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Alfred Wallons Rio Concho - Teil 3: Der lange Weg nach Texas

Al wallons Rio ConchoAlfred Wallons Rio Concho
Eine historische Western-Serie
(Teil 3 - Der lange Weg nach Texas)

3.1 Der lange Weg nach Texas
„Es war ein faszinierendes Bild, als die zehn Siedlerfamilien Independence verließen und nach Südwesten aufbrachen. Viele der Stadtbewohner blieben vor ihren Häusern stehen und schauten den wagemutigen Menschen nach. Schon oft genug hatten sie gesehen, wie Siedler in ein ungewisses Schicksal aufgebrochen waren und alles hinter sich zurückgelassen hatten, was ihnen bekannt und vertraut gewesen war.

Billys Herz schlug bis zum Hals, als er sich umdrehte und zurückschaute. Die Stadt wurde allmählich immer kleiner, und bereits jetzt erschienen die Gebäude wie winzige Puppenhäuser. Bald danach hatte der Horizont Independence ganz verschluckt. Die große Ebene von Missouri nahm den Treck auf. Die Zivilisation blieb hinter den Siedlern zurück. Das große Abenteuer hatte für die entschlossenen Pioniere begonnen...“ (1)
Der lange weg nach TexasIndependence, Missouri, 1859. John Calhoun verspielt beim Poker zwanzig Dollar, für die er in der Stadt eigentlich Vorräte hätte kaufen sollen. Als er sein Gegenüber als Falschspieler entlarvt, rettet ihm der Scout Roy Catlin das Leben. Aus Dankbarkeit lädt ihn Tom Calhoun, Johns Vater, zum Abendessen ein.

Die Familie Calhoun lagert mit all ihrem Hab und Gut vor der Stadt, um mit dem nächsten Siedlertreck nach Texas zu ziehen. Tom träumt von einer eigenen Ranch. Deshalb hat er sein bisheriges Heim aufgegeben, um mit seiner Frau Sarah und seinen Söhnen John und Billy in das Land zu ziehen, von dem ihm sein älterer Bruder Amos schon so oft erzählt hat.
Doch die Armee kann den Siedlern noch immer keinen Scout stellen, da die Kiowas und Comanchen, denen das Land gehört, die Trecks regelmäßig angreifen.

Aber die Calhouns können nicht länger warten. Ihr Geld wird knapp. Und auch andere Familien wollen endlich losziehen. Sie haben 300 Dollar zusammengelegt. Tom bittet den erfahrenen Fährtenleser Roy Catlin, sie nach Texas zu bringen. Der erklärt sich bereit, die Siedler auf ihrem entbehrungsreichen Weg zu führen und im Kampf gegen die Naturgewalten und die Indianer beizustehen. Eine gefährliche Reise nimmt ihren Anfang.

Die Calhouns schaffen es. Nach Wochen erreichen sie endlich Fort Concho und die kleine Stadt San Angelo. Kurz darauf ziehen sie weiter ins Grenzland nahe Mexiko, bis sie den Ort gefunden haben, an dem sie ihre Ranch aufbauen wollen, mitten im Indianerland:
„Vor seinen Augen erstreckte sich ein grünes Tal, ringsum geschützt von Hügelkuppen. Zahlreiche Bäume und Büsche ließen es wie ein kleines Juwel in der Wildnis wirken. „Genau hier!“ sagte er entschlossen. „Das ist das Land, von dem ich schon immer geträumt habe. Wir werden uns hier niederlassen und eine Ranch aufbauen - mit unseren eigenen Händen.“ (2)
„Der lange Weg nach Texas“ wird im Rückblick erzählt. Tom Calhoun erinnert sich in seinem Arbeitszimmer bei einem Glas Whiskey im Gespräch mit seinem Vormann Jay Durango an die alten Zeiten.

Der Roman wimmelt nur so von Klischees: der Tod des kleinen Mädchens durch den Biss einer Klapperschlange; das törichte Verhalten eines Siedlers, das zum Kampf mit den Indianern führt, und die Rettung durch die Selbstopferung des Siedlers im betrunkenen Zustand; der reißende Fluss, der die Eltern eines Jungen in den Tod reißt und den Eltern des toten Mädchens ein neues Kind gibt. Die Aufzählung ließe sich noch beliebig weiter fortführen. Auf nur gut achtzig Seiten passiert einfach zu viel.

Was den Roman trotzdem lesenswert macht, ist die knappe realistische Erzählweise Alfred Wallons, die die Geschichte glaubwürdig und nachvollziehbar macht. Die Liebe zu seinen Figuren greift auch auf den Leser über, der stetig mehr erfahren möchte über diese interessante Familie Calhoun und ihr Umfeld.

