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Das »böse« Amazon – oder: Messen mit zweierlei Maß

Zauberwind - Der ZwischenrufDas »böse« Amazon
oder: Messen mit zweierlei Maß

Ich will längst Bekanntes nicht wiederholen. Nur kurz auf den Punkt gebracht, wird Amazon (u.a.) vorgeworfen:

1. Verlage zu erpressen, indem sie deren Bücher (angeblich!) nicht bevorraten bzw. verzögert ausliefern, um größere Buchhändlerrabatte zu „erpressen“ = mehr Verdienst für sich selbst herauszuschlagen


2. Empfehlungslisten (angeblich!) zu manipulieren und die Bücher der Verlage nicht mehr zu empfehlen, die ihren Bedingungen hinsichtlich Rabatten nicht zustimmen (wollen).

Mara LaueNehmen wir einmal an, das wäre tatsächlich wahr.

Obwohl mir das zu Punkt 1 nicht einleuchtet. Mal ehrlich: Wenn ich als Leserin ein Buch kaufen will und vom Buchhändler meiner Wahl (online oder stationär) zu hören/lesen bekomme, dass man das gewünschte Buch erst in 10 Tagen, 2 oder 3 oder X Wochen liefern kann – was tue ich dann? Entweder gehe ich mit fliegenden Fahnen zum anderen Händler, der es vorrätig hat, oder ich warte geduldig die entsprechende Zeit bis zur Lieferung ab. Und da ich garantiert nicht die Einzige bin, die so denkt und handelt, und Amazon ein Wirtschaftsunternehmen ist, das Gewinne einfahren will (möglichst viel davon), kann ich mir nicht vorstellen, dass die so dämlich sind, ihre Käufer zu verprellen und sich damit ins eigene Fleisch zu schneiden, aber nicht in das der Verlage.

Doch nehmen wir an, das wäre tatsächlich wahr.

Vielleicht kommt die folgende Information als ein Schock für viele Leute, die sich im Buchgeschäft nicht auskennen, aber der viel gelobte „Buchhändler des Vertrauens“, der Buchladen „an der Ecke“ tut Ähnliches (!) – nur auf einer etwas kleineren Ebene und ein bisschen anders.

Es gibt in jedem Buchladen die sogenannten „Präsentationsplätze“. Das sind die Tische/Ständer, auf die man beim Betreten des Ladens automatisch zu geht, weil sie mehr oder weniger mitten im Weg stehen. Die darauf befindlichen Bücher fallen deshalb sofort ins Auge und werden von allen potenziellen Käufern beachtet, die nicht zielstrebig zum Tresen gehen, ohne nach rechts und links zu schauen, weil sie nur ein ganz bestimmtes Buch haben wollen. Jeder, der stöbern will, stöbert erst mal auf diesen Tischen. (Ich auch.)

Welche Bücher werden dort präsentiert? Die aktuellen Bestseller, klar. Von denen abgesehen aber nur solche Bücher, für die der Verlag (!) eben diesen Präsentationsplatz auf dem Präsentationstisch/-ständer GEMIETET = BEZAHLT hat. Und die Miete ist nicht billig. Je exponierter der Platz auf dem Tisch/im Ständer, desto teurer die Miete.

Diese Praktik, die es schon gab, lange bevor Amazon überhaupt existierte, benachteiligt alle kleineren und auch mittelgroßen Verlage und ihre Autoren, die sich das Mieten dieser Plätze nicht leisten können. Klein(st)verlagsbücher stehen oft nicht einmal in den Regalen im hinteren Bereich der Buchhandlungen. Auch dann nicht, wenn der betreffende Autor/die Autorin „LokalmatadorIn“ ist und im selben Ort wie die Buchhandlung lebt und arbeitet.

