Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Brüder, Sterne, wahnhaftes Schreiben und fruchtbare Kontakte

Teestunde mit Rolf...Moin Rolf, wir sind ja immer noch in der Zeit vor Professor Zamorra und es geht um die Wurzeln, die in Euren Fanzines liegen. Plauder mal weiter!

Brüder, Sterne, wahnhaftes Schreiben und fruchtbare Kontakte

Die erste Nummer von ANTARES war erschienen.

Die Reaktionen der Leute, die das Zine erhalten hatten, waren durchaus positiv. Allerdings gab es weniger für die Zeichnungen Lob. – die ich zwar zu einem gewissen  Teil, aber doch nicht alle verbrochen hatte.  Auch nicht für den Druck, der nicht besser oder schlechter war wie bei anderen auch, die einen Spiritus-Umdrucker benutzen.

Nicht die Form, sondern der Inhalt machte den Achtungs-Erfolg von ANTARES 1 aus. Die mehr als positive Reaktion der Leser auf die Stories, die Hans uns ich gemacht hatten, sorgen dafür, dass wir beide gleich wieder an die Schreibmaschinen gingen, um das Erdachte fortzusetzen.

 

Hans hatte mit seinen „Brüder unter den Sternen“ etwas entwickelt, dass W.K.Giesa später als „Fun-Tasy“ bezeichnete. Leider hat Hans davon nur drei Geschichten geschrieben.

Ein entlaufener, feiger  Priester, ein arroganter Schwertkämpfer und Weiberheld, ein Barbar mit gewaltiger Streitaxt und Macke, ein Fürst aller Diebe und Spitzbuben und ein Zauberer, dessen Zaubereien grundsätzlich nicht den gewünschten Erfolg haben müssen im Auftrag eines ganz kleinen Unter-Gottes ihr Welt retten. Ein Konzept, das alle Varianten für eine spannende und abenteuerliche, aber mir recht trockenem Humor gewürzte Handlung bot

Damals war das für Deutschland neu – aber es war eben die Zeit, als dann Hugh Walker als Herausgeber mit Terra-Fantasy gerade erst die Klassiker des angloamerikanischen Marktes in deutscher Übersetzung raus kamen.  Und heute – ist der Markt mit Fantasy mehr als überschwemmt.

Hans hat heute inzwischen andere Dinge im Kopf, als Fantasy zu schreiben und die „Brüder unter den Sternen“ noch mal aufzuwärmen. Neben seiner Haupttätigkeit als Familienvater und seiner Nebentätigkeit als kaufmännischer Angestellter in gehobener Position ist Hans Klipp ein sehr erfolgreicher Schlagertexter im Bereich „Deutsche und volkstümliche Schlager“. Der große Hit fehlt ihm zwar noch, aber er ist auch sehr vielen CDs mit in diesen Kreisen sehr bekannten Leuten vertreten.

Seine „Brüder unter den Sternen“ hat er mir ans  Herz gelegt, falls da mal jemand Interesse dran haben sollte. Das hat natürlich bis jetzt keiner gehabt.  Ich habe diese Grundidee mit einem Hintergrundkonzept versehen und die Sache schlummert, wie so vieles, in meinen Schubladen besseren Zeiten entgegen. Vielleicht schreibt  sein Sohn Tobias die „Brüder unter den Sternen“ irgendwann mal fertig. Der fängt derzeit mit seinen ersten Fantasy-Stories an.   

Noch mehr als dieses in damaliger Zeit wirklich außergewöhnliche Konzept von Hans Klipp (und auch in der jetzigen Fassung ist es immer noch außergewöhnlich) wurde meine Story „Untergang eines Zauberreiches“ gelobt. Einer dieser Rezensenten meinte sogar, es wäre so geschrieben, als hätte Altmeister Howard selbst diktiert. So was läuft natürlich runter wie Öl – denn für Lob bin ich empfänglich wie meine Katzen für Streicheleinheiten. Damals schon – und heute immer noch.

Aber mal im Ernst. Und was ich jetzt sage ist nicht etwas, dass ich mich in die Reihen derer einfügen will, die Kontakte mit der Geisterwelt haben und als Sprachrohr für sie dienen.

