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Karl May, Arabisch und wohnen wie Nero

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf. Auf geht’s auf eine Reise durchs Morgenland. Wir waren in Jordanien. Erzähl mehr darüber. Der Tee ist serviert ...

Karl May, Arabisch und wohnen wie Nero

»Ahlan wa sahlan« - »Herzlich Willkommen« sagt man auf Arabisch. Aber im Allgemeinen hören wir immer ein »You're welcome« - was ich dann mit einem arabischen »Schukran« - »Danke« quittiere.

So einige Worte ›Karl-May-Arabisch‹, wie ich es nenne, können manchmal sehr hilfreich sein. Hörst du in den engen Gassen einer Medina hinter dir plötzlich den Ruf »Balak! Balak!« - dann ist damit nicht ein deutscher Fußballspieler gemeint – sondern das bedeutet so viel wie »Vorsicht« oder »Aus dem Weg«. Und du kannst sicher sein, dass dann hinter dir ein Esel mit Reiter angeprescht kommt, der dich sonst über den Haufen rennt – oder ein Lastträger an dir vorbei will, und dich mit seiner Last unangenehm rammt, wenn du nicht sofort in Deckung gehst. 

 

Allerdings sollte man sich erst mal von einem Einheimischen sagen lassen, wie man diese arabischen Worte ausspricht, weil die Kehllaute und Betonungen dieser Sprache in der Schrift sehr schlecht wieder zu geben sind.

Schreibt Karl May beispielsweise das Wort »Maschallah«, das er mit »Wunder Gottes« übersetzt – ein Ausruf des Erstaunens – so wird es eher »Masch – Allaah« ausgesprochen – hinten gedehnt. Auch das bekannte »Hamdulilliah« - was wir mit »Gott sei Dank« übersetzen können und was sinngemäß der deutschen Bedeutung entspricht, so muss es eben »Hamdu -lil- laah« klingen, damit ein Araber das akzeptiert. Das schon genannte »Schukran« ist da einfach – genau wie das »Yallah - Yallah!« - »Schnell – schnell!« was man immer wieder hört.

Das »Salem Aleikum« kennt wohl jeder. Und dieser Gruß, mit dem sich im Prinzip eigentlich nur die ›Rechtgläubigen‹ begrüßen, wird auch gern entgegen genommen. Korrekt gesehen sagt man: »Es Salaam Alejikum« - »Der Friede sei mit dir« - lässt man das »Es« weg eben nur »Friede sei mit dir« - das ist auch keine Beleidigung. Ein kurzes »Salaam« ist auch nicht unhöflich. Die Antwort darauf lautet dann: »Alejikum es Salam« - »Mit dir sei (auch der) Friede«.

Die Verabschiedung ist ein »Ma Salama« - natürlich wie die Begrüßung immer mit einer leichten Verbeugung – und wenn man es besonders gut machen will legt man kurz die rechte Hand auf die Herzgegend.

Meist wird als Gruß aber ein »Guten Morgen« oder »Guten Tag« benutzt, was »Sabahli Kher« heißt. Allerdings aussprechen muss man es ungefähr »Ssabalhi kchrer!« - also mit einem Kehllaut hinten. Am besten bleibt man aber beim bekannten »Salem Aleikum« - bloß nicht »Schalom« sagen. Das bedeutet zwar auch ›Frieden‹ - aber das Volk dieser Sprache ist bei den Arabern nicht gerade beliebt. Warum und weshalb, das steht nicht nur in den Geschichtsbüchern, sondern jeden Tag in der Zeitung, und wir werden darauf noch zu sprechen kommen.

Das arabische Wort am Schluss unserer kleinen Exkursion kennt jeder, der schon mal in einem islamischen Staat war – man braucht da nicht Karl May gelesen zu haben. Es ist ein wahres Zauberwort, das fast alles möglich macht und so ziemlich alle Türen und die Herzen der Menschen öffnet – »Bakschisch!« Ich denke, über dieses Wort, korrekt übersetzt »Teile, was du hast«, brauchen wir nicht extra zu reden.

