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Larry Ballard Akte 5: Der Fund

StoryDer Fund

Larry Ballard sah die von unzähligen Sternen durchsetzte Schwärze des Alls, folgte dem Kameraschwenk mit seinen Augen. Ihm kam es vor, als wäre er selbst ‘da oben’, im Bereich der Schwerelosigkeit, nicht mehr in den Fängen von Mutter Erde. Nur ein Traum! Nie würde er die Position einnehmen, die der auf dem Bild nicht sichtbare Kameramann besetzt hatte.

Er fühlte fast so etwas wie Neid in sich aufkeimen.

Etwas Mysteriöses muss vorgefallen sein! dachte er, um sich von den schwermütigen Gedanken zu lösen. Es muss einen Grund geben, dass NASA und CIA mich hierher geholt haben und mir diese Aufnahmen zeigen.

 

Der nächste, ruckartig ausgeführte Kameraschwenk holte die blaue Erde ins Sichtfeld. Klein und doch gigantisch wirkte der Planet auf ihn. Irgendwo da unten bist auch du herumgekrochen.

Larry Ballard vernahm das laute stoßende Atmen des Astronauten. In der ansonsten herrschenden Stille wirkte dieses an einen Asthmatiker erinnernde Geräusch laut wie das Rauschen der Niagara-Fälle.

Die Erde ‘durchwanderte’ den Schirm, die schon gesehene Schwärze nahm wieder das ganze Bild ein. Der Astronaut schien kein besonderes Ziel mit diesen Aufnahmen zu suchen. Vielleicht waren sie nur als besondere, persönliche Erinnerungen an einen der seltenen Ausflüge ins All gedacht?

Dann plötzlich ein hektischer Aufschrei: „Masseortung!“

Die abgebildeten Sterne hüpften mehrmals unkontrolliert von oben nach unten und wieder zurück, zeigten, dass der Astronaut anderes im Sinn hatte als seinen Film.

„Wo?“ fragte er endlich.

Es war eine andere Stimme als jene, die mit hektischem Tonfall auf einen möglichen Fund im All aufmerksam gemacht hatte. Ballard vernahm, wie Daten mitgeteilt wurden. Der Tonfall des zweiten Astronauten hatte sich beruhigt. Ruhig und abgeklärt klang die Stimme, ließ nichts mehr an die Überraschung noch vor wenigen Sekunden erinnern. Oder war es ein dritter Astronaut, der sich zu Wort meldete? Möglich. Der Funk ließ die Stimmen alle metallisch und fast gleich klingen. Larry Ballard machte sich nicht die Mühe, die einzelnen Männer unterscheiden zu wollen. Nicht diese stellten den Mittelpunkt seines Interesses dar.

Er beobachtete die Zahlenreihen, die am oberen Bildrand aufleuchteten und sich wahnsinnig schnell veränderten. Sie passten sich den Koordinaten an, welche dem Bedienenden mitgeteilt worden waren. „Vielleicht ein Satellit?“ vernahm Ballard dessen Frage. Bereits jetzt ahnte er schon die Antwort. Dort draußen fand sich der Grund für sein Hiersein und der Anlass für Mark Backstars fast schon paranoiden Geheimhaltungstrieb.

Backstar gehörte zum CIA. Ballard kannte sich in den US-amerikanischen Behörden zu wenig aus, um dessen Position richtig in die sicherlich vorhandene Hierarchie einordnen zu können. Die drei Buchstaben kannte er jedoch,  wurden sie in fast jedem zweiten aus den Staaten stammenden Kriminalfilm erwähnt. Manchmal gehörten die Angehörigen dieser Organisation zu den Guten, manchmal zu den Bösen. Aber immer blieben die geschauspielerten CIA-Agenten dubios und geheimnisvoll.

Backstar fügte sich in dieses Bild ein. Larry Ballard wusste, dass er nur die ganzen Klischees der billigen  Hollywood-Produktionen kannte. Da war es nur ein Trost, dass Backstar den gleichen Geschmack haben musste und dieses dort gestellte Szenario auf sich und sein Auftreten umgemünzt hatte.

„Nach unseren Karten ist dort kein Satellit!“ hörte er die Antwort, die der Astronaut bekam. Dann folgte eine kurze Pause.

„Wahrscheinlich ist es abgetriebener Raumschrott. So genau haben es die Genossen nie genommen!“

Einen kleinen, dunklen Schatten, der vor allem ins Auge stach, weil einige Quadratzentimeter des Bildes nicht vom hellen Leuchten der Sterne durchbrochen wurden, erkannte Ballard als nächstes. Die Spannung stieg. Was stellte das Teil dar?

