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Kleiner Sohn des unsichtbaren Volkes - Leseprobe

LeseprobeKleiner Sohn des unsichtbaren Volkes
Leseprobe

1 Der blutrote Mond
Es war einmal, vor vielen, vielen tausend Jahren, da stritten sich die Zwergen-Könige Schilbung und Nibelung noch um jenen Schatz, den man in späteren Zeiten den „legendären Schatz der Nibelungen“ nennen sollte… und der bis heute nicht gefunden ist.

Nun streiten und raufen Zwerge sich zwar grundsätzlich für ihr Leben gern, weil sie das als Training für kommende Heldentaten ansehen.

Kleiner Sohn dses unsichtbaren Volkes Aber bei Schilbung und Nibelung verhielt sich das ganz anders. Niemals hätten sie sich wie alle anderen Zwerge des geheimnisvollen Unsichtbaren Volkes mit ein paar Boxhieben auf die Nase des Gegners zufrieden gegeben und nach einem Kampf dem Unterlegenen gutmütig wieder auf die Füße geholfen und dabei lachend ausgerufen: „Aye, jetzt soll`s aber wieder gut sein! Beim nächsten Mal küsse ich dann wieder den Boden und du bist Sieger. Hast du Lust auf einen Humpen warme Schokomilch? Morgen graben wir wieder in den tiefen Schächten nach Gold und Silber, und vor der Spitzhacke ist es immer dunkel!“

Für diese beiden Zwergen-Könige war „ihr ganz persönlicher kleiner Grundsatz-Streit“, wie sie ihn nannten, eine überaus verbissene Angelegenheit.

Wollte man ganz genau sein, war es sogar eine todernste. Keiner von ihnen hätte etwas dagegen gehabt, wäre dem anderen der steinerne Höhlenhimmel auf den Kopf gekracht. Aber weil dies nicht geschah und auch keiner von ihnen nur im Entferntesten daran dachte, einfach freiwillig tot umzufallen, dauerte der Streit an und die Gehässigkeiten nahmen zu.

Wie die Jahre vergingen, wurde die Stimmung unter den einzelnen Clans des Unsichtbaren Volkes immer feindseliger. Bis eines Nachts der Mond nicht mehr so über dem Gebirge und dem Hohen Wald am Himmel stand, wie in allen Nächten davor.

Bis eines Nachts der Mond nicht mehr wie feinstes Silber in der Dunkelheit schimmerte, sondern unheilvoll in düsterem Blutrot leuchtete.

****

„Also, das sieht mir doch ganz nach einem Zeichen für mich höchstpersönlich aus!“, flüsterte König Schilbung triumphierend und lehnte sich am Fenster des höchsten Turms der Felsenfestung des Unsichtbaren Volkes sitzend von seinem gewaltigen Fernrohr zurück.

Dieser Turm war der einzige, der gut getarnt aus jenem Gebirge herausragte, unter dem die Felsenfestung verborgen lag, mit ihren weit verzweigten Höhlen und der Großen Versammlungshalle. Und natürlich mit all den tiefen Grabungsschächten und Bergwerksstollen, in denen unablässig bei rußig loderndem Fackelschein fleißig nach Gold und Silber gegraben wurde.

****

Dem König Nibelung wiederum erschien in derselben Nacht im Traum ein Zottel-Kobold, der wild kichernd quer über sein riesiges Bett hüpfte und seltsame Laute ausstieß. Zuerst klangen sie wie das drohende Knurren eines Wolfes. Dann jedoch verwandelten sie sich in Schmetterlinge – und plötzlich in bunte Farben, die mitten in der Luft Wörter und Sätze bildeten.

„Wacht auf, Hoheit – und macht Euch auf das Schlimmste gefasst!“, stand alsbald dort geschrieben. „Die Zeit der Drachen und des Untergangs ist angebrochen! Handelt Ihr nicht, ist Euer Schatz für immer verloren!“

Fluchend und deshalb kurzatmig und wenig elegant sprang Nibelung aus seinem Bett. „Aye, nur keine Sorge, Kobold, dem Taugenichts Schilbung hab ich nie getraut und längst schon eigene Pläne geschmiedet!“

Aber von dem Kobold gab es keine Spur mehr zu entdecken.

Nur das zerwühlte Himmelbett und darauf pechschwarze Hufabdrücke und wirr verknotete seidene Laken verrieten, dass hier etwas sehr Sonderbares vorgefallen war.

