Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Nachts im Museum 2

Nachts im Museum 2Nachts im Museum 2

Wenn man einen Film konzipiert, in dem die jüngste Entwicklung an computergenerierten Effekten zur Schau gestellt werden soll, dann hat ein großes Studio mit genügend Finanzstärke eigentlich alle Freiheiten. Filme wie diese konzipiert man dann auch gleich als sogenannten "Familienfilm". "Familienfilm" nennt man diesen Grenzbereich von anspruchslosen, aber unterhaltsamen Abenteuern, die alle Altersschichten erfreuen können. Anspruchslos deshalb, weil sich seit der ersten SHREK-Inkarnation viele Drehbuchschreiber an ähnlichem probieren und in den eigenen Bemühungen grandios scheitern.

Nachts im Museum 2Man darf den Autoren von NACHTS IM MUSEUM alles vorwerfen, aber sie waren so anständig, niemals mit Anspruch antreten zu wollen. Die ganze Familie sollte ins Kino gehen und mit offenen Mündern über das Gesehene einfach nur staunen. Das gelang soweit recht gut, bis sich ein fehlgeleiteter Instinkt zu einer Handlung hinreißen ließ.

Dass NACHTS IM MUSEUM (1) Erfolg garantiert war, ist einfach simpel. Ben Stiller, Owen Wilson, Robin Williams, Special-Effects und ein Dinosaurier.
 
Okay, nur das Skelett eines Dinosauriers, aber das machte die Geschichte noch viel interessanter. Warum alles in der Welt, mussten die Macher noch einen nervenden Balg einbauen, der seinen Vater für einen totalen Versager hält und am Ende total geläutert ist, weil Paps den tollsten Job der Welt hat? Schlimm nur, dass Stillers Daddy tatsächlich ein totaler Versager war. Und eigentlich am Ende noch immer dieser Versager ist, denn dass durch einen Zauber alle Figuren im Museum nachts lebendig werden, hat überhaupt nichts mit Daddy-O zu tun. Sei es drum. Viel Geld in der Kasse schreit nach einer Fortsetzung und um möglichst wenig falsch zu machen, behielt man das Team bei.

Zumindest hat man dazu gelernt, dass - trotz des Familienfilmes - im Film selbst nicht die ganze Familie vereint sein muss. Somit wurde Jake Cherry in seiner Sohn-Rolle wenigstens im literarischen Sinne ordentlich beschnitten. Im kurzen aber heftigen 24-Modus, darf er Papa Larry ‚Jack Bauer‘ Daley vom Computer aus durch das Smithsonian Institute führen.
 
Aber warum?
 
Larry Daley ist jetzt mit sinnlosen Erfindungen reich geworden, ist also kein Nachtwächter mehr, also auch nicht mehr der totale Versager. Doch all seine ausgestopften, oder aus Wachs hergestellten Freunde des New Yorker Natural History Museum werden eingemottet und im Bundesarchiv eingelagert. Larry ist darüber genau zwei Minuten sehr traurig, danach geht er wieder zum Tagesgeschäft über. Bis aus den Tiefen des Archivs in Washington ein Notruf erschallt.

Wie will man einen Film, der über keinerlei Handlung verfügte, zu einer anständigen Fortsetzung bringen? Es funktioniert mit der einfachen Hollywood-Formel auf alles noch eins drauf zu setzen und immer einen Gang höher schalten. Das Skelett hat nur kurze Gastauftritte, dafür kommt ein Wasser suchender Kraken hinzu. Amelia Earhart unterstützt Larry den Großunternehmer, der lieber wieder Nachtwächter wäre. General Custer macht seine Aufwartung, und mit ihm Albert Einstein. Der böse Pharao Kahmunrah sammelt Al Capone, Ivan den Schrecklichen und Napoleon um sich. Auch Darth Vader und Oscar aus der Sesamstrasse bieten sich an, werden aber mangels genügender Bosheit abgelehnt. In New York gibt es Teddy Roosevelt als Wachsfigur auf einem Pferd, im Smithsonian ist er als Bronzebüste nur mies gelaunt.

Kein Zweifel, dass die SCHLACHT DES SMITHSONIAN ein sehr schnelles und dabei auch unterhaltsames Vergnügen ist. Sehr viele Anspielungen, wie Clint Howard, der seine Rolle eines NASA Technikers aus APOLLO 13 wiederholt, und eine schier endlose Kette von Einfällen. Dass im Dauerfeuer von gedachten Gags und Spezialeffekten nicht jeder Spaß wirklich zündet, spielt dabei kaum eine Rolle, weil wenig Zeit gelassen wird, ernsthaft über Gesehenes nachzudenken. Und weil Fortsetzungen ja immer etwas Neues bringen müssen, werden diesmal auch die Gemälde lebendig, woraus wohl die besten Lacher geholt werden.

