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Die Herausforderung … oder: Es war einmal ein Scherz

ZauberwortDie Herausforderung …
… oder: Es war einmal ein Scherz, ...

... der herausgefordert wurde. Oder sollte ich sagen: Es war einmal eine scherzhafte (nicht wirklich ernst gemeinte) Herausforderung, die dann zum bitteren Ernst wurde? Bevor das zu verwirrend wird, beginne ich besser mit der Schilderung, wie alles anfing, damals hier im Zauberspiegel vor einem Jahr, damit auch jene Leser Bescheid wissen, die den Spaß nicht mitverfolgt haben. Oder die die Geschichte nach dem Jahr, das seither vergangen ist, nicht mehr vollständig in Erinnerung haben.


Am 1. Mai 2011 erschien im Zauberspiegel ein Artikel unseres Chefredakteurs Horst Hermann von Allwörden mit dem Titel »Im Elfenbeinturm?! Drei Tage an der Uni«. Darin ging es um eine dreitägige Konferenz an der Georg-August-Universität in Göttingen zum Thema »Ästhetik und Praxis populärer Serialität«, also um Heftromanserien.

Zu diesem Artikel äußerte Leserin Kerstin Göbel die Meinung, dass es die Kreativität der Autoren und Autorinnen einschränken könnte, wenn sie wöchentlich, vierzehntägig oder monatlich neue Abenteuer gleicher Machart, also zu einer Serie gehörend, auf immer nur ca. 64 Heftseiten präsentieren müssen. Dem habe ich widersprochen, dass nicht die Länge des Textes oder die Machart für die Kreativität entscheidend sind, sondern eine vorgegebene Länge die Autoren vielmehr lehrt, sich beim Text aufs Wesentliche zu konzentrieren und Überflüssiges zu eliminieren.

Da ich jahrelang an verschiedenen Heftserien mitgearbeitet habe (»Schattenreich«, »Western Legenden«) und das teilweise noch tue (»Rex Corda«, »Sternenfaust«, »Sukkubus«), basiert diese Einschätzung auf persönlicher Erfahrung. Sofern vom Verlag keine ›Marschrichtung‹ hinsichtlich der Handlung vorgegeben ist und es sich bei einer Serie tatsächlich um Einzelabenteuer handelt, die in sich abgeschlossen sind, trifft das erst recht auf den Inhalt zu. Dann nämlich kann ein Autor, eine Autorin nahezu wild drauflos fabulieren.

Bei Serien mit festem ›Personal‹, also immer denselben Protagonisten, wird die Kreativität erst recht nicht durch die Textlänge beschnitten, denn jeder Protagonist entwickelt sich in seinem Serienleben weiter (zumindest in guten Serien), hat mit Problemen zu kämpfen (die man herrlich und ›endlos‹ variieren kann), eine Liebesbeziehung (eventuell wechselnde im Laufe der Zeit) mit allen Höhen und Tiefen, in seinem Beruf verschiedene Einsatzbereiche und immer wieder neue Aufgaben zu bewältigen, im Privatleben sowieso. Vor allem: Er hat einen Antagonisten, an dem er sich reiben, mit dem er kämpfen und (massenweise) Konflikte austragen kann. Und ist ein Gegenspieler besiegt, taucht im Rahmen der Serie sofort ein neuer auf mit neuen Fähigkeiten, neuen Eigenschaften etc., der dem Protagonisten neue Problem bereitet. Gerade in einer Heftserie hat ein Autor sehr viel mehr ›Zeit‹ als in einem einzigen Langroman, die Charaktere seiner Figuren zu entwickeln und bestmöglich auszufeilen.

Selbst wenn das Strickmuster einer Serie immer gleich bleibt und zum Beispiel die Crew eines Raumschiffs Abenteuer im Weltraum bestehen muss (»Sternenfaust«) oder ein Ermittler immer neue Kriminalfälle zu lösen hat (»Jerry Cotton«), liegt die unerschöpfliche Kreativität in den Dingen, die die Protagonisten bewältigen müssen. Dass manche Heftromanserien bereits eine fortlaufende Nummer im vierstelligen Bereich haben (»Perry Rhodan«, »Jerry Cotton«, »John Sinclair« u. a.) und immer noch kein Ende abzusehen ist, beweist eindeutig, dass das Ende der Kreativität nur in der Fantasie der Autorinnen und Autoren liegt. (Auch wenn sich über die Qualität der Romane – Heft oder nicht – grundsätzlich immer streiten lässt.) Wie gesagt, solange der Verlag keinen restriktiven Handlungsrahmen vorgibt.

Im Rahmen meines Widerspruchs gegen die These, dass die Textlänge die Kreativität einschränke, bot ich (wahrscheinlich in einem Anfall vorübergehender geistiger Umnachtung) potenziellen Herausforderern an, den Beweis dafür anzutreten, indem ich dieselbe Rahmenhandlung eines Plots sowohl als Kurzgeschichte, Heftroman und Langroman schreibe. Eigentlich war dieses Angebot als Scherz gedacht und nicht wirklich ernst gemeint. Jedoch hatte ich die Rechnung ohne den Chefredakteur gemacht. Der nahm die Herausforderung an und veranstaltete im Zauberspiegel einen Wettbewerb unter dem Titel »Fordert Mara Laue heraus!«

Potenzielle Herausforderer konnten eine in maximal fünf Sätzen vorformulierte Idee einreichen, die aus einem der vielfältigen Spannungsgenres stammen sollte (Krimi, Thriller, Fantasy, Urban Fantasy, Science Fiction, Western oder eine ihrer Unterarten). Anschließend sollten die Leserinnen und Leser ihre Stimmen für einen der Vorschläge abgeben.