Selbst Nibelungs wohlgenährte Lieblings-Schmusekatze, die sich nur selten beeindrucken ließ und ihren kuscheligen Liegeplatz auf dem Bauch ihres Königs normalerweise mit Zähnen und Krallen verteidigte, starrte mit schreckgeweiteten Augen abwechselnd auf die verglühenden Schriftzeichen und dann auf Nibelung in seinem viel zu weiten Nachtgewand, auf dem ebenfalls schwarze Hufabdrücke zu erkennen waren. Kurz sträubte sich ihr Fellkleid noch wie Igelstacheln. Das war`s dann aber für sie. Mehr Zeit verlor sie nicht. Schon huschte sie unters Bett.

Dies war, wie auch König Niebelung und König Schilbung nur allzu bald herausfinden sollten, das einzig Vernünftige, denn ab diesem Moment schwebten sie und sämtliche unter dem Gebirge inmitten des Hohen Waldes lebenden und arbeitenden Zwergen-Clans in fürchterlicher Gefahr.

2 Zwergenkrieg?
Der Zwerg Ulkar hörte die Gerüchte erst in der darauffolgenden Nacht.

„Hast du`s schon gehört?“, flüsterte ihm ein Minenarbeiter im Vorbeigehen mit düsterer Stimme zu. „Ein Krieg Zwerg gegen Zwerg steht bevor. König Schilbung hat seinem Lieblings-Kriegsdrachen Rinfaf befohlen, die Berge von Gold und Silber in ihrem geheimen Versteck noch aufmerksamer zu bewachen, und sollten Zwerge möglicherweise im Auftrag von König Nibelung anrücken, um den Schatz zu stehlen, soll er diese Getreuen alle mit seinem Feueratem vernichten. Und König Nibelung …“

Ulkar winkte nur ab, den Rest konnte er sich schon denken.

König Nibelung traute dem „anderen König“, wie er ihn wenig respektvoll nannte, natürlich genauso wenig über den Weg und hatte zweifellos wiederum seinen Lieblings-Kriegsdrachen Fafnir ausgesandt, damit der all jene abzumurkste, die auch nur daran dachten, sich an seinem Schatz zu vergreifen.

„Was ist nur aus unserem fröhlichen, zufriedenen Völkchen geworden!“, schnaubte der Minenarbeiter.

Ulkar spuckte ihm der uralten Zwergen-Tradition gemäß über die Schulter und gab ihm eine noch uraltere Zwergen-Weisheit mit auf den Weg hinab in die tiefen Bergwerksstollen. „Vor der Spitzhacke ist es immer dunkel, Freund.“

Das konnte allzu schnell auch für die Zukunft des Unsichtbaren Volkes gelten.

Die Aussicht auf Krieg bereitete Ulkar große Sorgen, und zu wissen, dass ein solcher Krieg wohl nur wegen eines zugegeben unvorstellbar wertvollen Schatzes und zwei raffgierigen Königen unabwendbar schien, das ärgerte ihn. Und wie immer, wenn er auch nur an Raffgier, Streit, Abmurkserei und all das dachte, schauderte es ihn ganz grässlich. Aber das behielt er für sich und spuckte dem Minenarbeiter stattdessen freundlich auch noch über die andere Schulter, wünschte ihm „Glück auf, Freund!“ und ging seiner Wege, ohne den verdutzten Blicken des Anderen noch Beachtung zu schenken.

Ohnedies überstürzte Ulkar, der ein sanftmütiger Mann war, selten etwas, und wenn, dann endete dies meist in einer Katastrophe. Dessen eingedenk, wartete er oft lieber ab; was ihm einerseits selbst nicht gefiel und andererseits ebenfalls meist in einer Katastrophe gipfelte. Zudem bestärkte es viele andere des Unsichtbaren Volkes in ihrer Meinung, er sei ein Feigling. Abgesehen von möglicherweise allzu bald drohenden Metzeleien König gegen König, Zwerg gegen Zwerg, bedrückten ihn also auch noch ganz eigene Probleme.

Riesengroße sogar!

