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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit dem Tod von Daniel Boone?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit dem Tod von Daniel Boone?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Am 26. September 1820 starb der „wahre Lederstrumpf“ – Daniel Boone. Ein Mann, der zum Mythos wurde und noch heute in Nordamerika als einer der größten Entdecker und Pioniere gilt. Fraglos war er einer der ersten, die das Tor zum amerikanischen Westen aufstießen. Wenige Namen sind in der populären amerikanischen Folklore so identitätsstiftend wie Daniel Boone.

Boone entstammte einer schottischen Familie. Er kam am 2. November 1734 als sechstes Kind von Squire und Sarah Boone in Pennsylvania zur Welt. Insgesamt brachte es die Familie auf 11 Kinder. Frühzeitig mußte er auf den Feldern der Familie arbeiten und wurde schon als Kind auf die Jagd geschickt. Die Boones waren Quäker. Als zwei seiner Geschwister außerhalb der Gemeinschaft heirateten, kam die Familie in Schwierigkeiten und zog nach North Carolina. Hier lernte Daniel die 15jährige Rebecca Bryan kennen. Nach seinem Dienst in der Miliz im French-&-Indian War – er machte Braddocks katastrophalen Marsch nach Fort Duquesne als Wagenlenker mit – heirateten er und Rebecca. Die Ehe hatte 56 Jahre Bestand.

Daniel verdiente im wesentlichen Geld als Häutejäger. Er drang als einer der ersten weißen Männer tief in die Wälder Tennessees vor. Er durchstreifte die Blue Ridge Mountains und die östlichen Alleghenies. Die gewaltigen Cumberland Mountains schienen unüberwindbar. Doch er stieß 1769 auf einen alten Pfad der Cherokee und Shawnee, der eine sichere Passage darstellte. Boone hatte das „Cumberland Gap“ gefunden – damals das „Tor zum Westen“. Boone berichtete später: „Von der Spitze einer Anhöhe schauten wir mit Wohlgefallen in das herrliche Kentucky.“

Zwei Jahre brach er mit seiner Familie, sowie einigen Angehörigen der Bryans nach Westen auf. Unweit des Powell Valleys schickte Daniel seinen 16 Jahre alten Sohn James und einige andere junge Männer zurück, um weitere Ausrüstungen zu holen. Nach nur 3 Meilen wurde die kleine Gruppe von Indianern überfallen. James Boone und Henry Russell wurden zu Tode gemartert. Der Plan war zunächst gescheitert. Aber der Wunsch, die Siedlungsgrenze weiter nach Westen zu verschieben, blieb bestehen. Als die „Transylvania-Siedlungsgesellschaft“ entstand, verhandelte Boone mit den Cherokee über eine Landabtretung und führte 1775 eine Gruppe Holzfäller ins heutige Tennessee, um einen Weg durch das Waldland zu schlagen. (Heute führt hier teilweise der US-Highway 58 nach Südwest-Virginia.) Am Kentucky River entstand die befestigte Siedlung Boonesborough.

Zu dieser Zeit war bereits der Unabhängigkeitskrieg gegen England im Gang. In Boonesborough wußte kein Mensch etwas davon. Allerdings begannen bald Angriffe von Indianervölkern, die mit der englischen Krone verbündet waren. Viele Siedler gaben auf und kehrten zurück nach Nordosten. Jene, die blieben, lebten in ständiger Angst. Drei junge Mädchen, darunter Daniels Tochter Jemima, wurden zeitweise von Shawnee entführt - ein Ereignis, das James Fenimore Cooper später als Beispiel in seinem Roman „Der letzte Mohikaner“ diente.

Im Januar 1778 brach Daniel Boone mit 30 Männern zu den Mineralquellen von Blue Licks auf, um dort Salz zu kochen. Hier wurde er von Shawnee gefangengenommen. Ihr Häuptling war Blackfish. Boone gelang es, mit ihm zu verhandeln, Boonesborough zu verschonen. Die Gefangenen kamen frei. Nicht aber Daniel Boone. Blackfish war stolz auf seinen berühmten Gefangenen. Er adoptierte Boone unter dem Namen Sheltowee (Big Turtle = Große Schildkröte) als seinen Bruder.  