Wir hatten zwar, wie ich in der letzten Teestunde schon berichtet habe, unser »Bakschisch« an unseren Reiseleiter Hussein gegeben, der es verteilte, aber natürlich freuen sich Kofferträger oder Zimmermädchen immer über kleine Zuwendungen. Auch wenn es nach unserer Rechnungsart wenig ist – dort hilft es manchmal, recht große Familien durchzubringen.

Vorerst genug von arabischen Sitten – unser Bus bringt uns kreuz und quer durch die verschiedenen Stadtviertel von Amman. Wie Rom war Amman, in biblischer Zeit ›Rabat-Ammon‹, die Hauptstadt der Ammoniter, auf sieben Hügeln erbaut. Heute sind es inzwischen zwanzig Hügel. Und während man in Rom diese Hügel heute kaum noch wahrnimmt, ist das in Amman, wenn man sie per pedes abläuft, wahre Konditions-Hügel für Jogger und sonstige Ausdauer-Sportler.

Unser Hotel, das ›Ramada‹, lag im Zentrum auf dem Dschebel Amman - »Dschebel« ist im arabischen die Bezeichnung für Berg oder auch Hügel. In der hellenistischen Zeit nannte man die Stadt ›Philadelphia‹ und unter der römischen Herrschaft blühte sie auf. Nach dem Sturz der Omajaden-Dynastie, das war die erste Kalifen-Familie, die nach den ›rechtgeleiteten Kalifen‹ Abu Bekr, Omar und Othman den Regierungssitz des islamischen Großreiches von Medina nach Damaskus verlegte, änderten sich die Karawanenwege und die Stadt Amman geriet in Vergessenheit.

Erst 1878 entstand hier wieder durch eine Station der Hedschas-Bahn von Damaskus nach Medina eine Siedlung. Nach dem arabischen Aufstand unter Groß-Scherif Hussein bin Ali von Mekka zusammen mit Lawrence von Arabien und der Aufteilung des Landes durch England und Frankreich in ihre Einflussbereiche, wurde das damalige ›Transjordanien‹ zum Königreich. König Abdullah machte Amman zu seiner Hauptstadt und legte so den Grundstein zu der Metropole, die sie heute ist.

Sein Bruder Feisal, den wir aus dem ›Lawrence-Film‹ in der Gestalt von Alec Guiness kennen (die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend), wurde nach einem kurzen Zwischenspiel als König von Syrien dann von Englands Gnaden König des Irak - und damit ein direkter Vorgänger Saddam Husseins.

Von diesen Dingen wird noch einige Male hier geredet werden. Ich will etwas versuchen, euch die relativ unbekannte Geschichte dieses Landstrichs näher zu bringen – worin viele Wurzeln des heutigen Palästina-Nahost-Konfliktes verborgen sind.

Da Amman eben erst seit etwas mehr als hundert Jahren wieder als ›bewohnte Siedlung‹ gelten kann, gibt es, von den Ausgrabungen und einigen Gebäuden auf dem »Dschebel al Quala«, dem Zitadellenhügeln, abgesehen, keine alten Gebäude. Dennoch ist die Stadt in verschiedene Wohngegenden unterteilt – von denen wir drei durchfahren haben.

Andere gäbe es nicht – versicherte uns Hussein. Nun ja, credat Iudaios Apellas, wie der Lateiner sagt – aber auch aus der Höhe der alles überragenden Zitadelle habe ich kenne Siedlung gesehen, die eine Art Slum-Charakter hatte. Das wir nicht durch so eine Gegend gefahren sind, versteht sich wohl von selbst.

Natürlich zeigte man uns zuerst das Viertel wo die Reichen wohnen. Hier erhält das Wort ›Haus‹ eine besondere Bedeutung – und mir kam das Wort Kaiser Neros: »Nun fange ich an, menschenwürdig zu wohnen«, in den Sinn.

Diese Häuser gleichen vom Äußeren her einer Mischung zwischen Jugendstil-Villen und arabischen Palästen. Alle Häuser sind aus weißem Sandstein – oder jedenfalls mit diesem Sandstein verkleidet, so dass es schon aus der Ferne einen einheitlichen Gesamteindruck mit einer besonderen Ästhetik vermittelt. Die Eingänge der Häuser gleichen manchmal griechisch-römischen Tempeln und überall gibt es Säulen, so dass hier ein Multi-Kulti-Baustil entsteht – so ungefähr wie im Film »Der Herr der Ringe« im Elben-Reich von Bruchtal. Alle Häuser sind mit Gärten umgeben, in denen man neben grünen Bäumen und Büschen immer einen gepflegten Rasen findet.

