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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Crawford Goldsby?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Crawford Goldsby?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler wird der Zauberspiegel diese Beiträge übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 17. März 1896 starb am Galgen des Bundesgerichts von Fort Smith (Arkansas) einer der gefährlichsten Gesetzlosen des ausklingenden Wilden Westens. Sein Name war Crawford Goldsby – besser bekannt wurde er der Welt als „Cherokee-Bill“. Er bestieg den Galgen wegen 8-fachen Mordes. Unter den Opfern war sein eigener Schwager. Er und seine Bande hatten zwei Jahre lang das Indianerterritorium Oklahoma heimgesucht und eine Blutspur hinterlassen, die bis heute nicht vergessen ist.

Cherokee-Bill war am 8. Februar 1876 in Fort Concho (Texas) geboren worden, wo sein Vater, George Goldsby, als Sergeant der 10. US-Kavallerie diente; er war einer der legendären „Buffalo Soldiers“, der schwarzen Soldaten in den Indianerkriegen. Seine Mutter war eine Cherokee-Frau mit teilweise afro-amerikanischem Familienhintergrund. George Goldsby hatte als Sklave eines konföderierten Offiziers den Bürgerkrieg mitgemacht, war bei Gettysburg geflüchtet und hatte sich der Unionsarmee angeschlossen. 1867 war Cherokee-Bills Vater einer der ersten gewesen, die in die neue 10. Kavallerie eingetreten waren. 1872 hatte er es zum Stabsfeldwebel gebracht.

1878 desertierte er und ging mit seiner Familie ins Indianerterritorium. Den jungen Crawford gaben er und seine Frau in die Obhut einer älteren schwarzen Frau in Fort Gibson. Mit 7 Jahren wurde der Junge in die Indianerschule von Cherokee in Kansas geschickt, und 3 Jahre später zog er in das katholische Internat Carlisle in Pennsylvania. Mit 12 Jahren kehrte er nach Fort Gibson zurück. Inzwischen hatten sich seine Eltern getrennt. Seine Mutter hatte erneut geheiratet, diesmal einen schwarzen Soldaten der 9. US-Kavallerie. Sie selbst hatte eine Anstellung der Armee als Wäscherin erhalten. Die Familie war zunächst in Fort Davis (Texas) und später in Fort Apache (Arizona) stationiert.

Crawford Goldsby und sein Stiefvater hatten ständig Konflikte miteinander, so dass der junge Mann sich immer weniger daheim aufhielt. Er geriet zunehmend in schlechte Gesellschaft. Mit 15 verließ er seine Eltern und zog zu seiner Schwester nach Oklahoma. Auch mit deren Ehemann kam er nicht zurecht und ging zurück nach Fort Gibson, wo er begann, sich mit Aushilfsjobs durchzuschlagen.

Endgültig auf die schiefe Bahn geriet Crawford mit 18 Jahren. Bei einer Tanzveranstaltung begann er einen heftigen Streit mit einem Bekannten namens Jake Lewis, den er ein paar Tage später kurzerhand niederschoß. In dem Glauben, Lewis umgebracht zu haben, flüchtete Goldsby aus Fort Gibson und versteckte sich in der Reservation der Creek- und Seminole-Indianer, wo er sich mit den beiden Cherokee Jim und Bill Cook anfreundete, die wegen verschiedener Räubereien gesucht wurden.

In der Zwischenzeit gab es gegen Goldsby einen Haftbefehl wegen des Mordversuchs an Jake Lewis.

Am 17. Juni 1894 spürte Sheriff Rattling Gourd die drei Männer mit einem Aufgebot auf. Es kam zu einer Schießerei, bei der Goldsby den Deputy-Sheriff Sequoyah Houston tötete. Augenzeugen, die Goldsby schützen wollten, sagten hinterher aus, die Schüsse habe ein gewisser „Cherokee-Bill“ abgefeuert. Von diesem Tag an war das Goldsbys Spitzname.

Nach dieser Schießerei traten die Cooks und Cherokee-Bill, gelegentlich durch weitere Männer verstärkt, als „Cook Gang“ auf und begannen einen regelrechten „Feldzug“ durch Oklahoma. Sie überfielen Banken, beraubten Postkutschen und Geschäfte und gingen jedesmal mit äußerster Gewalt vor. Wer immer sich ihnen in den Weg stellte, wurde gnadenlos niedergeschossen. Bald sprach niemand mehr von den Cook-Brüdern, sondern nur noch von Cherokee-Bill, der sich durch besondere Rücksichtslosigkeit hervortat.

Im Juli 1894 überfielen sie die Bahnstation von Nowata; Cherokee-Bill tötete den Stationsleiter. Der nächste Überfall fand auf ein Geschäft in Lenapal statt. Dabei wurde ein unbeteiliger Passant erschossen. Danach gab das Bundesgericht in Fort Smith einen Steckbrief heraus, mit dem auf Cherokee-Bills Kopf eine Belohnung von 1.300 Dollar ausgesetzt wurde.

Es folgten Überfälle auf ein Geschäft in Wetumka mit einer Beute von 34 Cents! Im Juli 1894 überfielen die Banditen die Wells-Fargo-Agentur in Red Fork und eine Eisenbahn. Am 30. Juli 1894 stürmten sie die Bank in Chandler und erschossen einen Mann. Im September 1894 erschoß Goldsby seinen Schwager Joseph Brown in einem heftigen Streit über das elterliche Erbe. Es folgten weitere Überfälle auf Eisenbahnen und General Stores, sowie ein Postamt in Watova.

Die Beute war jeweils klein, manchmal 100, manchmal 500 Dollar.

Die Fahndung auf ihn und seine Kumpane wurde intensiviert. Am 31. Januar 1895 wurde er gestellt und ins Gefängnis nach Fort Smith gebracht.

Richter Isaac Charles Parker verurteilte ihn am 13. April 1895 zum Tode. Sein Anwalt legte Einspruch ein. Im Juli schmuggelte ein Freund einen Revolver in Goldbys Zelle. Der Ausbruchsversuch scheiterte, aber Goldsby schoß dabei einen Wärter nieder.

Es kam zu einem zweiten Prozeß, bei dem Richter Parker ihn abermals zum Tode verurteilte. Erneut legte sein Anwalt Berufung ein, die im Dezember vom Obersten Gericht verworfen wurde.

Am 17. März 1896 wurde Cherokee Bill aus seiner Zelle geholt. Der 20jährige Outlaw hatte ein letztes Frühstück und ein Gespräch mit einem katholischen Priester. Gegen 14 Uhr wurde er zum Galgen geführt. Auf der Plattform wurde er gefragt, ob er noch etwas zu sagen habe. Er antwortete: „Ich bin hier um zu sterben, nicht um Reden zu halten.“

12 Minuten später war er tot. Sein Leichnam wurde in die Cherokee-Reservation in Oklahoma gebracht und auf dem Cherokee Nationalfriedhof beerdigt.


Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, September 2019Die aktuelle Ausgabe

 

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