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September 5 - Hochspannung im Kontrollraum

September 5

Hochspannung im Kontrollraum

 

Mit seinem Langfilmdebüt „Hell“ aus dem Jahr 2011 empfahl sich der Schweizer Filmemacher Tim Fehlbaum für größeres. Nach seinem bereits mit internationalen Stars aufwartenden Science-Fiction-Film „Tides“ widmete sich der in Basel geborene Regisseur Anfang des Jahres nun tatsächlichen Vorkommnissen, die er in „September 5“ akribisch rekonstruierte. Nun ist der Film auch fürs Heimkino zu haben und u.a. erstmals auf DVD erschienen.

Jener 5. September, der dem Film seinen Titel gab (international bekam er noch den Untertitel „The Day Terror Went Live“ verpasst), ereignete sich im Jahr 1972 und sollte die Welt nachhaltig verändern. An jenem Tag drangen arabische Terroristen in das Olympia-Dorf in München ein, wo gerade die 20. Olympischen Spiele stattfanden. Für Deutschland ein überaus wichtiges Ereignis, weil man erstmals seit dem Zweiten Weltkrieg wieder beweisen konnte, dass man sich zu einem demokratischen und weltoffenen Land weiterentwickelt hatte. Doch dieser Ansatz wurde von Anhängern der palästinensischen Terrororganisation „Schwarzer September“ torpediert, die am 5. September 1972 rund ein Dutzend israelische Olympiateilnehmer als Geiseln nahmen. Ausgerechnet in Deutschland, das unter Hitler Millionen Juden ermordet hatte, gerieten abermals jüdische Menschen in Todesgefahr. Die Ereignisse in München haben Filmemacher immer wieder dazu animiert, das schreckliche Geschehen von damals fiktional aufzuarbeiten. Zu den bekanntesten Arbeiten gehören der bereits 1976 unter der Regie von William A. Graham für das US-Fernsehen entstandene „Die 21 Stunden von München“, der den Ablauf der Ereignisse aus unterschiedlichen Perspektiven sehr genau nachzeichnet und seinerzeit in Deutschland dann sogar in den Kinos ausgewertet wurde. Auch Steven Spielberg hat sich 2005 in seinem Film „München“ diesen authentischen Ereignissen angenommen, konzentrierte sich dabei aber eher auf die Jagd des Mossads nach den Attentätern. Tim Fehlbaum fügt dem Ganzen in „September 5“ eine weitere Variante hinzu, indem er die berichterstattenden Journalisten der ABC in den Mittelpunkt stellt, die eigentlich für die Sportwettkämpfe in München ein provisorisches Studio eingerichtet hatten.

Die Olympischen Spiele 1972 gehen schon ihrem Ende entgegen. ABC-Sportredakteur Roone Arledge (Peter Sarsgaard) und sein Kollege Marvin Bader (Ben Chaplin) sind bereits von einigen stressigen Tagen der Live-Berichterstattung mitgenommen. Als am Morgen des 5. September im nur wenige hundert Meter entfernten Olympia-Dorf Schüsse fallen, geraten die etablierten Abläufe durcheinander. Der noch relativ unerfahrene Geoffrey Mason (John Magaro) wird zum Regisseur berufen, um die ungewöhnlichen Vorfälle filmisch zu dokumentieren. Die ABC hat den Vorteil, dass sie dank ihres kleinen Fernsehstudios vor Ort hautnah dran ist am Geschehen. Durch einen Deal mit der CBS wird ein Slot für die teure Live-Übertragung auf dem einzigen zur Verfügung stehenden Fernseh-Satelliten getauscht, so dass der Sender exklusive Aufnahmen des gerade stattfindenden Terroranschlags in die ganze Welt schicken kann. Die deutsche Mitarbeiterin Marianne Gebhardt (Leonie Benesch) fungiert als Dolmetscherin, während der Polizeifunk abgehört wird und man Informationen aus den Sendungen des ZDF zieht. Währenddessen schießt die Crew 16mm-Filme vor Ort, die in Windeseile entwickelt werden müssen, baut aber auch eine schwere Live-Kamera mit Blick auf das Appartement auf, in dem die israelischen Sportler und ihre Trainer von den Terroristen als Geiseln genommen worden sind.

Mit einer beispielhaften Detailgenauigkeit und Akkuratesse hat Tim Fehlbaum die Abläufe im Kontrollraum des provisorischen ABC-Studios in München nachgestellt. Dabei wird es zum großen Vorteil von „September 5“, dass diese Perspektive während der gesamten anderthalb Stunden nicht verändert wird. Man bekommt als Zuschauer nur das zu sehen, was sich in dieser klaustrophobischen Enge abspielt, lediglich ergänzt durch Filmmaterial auf Monitoren, das das Team dort durch seine Mitarbeiter geliefert bekommt. Fehlbaum hat dadurch eine nervenzerrende Atmosphäre geschaffen, die ihresgleichen sucht. Die aufwändigen technischen Voraussetzungen der damaligen Zeit werden eher beiläufig präsentiert, sind aber von einer bemerkenswerten Präzision. Mit Hilfe einer exzellenten Darstellerriege entstand so ein neuer, höchst sehenswerter Blick auf ein historisches Ereignis, das in seiner Tragweite bis heute nachhallt. Der Film ist bei Constantin sowohl als BluRay als auch als DVD erschienen. Zu Rezensionszwecken stand lediglich eine DVD zur Verfügung, die ein sehr gutes Bild (im Widescreen-Format 2,39:1) aufweist. Der Ton (wahlweise Deutsch und Englisch in Dolby Digital 5.1, alternativ auch Deutsch in Dolby Digital 2.0 oder als Hörfilmfassung für Blinde; optional mit deutschen Untertiteln für Hörgeschädigte oder mit deutschen oder englischen Untertiteln für die englische Sprachfassung) ist weitgehend unspektakulär, in den actionreichen Sequenzen aber sehr gut abgemischt. Die Extras beinhalten ein Making Of (17 Minuten), ein Ensemble-Featurette (2 Minuten), ein Crafts-Featurette (3 Minuten), die Specials „On the Global Stage“ (8 Minuten), „Remaking Broadcast History“ (11 Minuten), „Meticulous Undertaking“ (7 Minuten) sowie den englischen und deutschen Trailer des Films.

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