Ein weiterer Pluspunkt dieses Westerns ist die Glaubwürdigkeit, mit der der Autor gleichzeitig die Interessen der weißen Siedler und der Indianer schildert. Der Leser kann mit den Siedlern mitfiebern und im selben Moment auf der Seite der Indianer stehen. Eine Gratwanderung, die nicht zuletzt deshalb gelingt, weil es Wallon erfolgreich schafft, die Hände der Calhouns fast sauber zu halten.

„Der lange Weg nach Texas“ ist ein gelungener, wenn auch nicht hervorragender Auftakt zum dritten Band der Saga.

Comanchen-Rache3.2 Comanchen-Rache
„Der fünfzehnjährige Comanche hatte etwas Entschlossenes in seinem Blick. Obwohl er noch jung an Jahren war, zählte er bei den anderen doch schon als vollwertiger Krieger. Auf zahlreichen Beute- und Plünderungszügen hatte er sich einen Namen gemacht - der Comanche, dessen Hautfarbe eine Spur heller war als die seiner Gefährten. Sein Gesicht dokumentierte die Herkunft zweier Rassen, weiß und rot. Sein Name war Quanah Parker, und er sollte in ferner Zukunft einmal einer der bedeutendsten Führer des ganzen Comanchenvolkes werden...“ (3)
Der erste Winter auf Rancho Bravo, der Ranch der Calhouns, ist hart. Schnee und Eis sind eine Herausforderung für Mann und Tier. Dazu kommen die Probleme mit den Comanchen, die von der Armee und vor allem den Texas Rangern gnadenlos gejagt und getötet werden. Die Indianer leben versprengt in kleinen Gemeinschaften, kämpfen ihrerseits ums Überleben.

Tom Calhoun lässt die Rinder in einer windgeschützten Senke zusammentreiben, um sie vor dem eiskalten Wind zu schützen. Er muss die Tiere über den Winter bringen und sie im Frühjahr verkaufen. Seine ganzen Ersparnisse hat er in seine Ranch investiert. Seine Cowboys wachen draußen in einer kleinen Hütte über die Rinder.

Die Comanchen sind am Ende. Sie konnten während der Sommermonate nicht genügend jagen, da sie ständig in Kämpfe mit den Weißen verwickelt waren. Ohne weitere Vorräte würden die meisten das Frühjahr nicht erleben. Sie entdecken Calhouns Rinder.

Eines frühen Morgens stehlen sie zwanzig Rinder und verwunden den Cowboy Tully, der sie bewacht, schwer. Ihre Spur verliert sich beinahe unter dem frisch gefallenen Schnee.

Nachdem Tully sich zurück nach Rancho Bravo geschleppt hat, machen sich Tom Calhoun und seine Cowboys Chris und Dave an die schwere Verfolgung. John Calhoun reitet derweil nach Fort Concho, um die Texas Ranger als Verstärkung zu holen.

Tom Calhoun findet die Comanchen in ihrem Winterlager in einem Tal in den Bergen. Er beschließt, hier auf seinen Bruder Amos und die Texas Ranger, die er kommandiert, zu warten.

John Calhoun schafft es tatsächlich mit letzter Kraft nach Fort Concho. Die Texas Ranger machen sich kurz darauf auf den Weg. Allerdings nicht unter der Führung von Amos Calhoun, der auf einer der letzten Patrouillen schwer verletzt wurde, sondern unter dem Kommando von Captain Sullivan Ross, einem Hardliner gegenüber den Indianern.

Als auch die Texas Ranger die Berge erreichen, greifen sie die Comanchen an, während Tom Calhoun mit seinen Männern die Rinder aus dem Lager treiben. Sie werden dabei Zeuge eines grausamen, sinnlosen Massakers, das die Texas Ranger unter den Indianern anrichten. Frauen, Kinder, Alte und Kranke - niemand wird verschont. Nur wenige entkommen dem Gemetzel. Tom Calhoun ahnt, dass dieser Morgen noch Folgen für Rancho Bravo haben wird.

Der lange weg nach TexasDer Winter schreitet voran. Der Frühling rückt in greifbare Nähe, als Rancho Bravo von den Comanchen angegriffen wird. Tom Calhoun zieht sich mit seiner Familie und den Cowboys ins Hauptgebäude zurück, in der Hoffnung, dem Indianerüberfall hier standhalten zu können. Doch die Munition wird knapp. Einige Männer sind bereits verletzt. Doch die Comanchen geben die Belagerung nicht auf. Dann setzen die Calhouns alles auf eine Karte. John schlägt sich nach Fort Concho durch und holt die Texas Ranger, die in letzter Minute die Männer von Rancho Bravo retten.

Auch „Comanchen Rache“ wird im Rückblick und in Erinnerung an Sarah Calhoun, Toms Frau, erzählt.

Der Leser lernt hier Toms älteren Bruder Amos näher kennen, der bereits im ersten Teil dieses Buches aufgetreten ist.

