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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Frank Leslie?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Frank Leslie?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 14. November 1882 torkelte ein angetrunkener , randalierender Billy Claiborne, ein nicht unbekannter, berüchtigter Revolvermann in der wilden Silberminenstadt Tombstone in Arizona, durch die Tür des „Oriental Saloon“, An der Theke pöbelte er andere Gäste an und bestellte Whiskey. Hinter der Theke stand ein mittelgroßer, breitschultriger Keeper namens Frank Leslie, der Claiborne aufforderte, zu verschwinden. Er schnappte sich den jungen Outlaw, der eine sehr unrühmliche Rolle während der Earp-Clanton-Fehde und dem Duell im OK-Corral gespielt hatte, am Kragen, führte ihn zur Tür und warf ihn auf die Straße. Claiborne beschimpfte Leslie unflätig.

Innerhalb einiger Minuten wurde Leslie auf den Stepwalk gerufen. Claiborne war zurück und hatte ein Gewehr bei sich. Leslie warnte ihn, aber Claiborne eröffnete das Feuer, ohne Leslie zu treffen. Leslie zog einen Revolver und schoss. Er traf Claiborne in die Brust. Der stolperte auf ihn zu und lallte: „Hör auf zu schießen, ich bin tot.“ Dann stürzte er und starb.

Leslie nahm nicht einmal seine Zigarette aus dem Mund. Er wartete auf den Leichenbeschauer. Die Jury urteilte „Selbstverteidigung“, und Leslie kehrte ungerührt zurück zur Theke.

Leslie war ein berüchtigter Mann. Geboren am 18. März 1842 in Texas, hatte er als Armee-Scout, Berufsspieler, Saloonkeeper, Rancher, Minenarbeiter und Betrüger sein Geld verdient. Über die erste Hälfte seines Lebens ist nichts bekannt. Danach war er ständig in Streitereien verwickelt. Seine eigenen Erzählungen über sein Leben waren höchst abenteuerlich, aber nichts davon entsprach offenbar der Wahrheit. Als Teenager diente er angeblich in der Konföderierten Armee. Nach dem Bürgerkrieg war er angeblich Scout in der US-Armee. Er behauptete, er sei zur See gefahren und als Kunstschütze aufgetreten, er habe in Heidelberg Medizin studiert und sei in West Point militärisch ausgebildet worden. Nichts ist dokumentierbar. Angeblich hatte er als Barkeeper in San Francisco gearbeitet. Sicher ist nur, dass er 1880 in Tombstone auftauchte. Aufgrund seiner fransenbesetzten Hirschlederjacke wurde er „Buckskin“ genannt. Mehrere Frauenaffären brachten ihn in Schwierigkeiten. Er knüpfte eine Beziehung zu einer gewissen Mary Jane Killeen, deren Ehemann ihn erschießen wollte. Leslie tötete den eifersüchtigen Mann und wurde wegen „Notwehr“ freigesprochen. Eine Woche später heiratete er Mary Jane, die Witwe Killeens.

Wenig später versuchte er, einem gewissen James Young den ertragreichen Silberclaim zu stehlen. Young vertrieb ihn mit vorgehaltener Schrotflinte. Kurz darauf versuchte Leslie, Young hinterrücks zu erschießen. Der Anschlag misslang. Dann folgte die Claiborne-Affäre. Alle diese Vorfälle sprachen sich herum und machten klar, dass Frank Leslie ein hochgefährlicher und skrupelloser Mann war.

Ende 1882 kaufte Leslie mit Milton Joyce die Magnolia Ranch in den Ausläufern der Swissheim Mountains. Leslie erwarb 1885 den Anteil von Joyce, aber er wurde damit nicht glücklich und suchte schon im kommenden Jahr wieder eine Anstellung als Scout bei der Armee. 1886 schrieb der „San Francisco Chronicle“ über ihn: „Der berühmte Scout Frank Leslie, bekannt als „Buckskin Frank“, zur Zeit Zollinspektor traf gestern Abend hier ein. Mr. Leslie war für viele Jahre Chefscout und genießt das Vertrauen von General Crook. Er ist persönlich bekannt mit Geronimo und anderen führenden Häuptlingen. … Er führte letzten Sommer lange Verhandlungen mit feindlichen Stämmen auf dem Kriegspfad und mit General Crooks Stab.“

Nachdem er im Juli 1886 seine Frau mit Birdie Wood betrogen hatte, reichte Mary Jane die Scheidung ein. Sie sagte vor Gericht aus, dass Leslie sie häufig geschlagen habe. Die Scheidung wurde 1887 wirksam, und Leslie wurde verurteilt, seiner Frau 650 Dollar zu zahlen.

Bis 1889 lebte er mit einer anderen Frau – Mollie Edwards – auf seiner Ranch, bis er sie eines Tages zusammen mit einem anderen Mann antraf. Ohne zu zögern, zog Leslie seinen Revolver, feuerte und tötete die Frau mit dem ersten Schuss. Den Mann traf er mit zwei Schüssen, aber der konnte sich retten.

Leslie wurde verhaftet und wegen Mordes an Mollie Edwards vor Gericht gestellt. Im Januar 1890 bekannte er sich schuldig und wurde zu einer lebenslangen Strafe im Zuchthaus Yuma verurteilt. Er zog als Häftling Nr. 632 in das gefürchtete Zuchthaus ein und war schon drei Monate später an einem erfolglosen Ausbruchsversuch beteiligt. Die Disziplinar-Maßnahmen nach diesem Zwischenfall machten Leslie zu einem Mustergefangenen. Er begann einen romantischen Briefwechsel mit einer Frau in Kalifornien.

Am 17. November 1886 wurde er durch den Gouverneur von Arizona begnadigt. Danach ging Leslie nach Kalifornien.

Hier beantragte seine bisherige Brieffreundin – Belle Stowell – eine Hochzeitslizenz. Ob es zur Heirat kam, ist nicht sicher. Jedenfalls beantragte seine Braut im März 1903 die Scheidung. Getrennt hatte sich das Paar viel früher. Schon 1897 arbeitete Leslie wieder als Barkeeper in Fort Worth, Texas. 1998 tauchte Leslie in den Goldfeldern von Alaska auf.

Bei Ausbruch des Amerikanisch-Spanischen Krieges meldete er sich zu Teddy Roosevelts Rough Riders. Dort wurde er verwundet – zumindest so viel ist sicher.

Dieser Zeit folgten weitere Stationen als Gold- und Silbersucher in Mexico. Dann führte er eine Vermessungsexpedition im amerikanischen Südwesten. Immer wieder berichtete der „San Francisco Chronicle“ über sein Erscheinen in Kalifornien. Im November 1913 heiratete er Elnora Cast in Napa. Im Jahr zuvor hatte er eine Heimstätte beantragt. 1920 ließ er sich in Seattle im Bundesstaat Washington nieder. Da war er wieder ohne Frau. Man weiß, dass Elnora, seine letzte Frau, 1932 starb. Was aus Frank Leslie geworden war, wusste kein Mensch. Einige Quellen geben an, er sei um 1930 in San Francisco gestorben. Who knows?

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, 22/4Die kommende Ausgabe

 

 

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