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Philosophisches Zwischenspiel 1: Hohe Minne, Idealfiguren und Trennungen

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, fünf Wochen ohne Teestunde. Die Nachfragen häuften sich. Jetzt ist es an der Zeit, wieder etwas von Dir zu lesen. Austrudeln lassen gilt nicht. Es gibt noch vieles zu erzählen. Um wieder in Fahrt zu kommen: Was sagst Du denn zur Trennung von Zamorra und Nicole?

Philosophisches Zwischenspiel 1:
Sinn, Hohe Minne, Idealfiguren und Trennungen

Der Anfang, liebe Freunde der Teestunde, ist erst einmal eine Entschuldigung, dass es einige Wochen keinen Tee gegeben hat.

Warum – wieso – weshalb – das alles hier zu erklären, wäre zu viel und zu privat. Aber es hat auch etwas mit dem Nachdenken darüber zu tun, warum man einige Dinge macht... und warum man sie nicht besser lassen sollte. Immerhin sind die Dinge und Ereignisse, von denen ich berichte, vor zwanzig, dreißig... und sogar noch mehr Jahren passiert. Eigentlich ist das nichts mehr, was heute noch von Interesse sein könnte.

 

Speziell auf dem „Zamorra“ gesehen ist das, was ich da so erzähle, alles antiker Stoff aus „grauer Vorzeit“ des Heftromans. Welche Dinge ich damals in die Serie eingebracht habe und wie ich mir das ganze Konzept gedacht habe, das war schon nach Werners Entscheidung nach dem 666er, mit andren Autoren zusammen zu arbeiten, für die Leser der aktuellen Handlung völlig uninteressant.  Was von mir noch in der Serie war, wurde von Werner eliminiert.

Zornig darüber, auf welche billige Art Werner meine Figuren Carsten Möbius und Michael Ullich dann aus der Handlung genommen hat brachten mich eben zu dem immer wieder in der Teestunde angedeuteten „Neukonzept“. Ein Konzept, das auch als eigene Serie hätte laufen können und nach Meinung eines nicht genannten Experten „den Zamorra auf eigenem Platz geschlagen hätte“.

Aber inzwischen habe ich auch das in die Tiefe meiner Festplatte bzw. des Aktenordners für Exposes verbannt. Genau wie der „Zamorra“, wie ihn Werner Kurt Giesa geschrieben hat, ist auch das alles literarisches altes Eisen, das heute nicht mehr zeitgemäß ist. Neue Leute gestalten und schreiben  die Serie „Professor Zamorra“ und gehen eben die Wege ihrer eigenen Gedankengänge. Alles das, was Werner in langen Jahren aufgebaut hat (von meinen damaligen Ideen-Bauten wollen wir da nicht mehr reden) wird immer weiter unterhöhlt und irgendwann als „nicht mehr zeitgemäߓ aus der Serie verschwinden.  Indem man Merlin von der Platte genommen hat, wurde ein unmissverständlicher Bruch mit den vergangenen Handlungssträngen der Serie eingeläutet.

„Das Alte stürzt – es ändert sich die Zeit. - Und neues Leben blüht aus den Ruinen.“ heißt es in Schillers „Wilhelm Tell“. Und die Masse der heutigen Leser der jüngeren Generation ist gleich den Hörern zeitgenössischer Pop-Musik. Nur das, was neu ist, wird akzeptiert. Schon was ein halbes Jahr alt ist, das ist „Steinzeit“.  Es wird nicht lange dauern und die Zamorra-Leser werden sich fragen: „Werner Kurt Giesa? Wer war das?...ach so, der hat auch mal ein paar Zamorra Romane geschrieben.....naja, aber nicht so gut wie die von XYZ...“  Und schon liegt man auf dem Müllberg der Literatur-Geschichte.... wie so viele anderen Autoren auch, die ich gut gekannt habe. Und das wird die Grundlage für die heutigen Autoren, die dann auch irgendwann auf diesem Müllberg liegen werden.

Aus diesem Grund kam mir so der Gedanke, die „Teestunde“ ganz einfach sanft und selig einschlafen zu lassen. Was ich so erzählt habe, ist vom Volumen her fast Text für zwei Taschenbücher. Was ich alles schon erzählt habe und was nicht... ich weiß das gar nicht mehr. Und schließlich... wen interessieren diese alten Geschichten noch?