Hier in dieser Gegend sind nicht nur die Villen der Politker und der hohen Regierungsbeamten, sondern auch die meisten Botschaften zu finden. Einige davon haben wir gesehen. Die Botschaft der USA gleicht aber inzwischen mehr einer Festung, die mich beim Vorbeifahren mit ihren Sicherungen und Eingängen stark an die ehemalige „Staatsgrenze der DDR“ erinnerte. Im Bereich dieser Botschaft war auch das Fotografieren nicht erlaubt. Der im Bus mitfahrende Beamte der jordanischen Touristen-Polizei stand in der Zeit der Vorbeifahrt auf und achtete darauf, dass diese Vorschrift eingehalten wurde.

Nun ja, es ist verständlich, dass die Amis hier in diesen Ländern ihre Bedenken haben und genau kontrollieren, wen sie auf ihr „Gebiet“ lassen. Auch wenn Jordanien die Segnungen von Coca-Cola und McDonalds hat bedeutet das nicht, dass die USA, besser gesagt, die Politik der USA, hier viel beliebter wäre wie in anderen arabischen Ländern. Zwar hat Jordanien wie auch Ägypten seit Jahren einen Friedensvertrag mit Israel, doch der steht nur auf dem Papier – und nicht in den Herzen der arabischen Menschen. Zumal ein großer Prozentsatz der Jordanier in seinem Pass einen Zusatz hat, dass er eigentlich Palästinenser ist – und die hoffen ja genau so auf Heimkehr wie einige Leute, die nach dem Krieg aus Schlesien, Pommern oder Ostpreußen gekommen sind. Nur – die könnten heute im Rahmen der EU ja heimkehren – vorher sollten sie allerdings Polnisch lernen. Bei den Palästinensern sieht es da schon etwas anders aus. Aber – das wissen wir ja alles aus der Tagespresse.

Wir Deutschen sind in den arabischen Ländern sehr beliebt – wenngleich ich in gewissen Fällen auf diese ›Beliebtheit‹ gern verzichten kann. Ich meine hier Sprüche wie: »Wir Araber lieben Hitler, weil er so viele Juden umgebracht hat. Er könnte wieder kommen... «. Inzwischen habe ich es aufgegeben, dann mit meinem miserablen Englisch lange zu diskutieren. Es führt zu nichts – der Hass bei den Leuten dort sitzt teilweise zu tief.

Zu meiner Freude werden wir Deutschen aber mehr als ›Europäer‹ angesprochen – wahrscheinlich, weil man dort den EURO liebt und nicht, weil man die Idee des ›Europäischen Hauses‹ begreift. Macht aber nichts, wenn wir im Ausland auf die Dauer die Stigmata des ›hässlichen Deutschen‹ loswerden. Und ich fühle mich tatsächlich als Europäer deutscher Herkunft – soweit ich mich nicht als ›Terraner‹, als Weltbürger, fühlen kann.

Zurück zu unserer Fahrt durch zwei weitere Stadtviertel von Amman, wo man zwar nicht mehr so großzügig baut und wo auch die Straßen nicht mehr die Breite von Autobahnen haben. Hier sind dann die bürgerlich-wohlhabenden und die kleinbürgerlichen Leute von Amman zu Hause. Alles ist im Verhältnis zu anderen arabischen Städten sauber und auch der Verkehr rollt ohne die sonst übliche Hektik mit riskanten Fahrmanövern und Dauerhuptönen ab. Dazu kann man sich auch drauf verlassen, dass die Farben der Verkehrsampeln eingehalten werden.

Was Verkehrsampeln betrifft – in Syrien werden auf den Ampeln fortlaufend die Sekunden angegeben, die diese Ampelphase hat. Man kann sich dann sekundengenau drauf einrichten, wann man wieder starten kann. Diese Einrichtung wäre auch für uns in Europa sehr interessant – weil man dann auch schon von weitem erkennen kann, wann die Ampel umschaltet.
 
