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... Kurt Kobler über Splatter-Horror-Science Fiction-Filme – über den Geschmack von Filmblut und professionell besorgte Blicke

Auf eine Plauderei mit dem Komparsen Kurt Kobler über Splatter-Horror-Science Fiction-Filme – über den Geschmack von Filmblut und professionell besorgte Blicke

Kurt Kobler dürfte den Zauberspiegel-Leserinnen und –Lesern bekannt sein. Er schreibt die “Jerry Carbon“-Romane, kenntnis- und actionreiche Perry Rhodan-Jerry Cotton-Fan-Crossovers (deren ersten Band ich hier schon vorgestellt habe) und verantwortet, zusammen mit Michael Pfrommer, auch die mittlerweile elf Paperbacks umfassende Rhodan-Fan-Roman-Weiterführung des legendären Zyklus um die „Meister der Insel“, die noch heute jeden Rhodan-Fan in einen Zustand äußerster Verzückung versetzt. Ähnlich hoch ist der Zuspruch für Kurts bisher umfangreichstes Fan-Romanprojekt.
Alle genannten Romane werden semiprofessionell veröffentlicht vom rührigen TCE, dem „Terranischen Club Eden für SF, Fantasy und Horror“ und sind dort noch erhältlich.

Die Plauderei zwischen Kurt Kobler und Martin Eisele entstand als Idee in unserem Teamchat.


Sozusagen nebenher ist Kurt seit vielen Jahren Ausdauer- und Kraftsportler. Und Filmkomparse. Über unsere gemeinsame Begeisterung für den Ausdauer-und Kraftsport kamen wir dann auch mal ins Gespräch über eigenartige TV-Serien und noch eigenartigere Kinofilme wie … SKY SHARKS.
Daraus entstand dann die nachfolgende Plauderei für den Zauberspiegel.

Martin Eisele: Hi Kurt … und zuallererst mal Dankeschön für dein „Okay“ zu diesem Interview.
Erzähl` mal – wie war das, als Komparse beim Dreh von „Sky Sharks“?
Kurt Kobler: Na, vor allem stressig und lustig, ich hab alles gegeben, das ist für uns Komparsen ja das Mindeste. (Lacht) Das Ganze ging, zumindest für mich, in Braunschweig über die Bühne, einer Stadt, die jetzt nicht unbedingt als Hollywood Deutschlands gilt …

Martin Eisele: … in der aber immerhin Uwe Lammers residiert, der Chefredakteur des SFCBW-Fanzines BWA, den wir hier auf Zauberspiegel sozusagen als Ostergeschenk auch schon via Interview vorgestellt haben.
Kurt Kobler: … ja, und er schreibt dort auch seine Milliarden Rezensionen, Romane und Stories. Ab und zu fällt auch ein Beitrag für das TCE-Fanzine „Paradise“ ab …

Martin Eisele: Sorry, ich hab dich unterbrochen.
Kurt Kobler: Schon verziehen. So konnte ich immerhin meine Werbung für den TCE und für „Paradise“ landen, von dem noch 2025 auch schon die 125. Ausgabe erscheint.

Martin Eisele: Und zwar noch schöner aufgemacht als BWA.
Kurt Kobler: Ganz recht! Und sogar richtig gedruckt, als A-5-Paperback.

Martin Eisele: Damit wären wir wieder bei „Sky Sharks“, oder?
Kurt Kobler: Du hast mit diesem Uwe Lammers angefangen. Aber okay: „Sky Sharks“ ist unser Thema, ein Film, der so schnell wohl keinen Oscar bekommen wird. Oder zwangsläufig doch, weil in den USA nur noch „Avengers“-Wimmelbildchen-Blockbuster produziert werden.

Martin Eisele: Obskurer Trash muss ja auch mal sein, passt ja dann auch wieder zu unserer heutigen Welt der Donalds und Put-Ins und den Damen und Herren von der Partei mit dem blauen Logo, das vermutlich darauf hinweisen soll, dass ab und an gern auch mal das Blaue vom Himmel herab gedichtet wird. - Wie lange warst du denn in Braunschweig vor der Kamera zugange?