Es gab vier Vorschläge aus den Bereichen Fantasy, Krimi, High Fantasy und Science Fiction, die teilweise recht originell waren. Mir ist auch zu jedem der vorgeschlagenen Themen eine gute Geschichte eingefallen. Von den Lesern gewählt wurde jedoch die folgende Idee von Johannes Stinner, die – ich gebe es zu – von allen am schwierigsten umzusetzen war und somit eine echte Herausforderung darstellte:

Eine Person wird entführt und als „Lösegeld“ die Bedingung gestellt, dass die Angehörigen ein neu auf den Markt gekommenes virtuelles Spiel online gegen den oder die Entführer innerhalb von zwölf Stunden gewinnen müssen, sonst würde der bzw. die Entführte sterben. In dem Spiel sind Hinweise auf den Aufenthaltsort der entführten Person versteckt, die nur preisgegeben bzw. gefunden werden können, wenn das Spiel oder ein einzelner Zug zwischendurch gewonnen wird. Natürlich versucht die Polizei in der Zwischenzeit, den oder die Entführer und die Geisel zu finden und hinter das Motiv für das Ganze, besonders für die ungewöhnliche „Lösegeld“-Forderung, zu kommen. Am Ende sollte (natürlich) alles anders kommen, als der Leser erwartet.

Und die Sache nahm ihren Lauf. Ich machte mich an die Arbeit und ließ meine Kreativität sprudeln. Das Ergebnis sind drei Werke, von denen jedes aus einer anderen Perspektive geschrieben ist. Die Story »EIN SPIEL FÜR EIN LEBEN« erleben die Leserinnen und Leser ausschließlich durch die Augen von Ricky Schäfer, der Programmiererin des Spiels, als Ich-Erzählerin. Der Kurzroman »OPERATION CLAVIS« zeigt die wechselnden Perspektiven der an der Entführung beteiligten Gauner, hauptsächlich die von Sandrine ›Sandy/Drin‹ Leclerc, Rickys Gegenspielerin. Der Roman »12 STUNDEN FRIST« ist ebenfalls aus wechselnden Perspektiven geschrieben, hauptsächlich der von Kommissar Aktan Sunay. Jede Geschichte ist in sich vollständig und abgeschlossen und enthält alle Aspekte des vorgegebenen Plots. Alle drei Varianten zusammen ergänzen einander dennoch und offenbaren die verschiedenen Sichtweisen der handelnden Personen.

Der Zauberspiegel veröffentlicht die Ergebnisse ab heute (und den beiden Folgetagen), und zwar:

  • 1. die ersten beiden Kapitel des Romans (das gedruckte Buch erscheint 2013 im Handel)
  • 2. den vollständigen Heftroman
  • 3. die Kurzgeschichte

Mir hat es sehr viel Spaß gemacht, alle drei Varianten auszuarbeiten. Allerdings war mir die Episode insofern eine Lehre, dass ich nie wieder – scherzhaft oder nicht – anbieten werde, man solle mich ruhig für was auch immer beim Wort nehmen. Andererseits musste schon James Bond erfahren, dass man besser niemals „nie“ sagen sollte ... –

Vielleicht findet sich eine Kollege oder Kollegin, die sich herausfordern lässt. So sage ich den Kollegen, sofern sie Zeit und Mut aufbringen können: Meldet Euch mit einem ›unbedachten‹ Kommentar und provoziert die Leser des Zauberspiegel. Eine Erfahrung wartet auf Euch …

Aber mir hat die Herausforderung so viel Spaß gemacht. So kommt ist hier der nächste vorwitzig hingeworfene ›Fehdehandschuh‹:

Man gebe mir ein beliebiges Wort, und ich mache daraus wahlweise ein Gedicht oder eine Story. Man gebe mir einen beliebigen Satz, und ich mache daraus einen Roman. Wink

Wer mich aber beim Wort nehmen und herausfordern möchte, muss sich, was den Roman betrifft, bis irgendwann im Jahr 2015 gedulden, denn mein „Auftragsbuch“ ist bis Ende 2014 rappelvoll. Die Storys/Gedichte werden, wenn sich mehr als zwei Leute an der Aktion beteiligen wollen/werden, in der Reihenfolge der Vorschläge ab 1. November 2012 im Monatsrhythmus abgearbeitet und, wenn genug Storys zusammenkommen, zum Schluss in einem Buch veröffentlicht: „ES BEGANN MIT EINEM WORT ...

Für den Moment schalte ich in meinen persönlichen Relax-Modus und genieße das Ende der Arbeit an dem Projekt bei einem guten Buch mit Tee und Kerzenschein und einem wee dram (= kleiner Schluck) meines Lieblingswhiskys.

Game over!

PS: Ich glaube, der Zauberspiegel hätte sich nie träumen lassen, dass er mal zum „Geburtshelfer“ für einen und demnächst vielleicht noch einen weiteren Roman werden wird, oder? ;-)

P.S.S: Ein kleiner Hinweis auf eine SONDERAKTION:
Der Zauberspiegel verlost 5 handsignierte gebundene Hefte des Kurzromans „Operation Clavis“. (link)

 

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