Aber es hat manchmal Situationen gegeben, Gerade dann, wenn ich für den Zamorra Hintergründe aus Howards hyborischem Zeitalter oder Lövecrafts Ära der namenlosen Alten geschrieben habe,  dass ich während dem Schreiben vollkommen „weg“ war. Wenn ich dann wieder zu mir kam, las ich selbst mit Staunen, was da auf dem Papier stand. Und dann drehte ich mich nur rum und sagte mit laut und vernehmlicher Stimme: „Danke – wer immer du bist!“

Man mag dieses kleine Geständnis für populistisch halten oder für pure Wichtigmacherei – es war aber so. Beweisen kann ich dieses Phänomen ebenso wenig wie ich mir diese Sache erklären kann. Und dieser Dinge sind auch nur passiert, wenn ich Hintergründe beim Zamorra geschrieben habe. Zum letzten Mal ist es beim 666er geschehen, als ich das ganze alte Konzept in den wesentlichen Dingen für die Neuleser der Romane noch mal im Text aufrollen musste.

Und damit zurück zum eigentlichen Thema. Die frühen Romane der Kult-Serie „Professor Zamorra“.

Denn das Wichtigste, das ANTARES bewirkt hat, war der daraus resultierende Kontakt zwischen dem Science-Fiction und Fantasy-Club Kassel und dem SF-Club von Lippstadt. Konkreter gesagt der Beginn der Zusammenarbeit und einer daraus resultierenden  wundervollen Freundschaft mit Werner Kurt Giesa.

Eben jener Zeichner Werner Kurt Giesa, dessen von uns bewunderte Bilder schon damals Mitte der 70er in sehr vielen Fanzines zu sehen waren. Und dieser W.K.Giesa bot sich nach dem Ansehen meiner Bilder von sich aus an, der ANTARES-Crew (ja, diesen Namen hat er uns gegeben)   mit einigen seiner Bilder Hilfestellung zu geben.

Damit war unsere größte Sorge für eine zweite Nummer von ANTARES keine Sorge mehr. Wie hatten den berühmten Zeichner „Giesa“ samt seiner Bikini-Mädchen in erotischer Umarmung mit Aliens und ähnlich Motive.

Mit Zeichnungen dieser Art ließ sich bei der hoffentlich steigenden Zahl der Abonnenten echt Staat machen. Immerhin, waren wir damals „Zwerge“ unter den Fanzines und ihren Herausgebern. Aber Zwerge mit einer, auf gut kasselänisch gesagt, „großen Fresse“. Wir waren nämlich genau dass, was Werner später im Zamorra aus uns machte. Ober besser gesagt aus den Hellebern in den Zamorra-Romanen, die wir ja schon in der „Merlin-Trilogie“ de fakto waren.

Nämlich „kleine Riesen“.

Aber wie dieser damals von Werner benutze Ausdruck später mal Eingang in den Zamorra finden würde, war Zukunftsmusik. Werner peilte zwar schon damals an, Romane zu schreiben – aber bitte schön, doch nicht diese „primitive Horror-Literatur“, wo sich immer alles nur um den gepfählten Vampir oder den Werwolf vom Dienst drehte. Obwohl er auch für eigene und fremde Fanzines auch schon damals Stories in dieser Richtung geschrieben hat.

Aber dennoch – weder Grusel und Horror noch die klassische Fantasy mit Schwert und Magie war die damalige Welt des Werner Kurt Giesa.

Die Science-Fiction – da wollte Werner rein. Am liebsten da in der Serie weitermachen, wo sein höchstes Idol und späterer Freund Kurt Brand bei Ren Dhark  aufgehört hatte. Oder in das Team der Serie „Perry-Rhodan“ kommen.

Perry-Rhodan-Romane zu schreiben, das ist ihm leider mit einigen Taschenbüchern nur teilweise gelungen. Und seinen ersten Roman, der 1979 als Perry-Rhodan-Taschenbuch Nr. 197 mit der Titel „Lenkzentrale Condos Vasac“ heraus gekommen ist, den hat er, wie er mir selbst erzählt, bereits während seiner Schulzeit geschrieben.  Die anderen Rhodan-TBs hat er dann aber schon in seiner Profi-Zeit geschrieben.

Nur Crom weiß, warum er trotz ausgezeichneter Kontakte zu den Perry-Rhodan-Autoren und der Mitarbeit in anderen Pabel-Serien nicht in das Team gekommen ist, das die Perry-Rhoadan-Hefte geschrieben hat.

Ich bin sicher, innerhalb der Heftroman - Serie Perry-Rhodan hätte Werner sein Talent wesentlich besser entfalten können als bei allen anderen Serien und sonstigen Romanen – die er gezwungen war zu schreiben.