Kurt Kobler: Vier Tage. Hätten bei diesem durchgeknallten Filmprojekt und mit diesen tollen Kollegen ruhig mehr sein können. Aber ich will nicht jammern. Eigentlich bin ich auf das Ding eh nur durch Zufall aufmerksam geworden, und dann hab ich`s auch per Kick-Starter minimal mit angeschoben. Da die Filmer damals in Oberhausen – das liegt bei mir, ich wohne in Bottrop, sozusagen um`s Eck – schon gedreht hatten, kam ich überhaupt erst auf die Idee, wegen einer Komparsen-Rolle anzufragen. Es dauerte dann eine Weile bis die Antwort eintrudelte: „Ja kannst mitmachen, nur wenn, dann halt in Braunschweig und an vier Tagen in Folge.“
Das war`s dann mit dem Heimspiel. Alles war plötzlich etwas umständlich und auch weit zu fahren, doch zum Glück habe ich mit Claudia Hagedorn und ihrer Familie gute Freunde in Braunschweig, die mich für drei Nächte bei sich zuhause aufnehmen wollten. Da ich in den letzten Jahren auch einige „Rhodan“- und SF-Cons im Braunschweiger Jugendzentrum „Die Mühle“ besucht hatte, war sowieso klar – die Fahrerei nehme ich in Kauf. Und weil du vorhin den SFCBW erwähnt hast … Claudia Hagedorn war dort auch schon mal Mitglied. In letzter Zeit richtete sie aber eher für die Rhodan-Fanzentrale PR-Cons in der „Mühle“ aus, die immer sehr gut besucht sind.
Na, jedenfalls, der Tag X rückte näher, und wie das manchmal so ist, ausgerechnet zu dieser Zeit fühlte ich mich alles andere als fit. Mit Müh und Not setze ich mich dann doch in die alte Rettungskapsel von einem Auto und rappelte die 300 km rauf von Bottrop nach Braunschweig.

Martin Eisele: Wusstest du da schon, worum es bei „Sky Sharks“ geht?

Kurt Kobler: In groben Zügen, ja: In der Arktis haben Wissenschaftler ein Nazi-Labor und ein Kriegsschiff aus dem zweiten Weltkrieg entdeckt, in dem sogenannte „Reichsflughaie“, raketenbetriebene Monster, überlebt haben. Schnell wird klar: ursprünglich sollten die von mutierten Zombie-Supersoldaten dank des Serums K7B kontrolliert und Richtung Endsieg geritten werden. Wozu es damals, frustrierend für die Nazis, zum Glück für die Welt, ja nicht mehr gekommen ist. Aber jetzt, nach der Entdeckung, reaktiviert sich diese geheime Armee und die Untoten legen los.
Ein superreicher Deutscher muss retten, was von unserer gegenwärtigen Welt noch zu retten ist. Das Ganze hört sich nach furchtbarem Trash an und ist es auch. Aber ein dermaßen augenzwinkernd zugespitzter, dass es schon wieder gut ist.

Martin Eisele: Das Projekt wurde über Crowd Funding finanziert. Ich erinnere mich, irgendwo gelesen zu haben, 50.000 bis 60.000 Euro seien die Zielsumme gewesen, zusammengekommen sind aber in Rekordzeit knapp 100.000 Euro. Auch konnten relativ zügig ausländische Verleihfirmen begeistert werden.