Nicht genug damit nämlich, dass er einen Zwergenkrieg schon lange heraufziehen sah und im Großen Rat immer wieder davor zu warnen versucht hatte! Nein! Sooft er in den Versammlungen etwas dazu sagte, taten die meisten entweder, als hörten sie ihn gar nicht, egal, wie klug er sich auch geäußert hatte. Oder sie blinzelten einander vielsagend zu und flüsterten wie Verschwörer: „Hört ihr auch, wie laut der Wind heute wieder um unser Gebirge braust? Hoffen wir mal, dass es nicht mit Getöse und samt König Schilbungs riesig hohem Palastturm davonfliegt und uns schutzlos zurücklässt.“

„Was?! Bist du etwa einer von Schilbungs Speichelleckern? Soll Schilbungs Turm doch mit ihm drin fliegen, wohin er will! Aye, und sowieso hab ich keinem von diesen beiden den Treueschwur geleistet. Aber hoch lebe der einzig wahre König aller Clans des Unsichtbaren Volkes – König Nibelung!“

Danach ging es regelmäßig mit viel Gebrüll – und ungut begleitet von vielen Raufereien zwischen Andersdenkenden – nur noch um den Wind, das Gebirge und Schilbungs Turm.

Als könnte so ein Gebirge und solch ein Turm einfach mal so weggeblasen werden.

Und ein gewisser Ulkar …? Der kam  sich nach solch einer Erfahrung jedes Mal nur umso mehr so vor, als wäre er nicht nur der unsichtbarste, sondern vor allem der unhörbarste unter ihnen allen.

Sie nahmen ihn nicht ernst.

Nein. Schlimmer noch.

Sie nahmen ihn nicht einmal richtig wahr, und wenn … Dann galt er mit seinen immerhin auch schon 82 Jahren noch immer als der Jüngste unter den erwachsenen unsterblichen Zwergen des Unsichtbaren Volkes. Den kleinen Sohn des Unsichtbaren Volkes nannten sie ihn. Wenn sie meinten, er würde gerade
nicht zuhören, dann wagten manche es sogar, ihn Nesthäkchen zu nennen.

Nesthäkchen! Bei allen Erdgeistern!

Dass so hinter ihm getuschelt wurde, geschah durchaus häufig. Er dachte einfach zu gerne verträumt an Wolken, die über einen blauen Himmel segelten. Oder an die neu geborenen künftigen Lieblings-Schmusekätzchen des Königs Nibelung, die er auf höchsten Befehl zu hegen und zu pflegen hatte, bis sie in Amt und Würden kamen und ihren Job erledigen konnten.

Doch heute konnte ihn nicht einmal der Gedanke an seine Schützlinge wieder in die übliche Gemütsruhe zurück versetzen.

„Nesthäkchen“, schnaubte Ulkar im Weitergehen grimmig vor sich hin.

Das alles war einfach nur …

„Krass ungerecht und oberkrass ungut!“, sprach er es mürrisch und traurig zugleich aus, weil sich an diesem Abend wieder einmal alles genau wie immer abgespielt hatte. Genervt seufzend, beide Hände tief in den Hosentaschen vergraben, verließ er die Redner-Tribüne, stapfte an den Raufenden und sogar an den großen Herdfeuern vorbei, über denen sich Wildschweinbraten drehten und köstlich dufteten.

Anders als sonst aber kickte Ulkar in dieser besonderen Nacht kein bisschen verträumt Steine vor sich her durch die weiten Höhlengänge, dass es nur so rumpelte und krachte und von überall her geisterhafte Echos hallten.

Und sowieso ärgerte er sich, weil er sich ärgerte.

Und erst recht ärgerte er sich darüber, dass ihm der Fuß weh tat, sooft er mit ihm gegen Steine trat.

Das Allerschlimmste aber war – mittlerweile ertappte er sich selber immer öfter dabei, dass er wie sie alle dachte: Gut, ja, zugegeben. Selbst für einen Zwerg bin ich ja wirklich ziemlich klein geraten … und wenig durchsetzungsfähig.

Schon klar! Und weil die Größe nicht stimmte, stimmte selbstverständlich auch die Leibesfülle nicht. Das ließ sich wohl nicht einmal mehr mit äußerst großzügig geschnittenen Kleidern und Umhängen tarnen. Oder damit, dass er sich die Haare und den Bart länger und länger wachsen ließ, damit die rundlichen Wangen und alles andere darunter schön versteckt blieben.

Und ja! Natürlich wusste er, dass manche von Schilbungs Getreuen ihn mittlerweile sogar schon den kleinen dicken Sohn des Unsichtbaren Volkes nannten!