Die dahinterstehende unternehmerische Logik ist eindeutig: Nichtbestseller werden weniger gekauft als Bestseller. Wenn man also einen inhaltlich und handwerklich guten Roman eines wenig(er) bekannten Autors auf den vorderen Plätzen präsentiert, wird er trotzdem wegen des geringeren Bekanntheitsgrades nicht annähernd so viel gekauft wie die aktuellen Bestseller. Um als Buchhändler aber trotzdem gut an so einem Buch zu verdienen, wird es gegen Gebühr (Präsentationsplatzmiete) sichtbar für potenzielle Käufer ausgestellt. Dann bekommt der Buchhändler durch die Platzmiete seinen Schnitt, auch wenn sich das Buch wegen der Unbekanntheit des Autors nicht besonders gut verkauft. (Ausnahmen gibt es natürlich immer, aber die lassen wir mal außen vor.)

Ich sehe die Wirkung dieser Praktik an meinen eigenen Büchern. Diejenigen, für die meine Verlage die Präsentationsplätze gemietet haben, verkaufen sich mehr als doppelt bis dreifach so gut wie die, die nicht präsentiert werden. Die Investition lohnt sich also.

Ich habe aber noch nie gehört, dass sich Verlage und/oder Autoren über diese Praktik aufgeregt hätten. Dabei könnte man das durchaus als „Erpressung“ interpretieren: „Zahlst du, Verlag, mir Buchhändler kein Geld dafür, dass ich deine Bücher als Blickfang präsentiere, stelle ich sie mir nicht mal ins Regal, geschweige denn auf die vorderen Plätze. Also Geld her oder behalte dein Buch.“

Aber natürlich nennt man das nicht Erpressung, sondern ganz normales Wirtschaftsgebaren im Sinn von Angebot und Nachfrage.

Brückenschlag zu Amazon: Statt Präsentationsplätze zu verkaufen, verlangt der Konzern vom Verlag höhere Rabatte. Dafür werden aber alle Bücher gleichermaßen präsentiert, auch die Werke von Selfpublishern. Amazon hält sogar Backlistbücher und antiquarisch Bücher lieferbar, die beim Verlag längst vergriffen sind und der stationäre Buchhändler nicht mehr besorgen will oder kann. Die werden sogar noch als „derzeit nicht verfügbar“ geführt, wenn sie schon seit Jahren nicht mehr lieferbar sind. Es könnte ja einer, der das Buch besitzt, es antiquarisch eines Tages anbieten. Ein Service, den der stationäre Buchhandel nicht bietet, nicht mal die (mir bekannten) Antiquariate.

Zum Vorwurf der Manipulation von Empfehlungslisten.
Glaubt irgendjemand, dass die Broschüren, die manche Buchhändler und Buchhändlerketten vor Ort besonders vor den Sommerferien und vor Weihnachten für Urlaubslesefutter und Weihnachtsgeschenke zusammenstellen, Bücher präsentieren, die der BUCHHÄNDLER für besonders empfehlenswert hält? Mitnichten! (Auch hier sind die wenigen existierenden Ausnahmen vorbehalten.) Abgesehen von den aktuellen Bestsellern, die darin natürlich zu finden sind, sind die (wenn vielleicht auch nicht alle) darin präsentierten Bücher nichts anderes als kostenpflichtige, vom Verlag für diese Bücher geschaltete Anzeigen.

Der Buchhändler verdient, wenn er Glück hat, doppelt daran. Einmal durch den (hoffentlich) dadurch gesteigerten Verkauf der annoncierten Bücher und zum anderen an den Gebühren für die Annonce, von denen abzüglich der Herstellungskosten und sonstigen Wirtschaftskosten für diese Broschüren noch genug als Verdienst übrig bleibt.

Und wieder werden hier alle Klein(st)verlage und ihre Autoren benachteiligt, die sich diese Annoncen nicht leisten können.

Ich habe aber noch nie gehört, dass sich Verlage und/oder Autoren über diese Praktik aufgeregt hätten. Denn auch die ist ganz normales Wirtschaftsgebaren zur Gewinnoptimierung, und zwar sowohl für die Verlage wie für die Buchhändler und letztendlich auch für die Autoren, deren Bücher durch diese Annoncen größeren Bekanntheitsgrad erreichen und entsprechend häufiger gekauft werden.

