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Es ist doch alles SO einfach ...!? - 1. Der Held - das blonde Wundertier

Es ist doch alles SO einfach!?Es ist doch alles SO einfach ...!?
- Anmerkungen zur Konstruktion von Horrorheftserien(helden) - 

1. Der Held - Das blonde Wundertier
Was brauche ich als zu allem entschlossener Autor nun? Grundsätzliche Fragen sind also: Was zeichnet einen Helden aus? Was braucht er? Was ist er? Ich werde meinem Helden mal einen Namen geben. Allerdings wohl keinen alltäglichen, am besten wohl auch einen international klingenden Namen, denn schließlich will ich ja nicht die Abenteuer von Fritz Lakritz und Gerd Meisenkaiser von nebenan, sondern den Kampf eines Mannes gegen die Hölle schildern.


Zudem gilt der Prophet im eigenen Land kaum etwas. Daher geben wir ihm Flair.Ich nenne meinen Helden mal: Mark Larsen (wobei es sich hier nicht um den Hüter-Larsen, sondern um einen Modell-Larsen handelt). Der Name klingt markig, vertraut, aber nicht durchschnittlich

Das war einfach.

Frage nun: Wie sieht er aus?

Gut: Groß (190 cm), blond (mit vollem Haar), blaue Augen, markiges Gesicht, glatt rasiert, kräftiger, sportlicher Körper.

Fein, da steht er nun, der blonde Schönling und lächelt mich mit strahlend weißen Zähnen an.

Aber noch ist sein Blick hohl, sein Lächeln dümmlich. Na klar, ihm fehlt noch sein Charakter und sein Verstand. Also, welche Eigenschaften gebe ich ihm mit auf den Weg? Klar, der gute Mark muss sich von der gemeinen Masse Mensch abheben, die so unseren Planeten bevölkert. Schließlich ist er ein Held.

Was soll er denn tun, unser Mark? Er soll sich gegen die Mächte der Hölle stellen und sich ihrer Angriffe erwehren.

Da ich das nun weiß, muss ich ihn tapfer, selbstlos und mutig machen.

Darüber hinaus gilt: Er vereint Mutter Teresa und Rambo in sich. Er ist von übermenschlicher Größe wie Siegfried, Beowulf oder Roland. Ein moderner Sagenheld.

Aber ansonsten bleibt er wie so viele Helden seltsam konturlos, mit (sehr) wenig Ecken und Kanten (über das Warum lasse ich mich noch aus). Vielleicht versucht es der geneigte Leser zu erraten.

Und wer noch wissen will, wie alt er ist, unser Held, dem sage ich mal, dass 30 ein gutes Heldenalter ist. Gerade noch jung genug, um noch nicht als Gruftie zu gelten, aber schon alt genug, um ein Mann zu sein. Prima.

Als Nächstes braucht er einen Beruf. Nun ist es ja so: Im klassischen Heftroman ist der Held im Zweifel weltweit aktiv. Er stellt sich den Mächten der Hölle an den Polen, in tropischen Dschungeln, den Metropolen und überall auf der Welt. Eben wo immer nun das Dämonische in welcher Gestalt auch immer sein freches Haupt erhebt, da erscheint auch Mark Larsen.

Wenn Mark nun Müllkutscher in Kleinkleckersdorf, Klärgrubenabschme­cker in Büdelsdorf, Telefonagent in Hamburg oder Beamter bei der Stadt Stade ist, kann er nicht so ohne Weiteres in den Straßenschluchten New Yorks, der Weite der russischen Tundra oder auf einem englischen Spukschloss aufschlagen, um die höllischen Heerscharen in die Schranken zu weisen. Immerhin schreiben wir Heft, und da habe ich nur eine beschränkte Anzahl Seiten zur Verfügung. Und ich muss das Tempo hochhalten, damit der Pendler morgens um vier nicht von mir eingeschläfert wird, wenn er im Zug die Abenteuer Mark Larsens liest.

Was bleibt mir also:

    * a) Freiberufler (Journalist, Anwalt, Privatdetektiv oder dergleichen)
    * b) Polizist mit oder ohne Sonderdezernat "Geisterjagd", aber bitte nicht bei irgendeiner profanen Polizeibehörde, sondern schon bei etwas legendenumwobener Behörde (Scotland Yard, FBI)
    * c) Geheimdienst (real oder fiktiv) wie CIA, Secret Service, PSA
    * d) Millionär (wie Professor Zamorra oder Roy de Voss). Dabei spielt es keine Rolle, ob er Ahnung hat von dem, was er macht. Wichtig ist, dass er es sich pekuniär leisten kann, das zu tun, was er tun soll.
    * e) Unser Held ist Erbe einer Macht (wie Björn Hellmark oder des Geisterspiegels Hüter), die somit aus der Masse herausgehoben werden.

