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Terminator Salvation

Terminator SalvationTerminator Salvation
(mit Offenbarungsgarantie)
 
 Jetzt ist Schluss mit lustig. Muttis TERMINATOR hat ausgedient, und Regisseur McG, der tatsächlich auch einen richtigen Namen hat, tut alles daran, den Zuschauer wissen zu lassen, dass man Arnold Schwarzenegger keine Träne nachweinen muss.

Die Welt steht nicht am Abgrund, sondern hat ihn längst hinter sich.

Terminator SalvationDer Messias John Connor ist nur noch einen Schritt von seiner Prophezeiung entfernt, den Widerstand gegen Skynet anzuführen. Skynet, das Computernetzwerk, das der Mensch durch seine Fehlerhaftigkeit gegen sich selbst gerichtet hat.

Ein System, das plötzlich zu einem eigenen Bewusstsein gelangte. Endlich sind wir in der Zukunft, dort, wo uns James Cameron bisher nur kurze, fragmentarische Einblicke gewährt hatte.

Nur eine kurze Sequenz wird uns in der Gegenwart gegönnt, in welcher sich ein zum Tode verurteilter Marcus Wright als Versuchskaninchen verkauft, um als Preis nur einen Kuss zu erhalten. „So schmeckt also der Tod“, sagt Marcus zu der offensichtlich an Krebs erkrankten und bald sterbenden Abgesandten von Skynet, als er diesen Kuss bekommt. Es dauert also keine fünf Minuten, bis ganz klar wird, dass der Titel der ERLÖSUNG keinerlei Zweideutigkeiten zulässt. Kann es tatsächlich möglich sein, dass man von den drei vorangegangenen Action-Krachern sich hin zur seriösen Sinnfrage bemüht? Der harte Schnitt in die Zukunft beweist anderes. JUDGEMENT DAY ist vorüber, der nukleare Holocaust hat die Städte vernichtet, nicht aber die Menschheit. Der Kampf des Widerstandes gegen die Maschinen ist unerbittlich und voller Opfer. Unablässig stößt der Regisseur den Zuschauer von einer Action-Sequenz in die nächste. Und immer ,wenn man glaubt, dass es nicht lauter werden kann, setzt man noch ein paar Dezibel drauf. Und man muss neidlos anerkennen, dass dies auch tatsächlich Spaß macht. Das ist der Film, der sich nicht nur gegenüber James Cameron beweisen muss, sondern dies tatsächlich fertigbringen könnte.

Bemerkenswert ist der fantastische Einsatz von Trickeffekten, welcher mit vielen simulierten Kamerafahrten den Verzicht auf frenetische Schnittfolgen mitbringt. Wenn McG etwas unter Beweis stellt, dann sein zweifelsfreies Talent, Action auch etwas anders zu inszenieren, ohne dabei Tempo oder Spannung zu verlieren. Das geht so lange gut, bis es zum entscheidenden Showdown kommt. Die Einfälle sind auf einmal wie weggeblasen. Inszeniert wird nach überholter Schule. Optisch verflacht alles zum Standard. Nur der unerwartete Einsatz eines ganz neuen Terminator-Modells lässt den Saal in Jubel ausbrechen, es ist der T-800. Ansonsten bleibt dem Publikum viel erspart, was die erste Hälfte des Films noch versprochen hat. Eine ausgediente Fabrikanlage, der Traum eines jeden Billig-Projektes, und viele Naheinstellungen, damit schnell und überraschend etwas ins Bild springen kann. Originell wäre etwas anderes, zu sehen bekommt man es jedenfalls nicht mehr. Die Originalität ist lange vor dem Abspann Opfer des eigenen Anspruches geworden. Vor allen Dingen die Definition des Menschseins und des Menschwerdens verläuft sich sehr schnell in der Masse von Action und Effekten. Dass sich die Maschine am Ende als besserer Mensch erweist, ist eine nette Dreingabe, die sich in ihrer Ausführung jedoch schnell verflüchtigt, da weder Drehbuch noch Regie viel Energie darauf verschwenden.

