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Die Abscheu vor Location-Based-Services oder Pfui, ihr Datensammler!

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneDie Abscheu vor Location-Based-Services
oder: Pfui, ihr Datensammler!

Irgendwo im Laden sind sie versteckt, diese kleinen Leuchtfeuer, diese iBeacons. Sie strahlen unablässig, sie verkünden dauernd, dass sie dort sind und wenn sie dann auf eine App im neuen Smartphone treffen, dann kann es sein, dass es kurz blinkt. Oder tingt. Oder sich ein Fenster öffnet mit "Schön, dass Sie hier sind, heute haben wir folgende Angebote in Petto." Das nennt sich dann Location Based Service.


Wobei unter diesen Begriff auch solche Angebote wie Untapped fürs Biertrinken oder Foursquare/Swarm fallen mit denen man generell sagt, wo man gerade ist. Und mit denen man in fremden Städten auch mal Hinweise erhalten kann wo das nächste beste Restaurant oder der nächste McDonalds ist.

Diese Location Based Services für Geschäftsläden sind relativ neu in Deutschland - in den USA gibt's die schon länger. Über Showkick und Co. habe ich ja schon mal vermehrt geschrieben und sicherlich kann man bei Neuem skeptisch sein und sich fragen, ob es das überhaupt bringt. Generell bemühen sich Einzelhändler - na ja, eher größere Ketten wie Karstadt zum Beispiel damit vermehrt die Kunden wieder in die Städte zu kriegen. Die Annahme: Da die Deutschen eh schon Kundenkartenfanatiker sind sollte die Nutzung eines Punktesammelsystems mit dem Smartphone ja eigentlich auch nicht so das Problem sein. Hey, für Punkte und Prämien ziehen wir Deutschen uns doch gerne aus.

Doch, doch, natürlich ziehen wir uns aus wenn wir die Payback-Karte über den Schalter jagen. "Je öfter der Kunde die Rabattkarte einsetzt, desto genauer also kann sein Konsumverhalten beobachtet und entsprechende Prognosen für die Zukunft aufgestellt werden," warnt die Verbraucherzentrale und da wir alle bekanntlich überhaupt nicht darüber nachdenken was für Daten wir in diesen Antragsformularen eingegeben haben - und was da eigentlich nun nicht drinstehen sollte - sammeln alle Kundenkartenanbieter fröhlich unsere Daten. Denn meistens haben wir vermutlich die AGBs nicht durchgelesen und brav angeklickt, dass man bitte alles speichern soll was speicherbar ist. Falls sich also jemand schon mal gewundert hat warum er vom DM um die Ecke Angebote erhalten hat, die irgendwie genau auf seine Bedürfnisse passen: Es könnte daran liegen. 

Location Based Services sind die nächste Stufe in der Entwicklung. Zuerst gabs - und gibt es auch immer noch - die reinen Stempelkarten, die total anonym zur Kundenbindung taugten, dann entwickelte man das System mit Payback oder Kundenkarte der Mayerschen weiter und jetzt gibts das System auf fürs Smartphone. Und diese Systeme, so entfährt es dem Bookbytes-Blog - das gehört zum Börsenblatt übrigens - sammeln ja Daten! Ja, ganze Bewegungsprofile können mit diesen iBeacons erstellt werden! Pfui! Pfui! Pfui!

Das geht nun wirklich nicht und überhaupt seien dieses Systeme ja total unpraktisch, weil sie momentan nur für große Händler gedacht sind, der Kunde muss lange für seine Prämien arbeiten und überhaupt - das ist für den Buchhandel alles gar nicht machbar. Weil - weil - hmmm... Warum eigentlich nicht? "In der Buchbranche verhindert die Buchpreisbindung die Bereitstellung individueller Prämien und Nachlässe. Auch Rabattangebote im Non-Book-Bereich scheinen nicht besonders realistisch. Für Buchhandlungen sind solche Entwicklungen somit nicht mehr als schöner Schein – und damit geht es ihnen ähnlich wie dem Kunden, der durch die Einkaufsstraße läuft und für das Betreten eines Ladens lediglich Prämienpunkte im Wert weniger Cents sammelt," so die Begründung.

