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Noch mehr Krimi als Komödie - »Der Superbulle jagt den Ripper«

Der Superbulle jagt den RipperNoch mehr Krimi als Komödie
»Der Superbulle jagt den Ripper«

Elf „Superbullen“-Filme dreht der Kubaner Tomas Milian mit Sergio Corbuccis Bruder Bruno in den Jahren 1976 bis 1984 in Italien. Die Titelfigur Nico Giraldi wurde dabei in den zumeist recht albernen deutschen Synchronisationen teilweise in „Tony Marroni“ umbenannt, wie auch im sechsten Film der Reihe, der hierzulande „Tony Marroni – Der Superbulle jagt den Ripper“ betitelt wurde.

Der Superbulle jagt den RipperUm wen es sich bei diesem Ripper im Film handeln soll, wissen sicherlich nur der damalige Verleih Ascot und Dialogbuchautor Arne Elsholtz, auf deren Einfälle dieser seltsame deutsche Verleihtitel wohl zurückgehen dürfte. Trotz flapsiger deutscher Dialoge ist dieser sechste Film wohl noch der letzte der Reihe, bei dem die Krimielemente den Klamaukanteil überwiegen dürften. Produzent Galliano Juso („Auge um Auge“), der alle Giraldi-Filme bis dato verantwortet hatte, stieg mit diesem Film aus der Serie aus und überließ künftig Giovanni Di Clemente und schließlich Mario und Vittorio Cecchi Gori („Formel eins und heiße Mädchen“) das Ruder, die sich immer stärker von den düster-realen Krimielementen der ersten Filme verabschiedeten und auch im italienischen Original Slapstick und Albernheiten die Oberhand gewinnen ließen. „Der Superbulle jagt den Ripper“ ist inhaltlich und stilistisch eine Mischung aus diesen beiden unterschiedlichen Ansätzen, weswegen er echten Krimifans vielleicht schon zu albern und durchgeknallt sein dürfte, und den Liebhabern des brachialen Schnodderklamauks eventuell nicht witzig genug. Die meisten Kenner der „Tony Marroni“-Filme sollten aber sehr genau wissen, was sie von Bruno Corbucci und Tomas Milian erwarten können, weswegen sie sicherlich auch bei diesem sechsten Teil der Reihe auf ihre Kosten kommen werden.

Der Superbulle jagt den Ripper„Assassinio sul Tevere“ (Mord am Tiber) heißt dieser Film im Original viel treffender, denn es ist ein Geschäftsmann mit zwielichtigen Methoden, Manfredo Ruffini (Alberto Farnese), der in den ersten Filmminuten bei einem Stromausfall in einer Hütte am Tiber ermordet wird, wo er sich mit einigen engen Freunden zu einer Geschäftsbesprechung getroffen hatte. Als Hauptverdächtiger sitzt schon nach kurzer Zeit Otello Santi (Enzo Liberti) in Untersuchungshaft. Seine Tochter Angela (Roberta Manfredi) ist von der Unschuld ihres Vaters überzeugt und bittet Inspektor Tony Marroni (Tomas Milian), einen Freund der Familie, den wahren Täter schnellstmöglich ausfindig zu machen. Die selbstgefällige Art von Tonys Vorgesetztem Commissario Galbiati (Renato Mori) und des zuständigen Staatsanwalts Luciano Canuti (Angelo Pellegrino) legt Marroni bei seinen Ermittlungen immer wieder Steine in den Weg. Dabei gibt es mehr als genug weitere Verdächtige, denn Ruffinis Freunde, wie Sabatucci (Mario Donatone) oder Enzo Nardelli (Marino Masé), weisen ebenfalls dunkle Flecken in ihrer Vergangenheit auf und hatten kurz vor Ruffinis Ermordung lautstarke Auseinandersetzungen mit ihm. Auch Ruffinis Witwe Eleonora (Marina Lante della Rovere) verhält sich ein wenig sonderbar, wenngleich ihre körperlichen Reize Marronis Ermittlungsarbeit immer wieder gehörig durcheinanderwirbeln.