Wenn man die 60 überschritten hat, macht man sich so seine Gedanken, was man alles noch machen will. Und da war ich eben der Meinung, dass dieses Aufwärmen alter Erinnerungen nicht mehr sein muss. Auch wenn ich hier keine Fantasy erzähle, sondern Tatsachen gibt es doch eine ganze Reihe von Leuten,  die das ganze als eine Art „Leichenschändung“ betrachten. Sie wollen Werner eben so sehen, wie sie ihn kennen. Also als braven Ehemann an der Seite von Heike.

Ich kann Werner nur schildern, wie er vorher war. Nicht nur vom Körpervolumen her, sondern von seiner ganzen Charakteristik. Einge Alt-Fans werden  mir da zustimmen. Besonders die, die so eng mit uns Kontakt hatten, dass sie an den Pfingst-Tagen zum Zelten des ganzen „Helleb-Clans“ mit in Wallenstein dabei waren. Oder die entweder bei den Zelt-Cons in Ahnatal dabei waren (wo ich damals wohnte) oder die sonst das Glück hatten, ganz exklusiv bei mir eingelassen zu werden. Werner war ja fast an jedem Wochenende da...die Besucher hatten also die „Lamont-Brothers“ im Doppelpack.

Wer den Film ansieht, der einmal an einem solchen Pfingstwochenende auf Super-8 gedreht wurde, der erlebt W.K. Giesa noch in seinen Glanzzeiten. Das gleiche gilt für die Spielfilme, von denen ich schon erzählt habe. Aber da sich bei mir einige Leute gemeldet haben, die eventuell Rechte einklagen wollen, werden die Filme nicht ins Internet gestellt, sondern verbleiben bei mir auf DVD. Eigentlich sind sie ja für die heutige Generation aus den bereits angesprochenen Gründen auch uninteressant geworden.

Ja, und nun bombardiert mich Hermann mit Mails von Lesern des Zauberspiegel, die nach der „Teestunde“  fragen.  Es gibt also doch noch Interessenten. Dabei sind eigentlich die meisten und für das organisiert Fandom interessante Dinge schon erzählt.

Über die Zamorra-Sache ist eigentlich die Zeit hinweg gerollt. Und auch über meine Frauen-Grusels, die Liebesromane, die jeweils zwei Lassiter und Trucker-King oder auch die Lokal-Krimis und die historischen Hard-Covers waren meiner Meinung nach eigentlich  keine Erwähnung mehr wert (ich höre schon die Zwischenrufe: „Sehr richtig“..).

Aber sei es drum. Machen wir noch etwas weiter. Und wem das nicht passt.. er wird ja nicht gezwungen, es zu lesen.  Und wir bleiben noch einmal etwas beim „Zamorra“. Wobei ein Leserbrief, der einige Wochen zurück liegt, die Grundlage dieses Neustarts bildet.

In den letzten Teestunden habe ich euch ja etwas mit uralten Leseproben aus meinen vor ca. 30 Jahren geschriebenen Romanen versorgt. Das sollte euch zeigen sollen, wo die Grundlagen für manche Hintergrund-Konzepte sind. Aber aus dem zwar nicht mehr ganz aktuellem Anlass des Leserbriefs will ich das heute erst mal unterbrechen. Denn die Thematik, die ich aufgreife, ist nämlich eigentlich gerade jetzt, wo im Zamorra der Generationswechsel und damit die Umschichtung der gesamten Handlung statt gefunden hat, sehr aktuell.

Die Thematik ist W.K.Giesas Verhältnis zu Nicole Duval und seinen anderen weiblichen Heldenfiguren.

Natürlich – was mich betrifft wird davon auch geredet. Nur war Nicole für mich eine Figur, die ich damals lieber Werner überlassen wollte, der sie sich nach seinen eigenen Idealvorstellungen aufbaute. Ich habe Nicole Duval damals nur mit in die Handlung genommen habe, wenn es sich nicht vermeiden ließ.  Und da hatte sie meist nicht gerade die Hauptrolle.

In einigen meiner Romane bearbeitet sie auf Chateau Montagne die Post, während Zamorra in der Welt rumgondelt und Dämonen verprügelt. Immerhin war Nicole  mal seine Sekretärin – und irgendeiner muss den Papierkrieg ja auch erledigen. Meist habe ich sie nur erwähnt oder wie ein Nummerngirl in einer Show mal über die Szenerie laufen lassen. Aber sie war Werners Figur.... wie die Peters-Zwillinge und andere Figuren.

