... Kurt Kobler über die Ausbildungsproduktion des Fantasy-Films FALLEN WARRIOR (Buch & Regie Maria Mergel)
Interview mit Kurt Kobler über die Ausbildungsproduktion des Fantasy-Films FALLEN WARRIOR (Buch & Regie Maria Mergel)
Walhalla-Torwächter mit Körnerkissen
Na ja, du weißt inzwischen ja, ein Mann sooo großer Worte bin ich nicht. Und den eher nicht so glamourösen Job Komparse bei Film- und TV-Produktionen betreibe ich seit einigen Jahren ja nur mehr oder weniger erfolgreich. Dein Herr Emmerich ist ja noch nicht so weit, bei mir anzurufen in Bottrop. Also gingen meine Auftritte meist in Richtung lebende Kulisse, die für ein paar Sekunden irgendwo im Hintergrund etwas darstellt, oder gewichtig durchs Bild läuft.
Na, jetzt will der ja auch nur noch einen großen Klima-/ Weltuntergangsfilm abliefern und dann in Ruhestand gehen –
Ich hätte einen guten Gladiator abgegeben für „Those About to die“, kannst du ihm bei Gelegenheit mal ausrichten. Tja, die Chance hat er vergeigt.
Aber zu deiner Frage, meine Komparsen-Jobs finde ich auf verschiedenen Internetportalen wie www.komparse.de. Im Frühjahr 2022 fand ich dort zum Beispiel eine Suchanzeige, die eher nicht mehr unbedingt auf mich zugeschnitten zu sein schien:
„Junger Schauspieler für Rolle in einem Wikingerfilm gesucht“, stand da zu lesen. Haha.
Klar, Glück muss man schon auch haben. „Studentische Produktion für eine Abschlussarbeit – no Budget“, stand dann fairerweise auch gleich darunter. Im Klartext also: Null Dineros Gage für den Dreh.
Ich war aber doch sehr an diesem Projekt interessiert und schrieb die Produktion an, immerhin fühle ich mich im Kopf und auch sonst durchaus noch jung genug. Aber Fühlen …, das ist ja immer relativ, wie selbst ich herausfinden musste.
Aber ich greife vor. Jedenfalls, weil also auch ich fair sein wollte, brachte ich in meiner Bewerbung an unauffälliger Stelle dann halt die Bemerkung unter, dass jung nicht mehr so ganz zutreffend für mich sei, dass ich aber sehr gerne in so einem Film mitwirken würde. Also Schwerter, Wikinger undsoweiter. Immerhin gehört Conan der Barbar zu meinen absoluten Lieblingsfilmen.
Die Wochen verstrichen und erst mal hörte ich gar nichts in Sachen meiner Bewerbung, die ich immerhin mit möglichst eindrucksvollen Bildern von mir garniert hatte. Allzu bescheiden darf man ja auch wieder nicht sein, im Showbusiness –
Trotzdem gehörten die Leutchen von „Fallen Warrior“ jetzt erst mal nicht zu den Schnellsten, sie waren also wohl nicht gleich in Begeisterungsgeheul ausgebrochen.
Weil ich so toll bin (lacht laut), grüble ich daran nicht herum.
Beziehungsweise ich mache mich nicht selber verrückt, wenn eine Studentenproduktion eher gemächlich auf eine Bewerbung reagiert.
Ich geh` weiter ins Gym, an die Eisen, arbeite im Haus oder dem meiner Tochter. Zu tun finde ich hier wie dort jedenfalls immer was. Oder ich schreibe an einem Text für den TCE. In diesem Science-Fiction-, Fantasy- und Perry Rhodan-Club bin ich ja neben Joe Kutzner im Vorstand tätig. Oder, wenn ich dann noch immer Bock auf etwas zu tun habe, schreibe ich an meinen und Michael Pfrommers Rhodan-Fanroman-Projekten um die „Meister der Insel“ weiter.
Du willst bestimmt nur diesen Emmerich-Makel ein bisschen ausmerzen.
Na, okay, das nehme nun ich zur Kenntnis und sage Dankeschön. Auch ans ganze Zauberspiegel-Team.