Kurt Kobler: Dein Gedächtnis funktioniert. Durch die erfolgreiche Crowd Funding-Kampagne kamen auch zig auch bekanntere Schauspieler an Bord, M. Schäffer, Nadine Lukat alias Celina Davis, Cary Hiroyuki Tagawa, Jerry Kwarteng, Désirée Giorgetti und Eva Habermann, die 1997 bis 1998 mit der internationalen Science-Fiction-Serie „Lexx – The Dark Zone“ über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde, dazu Ralf Richter, um nur mal ein paar zu nennen, ich möchte hier ja nicht sämtliche Grenzen sprengen. Alle Komparsen waren natürlich, wie leider oft bei solchen Projekten, kostenlos – also für Ruhm und Ehre – dabei, beziehungsweise haben für größere Rollen auch gespendet. Trotzdem hat der Film dann wohl, auch durch Corona und die Konkurrenz „Iron Sky“, Miese gemacht und dem Produzenten einen Schuldenberg beschert. In wie weit das auch Eva Habermann betraf, die erst später auch mit ihrer (zusammen mit dem Filmemacher Alexander König) 2017 gegründeten Produktionsfirma Fantomfilm GmbH in die jahrelangen Arbeiten an diesem Film eingestiegen ist, weiß ich nicht.

Martin Eisele: Immerhin war Eva seither an fünf internationalen Independentfilmen als (Co-)Produzentin, Schauspielerin oder Drehbuchautorin beteiligt. Allein 2022 beispielsweise an Tyler Russels US-amerikanischer Horror-Komödie „Cyst“ und dem Psychodrama „Die wahre Schönheit“, das du heute noch via Amazon streamen kannst. Hier schrieb sie auch am Drehbuch mit. Ein sensibler und gewaltiger Film darüber, wie das Glück einer Familie nach und nach zerbricht. 2024 spielte sie in „Monster on a Plane“.
Kurt Kobler: Okay, also vielseitig und weiterhin im Geschäft ist sie. Freut mich sehr!

Martin Eisele: Der Angriff der Reichsflughaie bei Nacht auf dieses Passagierflugzeug ist brutal gut gefilmt, der Absturz des Flugzeugs klasse getrickst.
Killerhaie, mutierte Nazis, Michaela Schaffrath aka „Gina Wild“ und „SchleFaZ“-Ikone Oliver Kalkofe: Da waren definitiv alle Zutaten dabei für einen launigen Trashfilm-Abend.
Du bist in der Flugzeugszene zu sehen … Wo ist Kalkofe abgeblieben? Auf einem Raketenhai sieht man ihn auch nicht durch die Lüfte zischen.

Kurt Kobler: Der hatte als Hermann Göring an einem anderen Set eine gewichtigere Rolle zu stemmen. In Braunschweig war er schon nicht mehr dabei, leider. Dort war der Dreh für das Einchecken der Passagiere in das Flugzeug angesetzt, das dann so spektakulär angegriffen wird, plus Flug und Überfall der Zombie-Nazis mit ihren Raketenhaien auf dieses Flugzeug.
Bei meinem Dreh waren neben Celina Davis, einer sehr netten Darstellerin aus der Sparte Erwachsenenfilm, einer Teilnehmerin von „Germanys next Topmodel“, die dann später im „Dschungelcamp“ erneut ihre Schauspielkunst unter Beweis stellte, noch drei „richtige“ Schauspieler am Set. Alle sehr nett. Besonders Michaela Schaffrath, die ja seit dem Film „Der tote Taucher im Wald“ auch Theater spielt und nicht mehr nur auf ihre Porno-Karriere reduziert wird. Überhaupt, die gute Stimmung am Set, die kann ich nicht oft genug betonen.

Martin Eisele: In irgendeiner Besprechung war damals nach dem Filmstart die Rede vom „Bastard-Bruder“ von „Iron Sky“.
Kurt Kobler: Ja. Leider war „Iron Sky“ halt – zu Recht, muss man fairerweise sagen – immer präsent und überstrahlte alles. Aber „Sky Sharks“ war mindestens ähnlich ironisch und gab den Nazis auch schön einen mit. Bei Interesse kann man sich auf der Homepage immer noch gut informieren: http://skysharks.tv/ Und auch Celina alias Nadine Lukats Infos zu den Dreharbeiten finden sich noch im Netz: Nadine Lukat über ihre Dreharbeiten zu Sky Sharks | Actionfreunde

Das Ding ist jedenfalls nicht vergessen, es gilt weiter als deutsche Antwort auf „Iron Sky“ und „Sharknado“.