Gezwungen zuerst deshalb, weil die Horror-Romane für Werner vorerst die einzige Chance für eine Veröffentlichung war.  Und  später, weil Werner eben Geld zum Leben brauchte und es für ihn dann keinen Absprung ins „normale Leben“ mehr gab.

Immerhin hat W.K. Giesa, wegen des guten Verdienstes und weil er so sein Hobby zum Beruf machen konnte, irgendwann das Studium aufgegeben. Und damit befindet er sich in trauter Eintracht mit einigen anderen sehr bekannte Autoren, die ebenfalls sei es das Studium oder den bürgerlichen Beruf aufgegeben haben, um, wie man so schön sagt, ihr „Hobby zum Beruf zu machen“. Was das für Risiken birgt, habe ich ja genau so wie Dan Shocker und noch einige andere Autoren im Jahre  1986 festgestellt.

Nach Zamorra Band 400 sah es für mich aus, als hätte Werner jetzt  alle Freiräume. Jedenfalls hat er mir immer wieder gesagt, er könne im Zamorra machen was er wolle – und später, dass er auch als Autoren einsetzen könne, wen er wolle. Und ein 1986 – also einen „Zusammenbruch von Serien und Geschäftsbeziehungen“ würde es für ihn nicht mehr geben.

Aber dennoch war einmal die Horror- und Gruselliteratur für Werner genau so, als sollte ich Heimat- oder Adelsromane schreiben. Da könnte ich mich zwar etwas einlesen und ein Grundwissen sammeln – aber so war würde nicht mit dem inneren „Drive“ geschrieben.  Es würde dann irgendwas im Stil, wie das alle anderen Erfolgsautoren des Heft-Romans auch machen, hingehauen.

Und bei Werner war das ähnlich. Sein Wissen um die Welt des Unheimlichen hat er sich aus anderen Heftromanen angelesen. Besser gesagt, er hat einfach das über Vampir, Werwölfe, Dämonen und sonstige Zutaten zu einem Gruselromen übernommen. Und wenn ich mir so diese alten Gespenster- oder Geisterkrimis und alles was dazu gehört betrachte, dann wurden hier eigentlich nur die alten Filme mit Bela Lugosi, Boris Karloff und Lon Chaney jr. wie auch der schönen Hammer-Produktionen der 50er und 60er Jahre kolportiert. Die Sachen mussten nur etwas variiert werden – aber vom „Erfolgsrezept“ durften die Autoren nicht allzu stark abweichen.

Im Zamorra ist Werner zwar von Anfang an eigene Wege gegangen mit den Dämonen-Raumschiffen der Meeghs – aber das war eine Ausnahme. Es ist mir heute noch unbegreiflich, dass Bastei damals das Risiko eingegangen ist, einen solch außergewöhnlichen Roman erscheinen zu lassen. Aber – das war der Beginn der Science-Fiction im Zamorra – und dazu kommen wir noch.

Meine Idee war es nämlich, die Serie auf die Grundlage alter Religionen und Überlieferungen zu stellen. Werner hat dann auch akzeptiert, was ich ihm  beispielsweise mit der Höllenhierarchie vorgegeben habe. Aber selbst vertieft hat er  gar nichts, was mit der aus dem Mittelalter überlieferten Struktur der Hölle zu tun hatte.  Seiner Meinung nach hatte der Leser davon ja auch keine Ahnung – wobei er mit dieser Meinung in der Branche nicht alleine stand. So ganz verkehrt ist das wohl auch nicht.

Hätte Werner auch nur einmal in die alten Grimorien gesehen, dann wäre ihm der gravierende Fehler, einen Magnus Friedensreich Eysenbeiß in der Hölle in eine leitende Position zu bringen, sofort ins Auge gesprungen.

Ein Sterblicher lebendig  im Reich der Schwefelklüfte – schon das ist ein Anachronismus. Bei Zamorra ist ein Eindringen in die Hölle noch zu erklären – er wird durch das Amulett geschützt. Oder Nicole, wenn sie entführt wurde, ist natürlich von den Entführern mit einem magischen Schutz umgeben, dass sie selbst vor der Flammenwand Luzifers noch ihr irdisches Leben behalten würde.

Aber ohne Schutz in die Hölle – da fehlt eine logische Erklärung. Und – so lange ich die Sache mit der Höllenhierarchie in der Planung hatte, war alles nach dem alten Wissen und den verschiedenen Dämonenlehren logisch aufgebaut.  

