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Antichrist, Erbfolgen, ›biologische Lösungen‹

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, Du hast uns beim Thema ›Antichrist‹ in den Cliffhanger entlassen. Deine letzten Worte waren, dass Du Dir James Blish und den Elvis Presley-Titel »The Devil in Disguise« zum Vorbild genommen hast – und der neue Papst der Anti-Christ ist. Dann lass mal hören, was Du einst ausgebrütet hast. Der Tee ist serviert ...

Antichrist, Erbfolgen, ›biologische Lösungen‹

Auf diese Art ist also der ›Anti-Christ‹ im wahrsten Sinne des Wortes erschienen – und die Prophezeiungen der Apokalypse des Johannes scheinen sich zu erfüllen. Merlin, der dies alles natürlich weiß, hat keine Möglichkeit, den ›dunklen Bruder‹ hier zu stoppen. Er kann nur etwas anderes tun. Ein ›Menschenwesen‹ schaffen, dem es gelingt, in die Hölle einzudringen, um dort Dinge, die gerade geschehen sollen, zu verhindern. Vor allem zu verhindern, dass ein Wesen mit schwarzem Blut zweitausend Jahre später zum ›Hochpriester der Menschheit‹ wird.

 

Doch dieser Mensch, besser gesagt, dieses Wesen aus Mensch und – was genau das ist, lässt Merlin ungesagt -  muss erst sterben, um hinunter in die Hölle zu gelangen.  Natürlich kann sich jetzt jeder denken, wer mit diesem ›Wesen‹ gemeint ist. Natürlich – Jesus von Nazareth.

Und so kommt es zu einem ganz absonderlichen Duell in der Vergangenheit. Asmodis ist in mehreren Existenzen um Jesus, um ihn zu beschützen – und dafür zu sorgen, dass er nicht stirbt und so den Weg in die Hölle findet, um dort die Pläne Luzifers zu vereiteln.

Zuletzt in der Rolle des Pilatus kämpft Asmodis um das Leben Jesu – sein Gegenspieler ist Zamorra – der im Auftrag Merlins dafür sorgen muss, dass die Kreuzigung unbedingt stattfindet und auch tatsächlich im Tod endet. Der ›Endkampf‹ zwischen Zamorra und Asmodis findet dann auf dem Golgotha-Hügel unter den Kreuzen statt. Und der Lanzenstoß des Legionärs Longinius gibt den Ausschlag.

Ja, so ungefähr hatte ich mir ein Zamorra-Hard-Cover vorgestellt. Aber dank W.K. Giesa's Einsatzplanung bei den Hard-Covers ist euch das ja erspart geblieben. Das damalige Exposé ist vernichtet, und was ich eben geschrieben habe, ist der Rest, der noch im Gedächtnis haften geblieben ist. Dass die ganze Sache noch komplizierter war, mehr Tiefgang hatte und neben den Evangelien auch die Apokryphen als Grundlage gehabt hätte, das kann sich jeder denken.

Aber ... erledigt ... abgehakt ... nächster Fall ...

Eine interessante Interpretation, den Namen ›Zamorra‹ als Vornamen zu nehmen und ein ›de Montagne‹ als Familiennamen anzuhängen. Faszinierend und zugleich logisch – wenn diese Lösung nicht immer wieder die Anrede von Fremden: ›Monsieur Zamorra‹ ad absurdum führen würde. Damit wurde nämlich der Nachname manifestiert.

Übrigens – ein ›Zamorra de Montagne‹ hatten Werner und ich auch schon mal bei den ›Bierkonferenzen‹ ausgeknobelt – aber aus dem eben genannten Grund fallen gelassen und nicht verwirklicht.

Für einen Franzosen würde sich ein ›de Montagne‹ ohnehin nach Wurzel-Sepp oder Alm-Öhi anhören. Denn ›Château Montagne‹ heißt übersetzt nichts anderes als ›Schloss Berg‹.

