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Goodbye Pterry!

In (Multi-)Medias Res - Die Multimedia-KolumneGoodbye Pterry!

Terry Pratchett bin ich nur einmal begegnet und das ist keine Anekdote wert erzählt zu werden. Denn worin liegt auch der Wert zu erzählen, dass ich nach einer langen Schlange endlich vorne angekommen stolz war, "Jingo" und "The Last Elefant" von seiner Hand signiert zu bekommen? Das ist eine Geschichte wie jeder, der bei einer Autogrammstunde oder bei einem Con dabei war sie erzählen könnte. Einfach nur unbedeutend. Terry Pratchett und ich haben keine große Beziehung gehabt.


Terry PratchettEs beschränkte sich wie bei so vielen Autoren auf einen kurzen Augenblick und ein kurzes Augenzwinkern während des Signierens.

Dennoch: Pratchett ist für mich einer der Autoren, die ich ständig seit der Kindheit gelesen habe und dessen Romane ich vor kurzem noch - anlässlich der Radioübersetzung von "Good Omens", die in der BBC noch zu Weihnachten lief da bekanntlich der Weltuntergang und der Antichrist beliebte weihnachtliche Motive sind - digital hervorkramte um sie erneut oder zum ersten Mal im Original zu lesen. Wie immer tue ich mich schwer mit den Rincewind-Romanen, allenfalls "Eric" mit seiner übersprudelnden Fantasie und Variation des Faust-Stoffes kann ich gelten lassen. Doch selbst wenn die Rincewind-Romane nicht meine Lieblinge sind - auch in ihnen manifestiert sich Wissen, Humor und vor allem Weisheit. Gerade die verborgene Weisheit und Moral allerdings werden häufig übersehen - schließlich sind das ja nur Fantasy-Romane. Witzig dazu noch. Humorvoll und voller Wortspiele. Wenn die auch nicht so häufig sind wie in den Xanth-Romanen von Piers Anthony. Aber das deutsche Feuilleton hat nie verstanden - oder versteht es erst jetzt allmählich - dass Fantasy-Romane nicht nur kraftstrotzende Helden mit gleißenden Schwertern, die Jungfrauen retten haben oder gar es immer um die Rettung der Welt geht weil die böse Macht sonst alles in Chaos stürzt.

Schön - auch bei Pratchett ist öfters mal die Scheibenwelt als Ganzes bedroht. Etwa wenn Groß A'tuin, die Schildkröte auf deren Beinen die vier Elefanten stehen auf denen wiederum die Scheibenwelt ruht, sich offenbar auf den Weg zu einem großen, heißen Stern aufmacht. Wenn in "Lords and Ladies" die Elfen in die Scheibenwelt einbrechen, wenn neumodische Vampire ohne Angst vor Weihwasser Lancre erobern wollen oder wenn die der mächtigste Zauberer der Welt ein Revival der Magierkriege aufleben lässt. Ja, einverstanden - das ist das übliche Schema, das man in der Fantasy kennt. Aber das sind nur einige wenige Bände im Werk von Terry Pratchett.

Und selbst wenn die Bedrohung etwas - nun - kleineres Format hat: Pratchett punktet beim Erzähler nicht nur wegen des Humors, sondern auch weil er ganz genau weiß wie Menschen ticken und wie Menschen sich in besonderen Situationen verhalten. Und wie sich Menschen das Leben auch dann schwer machen können wenn gerade mal nicht die Welt untergeht. So, Samuel Vimes angesichts des drohenden Krieges mit Klatch in "Jingo" darüber räsoniert, wie Nachbarn friedlich jahrelang Seit an Seite leben können und dann reicht ein überstehender Zweig über den Zaun aus um endlose Gerichtsverfahren in Gang zu setzen. Genau solche Gedanken sind es, die das Werk von Pratchett lesenswert machen. Sie sind halt nur nicht so plakativ, man muss sie schon selbst finden.

Was man gewiss als Leser auch tun wird - schließlich zeichnet Pratchett stets pralle, lebendige und eindrucksvolle Charaktere. Granny Weatherwax, Nanny Ogg, Twoflower, Ridcully und DEATH wird man nicht so schnell nach dem Lesen wieder vergessen. Und mit ihnen wird man eventuell ins Grübeln kommen so wie Granny, die sich stets bewußt ist dass das Leben aus Entscheidungen besteht und man erst im Nachhinein weiß ob man die richtige getroffen hat. Angesichts von Cohen the Barbarian fragt man sich, was das Alter für einen selbst bereithält - und griffiges, weiches Klopapier ist wirklich ein Segen der Zivilisation. Mit DEATH wiederum gerät man auf das Terrain der Philosophie, denn schließlich versucht DEATH ständig die Menschen zu verstehen - und scheitert schlussendlich immer wieder daran. Was also ist es, was den Menschen ausmacht?

Das ist eigentlich wohl die Frage, die Pratchett in seinem Werk verhandelt und die ihn das Etikett eines modernen Dickens verschaffte. Die Antwort darauf werden wir selber immer wieder neu mit uns verhandeln müssen. Und Pratchett wäre nicht Pratchett wenn er nicht zum Thema Sterben noch passende Worte in "Good Omens" gefunden hätte, die sicherlich auf seinem Grabstein stehen müssen: "“DON'T THINK OF IT AS DYING, said Death. JUST THINK OF IT AS LEAVING EARLY TO AVOID THE RUSH.” 

Kommentare  

#1 Thomas Tippner 2015-03-13 07:45
Ja, der gute Terry. Ich lese ihn seit 1999 und fand ihn auch immer sehr amüsant, aber auch unglaublich intelligent. Er hat in seinen Figuren so viel wahren verpackt und einen oft schmunzeln lassen, weil man sich oder die Welt in ihnen wiedererkannt hat.
Ruhe in Frieden
#2 matthias 2015-03-13 21:50
Ich las bisher KEIN Buch von Terry Pratchett und habe dies eigentlich auch nicht vor.
Warum? Mir liegt nichts an humorvoller Fantasy, mag diese auch noch so geistreich sein. Passt für meinen Geschmack irgendwie nicht zusammen.
Der Erfolg des Autors ist allerdings atemberaubend. Ich scheine also mit meiner Meinung allein dazustehen, oder...?

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