Amazon verlangt höhere Rabatte als der stationäre Buchhandel, dafür muss man nicht extra dafür bezahlen, dass der Konzern die Bücher bewirbt à la „Kunden, die Buch X gekauft haben, haben auch Buch Y gekauft“. Und wenn sie das für bestimmte Bücher (angeblich!) nicht tun, schneiden sie sich – siehe oben – ins eigene Fleisch, weil dann ihr Verdienst an diesen Büchern durch mangelnden Verkauf sinkt. (Ich kann mir nicht vorstellen, dass die so dämlich sind.)

Alles in allem betrachtet, sind alle, wirklich alle auf dasselbe aus: so viel wie möglich zu verdienen – Amazon, die Verlage, die Buchhändler und selbstverständlich auch wir Autoren.

Und nur mal nebenbei bemerkt:
Alle Verlagsautoren, die nach dem Standard-Verlagsvertrag bezahlt werden, erhalten ihre Tantieme in Höhe des mit dem Verlag vereinbarten Prozentsatzes vom NETTOVERKAUFSPREIS ihres Buches/E-Books. Diese Nettoverkaufspreis (Verkaufspreis minus MwSt) bleibt IMMER identisch, und zwar völlig unabhängig davon, ob der Verlag dem Buchhändler (online oder nicht) 25 % Rabatt oder 50 % oder noch mehr zahlt. Der Verlag verdient in jedem Fall trotz hoher Amazon-Rabatte auch an jedem über diesen Konzern verkauften Buch netto mehr, als ich von ihm an Tantiemen bekomme. Gerade die größeren Verlage jammern da also m. E. auf einem ziemlich hohen Niveau.

Eine kleine Rechnung, um das zu verdeutlichen
Die Rabatte werden gewährt auf den Nettoverkaufspreis.
Nehmen wir an, das Buch kostet im Verkauf 10,70 Euro. Dann ist der Nettoverkaufspreis (10,70 minus 7 % MwSt) = 10 Euro. (Damit mich niemand der fehlerhaften Rechnung beschuldigt: die 10,70 Euro Verkaufspreis sind buchhalterisch 107 %. Der NVP beträgt 100 %.)

Auf diese 10 Euro erhält der Buchhändler Rabatt. Die meisten Buchhändler verlangen 25 % = 2,50 Euro. (Das weiß ich, weil ich öfter überzählige Belegexemplare an Buchhändler mit eingeräumten Rabatten verkaufe.) Der Rabattpreis beträgt also 7,50 Euro. Auf diese 7,50 Euro schlägt der Verlag (!) wieder die 7 % MwSt (Umsatzsteuer) auf = 0,53 Euro. Der Buchhändler bezahlt also an den Verlag 8,03 Euro, verkauft das Buch für 10,70 und hat einen sogenannten Rohgewinn (= noch ohne Abzüge) von 2,67 Euro.

Amazon verlangt (laut Auskunft eines meiner Verleger) 50 % Rabatt. Das heißt, Amazon bezahlt pro Exemplar 5,35 Euro an den Verlag und nimmt pro verkauftem Exemplar 5,35 Euro Rohgewinn ein. Verlag und Amazon bekommen also denselben Rohgewinnbetrag. Von diesem Betrag müssen Händler wie Verlag ihre (anteiligen!) Wirtschaftskosten bestreiten (Gehälter, Betriebskosten, Logistik etc.). Für den Verlag gehören dazu die Tantieme für den Autor.


Der Autor erhält ja nach vertraglicher Vereinbarung von den 10 Euro NVP 5 – 12 %, (5-7 % sind das Häufigste) also 0,50 bis 1,20 Euro. Und zwar völlig unabhängig davon, ob der Verlag dem Buchhändler 25 % oder 50 % Rabatt eingeräumt hat.


Last but not least:
Ich habe es mal spaßeshalber anhand meiner Tantiemenabrechungen ausgerechnet, auf denen das aufgeschlüsselt ist, und festgestellt, dass 73 % aller meiner (!) Bücher und von den E-Books sogar knapp 90 % von den Lesern über Amazon gekauft werden. Gäbe es nur den stationären Buchhandel, könnte ich und könnten viele andere KollegInnen vom Schreiben nicht (mehr) leben. Und ganz ehrlich: Dafür und für den hervorragenden Service gönne ich Amazon gerne einen höheren Rabatt. Es bleibt trotzdem noch genug für alle übrig. Siehe Beispielrechnung.


