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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Edward Degener?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Edward Degener?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 11. September 1890 starb in San Antonio einer der bedeutendsten deutschstämmigen Politiker in den USA: EDWARD DEGENER.

Geboren worden war er am 20. Oktober 1809 in Braunschweig. Degener studierte hier und in England. Von Jugend an war er politisch aktiv. Er wurde zweimal in das regionale Parlament von Anhalt-Dessau gewählt und war 1848 Abgeordneter in der ersten deutschen Nationalversammlung in Frankfurt. Als führende Gestalt der deutschen Revolution war er gezwungen, 1850 seine Heimat zu verlassen. Er siedelte sich in Sisterdale (Texas) an, im sogenannten „Hill Country“ westlich von San Antonio, wo bereits viele deutsche Siedler zuhause waren, die seit 1844 vom „Mainzer Adelsverein“ in die Neue Welt geschickt worden waren.

Degener begann mit dem Aufbau einer Farm, engagierte sich aber auch sofort wieder öffentlich. Er war Gründungsmitglied der Republikanischen Partei in Texas und unterstützte Abraham Lincolns Präsidentschaftskandidatur.

Degener war in Deutschland für nationale Einheit eingetreten und dafür verfolgt worden. Er wurde zum wortgewaltigen Gegner einer Abspaltung der Südstaaten von der Union. Schon vorher hatte er sich öffentlich gegen Sklavenhaltung ausgesprochen. Damit befand er sich auf einer Linie mit dem Gouverneur von Texas, Sam Houston, der aufgrund der Gegnerschaft zur Bildung der Konföderierten Staaten sein Amt verlor. Fast alle Deutschen in Texas lehnten die Konföderation ab und standen in Treue zu den Vereinigten Staaten. Zahlreiche junge Deutsche machten sich in den Jahren nach 1861 auf den Weg nach Norden, um in die Unionsarmee einzutreten.
Als eine dieser Gruppen, die über Mexiko nach New Orleans gelangen und Soldaten der US-Armee werden wollten, am 10. August 1862 am Nueces River von Texanern abgefangen und massakriert wurden, verlor Degener zwei seiner Söhne – Hugo und Hilmar Degener –; sie wurden hier von Konföderierten erschlagen.

1929 nannte die Zeitung DALLAS MORNING NEWS das Massaker am Nueces „den schwärzesten kriminellen Akt in der texanischen Kriegsgeschichte.“

Edward Degener wurde im Anschluss verhaftet und vor ein Militärgericht gestellt. In der Anklage hieß es, dass er „eine gefährliche, aufrührerische und umstürzlerische Person“ sei, da er mit bekannten Unterstützern der Union korrespondierte und seine Söhne ermutigt habe, in die Unionsarmee einzutreten. Degeners Anwalt stellte die Legalität der Anklage und des Gerichts in Zweifel, aber Degener wurde zu einer Strafe von 5.000 Dollar verurteilt und blieb bis zum Ende des Krieges unter Arrest.

Nach dem Sieg der Union wurde er sofort wieder politisch aktiv und in den Kongress in Washington gewählt. Hier amtierte er für zwei Wahlperioden. Danach zog er in den Stadtrat von San Antonio ein, dem er von 1872 bis 1878 angehörte.

Edward Degener, der ein Handelsgeschäft betrieb, kaufte in den 1870er Jahren ein Stück Land in der Nähe des Nueces-Massaker-Gebiets und sorgte zusammen mit William Heuermann und Eduard Steves – die ebenfalls Söhne bei dem Massaker verloren hatten – für die Errichtung des Mahnmals „Treue der Union“, das seit dem 29. November 1978 im Nationalregister von Texas steht.

Das Massengrab ist eine von nur 5 Gedenkstätten in ganz Amerika, über der die Flagge permanent auf Halbmast stehen darf – und es ist die alte Unionsflagge mit nur 36 Sternen.
Edward Degener starb im Alter von 81 Jahren in San Antonio und liegt hier auch begraben.
Heute sagen noch immer 18% der Texaner, dass sie deutsche Vorfahren haben.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2020Die kommende Ausgabe

 

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