Und inzwischen bestand ja von der hohen Redaktion schon nicht mehr die “Präsenz-Pflicht“, dass die drei Heldenfiguren immer zusammen dabei sein mussten. Also, nur Zamorra war wichtig. Nicole Duval und auch Bill Fleming konnten schon mal pausieren.

Hauptsache, der A-Held ist auf der Bühne. Wie im Handpuppen-Theater. Egal, ob das der König, der Räuber, die Polizist, die Großmutter oder das Krokodil dabei sind oder nicht – nur der Kasper ist wichtig. Also konnte ich auf die Gretel und den Seppel schon mal verzichten... und auch der Teufel musste nicht immer im Spiel sein... es gab ja noch den bösen Zauberer...

Natürlich liegt der Leserbrief, warum ich diese Sache „Frauen in den Romanen der damaligen PZ-Zeit“ schreiben, schon seit Februar zurück. Ich habe damals nämlich, um die „Passion“ fertig zu schreiben und da nicht aus dem Schreibefluss gerissen zu werden, eine ganze Reihe Teestunden vor Voraus produziert.  Aber die Thematik hat in ihrer Aktualität sicher nichts verloren und kann noch mal aufgegriffen werden.

Wir erinnern uns. Frau Picard hatte selbst einen Zamorra-Roman geschrieben und war ins Kreuzfeuer der Kritiken geraten. Und zwar hauptsächlich bei ihrer Bewertung und Schilderung von Nicole Duval. Es wurde ihr in einem Fall empfohlen, die alten Giesa-Romane zu studieren, um zu erkennen, wie Nicole wirklich ist.  Natürlich haben andere Leser dagegen protestiert. Was mich wiederum zum Nachdenken brachte, inwieweit es wirklich Sinn macht, von Handlungen zu erzählen, die innerhalb der Serie nicht mehr von Belang sind und von der heutigen Leserschaft auch nicht mehr rekonstruiert werden können.

Mal sehen, wie lange es Zamorra-Leser gibt, die auf „die alten Giesa-Romane“ noch hinweisen. Denn die Figur der Nicole Duval wird von den heutigen Handlungsgestaltern und Schreibern der Serie ganz anders gesehen als von Werner.  Jedenfalls, wie er sie zu unserer Zeit sah.

Für Werner Kurt Giesa war Nicole Duval eben sowenig eine normale Roman-Figur...wie es bei mir jene Regina Stubbe war. Nur – Regina war sehr real... die Nicole dennoch eine idealisierte Kunstfigur, in die Werner jede Menge persönliche Emotionen packte. Auch wenn er das niemals öffentlich zugegeben hat. Aber wir haben ja viele, sehr viel Abende in Ahnatal geplaudert...ganz offen... und Alkohol löst ja auch die Zunge.  

Und deshalb ist eben unsere Thematik  „Werner Kurt Giesa und die Figur der Nicole und der anderen Frauen-Typen in seiner Handlung“.
Und weil ich dann schon mal dran bin, natürlich das gleiche für meine Frauen-Typen wie Tina Berner, Sandra Jamis und die anderen. Natürlich auch mit dem Versuch einer Bewertung. Und auch einem – Wo kommen sie her... wo sind sie hingegangen.

Aber den Anfang macht auch jeden Fall die Figur der Nicole Duval. Jedenfalls bis zum Jahr 1986, also bis zu dem Zeitpunkt, wo Werner sich unter dem Einfluss seiner Frau Heike völlig veränderte. So jedenfalls, wie  sich diese Veränderungen von Werners Charakter uns dargestellt hat. Wenn ich „uns“ sage, dann meine ich die Leute, mit denen er bis dahin an fast jedem Wochenende sehr engen Kontakt hatte. Und  auch Kurt und Maria Brand sowie Jürgen und Karin Grasmück.  

Der Ehestand und eine feste partnerschaftliche Beziehung verändert die meisten Menschen. Ich kenne nur einen einzigen Fall, der davon unberührt war. Allerdings war dessen Ehe auch sehr kurz.