Die Sache geriet bei mir dann langsam in Vergessenheit, bis plötzlich doch eine Mail von Maria Mergel reinkam, mit der Info, Überraschung, dass es in dem Projekt doch eine Rolle geben würde, für die ich in Frage käme.
Und zwar sollte ich den Torwächter von Walhalla spielen, einen mächtigen Krieger, der in der nordischen Mythologie das Tor zur Ruhehalle der in Ehren gefallenen Krieger bewacht.
Das nahm ich dann mal zur Kenntnis und ließ es sacken.
Zu viele Gedanken machte ich mir zu dem Zeitpunkt aber noch immer nicht. Wahrscheinlich sollte ich bedrohlich und breit irgendwo im Bild rumstehen und mich an einem Schwert festhalten. Typisch Komparse halt.
Umso mehr verwunderte mich dann, was sie in der Mail dann noch zusätzlich geschrieben hatte – immerhin hatte sie mit einer Bekannten oder Freundin ja das Drehbuch verfasst und würde Regie führen. Das Ganze sollte ihre Abschlussarbeit werden. Na, jedenfalls war die Einladung dabei, volle zwei Tage an einem Schwertkampftraining in einem Dojo in Köln teilzunehmen. Ich dachte, okay, sicher für das ganze Team so eine Art Einweisung, wie herum Hieb- und Stichwaffen zu halten sind undsoweiter.
Danach gab`s dann auch mal ein Telefonat mit Maria, in dessen Verlauf sie mir den Inhalt ihres 30 Minuten-Kurzfilms erzählte: Es ging darin um eine Kriegerin, Alca, die in einer Schlacht fällt und im Totenreich aufwacht. Leider fehlt ihr jede Erinnerung daran, wie sie zu Tode gekommen ist, sie weiß daher nicht, ob sie ehrenhaft gekämpft hat und dabei gefallen ist und sie sich somit ihren Platz an der Tafel in Walhalla überhaupt verdient hat. In Rückblenden wird ihr Leben als erfolgreiche Anführerin und gefürchtete Kriegerin erzählt, ebenso gibt es ein Gespräch mit der Todesgöttin Hel, die großes Interesse daran hat, diese Kriegerin für sich zu gewinnen und im Totenreich zu halten. Verschiedene Rätsel klären sich im Laufe des Films und es gelingt der Kriegerin schließlich, das Tor zu Walhalla zu erreichen.
Aber auf den letzten Metern stellt sich ihr hier der Torwächter, ein massiv massiger untoter Krieger in den Weg, an dem sie nicht ohne Kampf vorbeikommen kann. Jou, und diesen Krieger sollte ich also darstellen. Als nächstes erhielt ich von Maria ein Video, aufgenommen, von einem professionellen Schwertkampftrainer, der darin eine Kampf-Choreographie regelrecht vortanzte, die ich dann real mit der Kriegerin nachspielen sollte. Er – äußert drahtiger Profi – bewegte sich dabei so schnell und flüssig, dass mir starke Zweifel kamen, ob ich diese aus zahlreichen Hieben und Angriff- und Abwehrbewegungen bestehende Choreo überhaupt auch nur ansatzweise lernen und vor der Kamera dann abliefern könnte. Aber Maria versuchte da meine Vorbehalte zu zerstreuen, der Trainer hätte gesagt, wenn jemand nicht ganz doof ist, können diese Schritte und Bewegungen mit einer Langaxt sehr wohl gelernt werden.
Nun ja. Noch immer reichlich unsicher, machte ich mich dann auf den Weg nach Köln. Hier traf ich dann zunächst Olaf Küppers, unseren Kampftrainer und dann die Schauspielerin Jazz Brantsch, die die Kriegerin Alca verkörpern sollte.
Jazz hat unter anderem Bühnenfechten gelernt und war jetzt doch etwas überrascht, als Gegner einen dezent älteren und leicht übergewichtigen Partner zu bekommen, der dazu auch noch keine Erfahrungen im Schwert- beziehungsweise Filmkampf hatte. Etwas später kamen dann auch schon Maria und ihr Kameramann, um sich von unseren Trainingsfortschritten zu überzeugen.
Leider klappte bei mir gar nix, während sich Jazz mit ihrem Schwert wie eine elegante Klingenschwester bewegte.
