Jack McDevitt
Erstkontakt (The Hercules Text)
Version 1:
Bastei Luebbe Taschenbuch; SF Special 24124
ISBN: 3-404-24126-6 Original: 1986 deutsch: 1990 428 Seiten
Übersetzung: Michael Kubiak Titelbild: Steven Vincent Johnson
Version 2
Bastei Luebbe Taschenbuch; SF Special 24274
ISBN: 3-404-24274-2 (Teil 1 eines Samplers)
Original: 1999 deutsch: 2000 949 Seiten
Übersetzung: Michael Kubiak & Ruggero Leo
Titelbild: Michael Whelan
Eine Forschergruppe am Goddard Space Center in Washington empfängt merkwürdige Signale eines Pulsars, der 1 Million Lichtjahre, weit außerhalb der Galaxis, im Leerraum dahintreibt. Ist man zunächst noch skeptisch, ob die Signale als mathematische Zahlenreihen interpretiert werden könnten oder doch natürlichen Ursprungs sind, so bricht es nach einigen Tagen ab und wird dann mit anderen (!) Zeichen wieder aufgenommen. Mit Hilfe des auf der Rückseite des Monds stationierten großen Teleskops (das in den Jahren seit seiner Inbetriebnahme bereits festegestellt hat, dass innerhalb 100 Lichtjahre Entfernung kein Leben auf Planeten existiert, geschweige denn Intelligenz...) bemerkt man weitere Sonderbarkeiten: es existiert in dem Sonnensystem keine Staubhülle von einer Supernova-Explosion und ein weiterer normaler G-Stern weist das völlige Fehlen von Metallabsorptionslinien auf (was letztlich zu der Überzeugung führt, dass sogar Pulsar wie G-Stern von den längst verschwundenen Signalgebern „gebaut“ wurden...).
Man empfängt schließlich eine au etwa mehr als 100 Teilen bestehenden Botschaft (nach dem Sternbild, in dem der Pulsar steht, „Herkules-Text“ bezeichnet), die zu entschlüsseln sich die Wissenschaftler bemühen. Mehr und mehr wird dabei deutlich, dass die „Altheaner“, wie man die Außerirdischen nennt, darin sowohl Wissen über Naturwissenschaften, Genetik, Biologie als auch eigene „Gedichte“ und Ansichten vermitteln.
Die Wissenschaftler (Astronomen, Astrophysiker, Genetiker, Psychologen, ein jesuitisch-angehauchter Priester mit Kosmologenausbildung) müssen nun ebenso wie die anderen Beteiligten (etwa Harry Carmichael als Personal- und Public Relations Manager des Centers, der Präsident der USA, die nationale Sicherheitsbehörde und andere) entscheiden, was von den Texten zur Veröffentlichung gelangen kann....
Dieses Erstlingswerk von McDevitt liegt gleich in zwei Versionen vor.
In der ersten bringt der Empfang des Textes samt den darin enthaltenen Information (die etwa zum Aufbau einer Partikel-/Strahlwaffe führen, die den USA die Erde an den Rand eines dritten Weltkrieges, da nicht nur Russland, sondern auch die anderen Staaten die Offenlegung des Textes für alle Menschen fordern und sich, nicht ganz unlogisch, durch Ausnutzung allein durch die Amerikaner erpresst fühlen.
Die zweite Version (die, wenn man das richtig versteht, allein für die deutsche Neuauflage im Sampler mit einem anderen Roman McDevitts geschrieben wurde) unterscheidet sich zu etwa 10 bis 15 % von der ersten. Der Autor führt in einem erklärenden Vorwort an, dass ihm eben „der Kalte Krieg durch die historischen Ereignisse“ zwischen 1986 und 1999 (den Veröffentlichungsjahren) „abhanden gekommen ist“.
