Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Gangster wider Willen - »Staatsfeind Nr. 1« (1953)

Staatsfeind Nr. 1Gangster wider Willen
»Staatsfeind Nr. 1« (1953)

Der französische Komiker Fernandel (1903-1971), den man hierzulande natürlich in erster Linie mit seiner Paraderolle als Don Camillo in den „Don Camillo und Peppone“-Filmen in Verbindung bringt, hatte offensichtlich auch eine große Affinität zum US-amerikanischen Kino, seinen Mythen und Genres. Im Laufe seiner Karriere war er zwar in nur einem waschechten US-Streifen („In 80 Tagen um die Welt“) mit dabei, parodierte die dortigen Gepflogenheiten aber auch ganz gern, wie beispielsweise in „Staatsfeind Nr. 1“.

Staatsfeind Nr. 1Die 1953 von Henri Verneuil („Der Hammel mit den fünf Beinen“) als französisch-italienische Koproduktion in Szene gesetzte Gangsterpersiflage ist in New York angesiedelt und macht sich über das seinerzeit noch äußerst populäre Genre der Kriminalfilme lustig. Es war der erste Film Fernandels dieser Art, und an seiner Seite spielte die aus Ungarn stammende Hollywood-Sexbombe Zsa Zsa Gabor. Ende der 1950er Jahre folgte dann Fernandels Teamarbeit mit dem Hollywood-Komiker Bob Hope, die in „Falsches Geld und echte Kurven“ gemeinsam Paris unsicher machen. Die USA als Schauplatz finden sich daraufhin noch in zwei weiteren Fernandel-Werken: In „Dynamit Jack“ macht er sich in einer Doppelrolle über eines der ureigensten amerikanischen Genres, den Western, lustig. Und in „Lauter Leichen in Las Vegas“ hat er sich schließlich anno 1963 Spielhöllen und Einarmige Banditen vorgeknöpft und zum Ziel seines Spotts gemacht. Viele dieser Filme sind mittlerweile leider in Vergessenheit geraten, zumal sich zahlreiche Fernsehsender scheuen, Schwarz-Weiß-Filme auszustrahlen, die nicht dem Kanon der unsterblichen Filmklassiker angehören. Umso löblicher ist es deswegen, dass sich DVD-Label wie Pidax dieser hübschen Filme erinnern und sie nun nach und nach fürs Heimkino zugänglich machen.

Staatsfeind Nr. 1Joe Calvet (Fernandel) ist ein kleiner Angestellter eines Kaufhauses, dessen extreme Kurzsichtigkeit ihn immer wieder in die Bredouille bringt. So führt sie nun auch dazu, dass er von seinem genervten Chef Mr. Chick (Guglielmo Barnabo) kurzerhand entlassen wird. Als er sich zur Zerstreuung in die Nachmittagsvorstellung in einem Kino begibt, vertauscht sein Nebenmann beim Verlassen des Saales Calvets Regenmantel mit seinem eigenen. Als Calvet im fremden Mantel in der U-Bahn eine Pistole entdeckt und sich daraus versehentlich ein Schuss löst, wird der Unschuldige nicht nur in Haft genommen, sondern auch noch für einen der meistgesuchten Verbrecher des Landes gehalten. Auch den Gangstern selbst kommt diese Verwechslung gerade recht, weil die blonde Lola (Zsa Zsa Gabor) auf diese Weise den großen Boss präsentieren kann, den es in Wirklichkeit gar nicht gibt. Die ganze Gangsterbande setzt nun alles daran, Calvet aus dem Gefängnis zu befreien und ihn so vor dem Tod durch den Elektrischen Stuhl zu bewahren. Aber Slim (David Opatoshu), Walter (Jess Hahn) und ihre Kumpane haben ebenfalls nicht mit der Kurzsichtigkeit des zu Rettenden gerechnet, was bei der Befreiungsaktion für zusätzliche Turbulenzen sorgt.

Staatsfeind Nr. 1Auch diese neuerliche Zusammenarbeit von Henri Verneuil mit Fernandel (die beiden drehten insgesamt acht Spielfilme miteinander) ist als gelungen und kurzweilig zu bezeichnen. Schon in der Einleitung wird die süffisante Grundnote des Films spürbar, der sich in Folge als Mischung aus Slapstick- und Charakterkomik über die Konventionen des Krimigenres lustig macht. Liebhaber Fernandels kommen natürlich besonders auf ihre Kosten, wenn der Komiker mit der markanten Mundpartie sich als liebenswerter Durchschnittsbürger gibt, der die größten Ganoven New Yorks im weiteren Verlauf der Handlung zu Landwirten umschulen will. Harmlos-unterhaltsam und nach wie vor vergnüglich-charmant. Die DVD-Erstveröffentlichung bietet ein ganz gutes Schwarz-Weiß-Bild (im Vollbildformat 1,33:1), das jedoch den letzten Schliff an Schärfe vermissen lässt. Der Ton (Deutsch in Dolby Digital 2.0) geht hingegen soweit in Ordnung. Die französische Originalfassung ist separat anwählbar, allerdings leider nur ohne Untertitel verfügbar. Das ist schade, weil die gegenüber der deutschen Kinofassung um sechs Minuten längere Originalversion auch nicht in die deutsche integriert wurde und somit nur Zuschauern zur Verfügung steht, die gut genug Französisch verstehen. Als weiteres Extra liegt der Veröffentlichung der verkleinerte Nachdruck der „Illustrierten Film-Bühne“ (Nr. 2220) als Booklet bei, das auf vier Seiten etliche Fotos, eine Inhaltsangabe und Stab- und Besetzungscredits zu bieten hat.

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.