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Angriff auf die Privatsphäre - »Gewalt und Leidenschaft«

Gewalt und LeidenschaftAngriff auf die Privatsphäre
»Gewalt und Leidenschaft«

Schon zeitlebens war der Italiener Luchino Visconti (1906-1976) einer der angesehensten und erfolgreichsten Filmemacher seines Landes. Das Filmfestival von Venedig hat er viermal mit Preisen verlassen, in Cannes wurde er zweimal ausgezeichnet. Sein Film „Die Verdammten“ wurde 1970 für den Oscar nominiert, was seinem Protegé und Liebhaber Helmut Berger den internationalen Durchbruch verschaffen konnte.

Gewalt und LeidenschaftAuch in Viscontis vorletztem Film „Gewalt und Leidenschaft“ spielt Berger wieder eine zentrale Rolle.

Der deutsche Titel war seinerzeit vom Verleih recht reißerisch gewählt, entsprach aber immerhin dem französischen Originaltitel. Der US-Verleihtitel war, sinngemäß übersetzt mit „Konversationsstück“, dem tatsächlichen Inhalt des Films schon deutlich näher, und wenn man den italienischen Titel ins Deutsche übersetzt – „Familiengruppe in einem Innenraum“ – weiß man schon perfekt, um was es hier geht. Die gesamte Handlung des 1974 gedrehten Films spielt in den Räumen einer opulenten Villa in Rom. Eine Familie steht im Mittelpunkt der Ereignisse, und ein zurückgezogen lebender, in die Jahre gekommener Professor, der mit dieser Familie eigentlich nichts zu tun hat und doch irgendwann Teil von ihr wird. Luchino Visconti hatte in das Drehbuch eine Menge autobiografischer Bezüge einfließen lassen. So ist der von Burt Lancaster („Verdammt in alle Ewigkeit“) gespielte Protagonist sozusagen das Alter Ego des Filmemachers, während Helmut Berger quasi sich selbst spielt – einen eitlen Gigolo, der mit Männern und Frauen ins Bett geht und das Leben des alten Professors gehörig auf den Kopf stellt.

Der Professor (Burt Lancaster) lebt zurückgezogen in seiner opulenten Villa in Rom, umgeben von Unmengen an Büchern und Gemälden. Kontakt zu anderen Menschen hat er eigentlich nur durch seine Bedienstete, bis eines Tages die mondäne Marchesa Bianca Brumonti (Silvana Mangano) in seiner Wohnung steht. Sie möchte die Dachgeschosswohnung mieten, die dem Professor bislang als Stauraum diente. Obwohl er sich hartnäckig weigert, lässt die Marchesa nicht locker und schart alsbald auch ihre Tochter Lietta (Claudia Marsani), deren Verlobten Stefano (Stefano Patrizi) und ihren eigenen Liebhaber Konrad (Helmut Berger) um sich. Die ganze Familie dringt immer weiter in die Privatsphäre des Professors ein, bis er gar nicht mehr weiß, wie ihm geschieht. Mit einem geschenkten Gemälde kaufen sie sich in die Dachgeschosswohnung ein, stellen diese im Handumdrehen auf den Kopf, reißen Wände ein und fallen dem Ruhe liebenden Pensionär immer mehr auf die Nerven. Trotzdem findet er in Konrad einen gebildeten Gesprächspartner, mit dem er sich über Mozart-Arien oder englische Maler des 18. Jahrhunderts austauschen kann. Der Professor ist fasziniert vom exaltierten Lebensstil der jungen Leute, und wird von ihnen zunehmend in eine Welt gezogen, die ihm bislang unbekannt und fremd war.

Gewalt und LeidenschaftLuchino Visconti reflektiert in seinem vorletzten Film und im Angesicht des eigenen Todes über die Kluft zwischen den Generationen und schlägt dabei gekonnt eine Brücke zwischen der Antiquiertheit seiner früheren Filme („Der Leopard“) und einer modernen Lebensauffassung, wie sie bislang in seinem Werk noch nicht propagiert wurde. Seine exquisiten Dekorationen und das in seinen Bann ziehende Spiel Burt Lancasters und Silvana Manganos machen den sehr dialoglastigen Film trotz seiner Überlänge sehr unterhaltsam.  Für die DVD-Wiederveröffentlichung wurde der Film neu abgetastet und restauriert, was man dem sehr scharfen und detailreichen Bild (im Widescreen-Format 2,35:1) auch ansieht. Der Ton liegt auf Deutsch, Italienisch und Englisch in Dolby Digital 2.0 vor, optional sind deutsche Untertitel verfügbar. Leider hat man den deutschen Synchronton über weite Strecken nicht akkurat synchron ans Bild angelegt, was durchaus eine Qualitätsbeeinträchtigung mit sich bringt. Als Extras gibt es die bereits bei der Erstveröffentlichung enthaltenen deutschen und italienischen Kinotrailer zum Film und das Helmut-Berger-Interview „Gewaltige Leidenschaft“ (23 Minuten). Hinzugekommen ist eine Würdigung des Films durch den italienischen Autor und Kritiker Sandro Bencivenni (9 Minuten).

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