Die Ausgangslage ist aber dieselbe und steht für die Grundsequenz des Romans: weniger die spekulative These (Außerirdische, seit einer Million Jahre untergegangene Superzivilisation gibt ihr Wissen weiter) denn die Verarbeitung derselben durch „weniger entwickelte Intelligenzen“ steht im Vordergrund. Alles, was durch ein solches Ereignis geschehen kann, wird erwähnt und abgehandelt: von den eher harmlosen Begleiterscheinungen (Riesenerfolge durch den Verkauf von „Althenaer“-T-Shirts und Gedichtbüchern) über esoterische, religiöse Gruppen /(die guten alten amerikanischen Fernsehprediger...), die aus den Ereignissen ihren Nutzen ziehen wollen bis zur, seit der Entwicklung der Atombombe existierenden „Manhattan-Entscheidung“ (Oppenheimer...) und die Verantwortung von Forschern, wie weit sie gehen sollen/dürfen beim Erlangen von Wissen und deren Auswirkungen. dass in beiden Versionen sich die beteiligten Politiker kaum mit dem Ruhm ihrer eigenen Einschätzung bekleckern, versteht sich schon von selbst (obwohl McDevitt noch ausgesprochen „freundlich“ mit ihnen wie mit seinen anderen Handlungspersonen, insbesonders den Wissenschaftlern umgeht und eine, von der Realität nicht unbedingt widergespiegelte, Bereitschaft erkennen lässt, zum „Wohl der Menschheit insgesamt“ zu handeln....aber eben das ist wohl doch die Science Fiction....)
Man hätte die zweite Version zwar nutzen können, auch noch winzige kleine Fehlerchen auszumerzen (nicht mal den etwas ärgerlichen Satz, dass Deutschland die beiden Weltkriege ausgelöst habe, weil das Klima dort eher rau sei.....aber dass gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts ein Superteleskop auf der Mondrückseite nicht nur besteht, sondern damit auch fabelhafte Leistungen wie das optische Beobachten von Planeten in benachbarten Sonnensystemen erreicht werden...), aber sie ist dabei durchaus logischer und vom Handlungsablauf auch intensiver. Die einzelnen Unterschiede in der Handlung sollen hier nicht aufgezählt werden, um dem potentiellen Leser nicht die Spannung zu nehmen.
Und diesem Roman von McDevitt zu bescheinigen, dass ihn zu lesen ein ganz und gar „unbedingtes Muss“ für jeden darstellt, der sich für SF im intensiveren Sinn interessiert., versteht sich von selbst! (und das gilt für beide Versionen)
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Jack McDevitt
Die ewige Strasse (Eternity Road)
Bastei Luebbe Taschenbuch: Special 24245 ISBN: 3-404-24245-9
Originaljahr: 1997 deutsch: 1998 444 Seiten
Übersetzung: Axel Merz
Titelbild: Steve Crisp
Amerika Jahrhunderte nach der Katastrophe: Im Binnenland am großen Fluss hat sich einer friedliche bescheidene Zivilisation wieder etabliert. Während die beständigeren Artefakte der alten Zeit (Strassen, Häuserruinen, Maschinen) verwittert, verrostet, zerfallen, aber immer noch deutlich sichtbar sind (die damalige Zivilisation wird als „die Straßenbauer“ bezeichnet), ist vieles andere vergessen worden. Geschriebenes ist nur in wenigen Exemplaren noch vorhanden, ein Buch mit dem Titel „Ein Yankee aus Connecticut am Hofe König Artus’“ ist eine Kostbarkeit, zu der die junge Chaka nur durch die Hinterlassenschaft eines gelehrten Mannes kommt, des einzigen Überlebenden einer von ihm initiierten Expedition vor etlichen Jahren, bei der auch Chakas Bruder umgekommen ist. Sein Schicksal zu klären und die geheimnisvolle Stätte „Haven“ aufzufinden, in die sich kurz vor der Katastrophe einige der Straßenbauer gerettet haben sollen, begeben sich Chaka und einige Begleiter auf die lange, gefahrvolle Reise durch die unberührten, weitgehend menschenleeren Landstriche; entdecken einen Einsiedler in einem gigantischen unterirdischen Ring-Bau, einen schnaubenden „Drachen“, der sie aber schnell und weit transportieren kann, ein immer noch unter der Kontrolle einer Geisterstimme namens „Computer“ funktionierendes Bauwerk in einem großen Ruinenfeld, entkommen Sklavenjägern auf großen Seen, erreichen eine weitere, sehr große Siedlung an der Ostküste, wo man Haven auch zu kennen scheint und ihnen hilft, das Ziel zu erreichen, nur um dort ein weiteres tragisches Geschehen ablaufen zu sehen....