1Der Thementag ... Offene Briefe
Hauen & Stechen - Bücher, Amazon, Handel und Selbstverleger

1/4 Der Prolog
2/4 Der offene Brief der Autoren
3/4 Der offene Brief der Selbstverleger
4/4 Conclusio

Das »böse« Amazon – oder: Messen mit zweierlei Maß von Mara Laue

Kommentare  

#1 Peter 2014-09-01 19:11
Ein sehr guter Artikel. Zum ersten Mal lese ich etwas, das kein Amazon-Bashing ist.

Ohne jetzt die Richtigkeit der Aussagen beurteilen zu können (dafür bin ich zu weit weg), stellt sich mir dennoch die Frage, warum das andere Autoren anders sehen.

Viele kämpfen gegen Amazon - obwohl das ja laut diesem Berict aus erster Hand gar nicht notwendig wäre...
#2 Hermes 2014-09-01 20:22
Interessanter Artikel, der vieles gerade rückt.

Nur bei einem Punkt habe ich Bedenken. Wenn Amazon dem Buchhandel gegenübergestellt wird. Wenn ich meiner Stadt die vier Buchhändler besuche, so hat jeder davon andere Bücher auf den Tischen präsentiert, also unterschiedliche Sortimente. Das in meiner Sicht problematische bei Amazon ist die quasi Monopolstellung.
#3 Kerstin 2014-09-01 20:57
Mara, vielen Dank für den lehrreichen Artikel.

Wenn ich eine Buchhandlung betrete, mache ich für gewöhnlich einen Bogen um diese Tische mit Bücherstapeln im Eingangsbereich. Was da liegt, mag zwar Bestseller sein, aber mich interessiert diese Massenware normalerweise nicht. Meist sind es, zumindest bei uns, Liebesschmöker nach derzeit gängigem Schema. Nachdem die Kuschelvampire nun endlich den Leuten zum Hals heraushängen, dürften sich da jetzt die 50 Schatten Grau und sowas tummeln.

Die interessanteren Bücher finde ich dann doch in den Wandregalen oder muss sie bestellen. Und warum soll ich dann zwei Mal den Weg machen, wenn ich das auch ins Haus kriegen kann? Ist sogar billiger, weil ich die Fahrtkosten und das Parkgeld spare, von der Zeit ganz zu schweigen. Amazon hat zudem noch die Info und die Rezis direkt bei dem jeweiligen Buchangebot. Diese Rezis haben mich auch schon von so einigen Fehlkäufen abgehalten.
#4 McEL 2014-09-01 21:45
zitiere Peter:
Ohne jetzt die Richtigkeit der Aussagen beurteilen zu können (dafür bin ich zu weit weg), stellt sich mir dennoch die Frage, warum das andere Autoren anders sehen.


Dafür gibt es verschiedene Gründe:

1. Meinungsfreiheit. ;-)

2. 10 Menschen = 12 verschiedene Ansichten ;-)

3. Die beschriebenen Dinge "hinter den Kulissen" sind vielen AutorInnen gar nicht bekannt, weil weder Verleger noch Buchhändler damit hausieren gehen.

4. Die wenigsten AutorInnen waren in einem "früheren Leben" mal BuchhalterInnen (wie ich) und beschäftigen sich mangels dieser Ausbildung nicht auch entsprechend mit "Buchhalterblick" mit ihren Tantiemenabrechnungen.

5. Die Instrumentalisierungsversuche diverser "Parteien" haben bei einigen AutorInnen gut gefruchtet. Wenn man nur eine Seite der Medaille kennt, die sich als die (überspitzt ausgedrückt) "Anständige" präsentiert, sind viele Leute sehr geneigt, sich dieser Seite anzuschließen. (Hier greift auch das psychologische Phänomen, dass der, der zuerst mit dem Finger auf den anderen zeigt, doch im Recht sein muss, nicht wahr?)