Die Hölle ist ein Reich der Dämonen – und nur Dämonen, also Höllenwesen, die einst vor dem Zorn Gottes und dem flammenden Schwert des Erzengels Michael mit dem Kaiser Luzifer herab in den feurigen Schwefelpfuhl und der Welt der kochenden Lava gestürzt wurden, können dort unten bestehen.

Eysenbeiß hätte erst einmal sterben müssen, um überhaupt in die Hölle hinein zu kommen. Und erst dann hätte  er sich unter den verdammten Seelen zu einem echten Höllendiener „hocharbeiten“ können. Aber – damit wäre er noch kein Dämon geworden, sondern in die Heerscharen der verdammten Seelen eingereiht worden. So als Kanonenfutter für Heftroman-Helden aller Art aus dem Horror-Bereich...

Fürst der Finsternis oder gar einer der sechs Ministerpräsidenten werden, das können nur echte Dämonen. Und auch die müssen einen gewissen höheren Rang innerhalb der „Falschen Hierarchie“ bekleiden. Wie man so sieht, die Sache ist in den alten Grimorien  etwas vielschichtiger geschildert, als man es so bis jetzt aus den Zamorra-Romanen kennt. Im Verlaufe der Romane hätte ich da in der Hölle noch einige Türen geöffnet.

Also das mit Eysenbeiß was nur einer der  Fehler, die  Werner gemacht hat und die auch jedem Laien auffallen mussten. Dass die neuen Macher einen Vampir zum Fürsten der Finsternis gemacht haben lässt vermuten, dass diese Leute noch weniger Ahnung von den alten Überlieferungen haben als Werner damals oder eben in dieser Hinsicht keine Rücksichten nehmen. Das ist ihre Sache....

Da braucht man keine tief schürfenden Kenntnisse über die Grundlagen der Dämonenlehre erwarten. Hauptsache, sie schreiben spannende Geschichten, die den Leser faszinieren.  Die Leute, die Western lesen, wollen ja auch nicht die Realität – sondern spannende Pferde-Opern. Das sieht man am Erfolg der Unger-Western. Nicht die historisch genauesten, aber immer noch die spannendsten Romane.

Und was will der Leser auch anderes als spannende Geschichten? Wer Wissen sammeln  will, der greift zum Sachbuch.  Durch die vielen esoterischen Buchhandlungen und die Tatsache, dass es dieser Art Bücher heute auch im Versand gibt oder die Flohmärkte davon voll sind, braucht niemand mehr wie ich damals im Heft-Roman nach „alten Geheimwissen“ suchen. Dass ich damals versucht habe, diese Art Wissen innerhalb der Zamorra-Serie unterschwellig zu vermitteln, ist heute nur noch eine Randnotiz in der Geschichte des Heftromanes.

Werner hat, so gut es eben in einer „Grusel-Serie“ ging, in seiner „Handlungs-Schiene“ den Zamorra in Richtung „Science Fiction“ zu drücken.      

Sicherlich schockiere ich jetzt die Zamorra-Leser – aber Werner hat den Zamorra damals in der ersten Zeit mit Widerwillen geschrieben. Und er hätte, wäre es ihm gelungen, bei Perry-Rhodan reinzukommen, den „Zamorra“ auch in der Spätzeit noch fallen lassen.

Schon, weil beim „Rhodan“  erheblich mehr zu verdienen ist. Da er die Perry Rhodan-Hefte auch regelmäßig verfolgte, wäre Wermer sofort in der Handlung drin gewesen. Aber – bei Neuzugängen für das Autoren-Team  wurden immer andere Leute favorisiert. Selbst die persönlichen Kontakte zu Günter M. Schelwokat, die Werner über „Mythor“ aufbauten, haben nichts genützt.  

Crom mag wissen, warum Werner nicht in den „Rhodan“ reingekommen ist - ich weiss ich nicht.

Die  Science-Fiction – das war eben die Welt, in der W.K.Giesa lebte. Und wer seine Höllen-Querelen beim Zamorra betrachtet - der kann diese ganzen Handlungen auch in die Kommando-Zentrale eines Raumschiffes, in die Administration eines Kolonial-Planeten oder einer interstellaren Regierung setzen. Werner brauchte diese ganzen Konzepte, die er aus vielen hunderten SF-Romanen der 60er und 70er kannte, nur etwas ins Horror-Genere und in die von ihm angedachte Hölle umzusetzen.

Bevor ich damals die Höllen-Hierarchie in die Zamorra-Handlung  mit eingebaut habe,  hatte  Werner als Hintergrund nur die imaginäre „Schwarze Familie“ mit dem Fürsten der Finsternis und im Hintergrund den Höllenkaiser Luzifer.