Amerikaner, sagt man, haben immer den Anspruch, in allem die Besten und Größten zu sein bzw. ihr Land als eben dies unter den Nationen zu sehen. In einem Fall ist das aus objektiven Gründen nicht möglich: ist es doch (wobei „man“ immer die ganze jahrtausendelange Vorgeschichte des „Native American“ ignoriert....weil sie praktisch keine ) gerade erst 231 Jahre als, allenfalls zählt man noch die 156 Jahre seit den Pilgervätern hinzu. Ein Gebäude in den USA gilt ja schon als „historisch“, wenn es 100 Jahre lang stand. Drüben im „alten“ Europa stolpert man in jedem kleinen Dorf über (viel) ältere Häuser und Ruinen.
Aus solch minimalen Minderwertigkeitskomplexen erklärt sich wohl ein winziges Untergenre der Science Fiction, in dem die Handlung so weit in die Zukunft verlegt ist, dass auch in Amerika eine große Vergangenheit vorhanden ist, immer als Endzeit- oder „Post War“-Szenario. Das brachte Romane wie den legendären „Davy“ von Edgar Pangborn, „Hieros Reise“ des (Canadiers) Sterling Lanier und die gar siebenbändige (schön zu lesende, aber doch auch mit dem hohen Kitschfaktor einer Heimatromansaga versehene) „Heartland“-Serie von Paul O. Williams hervor, und auch Jack McDevitt lässt sich solch eine Möglichkeit nicht entgehen.
Die Reiseroute in diesem neuen alten Amerika (Mississippi, Chicago, Niagara, New York, Atlantikküste) lässt sich ebenso leicht nachvollziehen wie die diversen Fragmente, Artefakte und sonderbaren Dinge, die den Hauptpersonen begegnen. Sie verhalten sich ebenso rational wie der heutige Leser, der sofort weiß, um was es sich handelt (die angeblich vorhandene „fantasyhafte Furcht“ der Leute, etwa wenn ein Magnetzug als „schnaubender Drache“ angesehen wird, ist kaum begründet). Man fragt sich zwar, warum die Zivilisation nach soviel vergangenen Jahren noch nicht weiter fortgeschritten ist, etwa zur Druckerpresse statt des mühsamen Abschreibens der wenigen alten Schriften per Hand; noch dazu, wo es nicht einmal klar ist, wie viel Zeit denn seit der Katastrophe damals vergangen ist (der Computer im Bahnhof von Chicago vermeldet zwar das korrekte Datum des Jahres 2026, die Geschichtsschreibung der Überlebenden auch 516 Jahre; doch an anderer Stelle etwa wird das Rückschneiden der Niagarafälle um etwa 300 Meter von einer Touristenbrücke erwähnt, was eine ganz erheblich längere Zeit erfordern würde...). Es gibt die (McDevitt-)übliche Zahl an Opfern unter den Personen und die Schlusspointe wirkt doch ein wenig arg konstruiert.
Aber all dies schadet nicht. Man hat keine größeren Probleme, liest sich leicht und locker vorwärts und ist wie immer bei einem McDevitt-Buch (auch bei diesem eher durchschnittlichen) stets gut unterhalten.
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Spuren im Nichts (Infinity Beach)
Bastei Taschenbuch; Science Fiction Special 24291
ISBN: 3-404-24291-2
Originaljahr: 2000 deutsch: 2001 759 Seiten
Übersetzung: Axel Merz
Titelbild: Barclay Shaw
Die Menschheit weit im 3. Jahrtausend, im Jahre 576 etwa nach der Besiedlung von Greenway. Trotz jahrhunderterlanger Suche ist nicht nur die Zahl der geeigneten Sauerstoff-Planeten, die von Menschen besiedelt werden konnten, auf nur 9 begrenzt, sondern hat sich auch die Erkenntnis durchgesetzt, dass man VÖLLIG ALLEIN ist. Nirgendwo außerhalb der Erde fand man Spuren von Leben, geschweige denn Intelligenz. Auf Greenway startet die private Stiftungsorganisation, die vergebens suchte, nun einen letzten ebenso spektakulären wie umstrittenen Langzeitversuch, indem man 6 Sterne „zünden“ will, damit sie sich zur Nova entwickeln, und dies in einer genau gleichen Zeitabfolge, so dass andere Intelligenzien in der Galaxis daraus ein Signal erkennen können.