Martin Eisele: Gibt`s noch ein paar witzige Insider-Gags, die wir hier im Zauberspiegel abfeiern können?
Kurt Kobler: Witzig war für mich erstmal, dass das Projekt größer war als ich anfangs gedacht hatte oder als man allgemein denkt, wenn man was von Raketenhaien hört, und von untoten Nazis, die darauf angreifen.

Neben Kalkofe auch Michaela Schaffrath, Eva Habermann und Ralf Richter kennenzulernen (wenn auch nur dank seines Anrufs bei mir, nach den Dreharbeiten), war dazuhin etwas, das für mich schön reingeknallt hat.
Der Film hat, wie ich später hörte, weit über 1 Million gekostet und wurde rasch in 48 Länder verkauft.
Am Set waren mit Komparsen oft 70 Leute in 2 Hallen beschäftigt. Allein die Kulissen des Nazi-Labors und ein halbes echtes Passagierflugzeug vereinnahmten eine Halle. In den vier Tagen, in denen ich dabei war, kamen dann auch Stuntteam und FX-Leute dazu. Für deutsche Verhältnisse auch nicht gerade selbstverständlich. Aber für dich wohl eher keine Sensationsmeldung.

Martin Eisele: Ach, auch Emmerich hat in Sindelfingen mit „Arche Noah-Prinzip“ und „Joey“ in kleinen Hallen angefangen. Und ob sein Filmdebüt gleich eine Million verschlungen hat – keine Ahnung. Weiter zu deinem Gag-Nummer zwei, okay?
Kurt Kobler: Auch eher bescheiden und persönlich. Als Fan war für mich klar, ich biete den Leuten um Regisseur Marc Fehse an, Werbematerial für den Film mit unseren TCE-Clubpublikationen zu versenden. Hab ich dann hoffnungsfroh gemacht und auch nachgefragt, ob ich ein „Rhodan“-Shirt mit Logo beim Dreh tragen könnte. Da landest du rasch in Gefilden, in die du nicht willst. Erst musste das mal von VPM, also vom „Rhodan“-Verlag, abgesegnet werden. Es wurde also darauf geachtet, dass der Verlag daraus keine Rechte ableitet bzw. Geld dafür verlangt. Die Bestätigung der VPM allerdings war einfach und unbürokratisch zu besorgen.

Der Witz war dann, dass die Filmcrew wegen der zackig vorliegenden Genehmigung mich plötzlich für einen waschechten Rhodan-Autor hielt, egal wie oft ich denen den Unterschied zwischen professionellem Team-Autor und Fan-Autor zu verklickern versuchte. Letzten Endes hatte ich dann, warum auch immer, gute Karten bei der Komparsen-Leiterin und beim Regisseur. Ich habe dann nochmal wegen gegenseitiger Werbung TCE und „Sky ‚Sharks“ nachgehakt, aber ich schätze mal der Regisseur wollte das falsch verstehen, dieses Schlitzohr. Der meinte nur immer: „Lass mal gut sein, ´Perry Rhodan` ist Kult, das Shirt passt in den Film. Auch die anderen Komparsen fanden das okay, selbst, als ich die Sache mit den Fan-Romanen auch den Kollegen gegenüber nochmal klargestellt habe. Also bin ich wohl dank Rhodan mehrfach sehr gut im Bild. Kleiner Nachteil: Werbung für den TCE fiel flach, ich wollte auch nicht ständig den Bettler geben und wegen Werbung mit einem Fan-Club nerven, so sehr mir der auch am Herzen liegt. Na ja, das T-Shirt jedenfalls musste ich dann die vollen vier Tage tragen... und die Schicht Deo auf meiner Haut wurde von Tag zu Tag dicker...

