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Eine Frage an ... Dietmar Kuegler: Wie war das mit Adolph »Ad« Toepperwein?

Eine Frage an Dietmar KueglerWie war das mit Adolph »Ad« Toepperwein?

Dietmar Kuegler erinnert auf Facebook immer wieder an bestimmte Daten und Ereignisse der amerikanischen Geschichte. Diese mehr oder weniger kurzen Vignetten sind interessant und ausgesprochen informativ und auf jeden Fall lesenswert.

In Absprache mit Dietmar Kuegler werden wir diese Beiträge im Zauberspiegel übernehmen.

Dietmar KueglerDietmar Kuegler: Heute möchte ich einmal nicht an ein großes historisches Ereignis oder eine Person, die wegen besonders bedeutender Leistungen in die Geschichtsbücher eingegangen ist erinnern, sondern an einen Menschen, der nur mit einem bestimmten Talent aus der Masse der Amerikaner hervorstach und damit auf seine Weise die Pionierzeit im alten Westen repräsentierte.

Vor 56 Jahren, am 4. März 1962, starb Adolph „Ad“ Toepperwein (auch Topperwein), fraglos der beste Kunstschütze Amerikas und vielleicht sogar der Welt.

Der Sohn der deutschen Emigranten Emil Albrecht Ferdinand Toepperwein aus Neu-Ruppin (Brandenburg) und Johanna Bergmann-Toepperwein kam am 17. Oktober 1869 in der von deutschen Siedlern geprägten Gemeinde Boerne in Texas zur Welt. Zu dieser Zeit gab es noch Kämpfe mit Apachen und Comanchen.

Kurz nach seiner Geburt siedelte die Familie ins Bexar County über, wo Emil Toepperwein eine Büchsenmacherwerkstatt eröffnete. Adolph, den alle nur „Ad“ nannten, war aufgrund des Berufs seines Vaters – der einen Ruf als erstklassiger Handwerker hatte – von Kindesbeinen an den Umgang mit Waffen gewöhnt. Früh zeigte sich sein Talent als Schütze.

Als er 13 Jahre alt war, starb sein Vater. Der Junge suchte sich Arbeit in San Antonio, um die Familie zu unterstützen. Er erhielt zunächst einen Job in einem Haushaltswarengeschäft und verdiente sich dann sein Geld als Zeichner der örtlichen Tageszeitung. Als er eine Vorführung des bekannten Kunstschützen William Frank „Doc“ Carter sah, war er überzeugt, daß er mit seinem Talent diesen Mann übertreffen konnte. 1889 kündigte er seine Anstellung beim „San Antonio Express“, führte seine Schießkünste dem Varieté-Manager George Walker vor und reiste mit diesem nach New York. Hier erhielt er ein Engagement in einem Zirkus und tourte 8 Jahre durch die USA und Mexiko.

Im Jahr 1900 kehrte Toepperwein nach San Antonio zurück und arbeitete zeitweise als Vertreter. Ab 1901 aber begann seine einzigartige Karriere als Werbeschütze für die Firma WINCHESTER. Diese Verbindung sollte 50 Jahre andauern. Er präsentierte „The Gun that won the West“ – das Gewehr, das den Westen eroberte – im Stil der Pionierzeit und sorgte dafür, daß der Ruhm, den Winchester-Gewehre im „Wilden Westen“ erworben hatten, nicht verblaßte. Er hielt den Mythos am Leben.

Bei einem Besuch des Unternehmens in New Haven (Connecticut) 1902 lernte er die junge Elizabeth Servaty kennen, die hier als Sekretärin arbeitete. Sie hatte bis dahin nie ein Gewehr abgefeuert, aber ihr Interesse an Ad Toepperwein brachte sie dazu, ihm zu assistieren – und sie entwickelte erstaunliche Fähigkeiten als Schützin. 1903 heirateten sie und gingen von da an als „The Famous Toepperweins“ oder „The Wonderful Toepperweins“ auf Tournee.

Während Adolph zum Star-Repräsentanten der Firma Winchester aufstieg, wurde „Plinky“, wie er seine Frau zärtlich nannte, zur Gallionsfigur der Firma „American Powder Mills“.

Das Ehepaar bereiste die Welt. Jede Vorführung Toepperweins war eine Sensation. Winchester ließ dollargroße Metallscheiben prägen, die die Zuschauer bei seinen Auftritten in die Luft werfen konnten – er traf sie im Flug. Nicht einmal, nicht zweimal, sondern Tausende Male während einer Show. Er fehlte mit kaum einem Schuß.

Seine Auftritte erhielten Rekord-Charakter. 1904 trat er auf der Weltausstellung in St. Louis (Missouri) auf. An drei Tagen wurden 20.000 kleine Holzplättchen in die Luft geworfen – und er traf 19.999.

Vom 13. bis 22. Dezember 1907 führte er einen „Weltrekord“ in San Antonio (Texas) durch: Von 72.500 kleinen Holzklötzchen, die die Zuschauer in die Luft warfen, traf er alle bis auf 9. Danach gab es in San Antonio fast keine Munition mehr. Diesen Rekord konnte bis heute kein Kunstschütze brechen.

Berühmt waren auch seine „geschossenen Portraits“. In atemberaubender Geschwindigkeit schoß er die Umrisse von menschlichen und tierischen Profilen in große Pappbögen.

Die letzte gemeinsame Tournee der Toepperweins fand 1943 statt. Zwei Jahre später starb seine Frau. Adolph Toepperwein setzte seine Vorführungen bis 1951 fort und blieb danach noch als Berater der Firma Winchester aktiv. Als sein Augenlicht nachließ, mußte er seine Auftritte als Schütze aufgeben. Am 4. März 1962 starb er im Alter von fast 93 Jahren in San Antonio. Er und seine Frau liegen im Mission Burial Park begraben. Auf seinem Grabstein steht der Spruch: „Halte dein Pulver trocken.“ 1913 errichtete seine Geburtsstadt Boerne ein Gedenkmonument für ihn.
    
Die Fotos von Adolph „Ad“ Toepperwein und seiner Frau, sowie die Original-Werbebuttons und die von ihm im Flug zerschossenen Winchester-Münzen befinden sich ebenso in meiner privaten Sammlung, wie die Winchester 1892, ein Modell, das gern von ihm benutzt wurde. Seine bevorzugte Vorführwaffe war allerdings eine Winchester im Kaliber .22. Ferner zeigt ein Foto Toepperwein mit einem "geschossenen Portrait", das Ehepaar im Alter und letztlich seinen Grabstein

Dietmar Kuegler gibt viermal im Jahr das »Magazin für Amerikanistik« heraus. Bezug: amerikanistik(at)web.de

Das Magazin für Amerikanistik, März 2018Die aktuelle Ausgabe

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