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Go West! - 19. Mai 2015

Go WestNoch eine Reise in den ›Wilden Westen‹
19. Mai 2015

Jedes Jahr führe ich zwei kleine Reisegruppen durch den Westen der USA. Dazu lege ich in Facebook ein Reisetagebuch an, das auch im Zauberspiegel erscheinen soll. Es geht zu legendären Orten des Wilden Westen auf den Spuren von Cowboys, Indianern und eines spannenden Stücks Geschichte. -

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Die TexasSan Jacinto
Unsere Fahrt führte heute von San Antonio aus ca. 230 Meilen weit in den Osten von Texas bis an die Grenze von Louisiana.

Beeinträchtigt wurde der heutige Tag durch eine Gewitterfront, die mit europäischen Maßstäben kaum zu messen ist. Blitze zuckten von allen Seiten wie Feuerlanzen. Schwerster Regen spülte uns fast von der Straße. Zeitweise konnte ich nur Schritttempo fahren; man sah buchstäblich nichts mehr; die Scheibenwischer waren kurz vorm Kollabieren.

Das dauerte drei Stunden, in denen höchste Konzentration gefordert war, denn der Verkehr war überraschenderweise sehr dicht.

Als wir Houston erreichten, riß endlich der Himmel auf.

Hinter Houston steuerten wir den Ort an, der in direktem Zusammenhang mit der Alamo-Schlacht stand. Hier wurde die texanische Unabhängigkeit 1836 besiegelt: Auf dem Schlachtfeld von San Jacinto besiegte General Sam Houston im April 1836 den mexikanischen Staatspräsidenten und General Santa Anna und nahm ihn gefangen. Santa Anna unterschrieb hier die Kapitulation seiner Armee und die Anerkennung der Unabhängigkeit von Texas und gewann damit sein Leben und seine Freiheit.

Dieser denkwürdige Platz befindet sich heute rd. 10 Meilen östlich der Metropole Houston in einer von Industrie – und Raumfahrt – beherrschten Region. Wir befinden uns zugleich nördlich der großen Hafenstadt Galveston.

Das Schlachtfeld ist durch wenige Gedenksteine interpretiert.

Im Erdgeschoß des fast 180 m hohen Monuments – des höchsten gemauerten Monuments der Welt, das vom „Lone Star“, dem Symbol von Texas, gekrönt wird – befindet sich ein kleines aber feines Museum, das ca. 400 Jahre texanische Geschichte dokumentiert. Mit einem Fahrstuhl kann man bis zu einer Aussichtsplattform hinauffahren.

Die Schlacht um die texanische Unabhängigkeit fand am 21. April 1836 statt. Die mexikanische Armee war noch geschwächt von dem dramatischen Kampf um den Alamo. Gleichwohl fühlte Santa Anna sich sicher. Er wußte, daß die Texaner über keine reguläre Armee verfügten. Die texanischen Freiheitskämpfer bildeten nur eine wild zusammengewürfelte Miliz. Allerdings verfügten sie mit dem Anwalt Samuel Houston über eine dominante und äußerst fähige Führungsgestalt.

Houston hatte von dem furchtbaren Kampf in San Antonio und dem Massaker, das Mexikaner unter Bruch aller militärischen Regeln über den Umgang mit Kriegsgefangenen an texanischen Freiheitskämpfern in Goliad angerichtet hatten, erfahren. Ihm war klar, daß die Mexikaner angeschlagen waren, dagegen waren seine Männer hoch motiviert.

Es gelang ihm, seine Milizarmee unbemerkt durch das sumpfige Marschland an das Lager der Mexikaner heranzuführen. Auf sein Signal hin, griffen die Texaner mit dem Schlachtruf „Remember the Alamo! Remember Goliad!“ furios an und überrannten die mexikanische Armee.

Santa Anna geriet in Gefangenschaft und kapitulierte.

San Jacinto war eine gnadenlose, aber eine kleine Schlacht, die nicht länger als 18 Minuten dauerte – und doch war sie vermutlich eine der bedeutsamsten militärischen Auseinandersetzungen der Welt. Denn sie führte zur Gründung eines neuen Staates, der Republik Texas. Sie war zudem der Ausgangspunkt dafür, daß Mexiko 10 Jahre später in einen Krieg mit den USA geriet und den gesamten amerikanischen Südwesten verlor – Texas, New Mexico, Arizona, Nevada, Kalifornien, sowie Teile von Utah und Colorado.