Allerdings gehe ich davon aus, dass es Jason Dark hier um den Klang ankam, den dieses französische Wort bringt und nicht um jenes ›Schloss Berg‹ am Starnberger See, wo der ›Märchen-König‹ Ludwig II oft und gern verweilte und wo man ihn auch als ›Wahnsinnigen‹ für seine letzte Nacht einsperrte. Am nächsten Abend mache er ja dann mit Dr. von Gudden einen Spaziergang, dessen Ende bekanntlich ein Kreuz im Starnberger See kennzeichnet.

Natürlich wird Château Montagne auch als Schloss auf einem hohen Berg geschildert, wenn die Schlösser der Loire meiner Kenntnis nach auch alle im Tal liegen. Aber ein Château Montagne an der Loire zu finden hat den gleichen Erfolg wie einen gewissen Jerry Cotton beim New Yorker FBI.

Was John Sinclair angeht, bin ich der Meinung, dass ein routinierter Schreiber wie z. B. Walter Appel die Serie im Stil  Jason Darks problemlos weiterführen könnte, ohne dass es jemandem wirklich auffallen würde. Jason Dark ist genau so wie ich und andere Autoren unserer Zeit in einem Alter, in dem eine ›biologische Lösung aller Probleme‹ nicht mehr so einfach auszuschließen ist.

Ein Herzinfarkt kann da schon reichen. Bei mir war es vor vier Jahren eine Lungenentzündung, die mich fast in ›Kessel Sieben‹ brachte, in dem Asmodis seine besonderen Delikatessen zubereitet, und was es bei Werner ungefähr um die gleiche Zeit war, weiß ich nicht – aber auch er hat lange im Krankenhaus gelegen und sein Zustand war mehr als kritisch. 

Wir wollen es nicht hoffen – aber ›unsterblich‹ ist trotz robuster Gesundheit Jason Dark nur als Schriftsteller – alles andere sinkt nach den Worten Schillers »klanglos zum Orcus hinab«. Ob er für so einen Zeitpunkt vorgesorgt hat, kann ich nicht sagen. Eine gewisse Zeit genügt ja möglicherweise, was er auf Vorrat geschrieben hat. Und dann wird man im Bastei-Verlag sicher Leute auf die Serie ansetzen, die im Stil des Meisters weiterschreiben. Fritz Tenkrat (der ja schon abgewunken hat) wäre da sicher der „Kronprinz“ – doch auch hier ist das Problem (trotz bestätigter exzellenter Gesundheit und Bergwandern) des Alters.

Wobei man natürlich auch die anderen ›Unwägbarkeiten des Schicksals‹ wie z. B. Verkehrsunfälle nicht außer Acht lassen sollte. Ich erinnere da nur an den tragischen Unfalltod von Herrn Müller-Reimann vom Pabel-Verlag an seinem 50sten Geburtstag, der schlussendlich für das Seriensterben im Grusel-Sektor und die Einstellung von Larry Brent, Macabros und Dämonen-Killer verantwortlich war.

All diese Sachen können eben passieren. Was wäre gewesen, wenn Werner sich nicht eine ganze Reihe von Co-Autoren in die Serie gezogen hätte, die den „Zamorra“ nahtlos weiterführen konnten. Natürlich gab es da bereits Frau Susanne Picard als Betreuerin der Serie.

Als Heike gestorben war, war für Werner der Mensch gestorben, an den er sich immer gehängt hat – und hängen musste. Früher waren das seine Eltern – an denen er in echter Sohnesliebe hing – auch noch als erwachsener Mann. Ich habe das ja selbst miterlebt. Dann seine Freunde in Lippstadt und später wir in Kassel. Ja, und in den Zeiten, von denen ich die Teestunden-Episoden erzähle, war ich es wohl, an den sich Werner Kurt Giesa angehängt hat. Immerhin war er wirklich fast an jedem Wochenende bei mir in Ahnatal.