Werner war also schon nach einem Jahr Ehe nicht mehr wieder zu erkennen. Allerdings – im Vorgriff sei schon mal gesagt – auch ich war nicht mehr der Typ, den die Leute kannten, so lange ich im Ehestand lebte. Auch später während meiner Lebenspartnerschaft habe ich in manchen Dingen anders reagiert als es sonst meine Art ist. In einem solchen Fall muss man eben bei seinen Entscheidungen immer seinen Partner einbeziehen.

Doch was bei mir nur etwas mehr als sechs Jahre währte, das lief bei Werner und Heike nach irdischen Gesichtspunkten fast zwanzig Jahre. Und vielleicht läuft es in den anderen Spähren ja weiter. Vielleicht gehen sie ja gemeinsam auf der Insel der Seligen auf der Asphodeloswiese einher.

Aber erst mal die grundsätzliche Frage zu Nicole Duval. Wie ist sie heute zu schildern? Denn vom Alter her hat sie sich ja nicht verändert. Schon nicht, weil sie im 500er einen guten Schluck aus der Quelle des Lebens genommen hat. Und schon deshalb nicht, weil Nicole Duval ja eine Heft-Roman-Figur ist, die sich eben nicht verändert.  

So eine Figur kann über hunderte von Bänden taufrisch sein können, wie Jerry Cotton und Phil Decker, die normalerweise längst am East-River angeln müssten, nachdem die so ab 40 Jahren in Innendienst versetzt wurden – aber heute noch herrlich wie am ersten Tag ihre Fälle lösen. Nur auf den Titelbildern hat man George Nader durch irgendwelche zeitgemäßen Typen ersetzt.

Und da haben wir schon den Begriff „zeitgemäߓ.  Genau das ist es, was Susanne Picard in ihrem Roman beherzigt hat. Sie hat die Entwicklung, welche Nicole Duval im Verlauf von 900 Bänden durchgemacht hat, in die Handlung ihres Romans mit einfließen lassen.  Es liegt nun mal in der Natur der Sache, dass sich Menschen verändern – und auch Romanfiguren können das tun, wenn die jeweiligen Autoren mutig genug sind – und ihnen die Redaktion das durchgehen lässt.  Was ja in diesem Fall  völlig außer Frage stand.

Zumal Susanne Picard die Figur Nicole Duval eben vom Standpunkt einer Frau betrachtet. Und eine Frau denkt nun mal anders und hat andere Empfindungen. Werner ist da immer nach seinem selbst aufgebauten Klischee-Bild vorgegangen. Und das hat er mit Nicole bis zum Schluss durchgehalten... soweit ich seine Romane seit dem 666 quer gelesen habe. Aber ich vermute, in seinen Gedankengängen, was Nicole Duval betraf, war er bis zu seinem Tode verstrickt.

Ich habe die Vermutung, dass Werner sich nicht mal von Heike in die Figur der Nicole Duval hat reinreden lassen. Und Heike war klug genug, Werner eben diesen seinen geheimen Traum zu lassen.

Die Ritter des Hoch-Mittelalters kannten die „Hohe Minne“, die ewig unerreichbar Frau, das Idealbild des weiblichen Geschlechts, in das alle Vorzüge hinein interpretiert wurden. Die diese „Hohe Minne“, banal kann man  auch die „ganz große Liebe“ sagen, lebte der Ritter und beging er seine Heldentaten. Denn diese große Liebe war für ihn auf ewig unerreichbar und meistens verheiratet mit einem Fürsten oder sonstigem hochstehenden Herrn.  Der Ritter diente ihr in dem vollen Bewusstsein, dass er nie, niemals Erfüllung finden würde.

Muss ich jetzt noch sagen, was für Werner Kurt Giesa, der ja zu unserer Zeit genau so wie ich  nach den „Ritter-Tugenden“ lebte, die „Hohe Minne“ war? Nur – im Gegensatz zu meiner „Hohen Minne“ wusste Werners Frau sehr genau, dass seine Minne einer fiktiven Figur galt, die
nicht existierte.

Ich hatte Werner schon zu unserer Zeit vorgeschlagen, dass sich Zamorra und Nicole mal einige Zeit trennen sollten. So ähnlich wie ich damals vorschlug, dass Asmodis im Auftrag Luzifers für 10 bis 20 Bände mal die Seiten wechselt.