Ich hatte das Reich der Schwefelklüfte, wie ich die Hölle nannte, in seiner Struktur wesentlich größer und vielfältiger geplant, als ich es bis zu meinem Ausscheiden realisieren konnte. In einem meiner letzten Bände „Astaroths Hällenbote“ deutete ich vorsichtig an, dass es noch andere Mächte in der Hölle gab. Einer der anderen Ministerpräsidenten – und eben Astaroth als Gegenspieler. Die Höllen-Sektion mit Lucifuge Rofocale und Asmodis wollte ich Werner überlassen, weil hier das regierende Macht-Gefüge einigermaßen bekannt war.

Aber die Hölle – der eigentliche große Gegenspieler Zamorras trotz der Gefahren aus dem All wie die Meeghs, die Mächtigen oder die Dynastie – die sollte viel mehr und größere Konturen gewinnen. Und zwar auf der Grundlage der bereits erwähnten alten Grimorien. Aber dazu kommen wir ja noch...  

Vielleicht irritieren einige Äußerungen, Leute die den mit Zamorra verbundenen Giesa kannten. Dabei muss aber bedacht werden, dass  ich ja nur die Zeit von ungefähr 1975 bis 1986 beschreibe. Also bis zudem Zeitpunkt, als unsere Wege langsam, aber stetig auseinander drifteten. Vielleicht finden sich andere Leute, die ihn später kennen gelernt haben und bereit sind, aus diesen Tagen etwas zu erzählen, damit vielleicht auf diese Art so eine Art „W.K.Giesa-Biographie“ entstehen kann.

Dass ich mir mit meinen freimütigen Erzählungen in gewissen Kreisen nicht gerade Freunde gemacht habe, ist klar. Und schließlich ist das auch heute noch so. Aber ich halte es da mit Kaiser Caligula: „Oderint – dum metuan!“ - „Mögen sie mich hassen – wenn sie mich nur fürchten.“

Ich hatte ja mein monatliches Gehalt – und jetzt meine Pension – und kann mir also wegen einer gesicherten finanziellen Basis die Ehrlichkeit den Zamorra-Fans gegenüber leisten.

Natürlich greife ich hier mit einigen Dingen der Sache schon wieder vor. Aber das muss ich  tun, um die „Grundlagen“ erkennbar zu machen, wie aus zwei völlig separat entstanden Ideenwelten das für die damalige Heft-Roman-Welt einzigartige Grundkonzept für den Zamorra entstand, dass seine Auswirkungen bis in die 800er Bände hatte.

Wir sind aber jetzt immer noch Mitte der 70er Jahre, wo für uns alle, sei es für Werner, für Hans und auch für mich, der Traum, mal ein professionell gedrucktes Werk unserer Schreibe in der Hand zu halten in galaktische Ferne gerückt war.
 
Irgendwann verkündete mir dann der „Chef“ dass die Lippstädter auf einen Besuch kämen. Und für uns was das so eine große Sache wie für die Bundesregierung der Empfang der Delegation einer weit überlegenen Großmacht.

Natürlich musste das Treffen im „Turm des Schreckens“ stattfinden. Ich war ja damals der Einzige, der eine „eigene Hütte“ hatte. Auch, wenn ich in einer Teestunde die Sache schon mal erzählt habe – der „erste Kontakt“ ist in diesem Zusammenhang doch noch mal für alle von Interesse.

Es waren nicht nur einige Leute angekündigt, die damals im Fandom wichtige Persönlichkeiten waren und die ich heute überwiegend (bis auf einen – Kaffee-Charly) vergessen habe. Aber von all den Leuten, die angekündigt waren, erweckte eine Person mein persönliches Interesse.

Es sollte nämlich der „gottverdammte Russe“ dabei sein. Doch – so habe ich mich damals ausgedrückt. Naja, man war ja schließlich mal Panzergrenadier und so wurde eben damals beim „Bund“ unter „Landsern“ so  geredet. Die Russen, das war damals der Feind. Das Reich des Bösen, das jeden Tag unsere Bundesrepublik überrollen konnte.  Das ist ja nun, Gorbatschow sei Dank,  seit zwanzig Jahren Vergangenheit.

Dieser Russe, der da kommen sollte, lebte dem Vernehmen nach schon lange in Deutschland und war natürlich der Autor Gregor Stephanowitsch Illjuschyn.