Dass mit dieser Fortsetzung erst ein neues Kapitel aufgeschlagen wird, anstatt Handlungsteile erklärend abzuschließen, wird mit Sam Worthingtons Charakter des Marcus Wright sehr schnell bewusst. John Connor als kämpfender Rebell wird zum roten Faden degradiert. Wieder einmal hat Christian Bale das große Nachsehen im charismatischen Kampf um die Zuschauergunst. Mit dick aufgetragener Stoik behaftet, verschwindet der britische Recke Bale erneut hinter der Ausstrahlung der zweiten Hauptrolle, wie es ihm schon im Spiel gegen Russell Crowe bei 3:10 TO YUMA und neben Heath Ledger in DARK KNIGHT erging. Worthington große Schauspielkunst zu unterstellen, wäre gerade bei diesem Film eher unangebracht, doch er überzeugt mit massiver Präsenz, die seiner Figur mehr als  gerecht wird. Im zweiten Blockbuster-Riesen dieses Jahres vertreten, wird Anton Yelchin als John Connors vermeintlicher Vater nicht nur dieser Serie erhalten bleiben. Er bekommt hier nicht so viel zu tun, wie es ihm im neuen STAR TREK zugute kam, doch man bemerkt durchaus diese aufkeimenden Star-Qualitäten.

Eigentlich muss man nicht überrascht sein, dass sich dieser Film, fast schon in alter Tradition, genauso wenig um die Logik schert, wie seine Vorgänger. Nur um einen fliegenden ‚Hunter-Killer‘ (!) von Skynet anzulocken, muss in der Mitte von Nirgendwo ein kleines Feuer entfacht werden. Wenn allerdings um das Hauptquartier des Widerstands heftige Feuergefechte und Explosionen einsetzen, ist kein Roboter weit und breit. Es sind kleine Unstimmigkeiten wie diese, die ein eigentlich zu erwartendes Gesamtvergnügen durchaus schmälern. Warum im Zentrum von Skynet noch von Hand zu bedienende Zugangspaneele funktionieren, obwohl durch die allgemeine Vernetzung eine manuelle Eingabe absolut überflüssig wird, könnte man als Korinthenkackerei abtun. Könnte man, doch es sind einfach Logiklöcher, die belegen, dass leider ganz andere Prioritäten gesetzt wurden, als der Film für seine Glaubwürdigkeit gebräuchte. Von dem leidigen und extrem stiefmütterlich behandelten Thema der Zeitreise ganz zu schweigen. Obwohl Zeitreise den Aspekt bildet, auf den die gesamte TERMINATOR-Serie bisher aufbaut und weiter ausarbeiten muss.

Gerne wird von diversen Beteiligten an TERMINATOR SALVATION behauptet, man habe das verpackte Filmmaterial intensivster Sonneneinstrahlung ausgesetzt, um diese verblichene, leicht überstrahlende Qualität des Bildes zu erreichen. Bei einem Budget, das bei mindestens 180 Millionen Dollar anzusiedeln ist, sollte man sich als Zuschauer über einen derartigen Risikofaktor seine eigene Meinung bilden. Im Großen und Ganzen ist mit SALVATION dennoch ein sehr eigenes optisches Konzept umgesetzt worden. Die Designer haben zu den bisherigen Zukunftsvisionen sehr interessante Zwischenstationen von Robotern entworfen, die nicht nur den gewöhnlichen Zuschauer faszinieren werden, sondern dem Fan das Herz erwärmen müssten. Und es ist ohne Übertreibung eine einzige, atemlose Hatz von Verfolgungsjagden, Schießereien und Kampfeinlagen, die manchen Puls gar nicht mehr runterkommen lassen werden.

Ob man es jetzt Reboot, Neuinterpretation oder Fortsetzung nennen möchte, sei dahingestellt. Der Film als Ganzes ist massentaugliche Konfektionsware, die viele Chance an Charakteren, Handlungselementen und vor allem Logik einfach vergibt. Doch vom reinen Unterhaltungsfaktor aus gesehen muss man einfach zugeben, sich schon wesentlich schlechter amüsiert zu haben. Joseph McGinty Nichol hat einen durchaus sehenswerten Film inszeniert, der allerdings im intellektuellen Anspruch leider vollkommen zu kurz kommt. Natürlich braucht großes Kino nicht mit Tiefgründigkeit versiegelt zu werden, meist ist es ja konzeptionell sowieso nicht vorgesehen. Aber TERMINATOR SALVATION ist ein gutes Beispiel, dass sich das Mischen von rasantem Action-Kino mit geistig anspruchsvollen Gedankenspielen durchaus gelohnt hätte.


Darsteller: Christian Bale, Sam Worthington, Moon Bloodgood, Anton Yelchin, Jadagrace, Bryce Dallas Howard, Helena Bonham Carter, Michael Ironside u.a.
Regie: McG – Drehbuch: John Brancato, Michael Ferris – Kamera: Shane Hurlbut – Bildschnitt: Conrad Buff – Musik: Danny Elfman – Produktionsdesign: Martin Laing – Visuelle Effekte: Charles Gibson
USA / 2009 – circa 116 Minuten

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