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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Alexander Culbertson?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Alexander Culbertson?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 27. August 1879 – vor 141 Jahren – starb in dem kleinen Dörfchen Orleans (Nebraska) ALEXANDER CULBERTSON. Schon zu dieser Zeit war er in einer breiteren Öffentlichkeit fast vergessen. Dabei war er einmal einer der einflussreichsten Männer im frühen Nordwesten Nordamerikas gewesen, u. a. der Gründer von Fort Benton, der ersten amerikanischen Siedlung im heutigen Montana, und einer der führenden Pelzhändler der Region, der freundschaftliche Beziehungen mit den Blackfoot und anderen Plainsindianern schuf. Er agierte als Spezialagent der US-Regierung bei den Vorbereitungen der größten Friedenskonferenz der USA mit den Plainsvölkern 1851 in Fort Laramie. Zusammen mit seiner Blackfoot-Frau Natawista Iksina verhandelte er erfolgreich mit dem Volk seiner Frau, um der Northern Pacific-Eisenbahn 1853 eine Vermessung ihrer Strecke durch das Gebiet der Blackfoot zu ermöglichen.

Alexander Culbertson war am 16. Mai 1809 in der Nähe von Chambersburg (Pennsylvania) geboren worden. Er stammte aus einer Familie von schottisch-irischen Einwanderern. 1826 schloss sich der junge Mann seinem Onkel John Craighead Culbertson an, der als Marketender der US-Armee nach Florida ging. Sein Onkel brachte dem jungen Culbertson die Grundlagen des Indianerhandels bei. 1827 erhielt Culbertson zunächst eine Anstellung bei der „American Fur Company“ unter Johann Jacob Astor in St. Louis. Danach arbeitete er für den Pelzhändler Pierre Chouteau jr., der Astors Firma übernahm. Für eine Weile versuchten er und sein Onkel sich als unabhängige Indianerhändler im Nordwesten Minnesotas.

1833 unterschrieb Culbertson einen Vertrag als „Clerk“ bei der „American Fur Company“ in St. Louis. Ein „Clerk“ war in der großen Zeit des Pelzhandels weitaus mehr als ein „Buchhalter“. Ein „Clerk“ war ein leitender Angestellter, der teilweise sogar Teilhaber des Unternehmens sein konnte. Es war ein hochbezahlter, verantwortungsvoller Posten. Der „Clerk“ kaufte selbständig Handelswaren ein, verhandelte mit Lieferanten und Indianern, traf weitreichende geschäftliche Entscheidungen. Culbertson arbeitete zunächst unter der Leitung des legendären Kenneth McKenzie, dem Gründer des gewaltigen Fort Union am Oberen Missouri. 1834 wurde er selbst zeitweise der „Bourgeois“ des Postens, wie man im alten Pelzhandel den Chef und Manager eines solchen Handelszentrums nannte.

Schon zu dieser Zeit heiratete er eine Piegan-Frau. Die Ehe dauerte offenbar nicht lange; denn Culbertson blieb nur kurze Zeit in Fort Union. Aber 1840 kehrte er zurück und übernahm erneut die Leitung. Zu dieser Zeit heiratete er NATAWISTA IKSINA, die Tochter des einflussreichen Kainah-Häuptlings Two Suns. Sie war zu dieser Zeit 15 Jahre alt. Culbertson war 30. Das Paar hatte 5 Kinder. Ihr Kainah-Name bedeutete vermutlich „Medicine Snake Woman“ oder „Holy Snake“.

Culbertson stieg 1847 bis zum Superintendenten des sogenannten „Upper Missouri Outlets“ der „American Fur Company“ auf und war damit der bedeutendste Pelzhändler im amerikanischen Nordwesten. In dieser Position war er auch formal Mitinhaber der Firma. Er gründete mehrere kleinere Handelsposten, darunter Fort Lewis, das 1850 in FORT BENTON umbenannt wurde. Hierhin verlegte er sein Hauptquartier. Fort Benton wurde die Schlüsselposition für den Handel mit den Stämmen der Blackfoot-Konföderation. Von hier aus übernahm er auch den Regierungsauftrag eines Sonderagenten, um die nördlichen Plainsstämme zur Teilnahme an der ersten Friedenskonferenz in Fort Laramie zu bewegen.

Culbertson war überaus erfolgreich. Um den Handelsposten Fort Benton herum entstand eine schnell wachsende Siedlung. Fort Benton war der westlichste Ort am Oberen Missouri, der von Dampfschiffen, den flachgängigen „Mountain Boats“, erreicht werden konnte. Es wurde der westlichste Binnenhafen der USA.

1858 setzte Culbertson sich mit einem Vermögen von rd. 300.000 Dollar in Peoria (Illinois) zur Ruhe – das entsprach nach heutiger Kaufkraft einer Summe von mehr als 10 Millionen Dollar. Er errichtete ein luxuriöses Haus und baute eine Farm namens „Locust Grove“ auf. Seine Töchter wurden auf eine teure private Schule geschickt. Am 9. September 1859 ließen sich Alexander und Natawista Culbertson noch einmal formal katholisch trauen.

Die Idylle endete 1868: Nach mehreren riskanten spekulativen Investitionen, waren die Culbertsons bankrott. Sie mussten ihren Besitz verkaufen und gingen 1870 zurück nach Fort Benton. Hier wurde Culbertson von seiner Frau verlassen, die zurück zu ihrem Volk ging. Die große Zeit des Pelzhandels war aber vorbei. Culbertson konnte sein einstmals enormes Vermögen nicht zurückgewinnen. Am 27. August 1879 starb er im Haus seines Schwiegersohns George Roberts, dem Justizminister von Nebraska.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die aktuelle Ausgabe

 

 

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