Welche Alternative wähle ich mal. Ich nehme "a" und beschließe, meinen Helden den Job eines Privatdetektivs in London (eine Stadt, die schon vielen Helden Heimstatt war und ist) zu geben.

Was haben wir also nun?

    * 1. Den Namen des Helden: Mark Larsen
    * 2. Sein Aussehen: Das Idealbild eines Mannes bzw. Helden.
    * 3. Sein Charakter: Den eines Sagenhelden, aber ohne große persönliche Eigenschaften.
    * 4. Beruf: Privatdetektiv
    * 5. Seinen Wohnort: London

Ich als Autor mache doch echte Fortschritte beim Konstruieren meines Helden. In seinen Grundzügen steht der Held und ist faktisch einsatzbereit. Das blonde Wundertier könnte nun loslegen.

Aber womit?

Richtig, ich sollte ihm besser ein paar Hilfsmittel an die Hand geben, um sich seiner Gegner auch erwehren zu können.

Und hier sollte ich mir ein paar Gedanken machen und einen Vorgriff auf die Konstruktion der Serie an sich wagen.

Denn die Waffen werden durch die Gegner Marks und deren Stärke bestimmt.

Richard Wunderer aka Andrew Hathaway sagte in einem Interview zum Thema Waffen einige bemerkenswerte Sätze, die ich mir mal ins Stammbuch schreiben möchte:

"(...) Zuerst stand ich vor dem Problem, dass Rick Masters keine Waffe hatte, überhaupt keine. Und es wurde mir schwer, einen glaubhaften Sieg für Rick Masters zu erfinden, wenn er gegen einen übermächtigen Gegner gekämpft hatte. Ich hatte das oft dadurch gelöst, dass Rick während seiner Ermittlungen in diesem ganz speziellen Fall eine Waffe gefunden hatte, um diese ganz spezielle Dämonengestalt auszuschalten. Wenn man das aber in jedem Roman macht, sagt der Leser eines Tages: 'Mein Gott! Der findet immer im richtigen Moment die richtige Waffe.' Das wirkt unglaubwürdig.

Daher habe ich nach einigem Zögern die Silberkugel eingeführt. Nun stehe ich vor dem Problem, dass sie gut funktioniert und zu einem Allheilmittel zu werden droht. Rick Masters soll nun keinesfalls durch die Silberkugel unbesiegbar sein. Daher muß ich mir in den nächsten Romanen etwas dazu einfallen lassen." (3)

Als Autor muss ich mir nun überlegen, welche Waffe ich Mark Larsen nun verpassen soll. Sie darf weder zu stark noch zu schwach sein. Zu stark bedeutet: Mark pustet seine Gegner wie nichts aus der Handlung und gewisse Gestalten können nicht mehr (in spannender) Form gegen meinen Helden antreten, weil er sie mit einer gewissen Lässigkeit erledigte.

Zu schwach dürfen sie auch nicht sein, damit Mark nicht mit einer gewissen Lässigkeit aus der Handlung geschubst wird und seine noch zu konstruierenden Gefährten sich alsbald an seinem Grab versammeln.

Ich beschließe mal im Vorgriff nicht mit Superdämonen, den Höllenfürsten oder gar Luzifer selbst als Gegner zu beginnen, sondern vorerst niederes Höllengezücht und die Palette an Monstern und Schreckgestalten (Vampir, Werwolf, Ghoul, Untoter, Zombie und was es da noch so alles gibt) auf Mark Larsen zu hetzen.

Ich wähle aus dem Waffenarsenal ein Kreuz, Pflöcke, eine silberkugelverschießende Schusswaffe (.357 Magnum, um Vampire auch sicher zu erledigen). Das soll als Grundausstattung vorerst genügen.

Mehr dazu, wenn es an die Konstruktion der Serie und an die Auswahl der Gegner geht.

Was dem guten Mark Larsen nun noch fehlt, ist ein fahrbarer Untersatz. Der erfolgreiche Held fährt nicht irgendein Auto, sondern etwas mit Flair und Größe.

Welche Karre wir ihm genau verpassen, entscheiden wir später.

Um unseren Helden noch ein wenig markanter erscheinen zu lassen, trinkt er Single Malt Whisky von der Insel Isla. Rauchen ist für Helden heutzutage verboten.

Und damit hätten wir ihn, den Helden ohne große Ecken und Kanten.

Eine Figur, mit der der Leser sich identifizieren kann, in die er seine eigenen Wünsche und Vorstellungen projizieren kann. Gerade deshalb ist der Held mit ganz wenigen Eigenschaften ausgestattet, damit der Leser sich den Helden selbst zurechtbiegen kann. Der mit den Ecken und Kanten ist immer der Sidekick, aber den lernen wir erst im zweiten Teil kennen.

 

Zitate:
1.  Richard Wunderer, zitiert nach Zauberspiegel Nr. 2, Drochtersen / Hamburg, 1982

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