Eine Nicole, die ihren Zamorra verlässt... aus was für Gründen auch immer? Das war für Werner so, als würde der Papst aus der Kirche austreten. Er wurde damals ernstlich böse. Allerdings fing er sich schnell wieder  und erklärte mir dann, dass dies nach den Gesetzen des Heftromans nicht ginge. Was zum Mindesten in dieser Zeit seine Berechtigung hatte.

Mir aber war klar, dass Heike seine eigene Romanfigur liebte. Was allerdings nicht schlimm ist, denn als Autor baut man zu gewissen Figuren eine echte Beziehung auf. Ich habe damals auch gesagt, dass sich Michael Ullich und Carsten Möbius meinen eigene Charakterzüge teilen.

Na, meine lieben Feinde, nun ruft schon den Geist des Herrn Obermedizinalrat Dr. Bernhard von Gudden wegen hier erkannter Schizophrenie. Den „König“ hat er ja auch beurteilt, ohne ihn zu kennen und ihm Schizophrenie bescheinigt. Vergesst nicht, dass Ludwig II von Bayern, auch genannt der „Märchenkönig“, am gleichen Tag Geburtstag haben... und die gleichen Vorlieben und Leidenschaften... bis auf eine!!!

Für Werner war also Nicole Duval, die absolute Lichtgestalt. Geliebte und Mitkämpferin Zamorras in Person. Eine Jeanne d'Arc des Heftromans... mit der Leidenschaft einer Lucrezia Borgia. Eine Frau, wie man sie als Mann eben gern hat. Ohne Ecken und Kanten die immer brav tut, was getan werden  muss... und immer willig ist. So hat sie W.K. Giesa gesehen...eben als Mann.

Dass Susanne Picard, die diese Figur nicht nur „sine ira et studio“ also ohne Vorbehalte sieht und noch dazu sie eben vom Standpunkt einer Frau betrachtet, ist nur umso natürlicher. Diese Frau hat eben ihre eigenen Vorstellungen... wie auch die heutigen Autoren ihre  eigenen Vorstellungen haben.

Und auch zu Werners Zeiten schon hatten. In den letzten zwei Jahren von Werners Leben gab es insgesamt vier längere Telefongespräche mit ihm. Und natürlich ging es auch um Zamorra. Ich war damals ja noch halbwegs drin – wenn ich auch die Romane nur quer gelesen habe. Aber auch die Neuautoren, die mehr als einen Roman schrieben, schoben Werners Ideen in den Hintergrund für ihre eigenen Sachen.

Ich schlug Werner damals vor, wie beim „Perry-Rhodan“ feste Rahmen-Exposès zu schreiben, nach denen die Autoren sich zu richten hätten.  Das täte er ja, erklärte Werner, aber da würde sich keiner nach richten. Und die Leute hätten ja alle keine Ahnung und könnten nicht schreiben.

Nur Claudia Kern ließ er neben sich bestehen. Ja, und da haben wir eine Meinung. Denn die Romane, die Claudia Kern damals im Zamorra abgeliefert hat, waren Spitze. Was heute ist, kann ich nicht sagen. Die Sache interessiert mich nicht mehr. Unger-Western und Jerry Cotton – ich sagte ja schon mal, was ich an Heften noch lese.

Susanne Picard, die jetzige Macherin der Serie „Professor Zamorra“ setze mit dem ach so arg kritisierten Roman einen neuen Markstein in der Serie. Unbewusst hat sie, wie schon gesagt, eine alte Idee von mir ausgegraben, die Sache aber mit Garantie anders gebracht, als W.K. und ich es damals gemacht hätten. Für diesen Mut hat sie meinen absoluten Beifall.

Ob diese Vorgabe in den anderen Romanen weiter gemacht werden, das ist eine Frage des Gesamtkonzeptes, wie viele Zügelfreiheit Frau Picard ihren Autoren lässt.  Dass ich der Meinung bin, dass man hier in gewissen Dingen die Kandare nehmen müsste und die Handlung wenigstens um erst einmal die Richtung völlig neu festzulegen in Exposes festlegen müsste, ist eine ganz andere Sache. Frau Picard wird schon wissen, was sie tut – was sie tun sollte, habe ich ihr ja mit der Stimme eines Rufers in der Wüste detailliert geschrieben.

