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D*A*S C*A*M*P: Das Schreibcamp - Ein Erfahrungsbericht

D*A*S C*A*M*PDas Schreibcamp
Ein Erfahrungsbericht

Vor dem Camp
Schreibseminare, -workshops, -werkstätten, wie immer man es nennen mag, gibt es im deutschsprachigen Raum durchaus einige, aber die Hauptproblematik ist oftmals, dass man - gerade wenn man als (angehender) Autor sein Handwerk schon ein wenig kennt - dann auch wirklich Seminare findet, die einen weiter bringen.

 

Diese gibt es durchaus und auch sehr gute, allerdings ist dabei die Problematik meist, dass sie in der Regel am Wochenende stattfinden und somit viel zu kurz sind. Was nicht heißen soll, dass solche Seminare nicht sinnvoll sind. Aber kaum hat man angefangen zu arbeiten, Kontakte zu knüpfen und die Teilnehmer und Dozenten kennenzulernen, da ist alles auch schon wieder vorbei.

Zwar mögen Kontakte und Ideen, Anregungen, Erlerntes etc. darüber hinaus bleiben und gedeihen, doch das Ganze in weiteren ähnlichen vielleicht auch thematisch aufeinander aufbauenden Seminaren zu vertiefen, ist zwar grundsätzlich möglich, doch passiert es selten, dass man wieder mit den gleichen Teilnehmern und Dozenten zusammen kommt, um vielleicht genau da weiter zu machen, wo man aufgehört hat. Oftmals ist es schlichtweg auch eine finanzielle und terminliche Frage, mehrere Seminare, dann teils über Jahre, evtl. auch aufeinander aufbauend zu verfolgen. 

Da war es gut zu erfahren, dass es zwei professionelle Autoren wagen, ein Seminar anzubieten, das genau das bietet, was anderen Seminaren fehlt: Zeit.

(Ein längeres Seminar kann natürlich eben wegen dieses größeren Zeitrahmens und der dementsprechend höheren Kosten eben so schnell wieder in der Versenkung verschwinden, bevor es evtl. überhaupt zustande gekommen ist, weil es z. B. zu wenige Teilnehmer gibt und eine Durchführung einfach unrentabel ist; im Falle des Schreibcamps hat sich aber offenbar gezeigt, dass Interesse und Bedarf vorhanden sind.)

Erste Information zum Schreibcamp erfolgte über die Homepage (also grundsätzliche Informationen zum Camp, den Ablauf, die Anforderungen etc.), welche tatsächlich informativ und zielführend eingerichtet ist. Im heutigen Netzwirrwarr nicht unbedingt selbstverständlich.

Auch vermeintlich nebensächliche Dinge wie Buchung, Anreiseorganisation und alles was dazugehört: alles war vorbildlich vorbereitet.

Bei Rückfragen hatte man in jeder Phase einen kompetenten Ansprechpartner und von Anfang an war alles entspannt und unkompliziert; egal ob telefonisch oder per Mail, man erhielt bei Unklarheiten oder evtl. Schwierigkeiten umgehend Antwort und Rat.

Die Wahl des Ortes und die Rahmenbedingungen
Entspannt und unkompliziert: diese Schlagworte kann man einfach noch einmal aufgreifen.
Lage, Unterkunft, Verpflegung und Service sind sehr gut, man musste quasi »nur« anreisen und alles an »Drumherum« wurde einem abgenommen, sodass man sich während des Camps ganz einfach auf die Arbeit konzentrieren konnte.

(Und gutes Wetter hatte es obendrein. Darauf hat man natürlich keinen Einfluss, aber Zeitpunkt und Ort waren auch dementsprechend gewählt, sodass wir im Grunde die ganze Woche gutes Wetter hatten, was man auch nutzen konnte.)

Im Camp
So intensiv die Textarbeit war, so intensiv konnte man auch abschalten. Nach der für solche Unternehmungen sinnvollen Devise »work hard - play hard«, gab es genügend Pausen und Freiraum, die man entsprechend nutzen konnte. Einfach zum abschalten und erholen oder zum Sich-alles-in-Ruhe-durch-den-Kopf-gehen-lassen-was-man-gerade-gehört-hatte.
Und auch für die Freizeitgestaltung ist genug geboten, egal ob man in der Mittagspause mit Gleichgesinnten joggen oder allein im angrenzenden Wald ein wenig zur Ruhe kommen oder sich einfach nur ein wenig in die (Herbst)sonne setzen will, die Möglichkeiten sind vielfältig, aber dennoch auch nicht so ausufernd, dass es in Freizeitstress ausarten würde; man kann sich also bestens für die weitere Arbeit erholen.

Diese Arbeit war durchaus anstrengend und stets intensiv. Es wurden die Teilnehmertexte besprochen und aus den Besprechungen und Diskussionen ergaben sich teils schreib-/literaturtheoretische Themen, die dann dank des großzügigen Zeitplans auch direkt verfolgt werden konnten. Anders als bei Wochenendseminaren, wo man sich stärker an einen strikten Terminplan halten muss, um alle Texte und Vorgaben behandeln zu können, konnte man im Schreibcamp dies spontaner und lockerer gestalten und nach Bedarf und Gelegenheit einfach eine Theorie-Einheit »zwischenschalten«.