Zur Wahrheit gehört dann auch: Ich war schon drauf und dran, die Brocken hinzuwerfen, meine Tasche zu packen und zu gehen. Diese eleganten, schnellen Schrittabfolgen und Bewegungsabläufe bekam ich einfach nicht hin. Und – immerhin sollten insgesamt drei Kampfsituationen eingeübt werden, die aus zweimal Angriff nach vorne und einmal Abwehr im Zurückweichen mit mehreren Schritten und Hieben bestanden. Mental machte ich mich also schon auf die Rückfahrt, als mich dann Olaf zur Seite nahm. Er machte mir klar, dass eigentlich mit mir die Produktion stehen oder fallen würde. Die hatten gleich gar keinen Ersatz für mich gebucht. Ich war bewusst für diese Rolle ausgewählt worden.
Und, Knaller!
Genau dieser Kampf-Dreh war dann auch schon für das kommende Wochenende in der dafür gebuchten Location angesetzt. So kurzfristig findet sich kein Ersatz mehr, das war schon klar.
Leute hängen lassen ist nicht die feine und erst recht nicht meine Art. Damit anfangen, das wollte ich in diesem Fall auch wirklich nicht. Stattdessen packte mich dann der Ehrgeiz.
Die Lösung war Flexibilität – das Training wurde umgestellt. Olaf als erfahrener Trainer hatte erkannt, dass mir Schatten- und Spiegelfechten mit einem Stock absolut nichts bringt: „Du brauchst was Handfestes und Gewicht“, meinte der, und wir gingen zum direkten Kampf Mann gegen Mann über, beziehungsweise dann Mann gegen Frau. Wobei die Frau wirklich fit und eine würdige Kriegerin war! Also meinen Segen plus Eintrittskarte für Wallhalla hätte sie sofort bekommen.
Aber bevor`s dann vor die Kamera ging, durfte ich erst mal noch mit einer Pseudo-Axt in den Händen ein bisschen üben. Das Ding kam der Waffe, die später vor der Kamera zum Einsatz kommen sollte, auch etwas näher als der Spielzeug-Kram bisher.
Mühsam ging es dann langsam aufwärts mit meinen Künsten, und wir beendeten nach fast acht Stunden das erste Training.
Wieder zuhause angekommen, musste ich mir erst mal ein Körnerkissen in der Mikrowelle heiß machen, weil mein Ischiasnerv massiv gegen die ungewohnten Bewegungen protestierte.
Der zweite Trainingstag, dann direkt nur mit Jazz als Gegnerin und Olaf als Beobachter und Action-Regisseur, der klappte schon besser, auch wenn ich noch immer nicht so ganz davon überzeugt war, dass ich wirklich alles beim heißen Dreh überzeugend hinbekommen würde. In den noch verbleibenden Tagen, sah ich mir also mehrfach die beim Training entstandenen Videoaufnahmen an, ging die Schritte und Hiebe wieder und wieder durch und wirbelte zuhause sogar in meiner Hof-Einfahrt mit einem Besenstiel herum – gut, dass mich dabei keine Nachbarn beobachten konnten, sonst hätten die vielleicht auch, wie Olafs Nachbarn, als er die Choreo einstudierte, die Polizei gerufen.
Der Drehtag nahte, gedreht werden sollte in einer Eiszeithöhle bei Balve. Die große Höhle, die heißt ähnlich wie der Ort (Balver-Höhle), liegt ungefähr hinter Dortmund und wird als sogenannte Kulturhöhle für Veranstaltungen jeglicher Art genutzt, auch für Konzerte, Theateraufführungen, Schützenfeste undsoweiter.
Maria und ihre Crew hatten die große Höhle für einige Tage zwischen diversen Veranstaltungen für sich buchen können. Zu sehen, wie sich diese Regisseurin sich für ihr selbst über Crowdfunding produziertes Abschlussfilm-Projekt einsetzt, war schon ein motivierendes Ding. Gefiel mir sehr!
Na klar, gern. Also, wörtlich übersetzt, bedeutet es „Schwarmfinanzierung“. Es ist eine alternative Finanzierungsform. Üblicherweise erfolgt die heutzutage über spezielle Internetforen. Ein Informationsportal dazu findet sich unter: www.crowdfunding.de.