6. Mitläuferei. Ich gestehe: Ich hätte mich auch beinahe (!) mitreißen lassen.

7. Sicherlich haben andere AutorInnen u. U. gegenteilige oder generell andere Informationen als sie mir vorliegen und beurteilen die Dinge aufgrund dieser Infos anders.
Ich bin immer nur so gut wie meine Quellen und erhebe keinen Anspruch auf Allwissenheit. ;-)

Und bestimmt gibt es noch weitere Gründe. ;-)

Dieser Artikel ist MEINE PERSÖNLICHE Sicht auf die Dinge nach meinem derzeitigen besten Wissen und Kenntnisstand. Ehrliche Irrtümer/Fehleinschätzungen mangels Kenntnis aller Fakten sind vorbehalten.
#5 Gerd 2014-09-02 00:58
@ McEL:

Nur eine kleine Anmerkung (für mehr fehlt mir gerade die Zeit): Ich finde es faszinierend, dass du auf die Idee kommst, Verlag (= Produzent) und Amazon (= Händler) bekommen (bei einem Rabattsatz von 50%) den gleichen Rohgewinnbetrag. Für den Handel gilt zwar "Handelsspanne = Rohgewinn", für das produzierende Gewerbe allerdings nicht. (Kleiner Tipp: das Stichwort heißt Wareneinsatz ;))

Und noch eins: In vielen Fällen verdient der Verlag pro Buch weniger als der Autor. Manchmal sogar gar nichts. Oder er schreibt einen Verlust ab. Immerhin ist Bücher produzieren mit einem gewissen Risiko verbunden, habe ich mir sagen lassen.

So wie Amazon mit Büchern zu handeln beinhaltet genau welche Risiken?
#6 Serienmike 2014-09-06 09:41
Mara zeigt anschaulich, dass sich die Welt nicht mathematisch erklären und ohne Moraldenken verstehen und erfassen lässt.

Auch wenn die Differenz die gleiche ist, so ist es im echten Leben dennoch ein Unterschied, ob ich jemanden beliebig 10 Euro gebe oder ob ich jemanden beliebig 10 Euro wegnehme.

Es ist ein Unterschied, ob ich für einen Vorteil bezahle, oder ob ich für das Ausbleiben eines Nachteils bezahlen soll.

Den "Präsentationsteller" gibts natürlich auch bei Amazon. Was auf der Startseite angezeigt wird, was beim Stöbern oder bei allgemeinen Suchanfragen zuerst gezeigt wird, all diese Vorteile lässt sich natürlich Amazon ebenfalls bezahlen. Und es hat auch niemand ein Problem damit.

Jetzt aber droht Amazon mit Nachteilen. Bücher können nicht vorbestellt werden, die Lieferzeit ist länger als nötig. Es sei denn, der Verlag bezahlt.

Dieses Problem hatte die Buchbranche noch nie. Ein normaler Buchhändler würde niemals eine Vorbestellung ablehnen oder den Kunden länger als nötig auf ein Buch warten lassen. Der Buchhändler wäre auch schön dumm, er würde sich ja selbst um sein Geschäft bringen, er müsste befürchten, dass der Kunde zur Konkurrenz läuft. Dieser Selbstschutz des Buchhändlers ließ das System funktionieren.

Gerade der Umstand, dass Amazon hier nicht mehr agiert wie ein normaler Buchhändler, zeigt doch, dass sich Amazon seiner Monopolstellung bereits sehr sicher geworden ist. Konkurrenz fürchtet Amazon nicht mehr. Jetzt kann man allein die Regeln bestimmen. Man hält die Hand auf für die Basisleistung, man lässt sich bezahlen, damit ein selbst inszenierter Nachteil nicht eintritt. Und wer nicht sieht, dass das erst der Anfang ist (und dass es Amazon diese Monopolstellung früher oder später auch den Selbstverlegern spüren lässt), der ist schon ein wenig arg blauäugig.