Also, als aufmerksamer Gastgeber muss man dann natürlich auch etwas auftischen können, was Russen so mögen. Und da kannte ich nur zwei Dinge. Borscht und Wodka.

Letzteres Getränk war einfacher zu beschaffen als zu versuchen, jene kulinarische Eintopf-Köstlichkeit aus Weißkraut, roter Beete, Fleisch und anderen Zutaten zu kochen. Auch wenn bekannt ist, dass „Väterchen Zar“ den Eintopf, genannt Borscht, als Leibspeise hatte, meine Kochkünste gingen damals, in der Anfangszeit meines Singel-Daseins, nicht über Bratkartoffeln mit Schinken und Rührei hinaus.

Also, dann eben Wodka als russische Spezialität. Und – damit hatte ich keinen Fehlgriff getan. Es wurde ein wirklich gemütlicher Nachmittag, wo viel und angeregt geredet wurde. Als die Wodka-Flasche leer war, war der „Russe“ voll und wurde von treusorgenden Freunden nach draußen getragen.

In meiner völligen Unkenntnis über die Lage der Dinge und die Vielzahl der Namen, die eine einzige Person darstellen können, bestellte ich dann den Leuten aus Lippstadt noch schöne Grüße an Werner Kurt Giesa, der ja leider nicht mitgekommen war.

Ich muss wohl mächtig belämmert ausgesehen haben, als man mir dann mit leichtem Vorwurf in der Stimme erklärte, dass Gregor Stephanowitsch Illjuschyn und Werner Kurt Giesa eine Person sind.

Ach was? W.K.Giesa war also der sonderbare Typ,  mit dem  ich mich die ganze Zeit prächtig und angeregt unterhalten hatte. Nur hatte ich als „Amerika-Freund“ natürlich Whisky getrunken (natürlich Scotch – so weit geht meine Amerika-Freundschaft denn doch nicht, das ich Bourbon-Whiskey trinke) und dieses Illjuschyn-Giesa-Doppelwesen hatte den Wodka weggeputzt.

Die Leute, die Werner in den letzten zwanzig Jahren kennen gelernt haben können sich garantiert keine Bild machen, wie er damals aussah. Hochgewachsen – schlacksig und spindeldürre. Wie ein Sartre-Jünger war er vollständig in Schwarz gekleidet, er hatte schwarze Haare bis auf die Schultern, eine sonderbar geformten Brille und einen Existenzialistenbart, wie man die ungepflegten Vollbärte der damaligen Studenten nannte.

Irgendwie hatte Werner ein künstliches Kieferteil oder so was – konkret habe ich das vergessen. Aber – er bezeichnete sich deshalb immer in vollem Ernst als Cyborg. Damals wenigstens – später hat er da keine Hinweise mehr drauf gegeben.

Übrigens – was den Wodka angeht. Irgendwann nachdem Werner ins Profi-Geschäft einstieg, war erst mal mit jeglichem Alkohol Schluss. Der Arzt erlaubte ihm dann zwei oder drei Jahre später gelegentlich mal ein Bier. Und das hat er auch, so lange wie wir zusammen waren, nicht übertrieben. Klar, Cowboys trinken auch mal einen Whisky. Aber – es blieb dann immer bei einem.

Werner hat mir damals mal gesagt, dass er bis in die Zeit als Profi-Schreiber so pro Schreibabend eine halbe Flasche Wodka trinken würde. Natürlich mit Hinweis auf Ernest Hemingway, der ja auch ganz schön zugeschlagen hat, damit die Ideen vom Hirn über die Finger in die Schreibmaschine flossen.

Und gewissen Vorbildern hat Werner immer nachgeeifert und sie als Vorbild gehabt. Ja, und dass in diesem Fall Hemmingway sein Vorbild war, muss dann wohl irgendwann mal zu einer Situation geführt haben, dass Werner über zwei oder drei Jahre völlig trocken war.

Ich war ja nun auch kein Feind des Alkohols und hatte ich schon in der Antares-Zeit die Angewohnheit, wenn ich am Abend zehn Seiten geschrieben hatte, einen Whisky zu trinken. Das ging so drei oder vier Wochen – danach wurden die Seiten weniger und der Whisky mehr – und dann – kam die Erkenntnis.

Seither, bis auf den heutigen Tag, wird weder nach einem Schreibabend noch nach einem vollendeten Roman oder so was irgendwelchen Alkohol getrunken. Und das gedenke ich auch beizubehalten.