Er löste den Blick und suchte Backstar, der hinter ihm stand. Es dauerte, bis er ihn fand. Backstar verstand es ausgezeichnet, sich ‘unsichtbar’ zu machen. Sein ganzes Auftreten, seine Erscheinungsweise, seine Gesten: Nichts, was sich einem normalen Beobachter einprägen würde. Auch er starrte auf den Monitor, doch bei ihm sah es teilnahmslos aus, so, als ginge es ihn gar nicht an, was vorne ablief. Ein Eindruck, der täuschte.

Larry Ballard blickte wieder nach vorne auf den schwarzen Fleck. Der Astronaut begann per Zoom, das unbekannte Teil näher zu sich heran zu holen. Für einen kurzen Moment setzte das vernehmliche Atmen des Raumfahrers aus. Der Anblick musste ein Schock für ihn darstellen. Groß und majestätisch zeigte sich ihm und Tage danach den Betrachtern seines Filmes ein satellitenähnlicher Gegenstand. Die metallische Oberfläche wies viele kleine Kratzer und vom kosmischen Staub ungewollt eingeprägte Gravuren auf.

Unwillkürlich erhob Larry Ballard sich, ohne jedoch den Blick abzuwenden. Er stand auf, weil er einfach etwas tun musste, um den Körper zu beschäftigen, die aufgebauten Spannung los zu werden. Er fühlte die Erregung, die von seinem Körper Besitz ergriff, fühlte das beginnende Versagen seines Schließmuskels. Nur mit Mühe gelang es ihm, nicht in die Hose zu machen.

Was auch immer das da draußen ist, dachte er, es stammt nicht von Menschen!

Die gesamte Konstruktion machte einfach einen fremden, unmenschlichen Eindruck. Kein Mensch, weder Genie noch Narr, baute so ein Gerät. Es widersprach jedem Gefühl von Ästhetik... Selbst ein Gerät, bei dem das Aussehen bedeutungslos war, würde ganz anders aussehen; alleine durch sein Äußeres auf einen menschlichen Erbauer verweisen.

Täuschte er sich? Larry Ballard hielt es für ausgeschlossen. Sein Gefühl sagte ihm, dass dieses Teil keinen irdischen Ursprung hatte.

Er hörte leise die Schritte Mark Backstars. Der CIA-Mann trat hinter ihn. „Sie denken das gleiche wie alle anderen?“

„Dass das da draußen nicht von Menschen erbaut wurde?“ antwortete Ballard mit einer Gegenfrage.

Mark Backstar sah ihn stirnrunzelnd an, nickte, um dann übergangslos verneinend den Kopf zu schütteln. „Sie irren sich! Es ist nicht mehr da draußen. Wir haben es mitgenommen.“

Ballard zuckte zusammen. „Es ist hier?“

Mark Backstar nickte erneut.

***

Das unbekannte, zwei Meter hoch aufragende satellitenähnliche Teil ließ sich mit einem Wort umschreiben:

„Bedrohlich!“ murmelte Larry Ballard, als er knapp zwei Stunden später davor stand.

„Ja“, stimmte Mark Backstar zu. „Es ist... so anders.“

Larry fragte sich, weswegen er geholt worden war. Was hatte er damit zu tun? Gut, er glaubte fest an fremde Mächte jenseits der normalen Welt, hatte hierbei aber immer an Dämonen, Vampire, Ghouls oder Trolle gedacht.

Diese Technik vor ihm besaß nichts magisches - es war außerirdisch und damit der Beweis, dass die Menschen nicht die einzige Intelligenz im All waren.

Doch mit den Wesen seiner bislang unbefriedigenden Suche hatte dies nichts zu tun. Rationell erklärbare Technik, trotz seines fremdartigen Aussehens; keine Magie. Nein, er war hierfür der falsche Mann!

„Sie haben sich einen Namen als Fachmann für überirdisches gemacht“, begann Backstar. Larry spürte die Hoffnung, die der CIA-Mann in ihn setzte. Und die Erwartung, die dahinter stand.

„Ja. Aber auf so etwas bin ich noch nie gestoßen“, entgegnete er. „Es tut mir leid!“

Er ging zu dem fremden Gegenstand, und noch während Mark Backstar schrie: „Nicht berühren!“ fuhr er mit seinen Händen über die raue Hülle. Sie fühlte sich warm an. Erstaunt bemerkte er den Schrecken in Backstars Augen. Mit einem Sprung war dieser bei ihm, griff schmerzhaft fest zu und riss ihn weg.

Ansonsten geschah nichts.

