennung bedeutete finanzielle Unterstützung durch die Regierung, die Anlage von Transportwegen, Schutz und Sicherheit durch die Armee und die Justizbehörden. Daraus resultierten steigende Landpreise. Larimer hoffte, zum ersten Gouverneur ernannt zu werden. Zu den stärksten Anwälten für eine Designierung des Colorado-Territoriums gehörte auch der Journalist William Byers, der mit der „Rocky Mountain News“ die erste Zeitung des Goldrauschgebiets gegründet hatte.

Blockiert wurde die Anerkennung am Vorabend des Bürgerkrieges durch die Sklavenfrage. Congress und Senat in Washington waren gespalten. Der Süden lehnte ein sklavenfreies Territorium ab. Als die Südstaaten aus der Union ausschieden und sich ihre Abgeordneten zurückzogen, gab es eine Mehrheit für die Schaffung des Colorado Territoriums.

Der Name „Colorado“ war bereits 1850 von Senator Henry S. Foote für die Region vorgeschlagen worden. Er bedeutete auf Spanisch „rote Farbe” und bezog sich auf den Colorado River, dessen Umgebung von rotem Sandstein dominiert wurde.

Sehr zum Ärger der Gründer von Denver, wurde die kleine Siedlung „Colorado City“ zur ersten Hauptstadt des Territoriums. Aber schon 1862 wurde der Sitz der Verwaltung nach Golden verlegt. Erst 1869 zog das Territoriumsparlament nach Denver um. Diese Stadt wurde allerdings nicht vor 1881 zur ständigen Hauptstadt.

Während des Bürgerkrieges gab es Versuche der Konföderierten Staaten, Colorado für die Südstaaten zu gewinnen. Von Texas aus zogen Konföderierte unter Führung von General Henry Sibley nach New Mexico und wollten in Colorado eindringen. Sie hatten nicht nur die reichen Erzvorkommen des Territoriums im Blick, sondern wollten auch die Verkehrswege zwischen Kalifornien und den östlichen Staaten abschneiden. Die Unionstruppen schlugen die Konföderierten u. a. am Glorieta Pass.

Der Ansturm der Goldsucher ins Herz von Colorado sorgte für Spannungen mit den Indianervölkern, die im Vertrag von Fort Wise vom 18. Februar 1861 – ebenfalls vor 160 Jahren – auf einen Großteil ihrer Jagdgründe verzichtet hatten, die ihnen noch 10 Jahre vorher im ersten Vertrag von Fort Laramie zugesichert worden waren. In Fort Wise erklärten sich mehrere Cheyenne-Führer bereit, ihr nomadisches Leben aufzugeben und in den vereinbarten Gebieten als Farmer zu siedeln. Viele Cheyenne-Gruppen weigerten sich jedoch. Es kam zu Überfällen auf Farmen, Siedlungen und Transportwege. 1862 organisierte der Colorado-Gouverneur Evans eine Art „Heimwehr“, die „Colorado Freiwilligen“. Mit dem Segen des Gouverneurs suchte diese Miliz den Kampf mit den Indianern.

Der grausame Höhepunkt dieser Auseinandersetzungen kam im November 1864, als der ehemalige Prediger und jetzige Colonel des 3. Colorado-Regiments, John Chivington, ein friedliches Cheyenne-Lager am Sand Creek angriff und eines der brutalsten Massaker der gesamten Indianerkriege anrichtete.

Dank zweier regulärer Offiziere, die ihren Kompanien die Teilnahme verboten und hinterher ihre Vorgesetzten informierten, kam es zu einer offiziellen Untersuchung des Vorfalls. Kommissionen von Parlament und Militär bezeichneten das Massaker als „verabscheuungswürdig, niederträchtig, brutal und feige“. Zu einer Verurteilung Chivingtons kam es aber nicht, weil dieser sich rechtzeitig der Militärgerichtsbarkeit entzogen hatte. Die Folge war ein erneutes Aufflammen des Indianerkriegs in Colorado, Wyoming und Kansas. Gouverneur Evans wurde seines Amtes enthoben.

Nach Ende des Bürgerkrieges verstärkten sich die Bemühungen, Colorado zum eigenständigen Bundesstaat zu machen. Die Auseinandersetzung darüber zog sich über Jahre hin und verzögerte viele Infrastruktur-Maßnahmen, wie etwa den Bau einer großen Bahnlinie.

Wohlhabende Geschäftsleute investierten daher aus eigener Tasche in den Bau der „Denver Pacific Railroad“, um nicht von den wichtigen Verkehrsadern abgehängt zu werden. Mit dem Anschluss an die „Kansas Pacific Railroad“ konnte Denver seinen Status als wichtige Geschäftsmetropole wieder stabilisieren, und am 1. August 1876 wurde die Erhebung von Colorado zum Bundesstaat vollzogen.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

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