Daniel Boone hatte keine Probleme, sich der indianischen Lebensweise anzupassen. Er hatte sein Leben lang mit den verschiedensten Völkern zu tun gehabt, und als Mann der Wälder unterschied sich seine Denkweise nicht so stark von der ihren. Aber er wollte zurück zu seiner Familie.  

Im Juni flüchtete er und legte etwa 160 Meilen in nur 4 Tagen und Nächten zu Fuß zurück. Anfang September rückte Blackfish mit einer Streitmacht aus Indianern und Franco-Kanadiern an, um die Siedlung einzunehmen. Tagelang krachten die Gewehre. Als die Angreifer aufgaben, zählte Boone 37 tote Feinde und viele Verletzte. Innerhalb der Palisaden von Boonesborough waren nur zwei Männer ums Leben gekommen.  

Für den amerikanischen Unabhängigkeitskrieg war dieser Sieg von strategischer Bedeutung. Eine Niederlage von Boonesborough hätte das Ende aller vorgeschobenen amerikanischen Siedlungen im Westen und eine vollständige Kontrolle der westlichen Front entlang der Appalachen und des oberen Mississippi durch England zur Folge gehabt.

1782 griffen Anhänger der britischen Krone, darunter der berüchtigte Simon Girty, die Siedlung der Familie Bryan an. Daniel Boone schickte 150 Mann aus Boonesborough zur Rettung seiner Verwandten aus. Die Entsatztruppe geriet am 19. August 1782 am Licking River in einen indianischen Hinterhalt. Binnen weniger Minuten fielen über 60 Kentuckier, darunter Daniel Boones Sohn Israel. Die Schlacht von Blue Licks war der letzte Kampf des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges.

Die jetzt folgende dichtere Besiedelung trieb Boone weiter nach Westen. Am Ohio River errichtete er einen Trading Post. Zeitweise wurde er ins Parlament von Kentucky gewählt. Er verdiente Geld als Landvermesser und Makler. Letztere Tätigkeiten sollten ihn ruinieren, da ihm die juristischen Regeln des Landverkaufs nicht geläufig waren. Nominell gehörten ihm 2.000 Acres Land. Doch Boone verlor das meiste davon, weil er sich nie um eine ordnungsgemäße Registrierung gekümmert hatte. 1798 beschlagnahmte Kentucky seine restlichen Ländereien wegen rückständiger Steuern.  

Noch im selben Jahr lud ihn der Governor des Spanisch beherrschten Territoriums Louisiana ein, sich in seiner Region niederzulassen. Im Oktober 1799 erreichten die Boones St. Louis. Die Spanier hießen den Mann, dessen Name längst über alle Grenzen berühmt war, mit einer Flaggenparade willkommen. Jedem Familienmitglied wurden 400 Acres Land zugestanden. Doch als das sogenannte „Louisiana Territorium“ 1803 an die USA verkauft wurde, wurde Boones spanische Landschenkung zunächst nicht anerkannt. Nachdem der amerikanische Kongreß seinen Besitz schließlich bestätigte, standen nur wenige Tage später einige Siedler aus Kentucky vor seiner Tür und behaupteten, dass er ihnen aus seiner Zeit als Landmakler Geld schulde. Boone musste alles, Parzelle für Parzelle, verkaufen. Nur seinen Kindern blieb das von den Spaniern verliehene Landrecht.  

Obwohl fast 80 Jahre alt, zog er wieder auf Pelzjagd in die Wälder im Westen. Seine letzten Jahre verbrachte er im Haus seines jüngsten Sohnes Nathan in der Nähe von Defiance, Missouri. Hier starb Daniel Boone am 26. September 1820, wenige Wochen vor Vollendung seines 86. Lebensjahres.  

Angeblich wurde der als „Vater von Kentucky“ angesehene Boone 1845 von Missouri nach Kentucky überführt. Ob er heute wirklich dort in seinem Grab liegt, ist allerdings umstritten.

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, Dezember 2018Die aktuelle Ausgabe

 

 

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