Aber – es sind andere Zeiten. Serien werden heute nach anderen Konzepten geführt und Figuren auch nach ganz anderen Kriterien aufgebaut. Die Maßstäbe, mit denen Werner und ich die Sachen damals gemessen haben, gelten heute nicht mehr.  Schon deshalb nicht, weil die Dinge, die W.K. und ich uns damals erträumten und  diese Träume eben in die Zamorra-Handlung mit einfließen ließen, heute bereits in Fernseh-Serien  aus Ami-Land in Dutzendwaren kommen.

Natürlich hat Hermann in seinem immer wieder lesenswerten Beitrag „Es ist doch alles ganz einfach“ über die Art und Weise, wie man Fantasy- und Horror-Serien aufbaut, im Prinzip Recht. Aber noch viel mehr als früher müssen Autor und Verlage sich an den Sachen orientieren, die derzeit aktuell sind und laufen. (Anmerkung hhva: Ich habe ja dort auch festgestellt, dass „Es ist doch alles SO einfach quasi Literaturhstorie ist und werde gleichzeitig nicht müde zu behaupten, heute müsse das anders gemacht werden. Lis mehr Zauberspiegel, Rolf! ;) )

Eine Serie wie „Vampire“ würde heute bei der „Twilight“-Begeisterung sicher gut angenommen. Wenn die Handlung auch etwas in Richtung Romantik gedreht würde und hier nicht eine Art Krimi die Substanz geben würde.  Ich hab ja schon mal gesagt, dass ich mit dem damaligen Redakteur in Verhandlung wegen eines Einstiegs in die Serie war. Nur war mir das Konzept da zu dürftig.

Werner, der damals ziemlich nah an der Vampir-Serie dran war, weil dieser Redakteur damals auch den Zamorra betreute,  erklärte mir in einem Telefonat, das „Vampir“-Konzept wäre eine Adaption eines Computer-Spiels aus Amerika. Es gäbe auch eine TV-Serie, die jedoch wegen Misserfolgs nach der ersten Staffel nicht fortgesetzt wurde.

Ich sagte Werner damals, dass es die Serie, wenn da nicht mehr esoterischer und Horror-Hintergrund ins Konzept gearbeitet würde, so ab Band 20 nicht mehr geben würde. Das ist immer so der Knackpunkt wo man erkennt, ob es noch wirtschaftlich vertretbar ist, eine Serie weiter zu führen.

Ich hatte damals Werner das, was ich dem Vampir-Redakteur als zusätzlichen Hintergrund  vorschlug, auch zugeschickt und auch er war der Meinung, dass die Sache mehr den Geschmack der Leser von Horror-Heften treffen würde. Denn es galt ja, die Leser vom „Dämonen-Land“ wieder zurück zu holen. Die Antwort aus Bergisch Gladbach war ganz einfach. „Ich bin der verantwortliche Redakteur und bestimme, was gemacht wird.“  

Worauf ich ihm am Telefon die Rolle des Sehers Kalchas gegeben habe – und den Untergang der Serie voraus sagte. Wir sind damals nicht als Freunde geschieden – aber dafür habe ich Recht behalten.

Dass ist einer der Gründe, warum ich nur etwas schreibe, von dem ich auch überzeugt bin, dass es ein Erfolg wird. Von Sachen, die ich nur für mich selbst oder einen gewissen privaten Kreis schreibe, mal abgesehen.

„Maddrax“ war so ein Konzept – da war der Erfolg von Anfang an abzusehen. Nur war mir da zu viel SF drin und das überlasse ich besser andren Leuten, die das besser können. Aber die ersten Romane habe ich so verschlungen wie früher die alten Giesa-Romane. Und auch heute noch genehmige ich mit immer mal einen Maddrax. Aber nie mit irgendwelchen Hintergedanken.  Es gibt manchmal Romane von denen lasse ich mich unterhalten ohne drüber nachzudenken, was man da besser machen könnte.  Jerry Cotton ist so eine Serie – und natürlich auch Maddrax.

Bei den Grusel-Serien, sei es Sinclair oder Zamorra, ist das natürlich anders.  Aber Helmut Rellergerd, der literarische Haudegen des Horror-Heftromans, schreibt eben seinen Stil, den die Leute von ihm erwarten.

Wobei, es sei hier mal gestanden, der Sinclair für mich ganz reizvoll für eine Neben-Handlung wäre – wie damals beim Zamorra. Aber der Meister ist hier Einzelkämpfer und braucht keine Co-Piloten. Und Entwicklungs-Phasen hat weder John Sinclair noch die wenigen Nebenfiguren um ihn herum durchgemacht. Nicht mal befördert wurde der gute John...immer noch  „A 11“ nach deutscher Besoldung.