Das Foto zeigt die gewaltige Siegessäule, die 1936, 100 Jahre nach der Schlacht, errichtet wurde. (Bild 39)

Texas wurde zur unabhängigen Republik. Sam Houston wurde ihr erster Präsident. Ein Staatsgebilde, das dennoch auf wackligen Füßen stand und sich 10 Jahre später den Vereinigten Staaten von Amerika anschloß – worauf Mexiko (wieder unter der Führung von General Santa Anna) erneut versuchte, sich seine abtrünnige Provinz zurückzuholen.

Vom amtierenden US-Präsidenten Polk 1846 zum Krieg provoziert, um Mexiko ein für allemal zurückzutreiben, endete die Auseinandersetzung 1848 nicht nur mit dem endgültigen Anschluß von Texas an die USA, sondern mit einem Verlust des gesamten amerikanischen Südwestens für Mexiko. Die Texaner aber halten sich bis heute viel darauf zugute, 10 Jahre lang eigenständige Republik gewesen und nicht von den USA annektiert worden zu sein, sondern sich aus freien Stücken als Bundesstaat angeschlossen zu haben.

Das Bild zeigt ein Modell des bescheidenen Hauses, in dem die texanische Unabhängigkeitserklärung unterschrieben und verkündet wurde.
(Bild 40)

Samuel Houston, der Führer der Texaner, hatte politische, wie militärische Erfahrung. Geboren in Virginia, war er ein kulturell weitherziger „Grenzer“, der eine Cherokee-Indianerin heiratete und zeitweise bei deren Volk im heutigen Staat Tennessee lebte. Der Cherokee-Häuptling Colonneh adoptierte ihn, und Houston erhielt von seiner indianischen Familie den Beinamen „Der Rabe“.

Im Krieg 1812 mit England wurde er verwundet.

Von 1822 bis 1827 wurde Houston als Abgeordneter von Tennessee in den amerikanischen Kongreß gewählt, wo er – obwohl zeitweilig ein Freund von Präsident Jackson, gegen dessen radikale Indianerpolitik opponierte. 1827 kandidierte er erfolgreich für das Amt des Gouverneurs von Tennessee. 1829 trat er nicht mehr zur Wiederwahl an.

Aufgrund von heftigen Auseinandersetzungen mit politischen Gegnern – Houston schlug einen Kongressabgeordneten in Washington mit dem Spazierstock nieder und wurde dafür angeklagt – verließ Houston die USA Richtung Mexiko und gehörte zu den ersten Kolonisten von Texas.

Houston war ein maßgeblicher Befürworter der texanischen Revolution und einer der ersten Unterzeichner der texanischen Unabhängigkeitserklärung.

Sam Houston wurde zum 1. Präsidenten der Republik Texas gewählt. Er amtierte noch einmal als 3. Präsident. 1859 wurde er Gouverneur des Staates Texas.

Als 1861 die Konföderierten Staaten von Amerika gegründet wurden und sich von den USA abspalteten, erhob Sam Houston sich als unbeugsamer Charakter gegen diese Maßnahme.

Das texanische Parlament wollte ihn zwingen, einen Eid auf die Konföderation abzulegen. Er lehnte das ab und trat zum Entsetzen der meisten Texaner von seinem Amt zurück. Er sagte dem Süden die Niederlage in diesem Krieg voraus – er sollte Recht behalten.

1863 starb Sam Houston an einer Lungenentzündung.

Das Bild zeigt das Modell des ersten Parlaments von Texas.
(Bild 41)

In der Nähe des Schlachtfeldes befand sich die Farm von Lorenzo Zavalla, einem gebürtigen Mexikaner, der gleichwohl die texanische Unabhängigkeit unterstützte und zeitweise als Vizepräsident von Texas amtierte. Hier wurden die Verwundeten versorgt.

Heute liegen Zavalla und seine Nachkommen hier bestattet, sowie einige Gefallene von San Jacinto.
(Bilder 42-44)

In der Nähe des San-Jacinto-Monuments liegt das Schlachtschiff „Texas“ von 1914, das im 1. und 2. Weltkrieg eingesetzt war. Zu seiner Zeit war es mit den leistungsfähigsten Waffen der Welt ausgerüstet, u.a. mit 14-Inch-Kanonen.
(Bild 45)

Bei Ausbruch des. 2. Weltkriegs war die "Texas" das Flaggschiff der amerikanischen Atlantik-Flotte. Sie unterstützte die Invasionen in Nord-Afrika (1942) und in der Normandy (1944). 1945 nahm die "Texas" an den Angriffen auf Iwo Jima und Okinawa im Pacific teil.

1948 galt die "Texas" als veraltet. Sie wurde von modernen Flugzeugträgern abgelöst. Sie wurde zum Flaggschiff der texanischen Navy. Heute ist sie ein Museumsschiff und steht als "National Historic Landmark" unter Schutz.