Kim Brandywine, ist innerhalb der Stiftung für dieses Projekt und die Public Relations zuständig. Kurz nach dem Beginn der ganzen Prozedur erhält sie geheimnisvolle Hinweise darauf, dass ihre Schwester Emily möglicherweise noch lebt. Emily war eine von 4 Menschen, die vor 15 Jahren mit der HUNTER, dem letzten Expeditionsschiff auf der Suche, zurückkehrten, und so wie ihre Begleiterin Tomio verschwand sie kurz danach spurlos; der Kapitän lebte noch 3 Jahre auf Greenway als depressiver Künstler, ehe er zur Erde umsiedelte und auch dort alsbald verstarb, der Bordingeneur kam bei der rätselhaften Katastrophe von Mount Hood um, als eine ganze Stadt zerstört wurde.
Zusammen mit ihrem Freund Solly erkundet Kim die Umstände, stößt dabei auf immer größere Mysterien (wie ein „Gespenst“ im See bei Mount Hood) und Widersprüche bis hin zur Erkenntnis, dass die Logbücher der HUNTER offenkundig gefälscht wurden. Sie und Solly entführen kurzerhand ein anderes Schiff und brechen auf, um in der Region der Orion-Gürtelsterne den Weg der HUNTER nachzuvollziehen, und als sie auf Emily Brandywine’s im Weltraum treibenden Leichnam stoßen, der schwere Laserbrandverletzungen aufweist, ist das noch lange nicht das Ende aller überraschenden Entwicklungen und Gefahren.....
Der Originaltitel nimmt bezug auf eine fast schon lyrische Rede eines romanfiktiven Wissenschaftlers, die der Handlung vorangestellt ist: „Wir haben schon immer an einem Strand gestanden, der sich zum unendlichen Meer hin erstreckt. Die See lockt uns, doch für Ewigkeiten waren wir darauf beschränkt, mit unseren Teleskopen und unserer Vorstellungskraft auf die andere Seite zu blicken. Mit der zeit lernten wir, Auslegerboote zu bauen, und wir kamen zu einigen der vorgelagerten Inseln. Erst heute besitzen wir einen echten Viermaster, ein Schiff, das uns hinter jeden Horizont führt, der irgendwo im Universum existiert“ (Zitat von S. 9)
Und mit dieser Einleitung bereits gibt McDevitt etwas von dem weiter, was eine Konstante in all seinen Büchern ist: das Wiederfinden des Wundersamen, das Staunen vor den Wundern des Universums, ja die Demut vor seiner Größe und Vielfältigkeit. Kaum einer der jüngeren SF-Autoren schwingt „die Wundersense“ so ausgiebig und kräftig wie er, und irgendwie tut das gut, war sie, die Sense (oder er: der „Sense of Wonder“) doch längere Zeit unter pseudowissenschaftlichem Schund und anderer, nicht uninteressanter Thematik wie dem „Cyber Punk“ verborgen.
In diesem Roman geht es um das Thema „Erstkontakt“ (wie schon die anfängliche Widmung auch an Murray Leinster andeutet), wenngleich mindestens die erste Hälfte des Buches eher eine kriminalistische Handlung aufweist, mit etwas Planeten-/Abenteuerromantik, Verschwörungstheorien, rätselhaften Vorkommnissen; und selbst als es schließlich wieder „hinaus“ („Up, Up and Away!“) geht, bleibt das alles im gemütlichen Rahmen. Es gibt keine sonderlich ausgeprägte Technik, die den Leser vor Unverständnis stoßen würde: die Raumschiffe sind robust, aber auch „kontrolliert“, nicht nur durch die „Künstliche Intelligenz“ <KI>, die das ganze ohnehin besser steuert als jeder Pilot, sondern auch durch ihre Einschränkung: selbst das schnellste schafft im Hyperraumflug „nur“ 38 Lichtjahre pro Standardtag und macht das Erforschen des Weltraum zu einem ähnlichen Erlebnis wie mit Schiffen und dem (oben beschriebenen) Aufbruch ins unbekannte Wassermeer. Selbst die, man kann es ohne Gewissensbisse verraten, schließlich aufgefunden Außerirdischen sind dann, trotz der Fremdartigkeit, doch an Nettigkeit und Sympathie kaum zu überbieten.
Fazit: Ein schöner Ausflug ins Wundersame!
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Mondsplitter (Moonfall)
Bastei Taschenbuch; Science Fiction Special 24268
ISBN: 3-404-24268-8
Originaljahr: 1998 deutsch: 2000 700 Seiten
Übersetzung: Thomas Schichtel
Titelbild: Oliviero Berni
Die Welt im April des Jahres 2025. Man hat wenig bis gar keine Probleme, Wirtschaft und Handel florieren, die Umwelt ist wieder genesen und auf dem Mond bereitet man sich auf das Jubiläum der Eröffnung der UNO-Mondstation vor, wozu eigens der amerikanische Vizepräsident, Charlie Haskell, angereist ist.