Das änderte sich auch in meiner Ehe nicht, bis ja dann meine Ex-Frau ihre Fäden spann und den direkten Kontakt mit Heike herstellte.

Heike mit ihren damals recht kurzen Haaren stellte so ungefähr das dar, wie sich Werner Nicole Duval ohne Langhaarperücke vorstellte. Ich habe schon in der Teestunde erzählt, dass wir bei der Einladung nach Ahnatal die beiden zwar in unserer damals wirklich riesigen Wohnung hätten unterbringen können – aber dass meine Ex-Gattin in einem Hotel für beide ein Doppelzimmer reserviert hatte.

Die Zeit nach W.K.s und Heikes Eintreffen und dem: „Wir gehen mal eben unser Hotelzimmer beziehen“ dauerte länger als drei Stunden. Von da an war es die große Liebe.

Umso schlimmer für Werner, als ihn diese ›große Liebe‹ auf ›höhere Anordnung‹ verlassen musste. Schon damals rissen bei W.K. Giesa die Leinen, die ihn an das Leben banden und er ließ sich, wie ein Schiff ohne Anker, einfach treiben.

Wir telefonierten ja nur noch. Nun, am Telefon kann man nicht wirklich gut helfen – abgesehen davon, dass ich in dieser Hinsicht nicht kompetent bin und nur als alter Freund was sagen konnte, der aber zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ›nahe‹ dran war.

Als ich wieder alleine in Nassenerfurth wohnte, habe ich ihm mehrfach gesagt, dass er mal kommen sollte  - einfach mal so – Kaffee wäre immer da. Jeder weiß, dass Werner absoluter Kaffee-Trinker war, während ich ja vor vielen Jahren schon zum Tee ›konvertiert‹ bin. Das lag daran, dass im Büro zu jeder Gelegenheit Kaffee gekocht wurde. Allerdings hatte ich in den letzten Jahren auch im Amt meinen Wasserkocher und Teebeutel.

Die Telefonate mit Werner in den Jahren nach Heikes Tod waren sehr wenige, aber dafür dann sehr lang. Einladungen zu mir wurden abgelehnt, allerdings wartete ich auf ein: „Komm du doch mal bei mir in Altenstadt vorbei!“ vergeblich. Er schimpfte dann auf dieses oder jenes, Co-Autoren und die Welt.

Aber die Serie lag ihm immer noch am Herzen ... Nur inwieweit er noch in den letzten Jahren der Alleinherrscher war oder schon nach und nach die ›neuen‹ Autoren und Lektoren die Zügel hielten und deren Ideen zu dominieren begannen, ob der Übergang abrupt oder fließend war (und durch sein Ableben nur beschleunigt wurde), vermag ich nicht zu sagen und will mich da auch nicht auf Spekulationen einlassen.

Wenn es stimmt, dass Werner, wie in einem der Kommentare angedeutet, alles darauf zusteuerte, Merlin in der Zamorra-Serie sterben zu lassen – dann hat er damit nur seinen eigenen Tod angekündigt. Denn Werner sah sich als Zamorra und Merlin in einem – beides waren seine Identifikations-Figuren. Genau so wie es für Nicole Duval da ein oder zwei Mädchen in Lippstadt und eins in Kassel war, bevor Heike richtig in sein Leben trat und das „Nicole-Bild“ in seinen Vorstellungen völlig veränderte.

Nein, mit dem „Mädchen aus Kassel“ sind nicht Tinchen, Sandra oder Regina gemeint ... da war noch eine andere, von der außer mir und meiner Ex keiner was weiß. Aber auch hier blieb es beim „Anhimmeln“ - allerdings von ihr aus – denn mit dieser Frau hatte Werner wirklich konkrete Pläne. Doch sie hat ihn abgeblockt und jeden Versuch von Werner im Vorfeld gestoppt. Diese Frau mochte W.K. Giesa als Kumpel und Freund – und eben mehr nicht.

