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Homo Sapiens 2.0

1Homo Sapiens 2.0

Es ist nicht so ganz klar, an welchem Punkt der Mensch als Spezies aufgehört hat, sich an die Umgebung anzupassen, und damit anfing, seine Umgebung an seine Bedürfnisse anzupassen. War es der Faustkeil? Der Beutel, in dem dieser Faustkeil und andere Besitztümer verstaut wurden? War es die Kontrolle über das Feuer?

Die biologische Evolution ist jedenfalls für Homo Sapiens entweder zum Stehen gekommen oder läuft auf Sparflamme weiter.

Das große Sterben

Menschen haben ein begrenztes Spektrum an Haar-, Augen- und Hautfarben, wachsen überwiegend zu Körpergrößen zwischen ungefähr fünf und sieben Fuß heran, und wenn die Lebensumstände es zulassen, können sie einhundert Lebensjahre erreichen und knapp überschreiten. Menschen entwickeln keine Kiemen, kein zweites Paar Arme, keinen Greifschwanz und können ihre Füße nur mit viel Training dazu bringen, die Rolle einer fehlenden Hand zu übernehmen - wie die wahre Geschichte von Christy Brown beweist, die 1989 als "Mein linker Fuß" verfilmt wurde.

Die Science Fiction beschäftigt sich seit ihren frühesten Tagen damit, ob und wie Menschen sich mit genügend Zeit weiterentwickeln - sowohl biologisch als auch gesellschaftlich. Verbreitet ist die Befürchtung, dass der neue Mensch sprunghaft durch Mutation auf der Bühne erscheint und seine veraltete Vorgänger einfach verdrängt wie der Cro-Magnon-Mensch den Neanderthaler.

"Gattaca" zeigte 1997 eine Welt, in der die DNS-Analyse es möglich machte, schon in einem sehr frühen Stadium eines Embryos genetisch bedingte Schwächen zu entdecken - allerdings nicht, sie zu beheben. Statt dessen haben werdende Eltern die Wahl, den im Reagenzglas gezeugten Nachwuchs auszusondern, wenn er Anlagen für Kurzsichtigkeit, Herzschwäche oder auch sehr viel ernstere Gendefekte aufweisen sollte. Wenn die Eltern jedoch darauf verzichten und das werdende Kind so nehmen, wie es das genetische Roulette erschaffen hat, dann wird dieses Kind ein schweres Leben zweiter Klasse haben - so wie der Protagonist Vincent Freeman, der das System mit Kontaktlinsen, Blut- und Urinproben Tag für Tag überlisten muss, um seinem Traum näher zu kommen.

Im Computerspiel "Mass Effect" hat die Menschheit die Forschung weit genug vorangetrieben, um genetisch bedingte Schwächen nicht nur sehr früh zu erkennen, sondern sie auch abzustellen. Es herrscht jedoch Konsens, dass die Gentherapien zum Einsatz kommen dürfen und sollen, um Defekte zu korrigieren und natürliche Begabungen zu verstärken - nicht jedoch, um Menschen mit Fähigkeiten aufzurüsten, die sie von Natur aus nicht haben. Eine Therapie für mehr Muskelmasse ist legal - eine Therapie, die es Menschen erlaubt, Zellulose zu verdauen, ist es nicht.

Star Trek kennt die genetisch verbesserten Augments - und das Projekt ist nicht gut gelaufen. Oh ja, die Augments sind besser als Homo Sapiens. Und zwar, wie Khan Noonian Singh es in "Star Trek: Into Darkness" unübertrefflich auf den Punkt brachte:


James T. Kirk: Warum würde ein Admiral der Sternenflotte einen vor 300 Jahren eingefrorenen Mann um Hilfe bitten?
Khan: Weil ich besser bin.
James T. Kirk: In was?
Khan: In allem.

Deswegen sehen die Augments auch überhaupt nicht ein, dass sie folgen sollen anstatt zu führen. Und wehe dem, der ihnen und ihrer Bestimmung im Weg steht, ob absichtlich oder durch Zufall.

Natürlich gibt es auch noch einen anderen Weg zur Selbstoptimierung. Wenn der Geist willig ist und das Fleisch schwach - fort mit dem Fleisch! Es muß ja nicht gleich das komplette Upgrade der Cybermen aus Dr. Whos Universum sein. Graduelle Verbesserungen gefällig? Beginnen wir mit etwas Einfachem wie einem Herzschrittmacher oder einem Hörgerät; Technik, die das Leben verlängert und die Lebensqualität verbessert. Ein ordentlicher Schritt weiter ist die Tiefe Hirnstimulation. die 1995 zur Behandlung der Symptome der Parkinson-Krankheit zugelassen wurde und bei der Elektroden ins Hirn implantiert werden, die Impulse an die Zielregion des Gehirns abgeben; der dazugehörige Neurostimulator wird je nach Wunsch des Patienten meist unter dem Schlüsselbein oder dem Rippenbogen eingepflanzt und kann von außen fernbedient werden.