Auf den unterschiedlichen Plattformen werden die verschiedensten Unternehmen oder Projekte vorgestellt und beworben. Diese Vorstellungen haben natürlich das Ziel, dass möglichst viele Anleger zusammenkommen, die mit kleinen, größeren oder ganz großen Beträgen (oder Spenden) helfen, das jeweilige Unternehmen oder Projekt zu finanzieren, ohne gleich, wie eine Bank, die Zinseszinsrechnung aufzumachen.
Als Gegenleistung erhalten diese Crowdfunder entweder null Dineros, das nennt sich „Donation-based“, oder ein Dankeschön von immatriellem Wert, oder eben das fertige Endprodukt. („Reward-based).
Bei einem Film besteht das Dankeschön oft auch in der Namensnennung im Vor- oder Abspann.
Das Ganze wird übrigens auch zur Realisierung von Buchprojekten genutzt.
Na, auf jeden Fall, und kurz gesagt: Für Kreative lohnt es sich auf jeden Fall, sich nicht gleich „In die Höhle der Löwen“ ins TV zu begeben, sondern sich mit diesem Thema Crowdfunding in Ruhe zu beschäftigen.
(unbeeindruckt, als wäre er nie unterbrochen worden) Am entscheidenden Drehtag standen dann die Spielszenen mit der Göttin Hel ab dem frühen Morgen als erstes auf dem Plan, und die anstrengenden Kampfszenen waren für den Nachmittag angesetzt worden. Jazz war also schon ab morgens im Einsatz, ihre Dreharbeiten liefen schon auf Hochtouren.
Ein Grund für diese Planung war eine Hochzeitsfeier, die nachmittags in einem Saal vor der Höhle stattfinden sollte und deren zu erwartenden Geräusche die Tonaufnahmen in der Höhle hätten stören können.
Olaf war speziell noch mal als Spezialist für die Schwertkampfszenen ans Set und zum Dreh eingeladen worden, und wir gingen noch mal die einzelnen Sequenzen durch. Dann zackig zum Kostüm und danach hieß es für mich: Abmarsch in die Grotte, in die Maske.Während draußen noch angenehme Temperaturen geherrscht hatten, war es drinnen im Fels um einiges kälter, und das für diesen fast rein privat finanzierten Abschlussfilm doch erstaunlich große und wirklich professionelle Filmteam war zum größten Teil in dicke Jacken gehüllt eifrig und konzentriert bei der Arbeit.
Die Damen in der Maske hatten dann nicht besonders viel Arbeit mit mir. Ich sollte ja einen schweren Metallhelm tragen. Das, was der Helm jedoch nicht verbarg, waren meine Augen. Diese sollten allerdings auch nicht zu sehen sein und so wurde meine Augenpartie schwarz geschminkt, was mein Aussehen ohne Helm in Richtung Panda-Bär veränderte. Am Helm selber waren zwei Leuchtdioden angebracht, die die Augen des Torwächters simulieren sollten.
Mit dem sicher zwei Kilo schweren Eisendeckel auf dem Kopf und leicht eingeschränktem Sichtfeld ging es dann auch für mich ans Drehen.
Jede Einstellung wurde noch mal mit Olaf, Jazz und mir geprobt. Dann hieß es „Äkt`schn!“ und das Licht ging aus, Scheinwerfer flammten auf und Kunstnebel waberte durch die Luft.
Jede Einstellung wurde aus mehreren Perspektiven und gleich mehrfach gedreht. Die Kälte in der Höhle spürte ich schnell nicht mehr. Schweiß lief aus dem Helm und Schminke in meine Augen, so dass ab und an mal von der Maske nachgearbeitet werden musste.
Natürlich klappte nicht jede Sequenz auf Anhieb und es wurden auch noch Einzelheiten umgestellt und verändert. Aber voran ging es. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon auf 30 anderen Sets im Einsatz gewesen, aber diese jungen Leute brauchten sich hinter keinem Profi-Team zu verstecken, ganz im Gegenteil wurde hier sogar besser und effektiver gedreht wie auf den meisten anderen Sets.