Zur EinleitungDie erste GruppeDie zweite Gruppe

Kommentare  

#1 Hermes 2015-05-19 14:49
Zitat:
San Jacinto war eine gnadenlose, aber eine kleine Schlacht, die nicht länger als 18 Minuten dauerte – und doch war sie vermutlich eine der bedeutsamsten militärischen Auseinandersetzungen der Welt. Denn sie führte zur Gründung eines neuen Staates, der Republik Texas. Sie war zudem der Ausgangspunkt dafür, daß Mexiko 10 Jahre später in einen Krieg mit den USA geriet und den gesamten amerikanischen Südwesten verlor – Texas, New Mexico, Arizona, Nevada, Kalifornien, sowie Teile von Utah und Colorado.
Die Sklavenhalterstaaten in den USA befanden sich damals in einer schwierigen Position. In den nördlichen Bundesstaaten war die Sklaverei abgeschafft und wurde auch moralisch zutiefst abgelehnt. Die Plantagenwirtschaft im Süden baute jedoch ganz darauf. Auf dem Gebiet der damaligen USA konnten noch etliche "freie" Staaten gegründet werden, aber der Raum für weitere Sklavenstaaten war sehr begrenzt, weil einfach die klimatischen Voraussetzungen für die Plantagenwirtschaft nicht gegeben waren. In der Folge hätte sich eine Mehrheit der sklavenfreien Staaten ergeben.

Die Politiker der Sklavenstaaten waren sich dieser Entwicklung bewußt und versuchten gegenzusteuern. Ihnen schwebte vor, die USA nach Süden auszudehnen. Kuba, Nicaragua, aber eben auch Mexiko waren ihre Ziele, wo Annektionen vorgenommen werden sollten, um dort weitere Sklavenstaaten zu etablieren. In diesem Zusammenhang gehört auch Texas, wo die freiheitsliebenden Siedler nach der Unabhängigkeit unverzüglich die Sklaverei etablierten.
#2 Dietmar Kuegler 2015-05-20 07:26
In der Tat hatten die sklavenhaltenden Staaten größte Sorge, in die Minderheit zu geraten. Hier ging es aber nicht nur um den Sklavenhandel als solchen - die Sklaven stellten materiell einen höheren Wert dar als der gesamte Landbesitz der Plantagenbesitzer - sondern um den Erhalt ihres gesamten Wirtschaftssystem und ihres politischen Systems überhaupt, das auf den Partikularinteressen der Einzelstaaten basierte, in denen die Pflanzer als herrschende Kaste alles bestimmten. Die Vorstellung, sich einer Zentralregierung in Washington unterzuordnen, war für diese Menschen ein Horror.
Die Sklaverei war ein bedeutendes, aber nur EIN Element dieses Systems, sie nicht der einzige Grundstein.
Gleichwohl fühlte sich der Süden von humanitären Organisationen im Norden heftig unter Druck gesetzt, auch wenn es keineswegs so war, daß der Norden unisono aus Sklavereigegnern bestand. Tatsächlich hatten die Industriearbeiter im Norden Angst vor freien Schwarzen, die sie als billige Konkurrenz fürchteten, und Abschaffung der Sklaverei hieß noch lange nicht bürgerliche Gleichstellung.
Bei der Erweiterung der USA wurden ständig Kompromisse geschlossen - zuletzt in Kansas und Nebraska - um die fragile Balance zwischen freien und Sklavenstaaten zu halten. Es war absehbar, wann der Norden mit seinem freien Kleinbauerntum die Mehrheit gewinnen würde.
Nur war das zu Zeiten der texanischen Revolution noch nicht die Frage. Diese Problematik wurde erst nach dem mexikanischen Krieg, ab 1848, relevant. Dann allerdings mit großer Heftigkeit.
#3 Hermes 2015-05-20 16:56
In der Tat gab es in den Südsstaaten schon lange eine starke Abneigung gegen die Bundesregierung in Washington. Und das obwohl die Südstaatler in Armee und Gerichtswesen immer eine führende Rolle gespielt hatten.

Allerdings war die Sklaverei trotz aller anders lautenden Beteuerungen der Sklavenhalterstaaten die GRUNDLAGE für das südliche Plantagensystem und die daraus erwachsende Gesellschaft.

In der Tat gab es auch besonders im mittleren Westen starke Vorbehalte gegen Schwarze, obwohl dort die Sklaverei abgeschafft war. Teilweise gab es sogar gesetzliche Einschränkungen.

Versuche, Texas für die Vereinigten Staaten zu erwerben, hat es schon kurze Zeit nach der mexikanischen Unabhängigkeit 1821 gegeben, nicht erst 1845/48. Damals handelte es sich freilich noch um Angebote, das Land käuflich zu erwerben.

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