Martin Eisele: Lutz Granert, der für Filmstarts schreibt, hat jedenfalls nix davon gemerkt. Ihr und eure Arbeit seid prima bewertet worden: „Nazi-Zombies, die auf Haien reiten – und dabei, gemessen am Budget, erstaunlich gut aussehen …“
Kurt Kobler: Der Mann hat Humor und Geschmack. Und dein Gedächtnis ist wirklich gut.

Martin Eisele: Mein Extrasinn nennt sich Google. Kannst mich aber trotzdem „Atlan“ nennen. (Lacht dezent). Vorausgesetzt, du lieferst noch ein paar Details zu „deinen“ vier Drehtagen.

Kurt Kobler: Also, sorry, das waren relativ normale, unspektakuläre Komparsen-Tage, also erstmal ohne größere Sensationen. Am ersten Tag haben wir „Warten und Einchecken am Flughafen“ gedreht. Dabei stehe ich scheinbar angetrunken mit einem Gesprächspartner am Getränkeautomat, also typisch „PR“-Autor. (Lacht). Mein weniger angesäuselter Gesprächspartner war ein absolut unterhaltsamer Typ, der total abgedrehte Geschichten erzählen konnte, schade, dass die im Film nicht zu hören sind.
Falk, der Produzent, war fast pausenlos in seinem SUV unterwegs und sorgte brav dafür, dass niemand verhungerte oder verdurstete. Essen und trinken war immer ausreichend zur Stelle.
Drehtag 2 bis 3 und 4 fanden dann statt in der 2. Klasse im Flieger, und wir kommen langsam zu so was wie einem pikanten Komparsentags-Detail.

Martin Eisele: Ich höre! Du verstehst es, Spannung aufzubauen!
Kurt Kobler: Halbstündlich kam das Schminkteam anmarschiert und erneuerte die „Schweiß“flecken auf der Kleidung mit Wasser und den „Schweiß im Gesicht“ mit einer Zuckerlösung …

Martin Eisele: (Stöhnt auf)

Kurt Kobler: … dabei kam ich in Sachen Zucker richtig gut weg, weil, ich sitze ganz vorne neben zwei Hauptdarstellern.
Einer dieser Profis, der Deutsche Jerry Kwarteng, spielt einen schwarzen Air Marshall, seine Air Marshall-Partnerin heißt im richtigen Leben Désirée Giorgetti. Beide sind ziemlich bekannt. Jerry wurde 1976 in Hamburg geboren und hat erstmal bis zum Ersten Staatsexamen Jura studiert. Seit 1983 ist er als Schauspieler gut im Geschäft und in x TV-Reihen und Serien präsent, unter anderem spielte er 2015 in „Deutschland ´83“ …

Martin Eisele: … und 2019 in „Nachtschicht – Cash and Carry“. Und er ist Mitbegründer des Mediennetzwerks ´Schwarze filmschaffende Community`. Gute Type, den vergisst du nicht so schnell.

Kurt Kobler: Tja. Er gab für Désirée und mich den Dolmetscher. Die Dame ist Italienerin und in der Splatter-Film Szene „in“, sie spielte in „Dark Silence“, „Anger of the Dead“ und „Dark Parasite“. Tatsächlich warteten nicht wenige Fans am realen Flughafen auf sie, als das Film-Team sie dort abholte.
Désirée ist eine total freundliche Person, und ich hätte mich mehrfach in den A... beißen können, weil ich nicht gerade super fließend Englisch parliere. Aber Jerry, der mehrere Sprachen spricht, war die Rettung. Neben den beiden hockte ich dann 3 Tage und wir mussten Verwunderung, Angst, Panik usw. darstellen. In einer Szene muss ich Désirée böse anstarren, weil sie mit ihrem Air Marshall-Partner über Europa ablästert. Und Jerry informierte sie dann in meinem Namen, dass ich mich dazu wirklich brutal zwingen musste, also, sie böse anzustarren.