Jazz war eine gute und auch geduldige Drehpartnerin. Aber irgendwann war auch ich mal wie ein alter, leicht eingerosteter Panzer warmgelaufen. Körperlich funktionierte ich also dann erstaunlich gut, nur fiel es mir, je länger der Kampf-Dreh dauerte, nicht einfach, die Konzentration zu halten. An so etwas denkt man hinter seinem Popcorn-Becherchen im Kino eher weniger. Man kann also sagen, die Herren Schwarzenegger, Lundgren &Co leisten schon Schwerarbeit. Nicht immer. Aber oft.
In diesem Zusammenhang noch mal großen Respekt für Jazz, die schon mehrere Drehtage hinter sich hatte und auch an diesem Tag schon seit dem frühen Morgen vor der Kamera aktiv auf den Beinen war. Obwohl sie eigentlich schon wirklich absolut auf Reserve lief, als unser Tänzchen begann, und sich gleich bei der ersten Einstellung für die Kampfszene auch noch eine schmerzhafte Rippenprellung an der Schwertscheide zugezogen hatte, gab sie weiterhin alles und war zu 100 Prozent bei der Sache, eine echte Kriegerin, meiner Meinung nach!
Dazu kam, dass sie auch mir immer wieder geholfen hat mit Tipps und Anmerkungen. Als sie dann nach einem simulierten Sturz erst mal nicht mehr von der Prallmatte aufstehen konnte, machte ich mir dann doch langsam echte Sorgen um sie. Aber sie schüttelte die Erschöpfung ab und es ging weiter. Wir kamen dann auch langsam zum Ende, was auch meins werden sollte.
Nachdem wir uns gegenseitig also einen Kampf auf Leben und Tod geliefert hatten, sah mein Filmtod dann so aus, dass die Kriegerin mir ein Messer in den Hals rammt. Da musste dann natürlich Filmblut spritzen. Durch einen dünnen Schlauch wurde also ein Drittel Liter Filmblut mittels Spritze in die Luft, auf meinen Helm und ins Gesicht der Kriegerin gepumpt, wobei die Regie uns ermahnte, dass diese Szene gleich bei den ersten Einstellungen sitzen müsste, weil das Filmblut natürlich an uns kleben bleiben und ein Nachdreh der Szene problematisch werden würde.
Also gesagt getan, gestorben und Drehschluss.
Endlich Feierabend für den Torwächter.
Und damit Zeit, mal auf die Uhr zu sehen. Verdutzt stellte ich fest, dass wir knapp acht Stunden gedreht hatten und ich in der Zeit eineinhalb Liter Energydrink verbraucht hatte.
So ein Torwächter hat`s nicht leicht, das kann ich dir sagen!
Es hatte natürlich immer wieder kurze Pausen gegeben, in denen sich dann auch rührend um mich gekümmert worden war. Auch das ist nicht bei allen Produktionen üblich.
Aber ich will nicht rührselig werden, bitte die Taschentücher steckenlassen. Es dauerte dann noch eine Weile, bis der nun filmtote untote Torwächter Kostüm, Helm und danach auch noch seinen Pandabalken wieder loswurde. Alle waren soweit zufrieden, und obwohl ich jetzt auch wirklich fertig war, war doch alles soweit gut abgelaufen. Das Team wuselte herum, es wurde abgebaut, denn die Höhle musste noch in der Nacht geräumt werden. Nach einem Kaffee und Käsebrötchen verabschiedete ich mich dann auch zügig, ohne weiter vor Walhalla im Weg zu stehen.
Draußen war inzwischen schon lange der Mond aufgegangen.
Die Hochzeitsfeier war immer noch im Gange, aber wie ich von den Damen von Kostüm und Maske erfuhr, die öfters das WC der Festhalle aufgesucht hatten, mussten sich dort im Laufe des Abends auch filmreife Ereignisse zugetragen haben.
Streit, Schlägereien, Krankenwagen, Polizei.
Ein Brautpaar, das sich getrennt, die Eheringe um die Ohren geworfen, die dann gesucht und gefunden und sich dann wohl sogar wieder versöhnt hatte! Da bewahrheitete sich mal wieder, dass die unglaublichsten Geschichten nun mal das Leben schreibt.