Dennoch gab es Theorie-Einheiten, die die Textbesprechungen gut ergänzten.

Darüber hinaus wurden mit Klaus N. Frick und Beate Riess zwei Gastdozenten geladen, die sozusagen für die angehenden Autoren »die andere Seite« des Schreibgeschäfts vertreten: Verlag und Literaturagentur.

So erhielt man wiederum auf kompetente (und unterhaltsame) Art und Weise interessante und lehrreiche Einblicke in den Literaturbetrieb und worauf ein Autor achten muss, wenn er ernsthafte Schritte in dieser Branche unternehmen möchte.

Die Dozenten
In ebendiese Branche haben Frank Borsch und Michael Marcus Thurner im Grunde auch über Schreibwerkstätten ihren Weg gefunden und auch wenn sie in ihren Tätigkeitsfeldern ähnliche Schwerpunkte gefunden haben, in ihrer Herangehensweise ans Schreiben sind sie doch recht unterschiedlich - und das ist gut so. Denn auch so lernte man eine Menge eben darüber, auf welch vielfältige Weise man als Autor ans Schreiben gehen kann und es wurden einem Möglichkeiten aufgezeigt, wie man den im Grunde einsamen Job des Autors meistern kann. Letztlich muss man natürlich die für einen passende Arbeitsweise wie im Grunde jedem Arbeitsfeld für sich selbst ausprobieren und finden.

Es wurde natürlich nicht alles in erschöpfender Ausführlichkeit aufgezeigt, doch dank des wiederum großzügigen Zeitrahmens und auch der anregenden Diskussionen, lernte man wie man von Motivation über Ideenfindung, Konkretisierung derselben, Schreibdisziplin und eigentliche Textarbeit bis zum fertigen Text und darüber hinaus man alles in verlagstaugliche Form bringen kann.
Entspannt und unkompliziert war auch die von den Dozenten geschaffene Atmosphäre des gesamten Camps, nicht zu verwechseln mit zu locker und leger vielleicht, sondern stets mit der gebotenen und auch notwendigen Disziplin und Übersicht.

Die Teilnehmer
Natürlich hat jeder Teilnehmer einen anderen Hintergrund, Schreibstil, Motivation und dergleichen, aber im Grunde kamen alle mit demselben Ziel: man will sich als Autor verbessern, man will dazu lernen.

Es stellten sich wohl auch Fragen wie: Taugt der eigene Text etwas? Lässt sich daraus überhaupt etwas machen oder lag man gar völlig daneben? Hat man sich und die eigenen Fähigkeiten falsch eingeschätzt? Hat man überhaupt das Zeug zum Autor oder hatte man ein völlig falsches Bild von sich in dieser Beziehung?

Und: Wie ist es mit der Meinung der anderen? Kann man mit Kritik umgehen? Ist die Kritik berechtigt? Wie steht man selbst zum eigenen Text?

Allesamt Dinge, die durchaus an die Substanz gehen können, am Ego kratzen, vielleicht Autorenträume platzen lassen, man würde vielleicht mit dem eigenen Scheitern konfrontiert.

Und dann befindet man sich da quasi vor einer im Grunde fremden Gruppe und der eigene Text und damit auch etwas, in das man viel Zeit und kreatives Herzblut investiert hat, wird zwar fachgerecht und objektiv, aber dennoch an die Substanz gehend zerlegt.
Aber auch da lief alles entspannt und unkompliziert.

Zum einen gab es niemanden, der nicht mit konstruktiver Kritik umgehen konnte; auch wenn man natürlich immer ein wenig an dem ein oder anderen zu »knabbern« hat; doch - und das ist wichtig - es wurde nie persönlich, sondern die Kritik drehte sich um die Texte.

Auf der anderen Seite kam auch stets konstruktive und berechtigte Kritik. Denn jeder Teilnehmer hatte sich mit den Texten der anderen beschäftigt und es ergaben sich demnach auch gute Diskussionen und konstruktive Kritiken, mit denen man dann auch entsprechend etwas anfangen konnte, auf denen man aufbauen konnte. Auch wenn es abgedroschen klingen mag, aber es war eine durchweg harmonische und konstruktive Arbeitsatmosphäre.

Man konnte also lernen und Erfahrung sammeln, lernte andere Sichtweisen (auf den eigenen Text) kennen und da das Geschäft des Autors ein zumindest beim Schreiben ein doch recht einsames ist, kann der eigene, alleinige Blickwinkel oft einengen oder zu einer gewissen Betriebsblindheit führen. Zudem hat man vielleicht nicht unbedingt jemanden, der die eigenen Texte liest und/oder man hört vielleicht immer nur ein »Das-hast-du-aber-schön-geschrieben«, aber man bekommt eben kein wirklich hilfreiches, evtl. auch negatives, gar niederschmetterndes, aber letztlich sinnvolles, eben wirklich kritisches Urteil.