Nur, wenn mein Arzt mir irgendwann mal sagt: „Junge, genieße den Sommer und überlege nicht, was du auf die Weihnachtskarten schreiben sollst.“ - dann werde ich dafür sorgen, dass meine Whisky-Sammlung nicht in „Feindeshand“ fällt. Und eine Schachtel „Marlboro“ kaufe ich mir dann auch wieder – um dann den Rest in vollen Zügen zu genießen.  Aber – ich denke, dieser Tag ist noch etwas in die Zukunft gerückt. Meine Katzen brauchen mich doch noch...

Ach ja – das Rauchen. Auch Werner hatte immer seine Zigaretten dabei – und wenn ich mir eine ansteckte (was ja sehr oft geschah), dann griff sich auch  W.K. Eins dieser dünnen, weißen Stengelchen. Allerdings – er hatte nur Schokoladenzigaretten. Das sah auch ganz schnuckelig aus. Selbst rauchen habe ich Werner niemals sehen.

Ja, das war also der erste Kontakt zu Werner Kurz Giesa, den ich so gar nicht als W.K.G.-Kontakt mitbekommen habe. Schon bei ANTARES 2 konnten wir einige ganz  tolle Zeichnungen des Künstlers aus Lippstadt präsentieren.

Nur – die Mädchen, die er gezeichnet hat, waren nackt. Vollständig nackt.

Hans, immerhin der Chef der Antares-Crew, rief bei Werner an um wenigstens einen Lendenschurz oder so was zu reklamieren. Die Antwort des Meisters war – wir könnten den Mädchen ja einen Ring an den Finger malen – dann könnte keiner sagen, die Girls hätten nichts an.

Eine Antwort – typisch Giesa der damaligen Zeit....     

Der Kontakt zu Werner lief in der ANTARES-Zeit aber mehr über Hans Klipp als über mich. Beide hatten eine gemeinsame Liebe - „Ren Dhark“ und ein gemeinsames „Idol“ - Kurt Brand. Ich habe damals im Rahmen des „Clubs“ zwar weiter Bücher über das, was man heute „Esoterik“ nennt, zu sammeln und Film-Rezensionen für den “Time-Gladiator“ zu schreiben – aber ansonsten hatte ich mit der Tanzmusik an den Wochenenden so viel um die Ohren, dass ich damals immer nur die Randfigur darstellte.

Das Meiste über diese Jahre vor Zamorra 111 ist hier auch uninteressant und halb vergessen. Einiges hab ich auch schon in den Teestunden erzählt – die Querelen in der AGSF  und die Cons in Kassel – und schließlich unser aller Ausstieg aus der AGSF.  

Anderes wird wohl noch in kleinen lustigen Episoden erzählt werden. Beispielsweise die Aktionen der Langlaufzeit samt der Festzüge in Kassel, die Treffen der Tafelrunde in Kaltern  und natürlich die Busfahrten mit W.K.Giesa  nach Italien bis hinunter nach Pastum südlich von Neapel und Salerno.

Bliebe noch der „Baron von Helleb“ zu erwähnen. Über das „Fürstentum Helleb“ habe ich ja schon in einer Teestunde ausreichend erzählt. Je mehr Jahre ins Land gingen, umso mehr gingen Werners Freunde in Lippstadt ihre eigenen Wege. Das kamen dann diverse Frauen und berufliche Veränderungen ins Spiel – und so brach der „Clan der Lords von Lippia“ nicht direkt auseinander – er erlosch einfach.

Die Folge war, dass Werner immer öfter am Wochenende zu Besuch nach Kassel kam. Meist rauschte er schon Freitags gleich auf der Durchreise von der Uni in Paderborn an, wo er Deutsch, Kunst und Pädagogik studierte (so habe ich es jedenfalls im Kopf behalten). Das Berufsziel war Lehrer – der geheime Wunschtraum aber immer, sein Geld mit Schreiben zu verdienen.

Der Name seines ersten Wagens, als ich ihn kennen lernte, war „Sokrates“. Abr ich weiß nicht mehr, was das für eine Marke war. Sehr lange hatte er dann einen mausgrauen Opel-Kasett der „B“-Serie mit Namen „Fenrir“. Den hatte er auch später als er die großen Schlachtschiffe fuhr, immer als Zweitwagen. Werner ohne Zweitwagen – das wäre wie Winston Churchill ohne Zigarre oder Dean Martin ohne Whiskey-Glas auf der Bühne.  

