Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Voll im Mainstream!

Jochen und der (phantastische) TellerrandVoll im Mainstream!

Mainstream. Ein Begriff, den sicher jeder schon einmal gehört hat, gerade auch im Zusammenhang mit Angeboten wie Filmen, Fernsehserien, Büchern oder Videospielen. Doch was genau meint das eigentlich, „Mainstream“?

Wikipedia sagt hierzu folgendes: „Der Mainstream (englisch, wörtlich Hauptstrom) spiegelt den kulturellen Geschmack einer großen Mehrheit wider, im Gegensatz zu Subkulturen oder dem ästhetischen Underground. Der Mainstream ist eine Folge einer Kulturdominanz.“ (zu finden in der Wikipedia).

Mainstream als Geschmack der Masse – schön und gut. Im Alltagsgebrauch wird dieser Begriff allerdings bei Weitem nicht so wertfrei verwendet, wie die Definition es vorsieht. 


Wenn jemand von einer Sache behauptet, sie wäre doch „voll Mainstream“, dann bringt er damit seine Abneigung gegen das betreffende Produkt zum Ausdruck. „Mainstream“, das ist etwas, was nur Menschen gut finden, die sich von der Masse mitreißen lassen, die zu dumm oder zu einfältig sind, sich eigene Meinungen zu bilden. Wer also etwas auf sich hält, der sollte tunlichst alles meiden, was auch nur annähernd mit dem Begriff „Mainstream“ in Verbindung gebracht wird.

Mein Gott, bin ich dieses Verständnis von Mainstream leid!!!

Anlass für meine Worte ist ein Gespräch, das ich vor kurzem wohl oder übel bei einer Fahrt mit der Deutschen Bahn über mich ergehen lassen musste. Mir gegenüber saßen zwei junge Frauen und unterhielten sich über das Buch »Bis(s) zum Morgengrauen«. Die eine las es gerade und war hellauf begeistert, doch ihre Freundin schüttelte nur verächtlich den Kopf und meinte: „Das Buch kannst du vergessen, das ist doch VOLL MAINSTREAM ...“

So. Aha. Mit anderen Worten: Eine Sache, so gut und toll sie an sich auch sein mag, ist dann nicht mehr als „gut“ einzustufen, sobald sie mehr als nur einige wenige Leute mögen. Denn was fast jeder mag, das ist muss ja weichgespült sein, das kann nichts Vernünftiges sein.
Mal ganz unabhängig von meiner Meinung zu dem Vampirbuch: Dieser Gedankengang ist doch völliger Blödsinn!!!

Ein Buch oder ein Film oder ein Videospiel wird doch nicht dadurch schlecht, dass auf einmal mehr als nur ein paar ausgewählte Personen es mögen. Man nehme nur mal »Harry Potter«. Ich liebe die Romane dieser Reihe. Das tun Millionen anderer Leser auch – heißt das nun, dass ich die Bücher nicht mehr gut finden darf?

Oder, ein noch extremeres Beispiel, »Illuminati« von Dan Brown. Ich meine hier das Buch, nicht den Film. Ich war einer derjenigen, die sich das Buch kurz nach Erscheinen in Deutschland zugelegt haben, damals, als noch kein Mensch den Namen Dan Brown kannte und als ein gewisser deutscher Privatsender noch nicht alle Vorgänge unserer Erde einem ominösen Geheimbund in die Schuhe schieben wollte. Ich habe den Roman in gerade einmal zwei Tagen verschlungen. Bevor der ganze Hype um Dan Brown begann, war ich bereits vom Fieber gepackt. Dass Religionsthriller und insbesondere die Abenteuer von Robert Langdon zum Mainstream wurden, kam erst Monate später. Auf einmal las JEDER Dan Brown.

Darf ich seine Bücher daher nun plötzlich nicht mehr gut finden? Muss ich mich auf einmal dafür schämen, »Illuminati« zu mögen, weil es ja schließlich „Mainstream“ ist? Dabei war ich doch einer der Ersten, die das Buch überhaupt gelesen und gemocht haben ...