Ja, dann wären da Mike Rennickes Gedanken zur Schicksalswaage und dem Wächter. Doch das muss bis nächste Woche warten. Zumal ich ohnehin in dieser Woche, wenn ihr das lest, mit meinem Pseudo-Enkelchen bei guten Freunden auf einem Reiterhof bin. Und da wird sich nicht nur Lisa in den Sattel schwingen, sondern auch ein alter Cowboy will mal wieder auf den Rücken der Pferde.

Übrigens ... den Begriff „Cowboy“ trage ich tatsächlich zu Recht, weil ich schon Rinder getrieben habe. Wenn auch ohne Pferd. Als Peter und ich damals in England waren, passierte es, dass ungefähr 20 Rinder aus der Koppel ausgebrochen waren. Die mussten eingefangen werden. Peter und ich waren damals 1981 ja aktive Langstreckenläufer, sind über Wiesen und Buschgelände gelaufen und haben die Rinder mit über den Kopf geschwungenen Jacken und wilden „Rebellenschreien“ zusammengetrieben.

Die Rindviecher sind dann auch schön brav wieder in ihre Koppel gelaufen, die John dahinter wieder geschlossen hat. Also kann ich mich doch mit Fug und Recht „Cowboy“ nennen – oder?

Bis in einer Woche also ...

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2011-04-28 22:32
Also die Idee zum "Antichrist" ist nicht übel. Die Ideenfetzen hören sich sehr gut an. Aber vielleicht kann man die Geschichte mit einem anderen Protagonisten anstelle mit Zamorra zu schreiben, denn das scheint ja nicht mehr zu gehen
#2 Carn 2011-04-29 15:32
Das wäre sicherlich ein ungeheuer interessantes und spannendes Thema, doch Rolf hat sicher keine Lust mehr bei Verlagen auf Ochsentour zu gehen... Dazu kommt noch, daß er hier mit einem sensiblen Thema jonglieren würde - Religion, die man anders interpretiert, dazu vielleicht noch ein Jesus, wie man ihn aus dem Bibelbild so gar nicht kennt, eieieiei, da reagieren manche Leute allergisch drauf - für den Format des Heftromans wär's sicherlich zu brenzlig gewesen - im Buch könnte man da viel mehr draus machen...
#3 Laurin 2011-04-29 19:05
Oh ja, die Idee ist wirklich spitze und ich würde da auch Zamorra raus lassen. Das wäre eine Idee für ein in sich abgeschlossener Hardcover. ;-)
Auch Merlin würde ich da ändern, die Figur ist schlicht zu ausgelutscht und verfolgt einen schon in Romanen, Filmen, Fernsehen zu genüge.
Und was die Religion angeht, nur zu, die Christen halten das schon aus, die sind schon einiges gewohnt. :-*
#4 Larandil 2011-04-29 21:13
Da möchte ich jetzt kurz damit angeben, daß ich einmal in einer Schreibgruppe eine eher dröge Geschichte über einen Besuch von Pilatus in Jesus' Zelle mit vergeblichen Versuchen, an seinen Lebenswillen zu apellieren, auf den Rücken gedreht habe. Indem nämlich Pilatus dem Messias androhte: wenn er jetzt nicht sofort ein paar Namen von romfeindlichen Juden ausspuckte, werde er zu lebenslänglich Galeerenrudern begnadigt - Schicksal hin, Vorsehung her. "Du willst am Kreuz sterben? Verdien's dir!"
Boah. Die mochten mich überhaupt nicht mehr danach ... 8)
#5 Laurin 2011-04-30 00:00
Larandil: Nicht entmutigen lassen, für die Kunst muß man auch mal Opfer bringen (oder in Ungnade fallen). :lol:
#6 Carn 2011-04-30 14:00
Das ist es, was ich meinte, Larandil. Beim Thema Religion sind einige Leute sehr schnell angepisst. Und wenn man dann an einen bibeltreuen Lektor gerät hat man schlechte Karten :sad:

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