Da ich Kundenkartensysteme generell ablehne - und Shopkick habe ich installiert, aber nur um zu sehen wie die Technik funktioniert - kann ich natürlich nicht genau gegen rechnen wie lange es dauert bis ein Payback-Kunde seine 10,- Euro Einkaufsgutschein-Punkte zusammen hat oder gar seine Prämien erarbeitet hat. Gut, ich kann das zum Beispiel bei der Kundenkarte der Mayerschen Buchhandlung auch nicht ausrechnen, weil diese laut Webseite gar keine Punkte sammelt - aber - moment, wie war das noch mit dem Argument man könne keine inviduellen Prämien und Nachlässe anbieten im Buchhandel? "Mit der KultKarte profitieren Sie immer direkt durch Sofortrabatte und kostenlose Zugaben - ohne lästiges Punkte sammeln. Neben zahlreichen Extras und Vergünstigungen sowie exklusiven Gewinnspielen und Veranstaltungenspenden wir für Ihren Einkauf mit der KultKarte an soziale, regionale Einrichtungen."

Stellt man die beiden Systeme nebeneinander so merkt man schnell: Was das Bookbytes-Blog als Begründung gegen LBS liefert ist, dass der Buchhandel "keine individuellen Prämien und Nachlässe" auf einzelne Bücher oder Artikel anbieten könne. Denn Bücher kosten nunmal was Bücher kosten. Da beißt der Buchpreisbindung keinen Faden ab - es sei denn man überträgt die individuellen Nachlässe auf englische Bücher, die keine Buchpreisbindung haben. Da dürfen es dann mit der Kundenkarte der Mayerschen schon mal 10 Prozent weniger sein. Was mit einem Location Based Services Angebot und der passenden App dazu nicht ginge. Natürlich nicht. Ebenso darf man aber dann natürlich Rabatte auf die hauseigenen Veranstaltungen gewähren oder 5% auf Spielwaren. Da erscheinen Rabattangebote im Non-Book-Bereich natürlich nicht sehr realistisch. All zu weit weg ist eine Kundenkarte von einem LBS-Angebot nun beileibe nicht wenn mans genauer unter die Lupe nimmt.

Aber Location Based Services schaut man ja nicht deswegen etwas pikiert an, sondern die schaut man an weil sie furchtbare Datensammler sind. Da können ja Bewegungsprofile von Kunden erstellt werden! Wie furchtbar! Ja, gut: Wenn man sich die AGBs von Shopkick anschaut, dann ist das natürlich alles andere als super. Zumal die in den USA sitzen, was natürlich noch mal doppelt vor einem Gebrauch warnen sollte:

Bei Nutzung der App speichern unsere Server automatisch bestimmte Angaben zu

  • den von Ihnen verwendeten mobilen Endgeräten (iPhone/iPad, Smartphone oder Tablet-Computer). Dazu gehören Informationen über den Gerätetyp, eine Gerätekennung (z.B. UUID) und bestimmte Einstellungen.
  • den Angeboten und Informationen, die Sie sich in unserer App angesehen haben, von Ihnen verwendete Suchbegriffe sowie Datum und Zeit der Nutzung.

Wir benötigen diese Nutzungsdaten, um Ihnen unsere Dienste in der App zugänglich machen zu können (z.B. um unser Angebot an das von Ihnen verwendete Smartphone oder Tablet anzupassen). Daneben verwenden wir Nutzungsdaten in anonymisierter Form, d.h. ohne die Möglichkeit, Sie als Nutzer zu identifizieren, für statistische Zwecke und um unseren Service zu verbessern. shopkick wird Ihre Nutzungsdaten nur dann personenbezogen verwenden und ggf. mit anderen Informationen über Sie zusammenführen, wenn Sie uns dafür zuvor Ihre ausdrückliche Einwilligung erteilt haben.