Etwas nicht zu mögen, nur weil es viele Menschen mögen – was für ein unglaublicher Schwachsinn!!! Ich wüsste echt mal gerne, wie jemand, der alles verachtet, was „Mainstream ist“, damit umgeht, wenn etwas, das er selbst sehr gerne mag, auf einmal zum Massengeschmack wird.
Meine Bitte daher: Lasst mich selbst entscheiden, was mir gefällt, und sagt mir nicht, dass ich nur das mögen darf, was nur einige Auserwählte kennen. Wenn viele Menschen ein Buch oder einen Film gerne haben, den auch ich mag, dann ist das doch klasse! Immerhin besteht dann die Chance, dass es weitere Werke geben wird, die ähnlichen Charakter haben. Dann ist es eben Mainstream – na und? Hauptsache, mir gefällt's!

Dinge nur deshalb nicht zu mögen, weil sie eben dem Massengeschmack entsprechen. Einen größeren Unsinn kann ich mir kaum vorstellen.

Kommentare  

#1 Hermes 2009-06-05 02:36
Jochen, du hast da völlig recht. Nur weil viele Leute etwas mögen, wird das nicht automatisch schlecht.

Allerdings kann man Abneigung gegen Mainstream auch anders definieren. Wenn etwas schon "in" ist und Leute dann auf den fahrenden Zug aufspringen und ähnliche Dinge fabrizieren, um damit quasi "automatisch" auch Erfolg zu haben. Und dann kann man schon mit einer gewissen Berechtigung sagen, dass Leute, die stattdessen ausserhalb des "Mainstreams" arbeiten und Dinge machen, höher einzuschätzen sind, vor allem dann, wenn einem auch noch gefällt, was sie machen.
#2 Mainstream 2009-06-05 07:55
-
Mich kann man auch total vergessen, ich bin sooo Mainstream.

Dan Brown ist ein sehr gutes Beispiel, weil es bei mir absolut genauso
verlief. Aber wenn man etwas auf diese Art entdeckt und später springen
die Massen auf, dann hat man mit einemla das Gefühl irgendwie eine
Vorreiterrolle übernommen zu haben. Später wird man es dann nicht
leid zu betonen, das man dies und jenes schon vor allen anderen gelesen
hat.
Und irgendwann wirst du dessen überdrüssig und bist genervt.
Dann setzt die Phase ein, wo du nichts mehr mit diesen Mainstream
zu tun haben willst.

Bis du einen Film wie HELLBOY im Kino siehst, den sich wirklich kein
anderer im Kino ansieht. Dann kommt die DVD, und alles fängt von vorne an.
#3 Holzi 2009-06-05 09:57
Es interessiert mich überhaupt nicht, was als "Mainstream" angesehen wird, wenn ich ein Buch oder einen Film bewerte. Was ändert es auch, ob einer oder eine Million Leute außer mir das Werk noch gut oder schlecht finden? Für meine persönliche Einschätzung: Nichts.

Es ist natürlich äußerst fragwürdig, etwas vorzuverurteilen, nur weil es erfolgreich ist. Insbesondere der Spuch im Artikel "ist ja voll Mainstream" zeugt da von massiver Engstirnigkeit und Dummheit. Wahrscheinlich hat die Tussi das Buch noch nicht mal gelesen, denn Lesen ist ja nicht hip. Sie wagt es aber dennoch eine Wertung abzugeben, basierend auf ... nichts. Solche Leute darf man einfach nicht ernst nehmen.

Also nochmal in aller Deutlichkeit: Wenn ich ein Werk gut finde, ist es mir scheißegal, wie viele andere das noch tun. Gleiches gilt für schlechte Werke. :lol:
#4 Pisanelli 2009-06-05 10:59
Also ernsthaft. Es ist doch sowieso total bescheuert, sich ständig nach den Urteilen anderer zu richten und nicht nur, was den Buchgeschmack betrifft. Und erst recht, ohne es selbst ausprobiert zu haben. Wer kann denn wissen, was MIR gefällt oder nicht? Stecken die anderen in meiner Haut? Und über Bücher kann man sowieso streiten. Viele fällen auch Urteile, ohne ein Buch gelesen zu haben. Und manche haben keine Ahnung von Büchern, selbst, wenn sie sie gelesen haben.
Ein Beispiel gefällig? Eine Bekannte von mir betitelte Hesses Roman "Narziß und Goldmund" als sexistisch. Was soll man da noch tun als mit den Schultern zucken? Ist auf soviel Dummheit noch irgendwie zu reagieren? Ich habe mir nicht die Mühe gemacht. Sollen die Dummen doch dumm sterben.
Und nehmen wir etwa das Wort "Bestseller". Manche verstehen darunter ja die "hohe" Literatur. Aber im Grunde ist ein Bestseller nur ein "Durchschnittsprodukt" oder eben "Mainstream", weil er von einer Mehrheit gekauft wird. Die Bestsellerlisten sagen noch gar nichts über die Qualität der Bücher aus, sondern eher über das, was Leser (gerade) gerne lesen.
#5 Gabriel Adams 2009-06-05 11:54
@ Hermes