Beim Zamorra müsste ich jede Menge nachlesen – beim Sinclair könnte ich sofort loslegen. So ist der Unterschied.

Eigentlich müssten wir zu der Figur Nicole Duval und den anderen weiblichen Protagonisten der Zamorra-Serie zurück kommen. Aber das heben wir uns für die nächste Woche auf...

Kommentare  

#1 Pisanelli 2010-06-03 14:52
Du liest ab und zu MADDRAX? Finde ich ja cool ;-)
Es freut mich übrigens, Dich hier wieder plaudern zu sehen - ich wollte auch schon eine Mail schicken ;-)
#2 alter Wolf 2010-06-03 17:44
Hallo Rolf, schön wieder etwas von Dir zu lesen! Mach bitte weiter so und bleibe bei der Thematik Zamorra - die Serie hat eine kritische Begutachtung dringend nötig. Deine Meinung zum Tode Merlins würde mich ebenfalls interessieren, bitte in der gleichen Art und Weise wie die angeführte Sichtweise, zum Komplex "Trennung". Auf fast jeder Leserseite bekomme ich gebetsmühlenartig vorgesetzt, daß Werner den Merlin ebenfalls nicht aus der Regenerationskammer lassen wollte - ein Beleg dafür blieb aber aus. Wie siehst Du das? Ich freue mich auf die nächste Teestunde!

Gruß Alter Wolf
#3 Mikail_the_Bard 2010-06-04 22:27
Ich bin auch der Meinung das die Teestunden ruhig weiterhin bestehen sollte. Deine Rückblicke, ob jetzt auf Zamorra oder auf das Leben im Allgemeinen, sind lesenswert und informativ. Also, pausiere wenn es nötig ist, aber mach weiter. Bitte!
#4 Frank Rieger 2010-06-04 23:15
Hi Rolf,
woher, wenn nicht durch die Teestunden, weiss ich denn wer die Romane mit denen ich PZ angefangen habe zu lesen, geschrieben hat, und was die Hintergründe waren? (Herr der grünen Hölle etc.). Ich mochte den Prof. damals als noch alles bunt gemischt war (Druiden, Hölle, Fantasy-Welten, SF).
Also, bitte weitermachen ;-)
#5 Cartwing 2010-06-04 23:26
Zitat:
Es wird nicht lange dauern und die Zamorra-Leser werden sich fragen: ?Werner Kurt Giesa? Wer war das?...ach so, der hat auch mal ein paar Zamorra Romane geschrieben.....naja, aber nicht so gut wie die von XYZ...? Und schon liegt man auf dem Müllberg der Literatur-Geschichte.... wie so viele anderen Autoren auch, die ich gut gekannt habe. Und das wird die Grundlage für die heutigen Autoren, die dann auch irgendwann auf diesem Müllberg liegen werden.
Das stimmt mich fast traurig, zumal ich gerade die alten Hefte um Band 170 herum lese.
Aber andererseits erinnert man sich auch nach über 25 Jahren noch an einen William Voltz. Und nicht nur das. Man hat nicht vergessen, was er geleistet hat, dass er die PR-Serie mit geprägt hat. Ich glaube, dass selbst die jungen Leser mit diesem Namen noch etwas anfangen können. Und auch den Namen W.K Giesa wird man in 20 Jahren noch zuordnen können, da bin ich mir ziemlich sicher.

Zum Thema Nicole Duval: Werner hat doch mit den damaligen Heft-Klischees nur gespielt. Die immer willige Nicole, das war doch so überzeichnet und Werner hat es mit seinem Humor auch ganz deutlich gemacht, dass es überzeichnet war.
Wenn wir hier schon von Maddrax reden, was ist denn mit Aruula? Die ist wirklich willig, da gibt es keinen unterschwelligen Humor, keine Überzeichnung.
Wenn Frau Picard die Figur aus Sicht einer Frau schildert, ist dagegen ja nichts einzuwenden, allerdings konnte ich da keine wirkliche Charakterisierung erkennen, nur ein blasse, beliebig austauschbare Figur. Hätte ich nicht gewusst, dass das Nicole Duval sein soll, hätte es auch irgendeine Nebenfigur sein können, die bei nächster Gelegenheit über die Klinge springt

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