Der geneigte Zuschauer lernt sehr schnell, dass das Smithsonian nicht nur aus einem, sondern aus mehreren Komplexen besteht. Umso verwirrender ist der ständige Wechsel von einem Haus zum nächsten, oder die fehlende Erklärung, welches Museum welche Ausstellungen beinhaltet. Auch mit den geografischen Gegebenheiten hat man sich scheinbar wenig auseinander gesetzt. So steht Steve Coogans Octavius als kleine Diorama-Figur plötzlich vorm Weißen Haus und Larry flüchtet mit Amelia unvermittelt ins Lincoln Memorial, wo natürlich… aber das ahnt man sicherlich. Auch wie und wann die Figuren lebendig werden, wird nach Lust und Laune und Brauchbarkeit eingesetzt. Die Konsequenzen für die Ausstellungstücke, bei Sonnenaufgang noch außerhalb des Museums zu verweilen, finden keine Erwähnung mehr.

Man kann diesem zweiten Aufguss seinen Unterhaltungswert nicht absprechen. Manchmal lau, manchmal schreiend komisch, oft zum schmunzeln, und gespickt mit Zitaten. Es ist ein Film, der dem Prädikat "Familienfilm" durchaus gerecht wird. Aber dabei ist er so überfrachtet, dass sehr schnell Ermüdungserscheinungen auftreten. Konsequent treiben die Autoren ihre Figuren von einer frenetischen Hetzjagd in die nächste. Sehr oft stellt sich dabei der Wunsch nach ruhigeren Phasen ein, und das Gefühl von fehlender Logik innerhalb des eigenen Spielraumes hämmert unaufhörlich. Eigentlich muss ein Fahrer wissen, dass man den Motor nie so hochtourig fahren sollte. Im Rausch, ein optisches Highlight dem nächsten folgen zu lassen, verlieren die wirklich guten Sequenzen sehr schnell an Wirkung.

Jeder technische Aspekt von Kamera über Bildschnitt, hin zu Ausstattung und den erstklassigen Spezialeffekten ist tadellos, und alles greift perfekt ineinander. Shawn Levy beweist als Regisseur wieder einmal, dass er der Größe eines Projektes durchaus habhaft werden kann. Allerdings fehlt ihm, wie schon in einigen seiner vorherigen Filme, dieses Gespür für die leisen Töne seiner Charaktere. Und das Prädikat der Familienunterhaltung scheint bei ihm eine Sperre für differenzierte Ebenen auszulösen. Wie schon bei CHEAPER BY THE DOZEN, PINK PANTHER oder natürlich dem NACHTS IM MUSEUM-Vorgänger, wird zur emotionalen Einbindung des Zielpublikums nur eine stringente Linie akzeptiert. Dem technisch perfekten Film kommt dabei die notwendige Vielseitigkeit im Niveau abhanden.

Man kann Ben Stiller in gewohnter Manier über sich ergehen lassen, sich köstlich über Alain Chabat amüsieren, und die wie immer wandlungsfähige Amy Adams bewundern. Doch den absoluten Bonus holt sich Hank Azaria als überforderter und stark lispelnder Kahmunrah. Seine Darstellung macht wett, wo die Produktion an vielen Stellen versagt. Nur Ricky Gervais hätte durchaus besseres verdient, als diese wenigen, uninspirierten Zeilen, die wehmütig an seine ebenso kurzen, aber grandiosen Auftritte in Teil eins erinnern. Jonah Hill macht in seiner Gastrolle als aufstrebender Nachtwächter schnell klar, dass eine neue Riege an Komikern auf dem Vormarsch ist. In Timing und Spiel weist Hill den allzu routinierten Stiller schnell in seine Grenzen. Sollte sich Cent-Fox zu einem weiteren Teil hinreißen lassen, ist ja alles nur eine Frage des Geldes, wird man um Jonah Hill nicht herum kommen, der mit seiner Rolle verdeutlicht hat, dass Ben Stiller trotz einer riesigen Fangemeinde nicht mehr der Typ ist, das demografisch wichtige Publikum bei der Stange zu halten.

Zumindest hat man den Geist des ersten Teils erhalten. Anspruchslose, dafür aufregende Abenteuer, die keinem zu nahe treten. Niemand, der einem mehr verkaufen will als eigentlich da ist. Und obwohl man tricktechnisch schon einiges gewohnt ist, man darf durchaus auch noch staunen. Naja, aber der Kraken konnte zu keiner Sekunde dem Dinosaurierskelett das Wasser reichen. Doch bei aller Kritik bringt es Ricky Gervais‘ Figur des Dr. McPhee besser auf den Punkt: „Die interessieren sich nur für das, was als nächstes kommt.“



Night at the Museum: Battle of the Smithsonian – Nachts im Museum 2
mit Ben Stiller, Amy Adams, Hank Azaria, Owen Wilson, Stece Coogan, Robin Williams, Christopher Guest, Alain Chabat und Ricky Gervais, Jonah Hill
Regie: Shawn Levy – Drehbuch: Robert Ben Garant, Thomas Lennon – Kamera: John Schwartzman – Bildschnitt: Dean Zimmermann, Don Zimmermann – Musik: Alan Silvestri – Produktionsdesign: Claude Pare
USA / 2009 – circa 104 Minuten

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.