Ebenfalls Stand der Technik sind Handprothesen, die Signale von den Muskeln auf der Hautoberfläche des Armstumpfes auslesen und die Ersatzhand darüber steuern. Auch die Steuerung von Geräten über Gehirnimpulse ist inzwischen möglich; die Eidgenössische Technische Hochschule in Zürich richtet den Cybathlon aus, einen Wettbewerb, bei dem Menschen mit Behinderungen mit Unterstützung durch moderne Assistenzsysteme "alltagsrelevante Aufgaben" lösen.
https://cybathlon.ethz.ch/de

Die Wiederherstellung verlorener Fähigkeiten ist dabei ethisch allgemein akzeptiert. Die Verbesserung über das natürliche Maß hinaus ist es nicht. Im Sport bekannt ist die Einnahme leistungssteigernder Substanzen (Doping) oder spezieller Präparate für schnelleren und stärkeren Muskelaufbau. Allerdings erinnert sich mancher Leser noch an Oscar Pistorius, den südafrikanischen Läufer ohne Beine. Auf seinen Spezialprothesen gewann er ab 2004 mehrfach Goldmedaillen bei den Paralympics und wollte sich schließlich mit nichtbehinderten Läufern messen. Für die olympischen Spiele 2008 in Peking wurde er nach einem Gutachten nicht zugelassen. 2011 qualifizierte er sich dann aber für die Leichtathleitk-Weltmeisterschaft und 2012 trat er bei den Olympischen Spielen in London für Südafrika an.
Damals wurden Befürchtungen geäußert, dass ein überragender Erfolg Pistorius' dazu führen könnte, dass Sportler in manchen besonders erfolgsorientierten Nationen "Unfälle" erleiden könnten, in deren Folge sie ebenfalls mit High-Tech-Prothesen trainieren und antreten müssten - falls sie sich nicht sogar selbst zu diesem Zweck verstümmelten.

Das war jedoch nicht immer so. In den technologiebegeisterten 1970er Jahren entstand nach dem Roman "CYborg" von Martin Caidin eine Fernsehserie mit dem Stuntman Lee Majors als Colonel Steve Austin, ehemaliger Testpilot, der nach einem schweren Flugunfall wieder aufgebaut wurde: mit einem künstlichen rechten Arm, zwei künstlichen Beinen und einem künstlichen Auge. Das Intro von "Der Sechs-Millionen-Dollar Mann führt aus:

"We can rebuild him. We have the technology. We can make him better than he was. Better...stronger...faster."

Am Rand des blauen Nebels

Wie sieht es aber im Perryversum aus?
Die Menschheit hat sich über das All ausgebreitet. Dabei hat es durchaus Mutationen gegeben, in manchen Fällen sogar eine Anpassung an diese neuen Welten: Ertruser, Epsaler, Oxtorner mussten mit einer neuen Heimat zurechtkommen, die erheblich höhere Schwerkraft aufwies als die Erde. Die Siganesen fielen einer ungewöhnlichen Strahlung im Spektrum ihrer Heimatsonne zum Opfer und wurden immer kleiner. Imarter (wie die Woolver-Zwillinge) zeichnen sich durch grüne Haut und einen tonnenförmigen Brustkorb aus. Bei der Ursprungsserie ging das noch mit oft schmerzhafter Anpassung über etliche Generationen vor sich, in PRNeo kam gezielte Genmanipulation zum Einsatz.

Einen noch radikaleren Ansatz präsentierte Hans Kneifel in seinem Taschenbuch "Am Rand des Blauen Nebels". Die Arbeit von Dr. Stuart Rushbrook ermöglicht die Anpassung eines Menschen an völlig fremde Umwelten, und das wird auch nötig, als eine kleine Gruppe Terraner durch einen Unfall 23,5 Millionen Lichtjahre von der Milchstraße entfernt in einem Sonnensystem stranden. Der einzig erreichbare Planet weist die dreifache Schwerkraft der Erde auf, dazu den 20fachen Luftdruck und zu guter Letzt eine Stickstoffatmosphäre.

Dennoch waren die Menschen all die Jahrtausende über eigentlich mit dem zufrieden, was ihnen das genetische Roulette so präsentierte. Einen einzigen Ausreißer gab es in der Evolution, und dieses Auftreten des sogenannten "Homo Superior" im 35. Jahrhundert war nur ein sehr kurzes Gastspiel; eine Feinjustierung der galaktischen Gravitationskonstante durch den Schwarm machte ihnen den Garaus.

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