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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Don Juan de Oñate?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Don Juan de Oñate?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 21. September 1595 beantragte Don Juan de Oñate beim Vizekönig von Neuspanien, Luis de Velasco, die Genehmigung für eine Eroberungsexpedition in ein Gebiet, das heute der Staat New Mexico ist. Onate war bereits ein reicher und prominenter Mann. Aber er wurde von unersättlicher Gier nach Macht und Reichtum getrieben, nachdem er Nachrichten von „goldenen Städten“ nördlich von Mexiko erhalten hatte. Er war sicher, daß die Indianervölker dieser Region über unendliche Schätze verfügten, die er für sich gewinnen wollte, während die Eingeborenen unterworfen und versklavt werden sollten. Seinem Antrag wurde stattgegeben. Oñate stellte eine Expedition von 200 Männern, die teilweise von ihren Familien begleitet wurden, zusammen. Mit diesem Treck brach er 1598, vor 420 Jahren, auf und überschritt den Rio Grande nahe der heutigen Stadt El Paso. Er erhoffte sich zum einen Goldschätze, um seinen persönlichen Besitz zu vergrößern. Zum anderen wollte er das Gebiet zur spanischen Kolonie machen und selbst die Herrschaft übernehmen. Seine Begleiter waren nicht nur Soldaten, sondern auch Siedler.

Onate erwies sich von Anfang an als rücksichtslos und hartherzig. Auch gegen seine eigenen Begleiter. Wer angesichts der Wüstenlandschaften, in denen offensichtlich die erhofften Schätze nicht zu finden waren, umkehren wollte, wurde von ihm gnadenlos bestraft und sogar exekutiert.

Ebenso brutal unterwarf er die Indianervölker, die ihm begegneten. Die Pueblos wurden gefangengesetzt und teilweise versklavt. Am Schlimmsten erging es dem Pueblo Acoma, wo Onates Truppe auf Widerstand stieß. Er eroberte die auf einer steilen Felsmesa gelegene Siedlung mit all seiner militärischen Macht und übte blutige Vergeltung: Allen überlebenden männlichen Bewohnern ab 25 Jahre ließ er einen Fuß abhacken – es waren 24. Dann wurden die Acoma-Frauen über 12 Jahre in die Sklaverei nach Mexiko verschleppt, von wo sie erst 20 Jahre später wieder zurückkehren durften. Während der Kämpfe waren wohl zwischen 800 und 1.000 Acoma-Indianern getötet worden. Das in der Geschichtsschreibung häufig als „Acoma-Massaker“ bezeichnete Vorgehen Onates sollte einschüchternd auf die anderen Pueblo-Völker wirken – und das tat es auch. Onate brach damit den Widerstand der Indianer in New Mexico. Als Gouverneur der Kolonie regierte er mit eiserner Hand und unterdrückte alles, was seinem Herrschaftsanspruch zuwiderlief, mit Willkür und Grausamkeit. Spätere Missionare beklagten, daß Angst und Mißtrauen der Indianer des Landes gegenüber den Spaniern noch Generationen nach Onate nicht vergangen waren.

1601 ging Onate auf die Suche nach der angeblich reichen Stadt Quivera. Auch hier wurde seine Suche nach Gold enttäuscht. 1607 wurde er von seinem Amt abberufen und 1614 wegen seiner grausamen Kolonisationsmethoden, die selbst für die spanische Krone nicht akzeptabel waren, angeklagt. Er durfte New Mexico nicht mehr betreten und verlor auch seinen Rang als Generalkapitän. Er kehrte nach Spanien zurück. Vermutlich wurde er zwischen 1622 und 1624 begnadigt.

1680 erhoben sich die Pueblovölker New Mexicos unter Führung des bis heute verehrten Häuptlings Pope aus dem San Juan Pueblo - auch die Acoma und Taos waren führend am Aufstand beteiligt - zu einer gewaltigen Revolte, die die Spanier förmlich hinwegfegte. Erst 12 Jahre später kehrten Missionare und Kolonisten wieder zurück. Danach entspannte sich das Verhältnis etwas, aber die rabiate Kolonisation Onates ist bis heute bei den Indianern New Mexicos nicht vergessen.

Die Pueblos empfinden es daher noch immer als eine Provokation, daß die mexikanische Bevölkerung New Mexicos Onate bis heute ehrt und ihm nördlich von Santa Fe ein großes Denkmal gesetzt hat. 1998 wurde die Statue von Unbekannten beschädigt – ihr wurde der rechte Fuß abgehackt, in Erinnerung an das Acoma-Massaker. Das Denkmal wurde repariert, aber 2017 wurde, ebenfalls von Unbekannten, der linke Fuß der Statue rot angemalt.

Trotz der Entsetzlichkeit seiner Taten kann man Onate historisch tatsächlich als den Gründer New Mexicos ansehen, das 1848 zum amerikanischen Territorium und 1912 zum Bundesstaat der USA wurde.

Sichtbarste Zeugnisse der spanischen Herrschaft sind heute noch die teilweise gewaltigen Missionskirchen, die in allen indianischen Pueblos zu finden sind; sie wurden überwiegend in Zwangsarbeit errichtet.

Ich selbst habe mit Pueblo-Indianern gesprochen, die sich mit Erbitterung darüber äußerten, spanische Namen tragen zu müssen, weil ihre Vorfahren vor über 400 Jahren gezwungen worden waren, sich taufen zu lassen. Ich habe mit Acoma-Indianern gesprochen, die noch immer voller Zorn über das Leid sind, das Onates Schergen ihren Vorfahren angetan haben.

Als Onate in New Mexico einfiel, existierten dort um die 80 Pueblos. Am Ende der spanischen Herrschaft waren es noch 19.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Dezember 2018Die kommende Ausgabe

 

 

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