Noch besser als in „Der lange Weg nach Texas“ schildert Wallon den Überlebenskampf der Indianer. Er zieht den Leser auf die Seite der Comanchen, ohne sie ganz von den Calhouns loszureißen.

Alfred Wallon gelingt ein erstklassiger (Indianer-)Western, der von der ersten bis zur letzten Zeile spannend und überzeugend ist.

Bibliografie:
Alfred Wallon: Der lange Weg nach Texas, Mohlberg Verlag, 14,90 Euro, ISBN: 978-3-940181-87-9

Zitate:

(1)    Wallon: Der lange Weg nach Texas, Seite 23
(2)    ebenda Seite 84
(3)    ebenda Seite 97

Kommentare  

#1 GoMar 2012-05-29 23:37
Eine sehr gut geschriebene Rezension dieser zwei Westernromane, der eigentlich kaum etwas hinzuzufügen ist.

Ich habe gerade das Buch beinahe in einem Zug durchgelesen, und es stimmt, dass der 1. Teil sehr klischeehaft geschrieben wurde, aber was soll man auch von so einer Fahrt schreiben? Irgendwie hatte ich dabei immer den Film mit Kirk Douglas "Der Weg nach Westen" im Hinterkopf, wo so einiges ähnlich abläuft.

Der 2. Teil ist sehr authentisch, denn so könnte es auch einige Male abgelaufen sein. Nur finde ich, dass die Comanchen viel zu lange zögern mit ihren Angriffen, vor allem mit dem letzten. Da hätten sie weitaus früher angreifen können und damit den Sieg davongetragen. Aber dann hätte es keine Calhoun-Familie mehr gegeben!

Das Einzige, was mir überhaupt nicht gefallen hat ist, dass Tom Calhoun seinem Vormann Jay Durango diese beiden Storys erzählt, aber beide Plots nicht in der Ichform geschrieben wurden. Das hätte meiner Meinung nach sehr viel mehr Dramatik erzeugen können - und wäre meines Erachtens auch logischer herübergekommen.

Aber davon abgesehen kann ich dieses Buch jedem Interessierten ans Herz legen, vielleicht sogar als 1. Roman überhaupt zu lesen zu beginnen - und dann mit Buch 1 und 2 weiterzumachen. Somit hat man einen meines Erachtens besseren "chronologischen" Ablauf der Familiensaga.
#2 Torshavn 2012-05-31 16:21
Vielen Dank, GoMar.

Mich persönlich hat es nicht gestört, vom Autor nicht so direkt ins Geschehen gezogen zu werden (Ich- Perspektive).
Ich glaube es hat auch dem Buch ganz gut getan. Denn so konnten beiden Seiten (Indianer und Calhouns) überzeugend dar gestellt werden.

Im Augenblick bin ich etwas traurig das Rancho Bravo so weit in den Hintergrund getreten ist. Auch der mir bevorstehende 8.Band scheint nicht dorthin zurückzuführen.
#3 GoMar 2012-05-31 21:59
Hallo, Torshavn,

vielleicht ist meine Äußerung "überhaupt nicht gefallen hat" doch ein wenig zu hart ausgefallen. Es stimmt ja nicht, dass es mir nicht gefallen hat, sondern ich finde, es wäre besser gewesen, seine Erinnerungen in der Ichform zu schreiben.

Ich meine mich zu erinnern, dass Herr Wallon auch Jerry Cotton-Romane geschrieben hat. Und so weit ich mich erinnern kann, erzählt Jerry Cotton in der Ichform, was ihn selbst betrifft, und das andere Geschehen wird sozusagen "ohne sein Wissen" eingefügt (ich las mal vor vielen, vielen Jahren welche). Diese Variante hätte auch hier funktionieren können.

Aber auch so ist es in Ordnung; war ja nur meine persönliche Meinung.

Und bei Deinem letzten Absatz stimme ich Dir auch zu, dass es langsam wirklich wieder Zeit wird, Romane auf Rancho Bravo spielen zu lassen, denn man fragt sich sonst wirklich, wozu die Serie "Rancho Bravo" heißt. Ich habe auch den Band Nr. 6 "Der letzte Mountain-Man" bereits gelesen, und der hat mit Rancho Bravo - und selbst mit der Familie Calhoun - nur den Übertitel gemein und Ezekiel Calhoun selbst nur den Nachnamen. Da könnte man ohne Weiteres auch meinen, dass er nicht einmal mit ihnen verwandt sein müsste, denn Calhoun ist meines Wissens kein sehr seltener Name in den USA.

Also, Herr Wallon und Herr Mohlberg: Bitte wieder einen Roman auflegen, der direkt auf Rancho Bravo spielt. Das lockert auch wieder die Gesamthandlung auf, denn ständig nur Indianertragödien zu lesen, ist auch des Guten zu viel, womit ich aber die Tragödie der indianischen Völker mit meiner obigen Aussage auf keinen Fall verharmlosen möchte.

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