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Noch nicht angekommen - »Futur drei«

Futur dreiNoch nicht angekommen
»Futur drei«

Im vergangenen Jahr feierte auf der Berlinale Faraz Shariats Debütfilm „Futur drei“ seine umjubelte Premiere. Der Film, dessen regulärer Kinostart leider durch die Corona-Pandemie torpediert wurde, ist nun als DVD erschienen. Zu den zahlreichen Auszeichnungen, die Shariat für seinen Erstling bislang in Empfang nehmen durfte, zählen der Teddy, der First Steps Award und der LeserInnenpreis des „Männer“-Magazins.

Futur dreiFür viele Migranten der zweiten Generation, die selbst bereits in Deutschland geboren wurden, stellt sich das Problem, dass sie weder der einen noch der anderen Nationalität wirklich 100%ig angehören. Oftmals sind es Sprachprobleme, die sie hier wie da als Ausländer stigmatisieren und ausgrenzen. Kommen noch andere Eigenschaften hinzu, die nicht der allgemeinen Norm entsprechen, wird es natürlich direkt doppelt schwer. Faraz Shariat ist ein Iraner, der bereits in Deutschland geboren wurde, und dessen Homosexualität in beiden Ländern zu Problemen führt. Mit „Futur drei“ hat er sich mit seiner eigenen Geschichte auseinandergesetzt und diese in einen Spielfilm einfließen lassen, der auch Elemente des Dokumentarischen in sich trägt. Denn Shariat selbst ist als Kind in alten Videoaufnahmen zu sehen, die als Flashbacks in die Kindheit seines Protagonisten Parvis Zadeh (toll: Benjamin Radjaipour) dienen. Außerdem handelt es sich bei den Darstellern von Parvis‘ Filmeltern um die tatsächlichen Eltern des Regisseurs Shariat, was „Futur drei“ insgesamt zu einem spannenden Hybriden aus Spiel- und Dokumentarfilm werden lässt.

Futur dreiParvis ist von Kindesbeinen an anders als seine gleichaltrigen Freunde. Er steht auf „Sailor Moon“ und liebt es, zu tanzen. Als junger Erwachsener steht er zu seiner Homosexualität, die auch von seinen iranischen Eltern sehr tolerant aufgenommen wird. Nach einem Ladendiebstahl wird er zu Sozialstunden verdonnert, die er in einem Flüchtlingsheim abarbeitet. Dort macht er die Bekanntschaft mit dem Iraner Amon (Eidin Jalali) und dessen Schwester Banafshe (Banafshe Hourmazdi). Die drei freunden sich miteinander an und unternehmen in den nächsten Tagen Etliches gemeinsam. Von den arabischen Mitbewohnern wird Amons Nähe zu Parvis allerdings kritisch gesehen, sie raten ihm, sich von dem weibischen Mann fernzuhalten. Doch Amon und Parvis haben sich längst ineinander verliebt…

Futur dreiAbgesehen von kleineren Durchhängern im letzten Drittel, die einem Debütfilmregisseur aber gar nicht wirklich anzukreiden sind, ist Faraz Shariat hier ein faszinierendes Porträt junger Menschen mit Migrationshintergrund gelungen, die darüber hinaus mit ihrer Queerness zurechtkommen müssen. Die Hauptdarsteller hat Shariat wunderbar im Griff, und sie verzaubern die ZuschauerInnen durch eine ungewöhnliche Liebesgeschichte, die man in dieser Form selbst im queeren Nischenkino bislang noch relativ selten zu sehen bekam. Ein Film, der sowohl einem deutschen als auch einem arabischen Publikum interessante Einblicke liefern kann. Angenehm bei der ökonomischen Inszenierung Shariats ist darüber hinaus, dass er Mut zur Stille zeigt und Bilder auch mal einfach für sich selbst sprechen lässt.

Die DVD-Erstveröffentlichung des Films, die ab dem 15. April 2021 erhältlich ist, bietet ein akzeptables, wenngleich etwas verwaschen wirkendes Bild (im heutzutage recht unüblichen Vollbildformat 1,37:1). Der größtenteils auf Farsi, mitunter auf Deutsch gesprochene Originalton liegt in Dolby Digital 5.1 vor und ist überzeugend ausgefallen. Untertitel gibt es auf Deutsch und Englisch sowie auf Deutsch für Hörgeschädigte. Auch eine Audiodeskriptionsfassung für Sehbehinderte ist optional verfügbar. Die Extras umfassen zusätzliche Szenen (zusammen 7 Minuten), ein alternatives Ende (4 Minuten), den Kinotrailer sowie ein achtseitiges Booklet mit einem Gemeinschaftsinterview mit Shariat, Casting-Leiterin Raquel Dupka, Co-Autorin Paulina Lorenz, Editorin Friederike Hohmuth, Komponist Jakob Hüffell und Kostümbildnerin Klara Mohammadi.

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