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Aus Fred Glettlers Wunderhorn: Die Honzeria

Fred GlettlerAus Fred Glettlers Wunderhorn:
Die Honzeria

Fred Glettler ist ein leider völlig unbekannter und zu Unrecht verkannter Poet.

Der Zauberspiegel widmet sich dem Werk des vergessenen Poeten und wird Texte von ihm – in Absprache mit seinem Nachlassverwalter, Lightning Roy Glettler – in loser Folge bringen.

Die HonzeriaDie Honzeria
Hund Schneckers ist unter die Gastronomen gegangen

„Jaja“, meint er blasiert. „Bin jetzt Gastronom“

Er hat eine Honzeria eröffnet

„Jaja“, meint er überheblich. „Meine erste eigene Honzeria“

Er hat sie „Zum Honz“ genannt

„Jaja“, meint er stolz in seiner Reklame. „Sei kein Schlonz – geh zum Honz!“

Er denkt, damit eine Marktlücke entdeckt und gefüllt zu haben, denn es gab bisher noch keine Honzeria

„Jaja“, meint er nicht unbescheiden. „Die bislang erste und einzige Honzeria der Welt“

Zur feierlichen Eröffnung hat er eine Honz-Woche ins Leben gerufen. Ihr soll eine Fönz-Woche folgen, danach eine Nonz-Woche, und so weiter

Aber ganz sicher keine Schlonz-Woche!

„Jaja“, prahlt er. „Jede Woche eine neue Woche. Aber ganz sicher keine Schlonz-Woche!“


Er hat auch ausreichend für Personal gesorgt
•    Da ist sein Koch, Maitre Steckerl
•    Da ist die Kellnerin, Fräulein Glettler
•    Da ist die Reinemachedame, seine Tante Klärtäffa aus Bad Schwärgnäffa
•    
Von seinem Personal lässt er sich, seines gehobenen Standes bewusst, mit „Don Honz“ ansprechen

Jaja

Die Ausstattung der Honzeria ist edel und gediegen, wie er selbst auch

„Jaja“, meint Don Honz prahlend. „Kein Schnickschnack. Bin eben kein Schlonz!“

Die Auswahl der Speisen ist ebenfalls edel und gediegen.

In jeder Woche gibt es nur ein Gericht

Eröffnet wird mit „Nudeln an Reis, dazu Kartoffeln“ in der Honz-Woche.

„Jaja“, meint Don Honz routiniert. „Man muss den Leuten eben etwas bieten!“

In der Fönz-Woche soll das Gericht wechseln. Es gibt dann „Reis an Kartoffeln, dazu Nudeln“

„Jaja“, meint Don Honz bescheiden. „Abwechslung muss sein“

In der Nonz-Woche folgt dann wieder etwas Neues: “Kartoffeln an Nudeln, dazu Reis“

„Jaja“, meint Don Honz siegessicher. „Die Gäste werden mir die Tür einrennen!“


Nicht nur die Speisekarte ist erlesen, auch die Getränkekarte kann sich sehen lassen.

Es gibt
•    Koala-Hoibe
•    Koala-Maß
•    Koala-Zwickl
•    Koala-Weiße
•    Koala-Radler
•    
Die Honzeria„Jaja“, meint Don Honz genießerisch. „Da weiß man gar nicht, was man nehmen soll“

Die Preise sind übersichtlich und human. Alles kostet 8 Mark.

„Jaja“, meint Don Honz jovial. „Bin ja kein Ausbeuter“

Alles in allem ein gelungenes Konzept, oder?

Zur Eröffnung kommt allerdings keine Sau. Auch am nächsten Tag kommt niemand. Auch keine Sau

„Jaja“, meint Don Honz optimistisch. „Aller Anfang ist schwer“

Am dritten Tag kommt endlich ein Gast. Es ist der nette Herr Bärliwau, ein wohlhabender Witwer.