Du hast vollkommen recht, daran habe ich beim Schreiben nicht gedacht. Etwas nur zu tun, weil es eben gerade "in" ist (auch wenn es einem eigentlich nicht gefällt), ist wohl nicht weniger dumm als etwas nicht zu lesen oder zu schauen, eben WEIL es gerade in ist.
Hm. Andererseits werden auch Autoren von irgendwas leben müssen, und da hat es wohl seine Vorteile, auf den fahrenden Zug aufzuspringen ...

@ Mainstream

Freut mich, dass ich nicht der Einzige bin, dem es so geht :-)
#6 Harantor 2009-06-05 15:32
Wenn der Mainstream meiner Meinung ist (was selten der Fall ist) nehme ich das zur Kenntnis, kann daraus aber weder Nutzen ziehen noch muss ich Schaden befürchten...

Aber es gibt allzuviele Leute, die dem Mainstream hinterher hecheln. Aber die verpassen oft sehr interessante Dinge rechts und links des breiten Stroms. - Ihr Pech!
#7 Lobo 2009-06-09 15:39
Ehrlich Jochen, Du sprichst mir aus der Seele.

Wann immer ich höre, dass etwas nur deshalb, weil viele es mögen, nicht mehr gut ist (oder zu sein hat), dreht sich mir der Magen um, und ich bekomme einen dicken Hals vor Wut.

Dieser Ansicht zu sein, ist eine Sache (sicher, jeder hat ein Recht auf freie Meinung), aber sie dann unüberlegt, übertrieben oder gar herablassend (anderen gegenüber) in die Welt zu posaunen und dabei dann noch nicht einmal wirklich zu wissen, was "Mainstream" eigentlich bedeutet, ist Dummheit im Quadrat.

Sehr schöner Beitrag in einer sehr gelungenen Kolumne.

Bitte mehr davon!
#8 Gabriel Adams 2009-06-09 17:49
@ Lobo

Hey, vielen Dank für das Lob. Da wird man ja ganz rot vor Verlegenheit ...
Freut mich, dass dir der Beitrag gefallen hat, ebenso wie die Kolumne.
Und was das "mehr davon" angeht: Sehr gerne. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich ein, zwei Themen im Kopf habe, die etwas ruhiger und weniger strittig sind als die Sache mit dem Mainstream.
Aber gut, das bringt Abwechslung in die Kolumne. Man kann sich schließlich nicht nur über Dinge wie die Sache mit dem Mainstrem-Verständnis ärgern :D
#9 Lobo 2009-06-09 18:20
@ Gabriel Adams

Korrrrekt!

Ich selber bin der Meinung, man muss nicht jedesmal, wenn man einen Beitrag verfassen möchte, nach Themen suchen, die von vornherein strittig sind.

Es geht ja beim Abfassen von Beiträgen, wie Deinem, auch einfach um Denkanstösse oder einfach nur um die Weitergabe von Fakten.

Ich bleibe jedenfalls am Ball, denn Du scheinst - wie Pisanelli - zu denen zu gehören, die nachdenken, bevor sie schreiben, und die sich wenn sie geschrieben haben, nicht zu schade sind, um den Inhalt noch einmal zu überdenken und/oder zu überarbeiten.

Und das scheint leider nicht immer der Fall zu sein.
#10 Gabriel Adams 2009-06-09 21:20
@ Lobo

Was das Nachdenken vor und nach dem Schreiben angeht: Meistens findet das tatsächlich statt. Der kommende Beitrag ist aber frei aus dem Bauch heraus verfasst worden - da war ein wenig Frust mit im Spiel ...
Bin gespannt auf deinen Kommentar dazu!

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.