Hören konnte er jedenfalls trotz allem verträumt in die Welt gucken fast so gut wie seine Katzen.

Schließlich hatte er noch in keiner einzigen Rauferei eins auf die Ohren bekommen!

In solch trübe Gedanken versunken, schlenderte er dahin, die Kapuze seines Umhangs tief in die Stirn gezogen.

„Sieh an, sieh an, wer mir da einen Stein nach dem anderen gegen das Schienbein kickt!“, brummte schließlich unerwartet die vertraute Stimme seines guten Freundes Gromm der Graue direkt vor ihm, wo nur noch wenig Fackellicht den mit Silber verkleideten Höhlengang erhellte.

„Ich bin nicht da!“, fauchte Ulkar.

„Mein verweichlichter Katzenfreund Ulkar“, lachte Gromm auf. „Ist dir etwa eine von diesen seltenen Steinläusen über die Leber gehüpft? Oder sogar gleich eine ganze Horde? Komm! Ich hab heute den Stahl für mindestens hundert neue erstklassige Spitzhacken geschmiedet. Essen wir ein paar Happen Wildschweinbraten mit Preißelbeergrütze, und dabei erzählst du mir alles.“

Ulkar ließ sich nicht zweimal bitten.

Umwabert vom Rauch aus Gromms gewaltiger Pfeife, berichtete er seinem Freund beim Essen wortreich alles, was ihm auf`s Gemüt drückte. Dankbar nahm er zur Kenntnis, wie aufmerksam ihm zugehört wurde.

„Normalerweise“, sagte sein Freund schließlich gewichtig und neigte sich vertraulich zu ihm her, „normalerweise bewegen sich Dicke ja wie Bären. Auch dicke Katzen halten das so, um bei einem Vergleich zu bleiben, der dir vertraut ist. Du weißt schon, Ulkar, irgendwie behäbig, aber doch wendig und anmutig, trotz der paar Kilos, die sie als Schmusekatzen um die Leibesmitte herum zu viel mit sich durchs Leben schleppen.“

„Danke, Gromm! Ein drohender Krieg unter uns Zwergen und alles … Also, da kann ich ein wenig Trost von dir wirklich gut gebrauchen …“

Sein Freund tat noch geheimnisvoller. Bedächtig blickte er sich um, zupfte ein paarmal an seinen langen Haaren, dann an seiner großen Nase und wiegte den Kopf.

„Ich sagte: normalerweise. Aber was ist bei dir schon normal, mein jugendlicher Freund? Du bist ein lieber Kerl, und ich weiß doch, wie sensibel du bist. Der Umgang mit diesen Schmusekatzen des Königs verweichlicht dich total. Längst schon bist auch du zu dick, ganz klar. Fast wie später viele deiner Schützlinge. Aber, weil du kein Fell hast, kommst du daher wie ein Hefeteig auf Füßen. Wohlgerundet geformt und nett anzusehen zwar …“

„Jugendlich? Ich? – Dir ist aber schon klar, dass du nur ein einziges Jährchen vor mir aus der Großen Steinernen Zwergen-Krippe geschlüpft bist?“, brauste Ulkar in einer äußerst seltenen dramatischen Überreaktion auf.

Genauso gut hätte er gegen einen Felsen anschreien können.

„ … wohlgerundet geformt zwar, wie Götterspeise, aber …“, betonte Gromm der Graue und beendete seinen Satz schließlich nicht. Noch immer in seinen Gedankengang verfangen, nickte er nur vielsagend und paffte an seiner Pfeife. „Glaub`s mir einfach, Freund. Man bewegt sich nicht anmutig, wenn andere dabei an Götterspeise denken müssen. Oder erstmal erschrecken, wenn sie dir im Dunkel eines Höhlengangs begegnen. Denk an fette Katzen und nimm meinen Trost an, ich mein`s nur gut mit dir.“

Ulkar verzichtete auf den Widerspruch, dass er Katzen über alles liebte, erhob sich und hastete davon.

Wieder kickte er Steine vor sich her.

„So viel also zu meiner großartigen Freundschaft mit Gromm, dem allseits anerkannten ur-uralten Held des  Unsichtbaren Volkes“, sagte sich Ulkar verbittert noch drei Tage nach dieser seltsamen Art von Trost und streichelte eines der jüngsten königlichen Schmusekätzchen mit solcher Hingabe, bis es fauchend flüchtete. Wahrscheinlich, weil es nicht verweichlicht werden wollte.