Da schlagen die Astronomen Alarm: ein riesiger Komet (genannt TOMIKO) wird entdeckt, der nicht nur 180 km Durchmesser, sondern auch die irrwitzige Geschwindigkeit von 482 Kilometer pro Sekunde aufweist und deshalb in wenigen Tagen auf der Rückseite des Mondes einschlagen wird! In großer Hektik bereitet man die Evakuierung des Mondes für alle Fälle vor, der Vizepräsident beschließt voreilig (aus politisch-taktischen Gründen) erst mit dem letzten Shuttle den Erdtrabanten zu verlassen und gerät dabei fast in eine tödliche Bredouille, als etliches in der Logistik und Technik schief zugehen droht. Doch gerade noch entkommen, muss er im Raum zwischen Erde und Mond nicht nur diverse weitere Gefahrenüberstehen, sondern auch miterleben, was geschieht: TOMIKO trifft den Mond mit derartiger Wucht, dass dieser in Millionen von Einzelteilen auseinanderspringt, und etliche Brocken davon rasen auf die Erde zu und verwandeln die Welt in ein einziges Chaos aus Einschlägen und deren Folgen.....
Die Titel sind beinahe wörtlich zu nehmen, sowohl der deutsche mit den „Mondspklittern“ wie der des Originals. Hier ist er, der ultimate Katastrophenroman und ein wahrhafter Thriller, der von Anfang bis Ende nur 9 Tage (vom 8. bis 16. April, mit einer Epilogszene am 25. April 2025) braucht, um die Welt zu verändern. Er steht in der Tradition früherer, inzwischen Klassiker der SF-Literatur: das noch fast viktorianisch-liebenswerte „Hopkins Manuscript“ von R.C..Sheriff (mit dem deutschen Titel „der Mond fällt auf Europa“ fast trefflich beschrieben), dem „Wanderer“ von Fritz Leiber, dazu die neueren „Lucifers Hammer“ (Niven & Pournelle) oder „Shivas Atem“ von Gregory Benford, und ist allen gleichwertig.
Damit bedeutet es gleichzeitig, dass er meilenweit besser ist als die Drehbücher der etwa zur selben Zeit das Kino heimsuchenden Hollywoodschinken „Deep Impact“ (der mit den Tsunami an der Ostküste durch Meteorit; größerer Tsunami im Landesinnern durch die gesammelten Tränen der Beteiligten...) oder gar „Armageddon“ (dem Ausverkauf jeglicher Logik) ist; man möchte gar vermuten, dass jene geballte Attacke eine Verfilmung dieses Buches hier verhindert hat; was ein Glück ist.
Natürlich weiß man letztlich, wie es ausgeht (gut), aber die Spannung wird bis zur letzten der 700 Seiten gehalten. Die Technik ist logisch (mit der kleinen Ausnahme, dass ein Objekt solcher Größe wie Gefahr erst wenige Tage vor dem Impact zu erkennen, doch „ein klein wenig unrealistisch“ ist...) und nachvollziehbar, weil ja auch noch recht zeitnah an der heutigen, die Figuren gewohnt gut beschrieben und nicht nur sympathisch, sondern (besser) glaubwürdig, so dass einige wenige Stereotypen durchaus noch verzeihend hingenommen werden können.
Muss man ganz einfach gelesen haben!