Martin Eisele: Der Film war also schon 2020/21 ganz schön aktuell, ganz ohne J.D. Vance und Trump mit ihrer eher negativen Einstellung gegenüber Europa.
Kurt Kobler: So kann man das sagen. Und nun … zum dritten Drehtag, der dann tatsächlich noch etwas Würze und Erwähnenswertes in den tristen Komparsen-Alltag brachte...

Martin Eisele: Weil?! Du siehst uns an den Nägeln knabbern, Kurt!
Kurt Kobler: … weil da mehrfach eine nette junge Dame, nämlich Celina Davis, die eine Passagierin aus der ersten Klasse spielt, blutüberströmt, fast nackt und in Panik schreiend an uns vorbei durch den Flieger rennen musste. Ich pausiere dann mit meiner Panik mal kurz und sehe ihr nach. Aber natürlich nur besorgt.

Martin Eisele: Natürlich.

Kurt Kobler: Total professionell. Die Szene wurde oft wiederholt, und die arme Celina musste immer wieder auf Start zurück... Wir alle waren aber Profis genug, wir haben die Szene nicht absichtlich geschmissen. Auch wenn das Mädel sonst andere Szenen drehte und man sehr wohl merkte, dass ihr die Nackedei-Einlage nix ausmachte … Celina ist einfach ein nettes Hamburger Mädchen mit dem man in Drehpausen auch gut quatschen konnte. Mittlerweile ist sie auch, glaube ich, aus diesem B-Movie-Erwachsenenfilm-Geschäft ausgestiegen. Mir tat sie auf jeden Fall leid, weil sie bis in die Nacht entweder halbnackt durch den Flieger rennen durfte oder nicht aus ihrem Kostüm rauskam und sich in Drehpausen nur eine Decke umwerfen konnte.
Tja, und am vierten Drehtag versuchte der Regisseur Marc Fehse dann den Rekord im Verbrauch von Filmblut zu brechen. Der Mann ist irre und gehört eingesperrt. (Lacht polternd, aber durchaus verständnisvoll). Am Vortag hatte er schon die Passagiere der ersten Klasse von seinen Zombie-Nazis niedermetzeln lassen. Unter anderem werden da auch die beiden Stewardessen gemeuchelt, eine dargestellt von der charmanten Schauspielerin Anne Alexander Sieder. Auch die halbnackt Marathon rennende Celine ist nun letzten Endes am Ende ihres Weges angekommen. Das Blut spritzte literweise rüber in die zweite Klasse. Dann kommt Michaela Schaffrath in ihrer Rolle als „Zombiene“ rein und erledigt uns, aber das wurde separat vor dem Greenscreen gedreht.
Die Michaela war am 4. Drehtag erst angereist, und gleich ging`s für sie in die Vollen. Nebenbei bemerkt, scheint sie übrigens auch eine Nette zu sein. Auch wenn Presse und TV wegen ihr da waren, sie hatte trotzdem immer auch ein Ohr für jeden Fotowunsch von uns Komparsen.
Urig war, sie mit ihrer Zombiemaske essen zu sehen, beziehungsweise ihre Versuche zu essen. Danach habe auch ich mir noch schnell ein Autogramm geholt. Und was macht sie? Fragt mich, wo ich herkomme und wie lang ich fahren musste..., also, damit rechnest du als Komparse nicht. Wir werden von den „richtigen“ Schauspielern oft lieber übersehen.
Aber zurück zum Blutbad. Dabei kamen eine Windmaschine und mehrere große Spritzen zum Einsatz. Alles wurde von vorne in die offene Flugzeugkabine geblasen und traf dann, noch verstärkt mit Kork, Nebel und Staub auf die rund 20 Personen, die da in den Sitzreihen hingen. Dabei sollten wir nochmals laut schreien. Ha-ha! Leichter gesagt als getan, wenn von den inzwischen drei Tagen Rumkreischen alle heiser sind. Aber hören konnte uns bei dem Lärm dann sowieso keiner mehr. Das Blut tropfte von der Decke, von den Wänden, aus den Sauerstoffmasken und Sitzen. Es lief mir in die Hose oben rein und unten wieder raus. Da rächte es sich, dass ich dank Rhodan-Shirt ganz vorne saß. Vielen Dank auch, Perry. Später hieß es, diese Szene soll auch im Werbetrailer zu sehen sein, also bin ich möglicherweise schon weltberühmt …

