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Chandris Welt – ein Planetenroman, der seinen Namen verdient

Chandris Welt„Chandris Welt“ –
Ein Planetenroman, der seinen Namen verdient 

Avatar meets Bourne Identity. So treffend und zugleich so unzutreffend könnte man die Grundlage des aktuellen Planetenromans „Chandris Welt“ von Susan Schwartz auf den Punkt bringen.

Ist damit alles gesagt? Meiner Meinung nach nicht. Ich erkläre gerne, warum.

 

Chandris WeltSolche Vergleiche klingen erst einmal smart und gebildet, missachten aber eigentlich den kreativen Prozess und haben eine geringe Haltbarkeitsdauer. Eine gelungene Geschichte zu schreiben bedeutet eben nicht Arbeit nach Rezept: Eine Prise Bio-Planeten-Feeling von Avatar, ein bisschen Gedächtnisverlust à la Bourne und zum Schluss noch die unvemeidliche Liebesgeschichte – fertig ist das Buch!

Nein, weit gefehlt, das wäre schön, dann hätte ich auch schon zwei Bestseller geschrieben und mich anschließend auf die faule Haut gelegt. Zugegeben, gewisse Elemente tauchen immer wieder auf, manche Ideen sind es wert, erneut beleuchtet zu werden, vor allem dann, wenn sie schon etwas älter sind. Damit sind aber noch lange keine Charaktere erschaffen, mit denen der Leser mitfiebert. Und erst recht ist damit noch lange keine eigenständige Zivilisation erschaffen, die in sich stimmig ist.

Genau das aber begegnet uns beides in Chandris Welt. Ein Terraner erwacht blind in einer ihm unbekannten Welt. Er kann sich an nichts erinnern und muss sich an seine Umgebung langsam herantasten. Mit ihm tasten auch wir als Leser uns an die Umgebung des Terraners und damit an die Geschichte heran. Wir lernen Lesaar kennen, die sich intensiv um den Terraner kümmert. Nach einiger Zeit erlangt dieser sein Augenlicht wieder und ist zunächst einmal sehr erstaunt über das Aussehen von Lesaar und ihrem Volk, den Anen. Da er sehr neugierig ist und alles um ihn herum erkundet, bekommt er von Lesaar bald den Namen Chandri, was in ihrer Sprache „Sucher“ bedeutet.

Chandri erblickt immer mehr von Lesaars Welt, sieht immer weiter, bis er schließlich am Horizont ein großes Wasser sieht, vor dem Lesaar große Angst zu haben scheint. Anders als in so vielen anderen Geschichten ist das Meer hier nicht der Ort der Sehnsucht, den man einmal in seinem Leben gesehen haben möchte. Nein, hier lauert das Böse, die große Gefahr und zugleich die erste Bewährungsprobe für Chandri. Als ein Schwarm Messervögel auftaucht, steht der Kampf kurz bevor.

Susan Schwartz aka Uschi ZietschDieser Kampf findet zur Hälfte des Romans statt und ist der erste Wendepunkt der Geschichte. Von hier aus läuft alles auf die wahre Identität Chandris zu, die ihm schließlich eine große Entscheidung abverlangt. Mehr von der Geschichte zu verraten hieße, dem Leser den Spaß daran zu nehmen, Chandris Welt mit dessen Augen kennenzulernen.

Dieser Roman ist ein Planetenroman ganz nach meinem Herzen. Hier dreht es sich tatsächlich um einen Planeten, begegnen wir einer kompletten Zivilisation. Befinden wir uns anfangs eher nur gefühlt im Perryversum, zeigt es sich im Verlauf der Handlung immer mehr, dass sie sehr stark im Perryversum verwurzelt ist. Sie nimmt daher auch Neuleser und Wiedereinsteiger schön bei der Hand.

Am Ende ist die Geschichte dann doch viel mehr als eine Mischung aus Avatar und Bourne. Und eigentlich ist sie ja auch bereits 1992 das erste Mal erschienen, also 17 Jahre vor Avatar (und 12 Jahre nach der Romanvorlage von Bourne). Wenn überhaupt, dann beweist mein Vergleich nur, wie zeitlos dieser Planetenroman ist. Das Haltbarkeitsdatum ist noch lange nicht abgelaufen.


Eisige Zukunft und Im Zentrum der NachtEin Nachtrag: Seit meinem Artikel zu „Ein Griff nach den Sternen" (hier nachzulesen) sind vor „Chandris Welt“ zwei weitere Planetenromane erschienen, die ich auf dem Zauberspiegel leider nicht besprochen habe. Es handelt sich dabei um Romane von zwei wichtigen Autoren des Perry-Teams, dem bisherigen Exposé-Autoren Robert Feldhoff (Im Zentrum der Nacht – Planetenroman 6) und dem jetzigen Exposé-Autoren Uwe Anton (Eisige Zukunft – Planetenroman 5).

Beide Romane sind von Beginn an sehr stark im Perryversum verwurzelt. Während Uwe Antons Geschichte ebenfalls einen Terraner mit Gedächtnisverlust zeigt, dessen Suche nach seiner Mission sich sehr vielschichtig über mehrere Zeitebenen erstreckt, beginnt Robert Feldhoffs Erzählung auf der BASIS (die in Planetenroman 4 eine wichtige Rolle spielte) und berichtet von niemand Geringerem als Alaska Saedelaere, der einen Auftrag der Superintelligenz ES zu erfüllen hat – er soll eine ganze Zivilisation retten. Beide Geschichten holen also ein wenig weiter aus als der aktuelle Planetenroman von Susan Schwartz und pressen viel in ihre 160 Seiten. Ich mag es gerne eine Spur intimer und kleiner, aber wem die Romane 5 und 6 in die Hände fallen, der soll trotzdem ruhig zugreifen.

Wichtig: Demnächst erscheint auf dem Zauberspiegel ein Interview mit Autorin Susan Schwartz alias Uschi Zietsch zum aktuellen Planetenroman. An dieser Stelle schon einmal vielen Dank, dass sie dem Zauberspiegel Rede und Antwort steht.

 

Kommentare  

#1 Mainstream 2010-08-02 20:28
-
Muss schon sehr gut geschrieben sein, denn sonderlich
neu scheint mir die Idee der Grundgeschichte nicht. Hat
nicht jede Serie eine Episode mit ihrem Helden ohne
Gedächtnis?
#2 Andrew P. Wolz 2010-08-03 11:55
Das stimmt, Gedächtnisverlust ist ein beliebtes Mittel. In der ersten 24-Staffel stiefelte Jack Bauers Frau hilf- und gedächntnislos umher, und auch Star Trek hat sich dankbar bedient. Man denke nur an die 1968er-Folge "The Paradise Syndrom", zu deutsch "Der Obelisk": Kirk erwacht ohne Gedächtnis bei einem Volk, das den Indianern sehr ähnelt - und hilft ihm. Diese Grundkonstellation ähnelt stark dem Beginn von "Chandris Welt". Wobei sich der Planetenroman aber im Verlauf der Handlung deutlich weiterentwickelt. Er ist eben sehr gut geschrieben.

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