Der Superbulle jagt den RipperEinige Elemente des Films sorgen auch heute noch für spektakuläre Unterhaltung, beispielsweise die Autostunts, die einmal mehr mit beispielloser Tollkühnheit durchgezogen werden. Dass die Ereignisse von den verschiedenen Verdächtigen auf unterschiedliche Weise geschildert werden und man deswegen als Zuschauer den Bebilderungen nicht trauen kann, ist eine hübsche Verbeugung vor Akira Kurosawas Filmklassiker „Rashomon – Das Lustwäldchen“ (1950). Bombolos Auftritte als erfolgloser Kleinkrimineller Venticello, der die Eigenschaften „dick und doof“ beide in sich vereint, dürften einem heute kaum mehr ein müdes Lächeln entlocken. Umso gelungener ist hingegen Tomas Milians Auftritt am Ende des Films als Discosänger im roten Glitzerkostüm, mit dem der radikale Imagewechsel der Reihe endgültig besiegelt wird. Bei Cinestrange Extreme ist nun auch dieser Film erstmals als Mediabook (in drei Covervarianten à 250 respektive 150 Exemplare) mit einer BluRay und einer DVD erschienen. Das Bild (im Widescreen-Format 1,85:1) ist mit wenigen Ausnahmen wieder von exzellenter Schärfe und mit kräftigen Farben, an denen es nichts auszusetzen gibt. Auch der Ton (Deutsch und Italienisch in Dolby Digital 2.0 Stereo, optional mit deutschen und englischen Untertiteln) ist stets gut verständlich und entspricht den Standards der Entstehungszeit. Das Bonusmaterial umfasst ein 24seitiges Booklet mit zahlreichen Fotos und fundierten Hintergrundinformationen von Christoph N. Kellerbach, ein aktuelles Interview mit dem Nebendarsteller John P. Dulaney (22 Minuten), einen Kommentar des Marroni-Experten Giorgio Navarro (3 Minuten), den deutschen Vor- und Abspann der VHS-Veröffentlichung des Films (zusammen 2 Minuten) sowie eine kleine animierte Bildergalerie.

Kommentare  

#1 Kater Klaro 2023-02-07 14:11
Dass Milian aus Kuba stammt, ist mir neu.
Allerdings habe ich es auch nicht so mit ihm.
Und dass Sergio einen Bruder Bruno hat(te), der diese Filme zu verantworten hat, ist auch interessant.
Danke für die Info.
#3 Kater Klaro 2023-02-07 16:30
Habe Dir unter Deinem Nachruf geantwortet Ingo.
Aber auch hier: Danke für die Info.
#4 Ingo Löchel 2023-02-07 16:36
Gern geschehen. Wenn Du Dich für Filme interessierst, dann besuche doch mal meine Filmseite uner

phantastic-worlds.blogspot.com/
#5 Kater Klaro 2023-02-07 16:51
Ich gelte als Filmkenner (weitesgehend...Milian ist da wieder ein Konter-Argument).
Sehr oft erzähle ich Leuten eine bestimmte Filmszene, niemand glaubt es, es wird gegoogelt bzw. Youtube zu Rate gezogen und : Plong Boing.
Deine Seite ist notiert Ingo.
#6 Kater Klaro 2023-02-07 16:57
Habe gerade Deinen Blog besucht.
Trarara: Bullit.
Legendäre Verfolgungsjagd und grandiose Musik.
Ich konnte damals (frühe 80er) das flaschengrüne Mustang-Fastback für 600 D-Mark erwerben.
Bisle hier und da schrauben....und fertig.
Leider habe ich den Wagen zu früh verkauft, wenn auch mit relativem Gewinn.
Aber wie heißt es: Wenn man vom Rathaus kommt, ist man schlauer.

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