Vielleicht hat Mara ja zu viele "Sopranos"-Folgen gesehen, aber es ist reine Mafia-Logik zu sagen: Ist doch das gleiche. Die einen zahlen für einen Vorteil, die anderen zahlen halt Schutzbriefgebühren, damit ein bestimmter Nachteil eintritt.
#7 Pisanelli 2014-09-08 09:01
@Serienmike: wenn dem so sein sollte, dass Amazon zur Mafia wird (oder es sogar schon ist) und seine Monopolstellung auszunutzen versucht, hoffe und vertraue ich doch auf den deutschen Rechtsstaat, der sich ganz klar gegen Monopole ausgesprochen hat und bisher auch immer dagegen vorgegangen ist. Das mag schon sein, dass die Wasser der Behörden langsam fließen und man sich der Probleme im Internet noch oder nur unzureichend bewußt ist, doch sind die deutschen Juristen durchaus lernfähig - vor allem, je mehr Zeit vergeht und je mehr sie selbst mit dem Internet aufwachsen. Ich bin da zuversichtlich, dass wir hier keine amerikanischen Verhältnisse kriegen werden. Ich bin mir allerdings auch sicher, dass noch viele Buchläden auf der Straße sterben werden. Der Markt war schon früher zu groß und wird auch weiter schrumpfen. Genauso wie es mit vielen anderen Dingen des täglichen Lebens geht. Kaufhäuser können ein Lied davon singen. Das ist nicht zu verhindern. Das Leben geht weiter und ändert sich. Wer sich nicht selbst ein Online-Angebot aufbaut, hat die Zeichen der Zeit nicht erkannt und ist selber schuld. Da hält sich mein Mitleid in Grenzen.
#8 Kerstin 2014-09-08 09:16
@ Pisanelli:

Wenn ein Konzern so eine Mafia mit Monopolstellung wird, dann sitzen sicherlich genug Politiker in den Aufsichtsräten oder sichern sich über Aktien und andere Methoden ein Stück vom Kuchen. Warum sollten die dann zulassen, dass die Gans geschlachtet wird, die ihnen goldene Eier legt? Da haben die feinen Herren doch mehr davon, der Konkurrenz, sofern sie noch existiert, das Leben schwer zu machen.
#9 Pisanelli 2014-09-09 12:36
Ich habe nicht von Politikern geredet (Gott-sei-Dank besteht unser System nicht nur aus ihnen), sondern von den Juristen. Es gibt Ämter, die Mißbrauch verhindern sollen, die werden für sowas bezahlt. Korruption gibt es natürlich überall. Aber bei korrupten Politikern gilt die Devise: nicht wählen - ansonsten selber schuld. Ich bin ganz sicher, es gibt Alternativen...;) Bis jetzt funktioniert unser System ganz gut. Energiekonzerne weinen gerade furchtbar darüber, dass der Markt nicht eisern regiert werden kann, sondern sich verändert. Nichts ist dazu verurteilt so zu bleiben wie es ist. Vieles dabei liegt an uns (den Verbrauchern) selbst, manches an Menschen, die wir unterstützen können (oder nicht). Von daher, nutzt die Instrumente, die ihr habt. Dieses Rumgejammer jedenfalls finde ich - jämmerlich...
#10 Hermes 2014-09-10 18:47
@ Pisanelli

Also im Bereich Computer/Internet hat das jedenfalls nicht funktioniert. Hier hat Microsoft seine Stellung problemlos dazu benutzen können mit Windows und dem Explorer eine quasi Monopolstellung aufzubauen. Und alle juristischen Auflagen kamen viel zu spät.

Unfehlbar ist die deutsche Justiz übrigens auch nicht.

Und bei den Energiekonzernen werden wir in den nächsten Jahren leider erleben dürfen wie die geschickt die Kosten für die Atommüllendlagerung samt allem, was daran hängt, an die Allgemeinheit abtreten.

Es wird eben nicht alles automatisch gut. Und Menschen, die da mal mit dem Finger auf die kritischen Stellen zeigen, "jammern" auch nicht rum, sondern sind wichtig für unsere Gesellschaft.

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