Schluck. Ganz schön heftig, oder? Was die so alles speichern, furchtbar. Moment, was steht denn da - "WENN SIE UNS DAFÜR ZUVOR IHRE AUSDRÜCKLICHE EINWILLIGUNG ERTEILT HABEN!" Inwieweit man bei den AGBs diese Angabe mit abnicken muss um Shopkick zu nutzen ist die nächste Frage - und ob man denen Glauben schenken kann die andere aber erstmal könntet ihr euch beruhigen, liebes Börsenblatt. (Außerdem hat die NSA sowieso schon alle meine Daten.) Und ich vermute mal die anderen LBS-Angebote, die es da so gibt, werden auch ähnliche AGBs haben. Wobei - moment mal...

Die Teilnahme am KultKarten-Programm verlangt die Angabe des Namens und des Geburtsdatums des Kunden sowie der vollständigen Anschrift. Ort und Zeitpunkt des Einsatzes der KultKarte, die gekaufte Warenart, der Preis und der Rabattbetrag werden für die Berechnung der Rabatte benötigt. Die erfassten Daten werden durch die Mayersche, Matthiashofstr. 28-30, 52064 Aachen erhoben, gespeichert und genutzt. Hierzu kann sich die Mayersche eines unabhängigen Dritten bedienen (Auftragsdatenverarbeiter), der diese Daten ausschließlich im Auftrage der Mayerschen für die Abwicklung des KultKarten-Programms verwenden darf.

Stimmt, Shopkick - um beim Beispiel zu bleiben - sammelt viele, viele Daten. Aber die KultKarte der Mayerschen ist auch ein Kostverächter. Name, Geburtsdatum, Anschrift etwa. Gesammelt werden der Ort, der Zeitpunkt - also Datum und Uhrzeit wohl - die Warenart, der Preis und der Rabattbetrag. Und das alles kann die Mayersche zwar auch direkt verarbeiten, aber sie kann auch einen unabhängigen Dritten damit beauftragen. Der die Daten natürlich nur im Auftrage der Abwicklung etc. pp. Dass dann mal Datensätze von einem Drittanbieter ins Internet gelangen kommt natürlich so gut wie nie vor. Nie - im - Leben. Klar doch.

Ob man jetzt eher Skylla oder eher Charybda mag ist Geschmacksache. Man muss diese Systeme nicht nutzen. Aber fest steht doch: Auf der einen Seite verdammt das Börsenblatt Location Based Services, während es der Buchhandel an sich nun auch nicht gerade viel besser macht wenn es um Kundenkarten und unser Jäger-Sammler-Spar-Verhalten geht. Und schüttet man das Kind nicht mit dem Bade aus wenn man meint, iBeacons und Apps wären datenhungrige Allesfresser? Ja. diese kleinen Leuchtfeuer und das Smartphone können dazu benutzt werden um Kundenprofile aufzuzeichnen. Ja, Shopkick dürfte für den kleinen Einzelhändler um die Ecke zu teuer sein, keine Frage. Alles berechtigte Einwände. Aber mit Fug und Recht lässt sich auch feststellen: LBS-Anwendungen stecken noch in den Kinderschuhen. Wir wissen noch gar nicht was alles an Innovationen mit diesen Dingern möglich ist. Natürlich darf man die Gefahren sehen und vor ihnen warnen - aber andererseits sollte man sich den Möglichkeiten von neuen Technologien auch nicht unbedingt von vornherein verschließen. Und zudem: Wer klickt denn bitte auch immer stets willig das Kästchen vor den AGBs an ohne die sich durchzulesen und klarzumachen, dass er gerade Einwilligung zum Speichern seines Einkaufsverhaltens abgegeben hat? Na: Wir natürlich.

(Und wer bis hierher durchgehalten hat, der wird mit einem schönen Link auf die "Da wird mir übel"-Folge mit dem Thema Rabatte, Sparen und Konsorten in der ZDF-Mediathek belohnt.)

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