Irgendwann gegen drei Uhr morgens war ich dann zuhause.
Dort dauerte es aber noch einen Tag, bis die Reste der schwarzen Schminke aus den Augenpartien entfernt waren.
Natürlich war auch ich absolut erledigt und erleichtert, dass der Dreh vorbei war. Aber alles hatte doch großen Spaß gemacht und so fuhr ich dann ein paar Tage später noch auf einen weiteren Drehtag wieder hin.
Da ging es aber nur noch um einen Einsatz als Statist. Ohne Helm und mit Schwert anstatt Axt, wobei ich mein eigenes Breitschwert von zuhause mitnahm. Damit hockte ich ganz ohne langes Training präsentabel am Lagerfeuer.
Die Kriegerin und ihre Sippe feierten hier mal wieder einen Sieg, wobei der Kriegerin dabei allerdings die ersten Zweifel kommen, ob rauben und plündern a la „Hägar“ auf Dauer wirklich der ultimative Sinn des Lebens sein können. Für mich war damit dann auch das unverhoffte Abenteuer an der Schwelle zu Walhallas Hallen zu Ende.
Tja, und dass ich in meinem Alter dann doch mal noch an so einem außergewöhnlichen Projekt mitwirken darf und das dann auch noch mit echten Kampf- und Actionszenen, also, das wärmte schon mein stahlhartes untotes Torwächter-Herz. Für diesen Spaß und das Vertrauen in mich werde ich Maria auf ewig dankbar sein. Deshalb habe ich dann ja auch versucht, ihr bei der Promotion für ihren Film behilflich zu sein und hab sie mit dir zusammengebracht. Die Idee dahinter war natürlich, dass du einen Filmroman mit ihrem Stoff schreibst. Den sie dann, wie einst dieser Emmerich, sozusagen zur Promo schon mal im Spiel hat.
Dabei hatte ich sie vorgewarnt, dass du ein spaßiges Kerlchen bist und außer deiner Arbeit, das Schreiben, nur relativ wenig ernst nimmst.
Das nehme ich zur Kenntnis. – Aber, ernsthaft jetzt: Maria wollte ihr Baby halt auch auf Festivals zeigen – da werden wohl auch gewisse Ansprüche gestellt. Trotzdem, bei all ihrer sonstigen Professionalität, ihr Baby loslassen wollte sie einfach nicht, als der Zeitpunkt richtig und günstig gewesen wäre.
Ein spaßiges Kerlchen, wirklich, durch und durch, ich sag`s doch. (Guckt sehr ernsthaft). Leider ist der Film bis heute nicht öffentlich gezeigt worden. Maria hat damit ihre Prüfung zwar bestanden, aber danach wurde „Fallen Warrior“ trotzdem von allen Festivals abgelehnt, er lief nirgendwo.
Die letzte Info von Maria dazu ist jetzt auch schon wieder fast neun Monate alt. Da plante sie noch, ihren Film zu untertiteln und auf internationalen Festivals zu zeigen. Seitdem habe ich nichts mehr von ihr gehört. Auch im „Fallen Warrior“- WhatsApp -Chat ist tote Hose.
Tja. Mir tut`s für Maria und alle, die an diesem Projekt beteiligt waren, sehr leid! Es wurde so viel Arbeit, Herzblut und Aufwand investiert von allen, dass ich mir um die Bewertung absolut keine Sorgen gemacht hätte. Auch gefiel mir, dass es sich bei “Fallen Warrrior“ zwar um einen Fantasyfilm handelt, aber eben bei Weitem nicht, wie so oft in Filmen dieses Genres, nur um profane Klopperei geht, sondern auch um viel Tiefergehenderes wie Schuld, Gewissen, Veränderung und Einsicht.
Herbst/Winter 2023 … damit habe ich fest gerechnet, wird dieser Kurzfilm dann auf verschiedenen Kurz- und Fantasy-Festivals laufen und danach allgemein zugänglich sein.
Da hab ich mich leider, leider, getäuscht.
Fallen Warrior, Ausbildungsproduktion, Abenteuer, 2022 | Crew United (crew-united.com)
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