Aber noch sind wir in Jordanien und ich habe das mit der Ampel nur erzählt, weil es gerade passte und ich es anschließend sicher vergessen hätte. Inzwischen hat man zwischen den Hügeln von Amman mächtige Brücken gebaut, so dass man sich als Kraftfahrer nicht unten durch die Straßen und Gassen kämpfen muss, sondern wie auf einer Autobahn über die Stadt fährt.

Zwischen dem Dschebel al Quala mit der Zitadelle und dem Dschebel al Jawfa gegenüber liegt in einer Talsenke das Zentrum der alten Römerstadt. Erhalten sind hier allerdings nur das sehr gut restaurierte Theater mit einer Loge für den Magistratus – die es beim griechischen Theater nicht gibt, weil da alle gleich sind. Hinzu kommt eine sehr gut erhaltene Szenerie, also die ›Kulisse‹, auf der auf den oberen Ebenen in römischer Zeit dann in den Schauspielen die ›Götter‹ agierten.

Das Theater fasste mit 44 Reihen rund sechstausend Zuschauer und wird nach seiner Restaurierung heute wieder für Aufführungen oder Folklore-Darbietungen genutzt.

Das kleine Odeon daneben ist mit seinen 600 Sitzplätzen noch besser erhalten. Damals war es überdacht, weil ein Odeon nur für Musik-Veranstaltungen genutzt wurde – und heute wieder wird. Beim Theater befinden sich ein Folklore-Museum und ein Museum für jordanisches Brauchtum. 

Der Fluss, der früher zwischen den beiden Hügeln floss und die Lebensader von Amman darstellte, ist heute überbaut und fließt unterirdisch. Das Zentrum von Amman aber ist der sehr große ›Al-Hashimeyyah-Platz‹ - also der ›Haschemiten-Platz‹ - genannt nach dem regierenden Königshaus der Haschemiten, das seine Abstammung bis auf den Propheten Mohammed (Ehre und Ruhm seinem Namen – würde ein gläubiger Moslem jetzt hinzu fügen) zurückführt. König Abdullah II ist der 43ste in der direkten Ahnenkette des Propheten.

Jetzt müsste ich was über das Königshaus erzählen – und über die Zitadelle mit dem Nationalmuseum, dem Herkules-Tempel und dem Omajaden-Palast auf der Höhe über Amman. Doch das muss ich leider samt der Fahrt zu den Wüstenschlössern auf nächste Woche verschieben.

Denn in nicht ganz einer Stunde wollt ihr diesen Text ja lesen. Und wie üblich habe ich ja wieder bis zum Schluss gewartet... ohne Druck und Stress geht es bei mir einfach nicht.

Also dann, »Ma-Salamah« - bis nächste Woche.... 
 

Kommentare  

#1 Mikail_the_Bard 2011-03-19 20:37
Durch die momentanen Ereignisse in Japan kam ich erst heute zum Lesen des Zauberspiegels...

Wir Deutschen sind in den arabischen Ländern sehr beliebt ? wenngleich ich in gewissen Fällen auf diese ?Beliebtheit? gern verzichten kann. Ich meine hier Sprüche wie: »Wir Araber lieben Hitler, weil er so viele Juden umgebracht hat.[...]«.

Starker Tobak!

Zitat:
Inzwischen habe ich es aufgegeben, dann mit meinem miserablen Englisch lange zu diskutieren. Es führt zu nichts ? der Hass bei den Leuten dort sitzt teilweise zu tief.
Es hat ja auch Jahrhunderte, gebraucht diesen Hass auszubauen und zu hegen und pflegen - von beiden Seiten! Das ist ja nicht erst seit Mohamed den Islam unter's das Volk brachte. Das war ja schon so bevor die Römer kamen. Man muss ja nur mal das Alte Testament lesen. Die ganzen Völker dort lagen miteinander im Clinch.
Es wäre doch alles viel einfacher wenn sich Nachbarn nicht gegenseitig die Hölle heiß machen (und den kohleschippenden Teufeln der niederen Ränge den Job wegnehmen!) würden.

Und nun muss ich wieder warten bis nächsten Donnerstag... also mir würde eine Stunde lesen nichts ausmachen! :-)

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