Die Küsten der Vergangenheit
(Ancient Shores)
Bastei Luebbe Taschenbuch; Science Fiction Special 24235
ISBN: 3-404-24235-1
Original: 1996 deutsch: 1998 444 Seiten
Übersetzung: Axel Merz
Titelbild: Steve Youll
Als Farmer Tom Lasker eine wunderschöne, schnittige Segelyacht in einem Hügel entdeckt und ausgräbt, wundert er sich nicht wenig; einerseits, da sie so gut wie neu ist, zum anderen wegen der Umstände (vermutet er zunächst Verwicklungen mit der Mafia oder/und Drogenmilieu) und dass solch ein Artefakt inmitten fruchtbarer Weizenfelder in North Dakota, knapp südlich der canadischen Grenze, doch etwas deplaziert scheint. Die Jacht erfreut staunende Besucher, die Geschichte schafft es sogar ins lokale Fernsehen, und als sich sein Freund Max Collingwood der Sache annimmt und ein Stück vom neuwertigen Segeltuch einer Chemikerin zur Analyse gibt, wird es gar sensationell: dieses Material besteht aus einem transuranen Element, seine Herstellung liegt weit über dem technischen Niveau des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts. Nachforschend stellen sie nicht nur fest, dass Holzfasern, die am Anker sich erhalten haben, fast zehntausend Jahre alt sind und diese Jacht offenbar als Ausflugboot auf dem Lake Agassiz unterwegs war, dem nach der letzten Eiszeit für etwa 1000 Jahre bestehenden großen Binnensee, der damals diese Gegend ebenso bedeckte wie einen Teil Mittelcanadas (und von dem der Winnipegsee und der Lake of the Woods“ nur kümmerliche Rest sind). Also könnte es irgendwo in der Umgebung eine Art „ Hafen“ gegeben haben, von dem aus die Jacht gestartet war, sie entdecken gleich an der ersten optimalen Stelle, die sie untersuchen, in den Fels geschlagen eine Art „Rundhaus“ aus ebenfalls mysteriösem grünen Glas, jedoch leer bis auf diverse Symbole an den Wänden. Und diese entpuppen sich, folgerichtig, auch als zeitverlustfreie Transmitter-Wege hinaus zu anderen Welten....
In diesem wunderschönen Einzelroman verbindet McDevitt sein Hobbythema der Archäologie (in weiterem Sinne...) mit dem Wundersamen von Raumfahrt (via Transmitter), fernen Welten und Außerirdischen. (obwohl letztere gar nicht mehr selbst vorkommen). .
Der Roman besticht durch Kargheit, Logik, Spannung, Atmosphäre.
- Kargheit, weil es nur die eine spekulative Annahme gibt (dass vor zehntausend Jahren der historische Lake Agassiz von, offenbar humanoiden, Fremdwesen als Touristikziel diente)
- Logik, weil sich die Handlung nach und nach ergibt, Hauptpersonen, ob Amateure oder Wissenschaftler und andere Interessengruppen, sich ausnehmend nach eben diesem Prinzip verhalten und eher zögern, als dass sie vorschnelle Dinge unternehmen
- Spannung, weil das ganze (obwohl vorhersehbar und eigentlich ja <Anwandlungen etwa an „Star Gate“ sind unverkennbar> kein „neuer Plot“) sich als kriminalistisches Puzzle aufbaut und permanent eben diese Spannung beibehält
- Atmosphäre: die Personen sind allesamt glaubwürdig, logisch handelnd; es geht eigentlich einiger um Entdeckungen, Technik, sich daraus ergebende (in der Tat aufsehenerregende..) Schlussfolgerungen etc., sondern was sich eben daraus ergibt: der bodenständige Farmer, der den finanziellen Gewinn sieht, die Kleinstadtleute, die sofort eine werbliche Verwertung (T Shirts, Tassen und ähnliches) organisieren, Indianer („Native Americans“) , die, neuzeitlich-selbstbewußt, auf ihren Eigentumsrechten bestehen und schließlich gar eine der „neuen Welten“ als unverdorbene, naturbelassene Heimatstatt reklamieren, Journalisten, welche die Story je nach Medium verwenden, Wissenschaftler, die schmale Balance zwischen Entdeckerruhm und Verantwortung haltend; Träumer, die einen unsichtbaren Geist aus dem All gesehen haben wollen, Fanatiker, die eine Invasion der Außerirdischen befürchten, Esoteriker, Marienwundersehende; Politiker, die zwar wissen, dass sie was moralisch Falsches tun, sich aber dazu durchringen (sogar der US-Präsident ist sympathisch....es handelt sich ja um spekulative Literatur...) - all das ist eher beschaulich, betulich, fast rührend altmodisch geschildert.
Und wenn ganz am Ende es doch noch zu einem Konflikt kommt (zwischen der US-Obrigkeit und einigen wenigen Sioux), dann wird dies, ungewohnt un-amerikanisch, durch eine aufsehenerregende (humanistische) Aktion gelöst, die hier nicht verraten werden soll, aber ihresgleichen in der SF-Literatur sucht.
Mit McDevitt und diesem Buch auf den Wogen eines untergegangenen Binnenmeeres ebenso segeln wie an den wundersamen „alten Küsten“ unterhaltsamster Science Fiction. In jeder Hinsicht ein empfehlenswerter Roman!
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