Martin Eisele: Der Film wurde ja nicht nur in Braunschweig uraufgeführt, sondern auch in London… Also, gut möglich. Wann bekomme ich bitte ein Autogramm von dir?
Kurt Kobler: Quer über die Brust, oder?

Martin Eisele: Klar. Nur! Die Zauberspiegel-Leser*Innen und alle Mitarbeiter-Kollegen sollen schließlich neidisch werden.
Kurt Kobler: So ist`s recht (lacht).

Martin Eisele: Ich hab mich ja nicht getraut, dich nochmal zu unterbrechen. Aber: Wie wird man als Komparse mit so einer Filmblut-Dusche fertig?

Kurt Kobler: Mit eiserner Disziplin. Ich jedenfalls konnte mich nur teilweise säubern. Normal hätte ich alles ausziehen müssen, dann duschen usw. Aber ich heiße eben nicht Celine. Auch wollte ich nicht nur zum Duschen nochmal zu Familie Hagedorn zurück. Also gab es am letzten meiner vier Drehtage eine allgemeine blutige herzliche Verabschiedung vom Team, den Profis und Komparsen-Kollegen. Trotz Hemdwechsel sahen alle der an dieser Szene mitwirkenden Schauspieler und Komparsen mehr oder weniger aus wie Serienkiller. Blutverschmiert, die Haare verklebt usw. Ich bin dann so nach Hause gefahren, immer in der Hoffnung, während der dreieinhalb Stunden bitte bloß nicht anhalten zu müssen. Damit fiel unterwegs was zu trinken oder zu essen zu kaufen dann natürlich flach. Auch, damit ich nicht doch mal aufs Klo musste und damit dann gegebenenfalls einen Polizeieinsatz auslöse und für ein bisschen Extrawerbung für die „Sky Sharks“ sorge. Zum Glück lässt sich Filmblut, das leicht nach Melone riecht, in der eigenen Dusche beziehungsweise Waschmaschine sehr gut ab- und auswaschen.

Martin Eisele: Hört sich nach einer Menge Spaß an, echt, Mann. So stellt man sich das vor, wenn man mit seinem Popcorn-Becherchen im Kino sitzt.
Kurt Kobler: Na klar. Verarschen kann ich mich auch selber. Die An- und Abfahrt war jedenfalls das Herausfordernste. Dass man oft lange auf seinen Einsatz warten muss, nicht nur als Komparse, das gehört zur Job-Beschreibung dazu … Nur, falls ein Zauberspiegel-Leser diesbezügliche Berufsträume hegt. Aber langweilig war es nie. Schön war, ich durfte ein paar wirklich nette Leute kennenlernen. Insgesamt also ein lohnender Ausflug ins Filmbusiness, kein Wunder, dass du dich da wohlfühlst.

Martin Eisele: Und dabei werde ich nicht mal mit Filmblut abgeduscht und darf auch nie halbnackten hübschen Hamburger Mädels professionell besorgt hinterher sehen!
Kurt Kobler: Man kann nicht alles haben.

Martin Eisele: Der perfekte Schlusssatz, Kurt. Nochmal danke für das launige Geplauder und die gute Stimmung dabei, die hoffentlich rüberkommt. Danke auch für alle Fotos, die du dem Zauberspiegel zur Verfügung gestellt hast. Weiterhin alles Gute im Filmgeschäft.

 

Copyright © 2025 Martin Eisele & Kurt Kobler

 

 

 

 

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