Don Honz scheucht sein Personal auf und bläut ihm Gehorsam und Kundenorientierung ein.

Fräulein Glettler muss an den Tisch des Gastes kriechen, Herrn Bärliwau die Füße küssen und darum betteln, ihm die Speisekarte geben zu dürfen.

„Jaja“, meint Don Honz gebieterisch. „Der Gast ist bei den Anderen nur König, bei mir ist er Gott!“

Tante Klärtäffa muss unablässig den Boden rings um seinen Tisch scheuern, sowie jedes Staubkorn vom Tisch fegen

„Jaja“, meint Don Honz leicht hochnäsig. “Reinlichkeit ist eine Zier!“

Maitre Steckerl muss einen Nackt-Stepptanz aufführen und dazu sein Gemächt kunstvoll herumwirbeln lassen, indes der Gast die Speisekarte liest


„Jaja“, meint Don Honz mit neidischem Blick auf das herumwirbelnde Gemächt. „Ein wenig Kultur schadet nie“

Er selbst hält sich im Hintergrund

Dem netten Herrn Bärliwau geht das aber alles bald schon ziemlich auf die Nerven

Als er kein anderes Gericht als „Nudeln an Reis, dazu Kartoffeln“ auf der Karte entdeckt, fragt er sanft: “Was, gibt es nichts anderes?“

Fräulein Klärtäffa, die auf dem Boden liegt und ihm die Füsse leckt, antwortet unterwürfig: “Nein, O Gebieter!“

„Gibt es da wenigstens Soße dazu?“, fragt der nette Herr Bärliwau?

Fräulein Klärtäffa, die auf dem Boden liegt und ihm die Schuhsohlen ableckt antwortet unterwürfig: “Abermals Nein, O Gebieter!“

„Sind 48 Mark nicht ein wenig teuer für so etwas Einfallsloses?“, fragt der nette Herr Bärliwau (Don Honz hat geschäftstüchtig die Preise etwas geändert, da er weiß, dass Herr Bärliwau begütert ist)

Fräulein Klärtäffa, die immer noch auf dem Boden liegt und an seinen Hosenbeinen nagt antwortet unterwürfig: “Nein, O Gebieter, gewiss nicht!“

Da platzt Don Honz nun aber der Kragen und er stürmt wutschäumend aus seinem Separee

Er packt den erstaunten Herrn Bärliwau am Kragen und schmeisst ihn hochkant hinaus

„Gehe er doch zu einer Würstlbude, elender Plebejer!“ ruft er ihm nach und wirft einen Klumpen getrocknetes Ka-Ka nach ihm, das er zufällig in seiner Hosentasche hatte. „Wehe, er kommt wieder“

Der nette Herr Bärliwau liegt im Staube

Don Honz geht wieder in seine Honzeria.


„Jaja“, meint er triumphierend. „Man muss den Leuten schon zeigen, wer der Herr im Hause ist“

Anschließend macht er sein Personal ordentlich zur Minna

„Euch mangelt es an Einsatz“, schreit er

„Ihr habt euch nicht genügend Mühe gegeben“, brüllt er

„Ihr treibt mich in den Ruin“, jammert er

Er lässt sie stehen und bestellt sich erst mal eine Koala-Maß und eine Portion „Nudeln an Reis, dazu Kartoffeln“

Danach noch eine Koala-Maß, dann noch eine und noch eine.

Bald schon liegt er volltrunken neben seinem Tisch, ein gebrochener Mann in einer Lache aus erbrochenen Nudeln an Reis und Kartoffeln. Die Kleidung übel besudelt mit frischem Ka-Ka

Zwischendurch waren zwar noch einige, neugierige Gäste da, die aber die Honzeria angeekelt wieder verließen, als sie Don Honz  erblickten

Die nächsten Tage verliefen nicht anders, und so kam es, dass die erste und einzige Honzeria der Welt ihre Pforten wieder schloß

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