Weil Werner nun mehr als „Kasseler“ anzusehen war als noch als „Lippstädter“ - auch wenn in Lippstadt  die Heimat-Basis lag -  überlegte Hans, wie man „WehKah“, so sprachen wir ihn meistens an, in unsern Freundeskreis aufnehmen konnten.  Immerhin gehörte er inzwischen auch voll zur „Antares-Crew“.

Aus dem einstigen „Reich von Hellebonia“ mit dem „Clan der Wilden Sauen“ war inzwischen das imaginäre Fürstentum Helleb geworden – vom dem gerade noch der Herrscher, sprich Hans Klipp, und der Statthalter übrig waren. Auch ne Frage, wer das ist – der Statthalter – oder „Daikan“ nach dem Begriff aus der „Dragon“-Serie.  .Damals schwebte Hans vor, aus dem Fürstentum Helleb eine Runde Gleichgesinnter zu machen, die „einen Geistes sind“. Wenigstens in drei Dingen.

Wir wollten uns bemühen, und über Rassen und Nationalitäten hinweg als „Terraner“ zu betrachten. Und wir wollten davon überzeugt sein, dass wir nicht die einzigen Intelligenzen und schon gar nicht die einzigen  Lebewesen im Universum sind. Und wir wollten die These unterstützen,  dass „die Götter der Antike“ einst Raumfahrer einer uns noch unbekannten Zivilisation waren, die uns Menschen nicht nur die Technik Zu Verbesserung der  Lebensbedingungen sondern die Menschheit auch  mit den Grundlagen der Ethik vertraut machte..

Natürlich war Werner Kurt Giesa mit uns einen Geistes.

Und so wurde an den Statthalter delegiert, eine Adel-Bezeichnung  für den neuen Helleber zu finden und eine Ernennungs-Urkunde zu erstellen.  Der Begriff „Baron“ gefiel mir am Besten. Und dann musste ich nur noch die Ernennungsurkunde schreiben, mit Text in der „alten Sprache“. Und natürlich einer Schrift, die sich etwas an das Gotische des Bischofs Ulfilas anlehnte, aber ansonsten frei erfunden war.

Die Zeremonie fand im „Turm des Schreckens“ statt und es war der Beginn der „Tafelrunde“, von der ich bereits genug erzählt habe. Seit diesem Tag aber gehörte Werner wirklich voll mit dazu und war natürlich auch bei diversen Aktionen dabei, die wir dann so in der Langläufer-Zeit  machten wie die „Weltmeisterschaft im Treppenlaufen“ oder auch bei der „Blumenstafette Bonn-Kassel“ zur Eröffnung der Bundesgartenschau 1981 in Kassel. Davon erzähle ich, wie eben schon angedeutet, noch später.

Auch wenn mit das nicht immer gelingt, so ein wenig will ich den „Roten Faden“ einhalten.

Auf was ich aber unbedingt noch zu sprechen kommen muss ist Werners nicht professioneller Heft- und Taschenbuch-Verlag „Terra-Press“.

Aber das, ihr lieben Freunde, ist eine so umfangreiche Thematik, dass wir sie erst in der nächsten Wochen behandeln können.

Erstens ist gleich die Geisterstunde vorbei und zweitens sind Nina und Melly, meine beiden kleinen Katzenmädchen aufgewacht. Jetzt sind sie erst mal am Napf, damit die Katzenbäuchlein noch runder werden – aber gleich ist Spielstunde...

Also bis nächste Woche auch dieser Welle ---gelle....

 

Kommentare  

#1 alter Wolf 2009-06-18 18:03
Hallo Rolf,

danke für eine informative Teestunde, gespickt mit "Internas" aus alten Zamorrazeiten. Interessant, wie sich manche Kreise schließen... Trotzdem macht sich beim Lesen immer wieder Wehmut breit, wenn ich an die möglichen Szenarien denke, welche bei einer aktuellen Mitarbeit Deinerseits, gekommen wären. Was mir stattdessen momentan fürs gleiche Geld geboten wird, kommentiere ich jetzt nicht weiter...

Viele Grüße und weiter so!
#2 AltesEisen 2009-06-18 18:04
Hallo Rolf, wieder einmal Danke für diese tollen Einblicke. Sehr interessant fand ich die Hölle und ihre Hierachie. Momentan ist das einfach nicht schön. Die Hölle verkommt mehr und mehr zu einem Klub von Kuscheldämonen. Eine niedere Dämonin sitzt auf dem Obersten Thron, und ein schwächlicher Vampir direkt dahinter.

Das ist nichts was wirklich Eindruck macht.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.