Einmal mehr fühlte er sich von allen verlassen, und bewunderte Gromm den Grauen mit zusammengebissenen Backenzähnen nur umso mehr aus tiefstem Herzen. Unter anderem für sein sonniges Gemüt, den wie aus Stahl geschmiedeten Nacken, seine breiten Schultern, die muskelstarrenden Arme und, nicht zu vergessen, die riesigen Hände, mit denen er einen Steinbrocken zerquetschen konnten, einfach so.

„Ach, Spitzhacke und Finsternis!“, seufzte Ulkar und ließ sich der Länge nach auf dem bequemen Sofa nach hinten fallen.

Eine Weile starrte er aus feuchten Augen die wunderschönen, bunt bemalten Abtropfsteine an, die in Jahrmillionen von der Decke nach unten gewachsen waren; an deren Enden jedoch schon lange keine Wassertropfen mehr glitzerten.

„Was würde ich nicht darum geben, so zu sein wie er!“, hörte er sich sehnsüchtig murmeln.

Gromm war einfach … Gromm. Unbeirrbar selbstbewusst, egal, was er sagte oder tat, und so tapfer und durchtrainiert. Als bester Schmied, Läufer, Späher und Krieger des Unsichtbaren Volkes galt er sowieso. Ein Draufgänger, den alle mochten. Einer, der von allen respektiert wurde, sogar, wenn er wunderliche Witze erzählte und kurz vor einer von allen mit Aufregung erwarteten Pointe plötzlich in die Runde fragte: „Aye! Was wollt` ich nochmal sagen?“

3 Etwas Bedrohliches schwebt über den Hohen Wald
In den folgenden Tagen blieb Ulkar bei den künftigen Schmusekatzen des Königs Nibelung und behielt besonders die wohlgenährten unter ihnen im Blick.

Sie bewegten sich wirklich alle trotz allem anmutig!

Dann beäugte er sich selbst, als er an einem prächtig gerahmten Spiegel vorbei ging, um seinen Schützlingen Wollknäuel zum Training ihres Jagdinstinkts zuzuwerfen. Und blieb wie vom Donner gerührt stehen. Und schleuderte die Wollknäuel zu Boden und hüpfte darauf herum, unter den aufmerksamen aber verständnislosen Blicken der Kätzchen.

****

Das nächste Morgengrauen fand ihn zwischen hochgeschossenen wilden Blumen und den mächtigen Luftwurzeln scheinbar endlos hoher Bäume durch den sonnenhellen Wald umherstreifend – weit außerhalb der Felsenfestung unter dem Gebirge. Seine langen Haare waren zu Zöpfen geflochten, genau wie der Bart. Den drei Finger breiten stählernen Stirnreif trug er zum ersten Mal seit seinem fünfundsiebzigsten Geburtstag.

„Körperertüchtigung!“ und „Götterspeise, pah!“ hörte er sich selber brüllen. Er nahm es zur Kenntnis und brüllte nur noch entschlossener, so oft er über schmale Wasserpfützen hüpfte. Dabei wünschte er sich besonders heftig, rank und schlank zu werden. Und mindestens so tapfer wie sein Ex-Freund Gromm der Graue.

Denn: sollte über Wasserpfützen zu hüpfen, nicht Glück bringen und geheimste Wünsche erfüllen?

„Genau!“ keuchte er, und fügte sofort mit schlechtem Gewissen noch hinzu: „Um alles andere kümmere ich mich dann aber schon selber! Um die Sache mit der Tapferkeit, zum Beispiel. Weil, man muss ja auch selber was für sein Glück tun und die Spitzhacke mit festem Griff führen.“

Erst einmal aber brachte die Anstrengung seiner Wanderung ihn ganz schön außer Puste. Das merkte Ulkar, kaum, dass er den Satz mit der Tapferkeit ausgesprochen hatte. Es war eine Sache, das Herz eines Schattenschieferpanthers zu haben. Eine ganz andere war es, der zu werden, der man sein wollte … und in Gedanken eigentlich schon war. Aus tiefstem Herzen verwünschte er bei dieser Gelegenheit alle Honigplätzchen und Sahnetorten und sein gemütliches Leben als königlicher Schmusekatzen-Heger. Aber genau danach, mindestens fünf Sahnetorten zu verschlingen, stand ihm der Sinn…

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