Backstar, am Boden liegend, räusperte sich entschuldigend und grinste dann. „Es ist erst seit einigen Tagen hier; nahezu unerforscht. Noch haben wir die Forscher nicht losgelassen!“

Larry Ballard massierte sich mit der Linken den schmerzhaften anderen Arm, nickte dann. „Es passiert gar nichts.“

„Thisquarr yhee! Quhelp asarr zhiikhoul quorr ouruzz noruuth qua! Grawh quanamm! Uuporrr daquaae quuaah yutamorr druyur! Nha do teh quosoor! Aquor zaduul quirah Enok quahii“ vernahmen die beiden plötzlich die Stimme. Sie stammte von dem unbekannten Gegenstand!

Backstar fuhr, noch bevor er richtig begriffen hatte, zornig herum. „Es passiert gar nichts?“

Der einer unbekannten Sprache entstammende Spruch dauerte etwa neunzig Sekunden. Es folgte eine kurze, nur Sekunden währende Pause, an der sich der nächste etwa gleich lang bemessene Spruch anschloss: „Nam monam nam Eman ham. Kal tefron gol thor kanneb. Thraun thel leradi ot...“

Überrascht trat Larry Ballard einen Schritt vor, näherte sich dem Objekt erneut. „Die wollen Kontakt mit uns aufnehmen“, flüsterte er. „Die wissen, dass wir das Teil gefunden haben und von ihrer Existenz erfahren haben!“  Triumphierend musterte er den noch am Boden liegenden Backstar. „Ich habe den Kontakt zu den Fremden hergestellt!“

„Iirr vjros egios eik. Warniis geiir abhjii abehi eik...“ fuhr die unbekannte Technik nach einer zweiten, kurzen Pause fort.

***

Zahlreiche herbeigerufene Forscher und Wissenschaftler standen um den Fund aus dem All. Seit mehr als 4 Tagen versuchte es (oder die dahinter stehenden Außerirdischen!), Kontakt mit den Menschen aufzunehmen, ohne dass es diesen wiederum gelang, herauszufinden, wie sie antworten konnten.

Es lief immer nach dem gleichen Schema ab: Ein kurzer, etwa neunzig Sekunden währender Spruch, kurze Pause, neuer Spruch. 3118 Sprüche waren seit Beginn mittlerweile aufgezeichnet worden. Ein jeder unterschied sich von dem anderen.

„Die Forscher glauben, dass die Aussage immer die gleiche ist. Nur die Sprache ändert sich“, erklärte Mark Backstar.

 „Die Unbekannten scheinen viele Sprachen und Dialekte zu kennen.“ Larry Ballard lächelte. „Wenn auf jede Sprache ein Alienvolk kommt, das in der Milchstraße beheimatet ist...“ 

„Hechech chekcen chirr achach chech! Charub cherez echechab echyas duchellech ach chiihiche. Acham echez dachiszi seichech echnab. Dehcazi beck sichech!“

Kurze Pause.

„Dies ist ein Service des Intergalaktischen Versicherungsschutzes!

Wir machen Sie freundlich darauf aufmerksam, dass dieser Planet gefährdet ist, von den Einwohnern selbst zerstört zu werden. Terra ist für Urlaubszwecke nicht geeignet. Bei Betreten dieses Planeten erlischt Ihr Versicherungsschutz.

Diese Mitteilung gehört zum Service der Intergalaktischen Versicherungscompany!“

Kurze Pause.

„Trell ugar nelles kam botos berelli. Atellos per...“

Die Forscher, Wissenschaftler und Arbeiter hielten betroffen in ihren Arbeiten inne. Obwohl sie die jetzige Aussage in einer wieder unbekannten Sprache nicht verstanden, hätte ein unbeteiligter Beobachter doch den Eindruck gewinnen können, dass sie gebannt lauschten.

Larry Ballard fing wirr an zu lachen. Tränen traten aus seinen Augen, liefen über die Wangen und tropften auf den Boden. Kraftlos musste er sich setzen, ohne mit dem Lachen aufhören zu können.

„Sie suchen doch keinen Kontakt!“

ENDE

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2010-06-13 21:56
LOL
#2 Laurin 2010-06-26 14:00
:lol: Dem intergalaktischen Versicherungsschutz kann man nur Recht geben, laut dem Mikrobiologen Frank Fenner sterben wir sicherlich aus (Klimaveränderung/Bevölkerungsexplosion), egal ob wir versuchen jetzt noch die Kurve zu kriegen (aus: THE AUSTRALIAN). Spätestens dann können die Aliens hier wieder Urlaub machen. :-*

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