Das Schreiben an sich
Der Vorteil bei kürzeren Seminaren mag sein, dass man sich eben aufgrund eines strafferen Terminplans mehr (oder auch ausschließlich) auf das Schreiben - sprich die Praxis - konzentriert oder generell weniger Wert auf Theorie legt und stattdessen mehr Schreibübungen macht.
Im Nachhinein betrachtet, war die Schreibzeit im Vergleich zur Seminarzeit etwas kurz, allerdings auch nicht zu kurz, im Hinblick darauf, dass zunächst alle Texte besprochen wurden und dann »erst« quasi von der Theorie zur Praxis übergegangen wurde. Man hatte aber insgesamt nicht zu wenig Zeit zum Üben und auf konkrete Schreibübungen konnte auch insofern verzichtet werden, weil man nebenbei auch Zeit zum Schreiben hatte. Zudem waren die Arbeitseinheiten insgesamt auch gut gefüllt und anspruchsvoll genug. Mit der Besprechung am eigenen Text oder den Texten der anderen Teilnehmer und aus den entsprechenden Diskussionen und den fachlichen Erläuterungen der Dozenten erfuhr man viel über Charakterzeichnung, Dialoggestaltung, Plot-Entwicklung etc. und das eben oftmals direkt am Text. Wenn eine Passage z. B. besonders gut ankam oder auch nicht, dann konnte man direkt nachhaken, warum funktioniert ein Text, ein Charakter, ein Dialog oder eben, warum nicht.
Man setzte diese Dinge nur nicht sofort im Anschluss in die Praxis um, sprich wie bei einem kürzeren Seminar vielleicht direkt in einer Schreibübung.

Nach dem Camp (ist vor dem Camp)
Doch das ergibt sich möglicherweise in den nächsten Schreibcamps anders, denn diese werden um einen Tag verlängert, sodass man Schreib-Einheiten ähnlich wie die Theorie-Einheiten nach Bedarf oder bei entsprechender Gelegenheit einfügen kann.

Zudem darf man dabei nicht vergessen, dass es das erste Schreibcamp in dieser Form und Länge war. Für ein erstes Mal lief das Ganze sehr gut und vor allem reibungslos und professionell in jeder Hinsicht ab.

Verbesserungen, Änderungen und dergleichen wird man bei Veranstaltungen dieser Art immer anbringen können, doch sind die Dozenten zum einen dafür aufgeschlossen, berücksichtig(t)en entsprechende Anregungen der Teilnehmer und zum anderen kamen auch entsprechende Rückmeldungen und Vorschläge von den Teilnehmern.

Auch die »Nachsorge« funktioniert also bestens. Man erhält ebenso Meinung, Rat und Antwort von den Dozenten und den Teilnehmern gleichermaßen.

Kontakte sind geknüpft gegen die Einsamkeit des Schreibens und man wird hoffentlich von dem ein oder anderen Autor noch mehr hören, auf einem guten Wege sind sie jedenfalls alle.

Ein gelungenes Schreibseminar - egal in welcher Form - ist zudem abhängig von der »Chemie« innerhalb der Gruppe bzw. zwischen den Dozenten und den Teilnehmern. In dieser Hinsicht hat ebenfalls alles gestimmt, was man auch nicht unbedingt alle Tage findet, vor allem im Hinblick darauf, dass angehende oder auch etablierte Autoren schon auch »spezielle, vielleicht etwas schwierige« Charaktere sein können. ;-)

Gegen Ende des ersten Schreibcamps wurde das Wetter zwar langsam schlechter, doch schlug sich das nicht in Arbeitsmoral. Wir deuteten es eher so, dass der Schwarzwald sich wohl grämte, uns nun bald ziehen lassen zu müssen.  

Das persönliche Fazit
Uneingeschränkt empfehlenswert.
Vom Grundsätzlichen habe ich persönlich vielleicht nicht so viel wirklich Neues gelernt, da ich mich in den Jahren, in denen ich nun schreibe, auch entsprechend mit Schreibtheorie und -praxis auseinandersetze und entsprechend informiere.
Ich kannte also schon manches, doch wurden diese Dinge bestätigt, d. h., ich hatte mich also an den »richtigen« Quellen informiert und war die letzten Jahre durchaus auf dem richtigen Weg. Auch eine wichtige und auch ermutigende Erkenntnis.
Doch wie in allen Lebens- oder Berufsbereichen gibt es stets neue, aktuelle Entwicklungen, man kann also stets dazu lernen. Und seien es manchmal »nur« dieselben Dinge einfach mal durch die Augen eines Anderen gesehen.

Andererseits verlässt man bei so einem Schreibcamp auch seinen »Elfenbeinturm«, man stellt seinen Text der Kritik, was man evtl. noch nie oder nicht in der Form gemacht hat.
Und daraus kann man für den Text - und auch für sich selbst - nur lernen.
 
Oder- und das ist auch nicht unwichtig und leicht: man setzt sich bewusst mit seinen Schreibschwächen auseinander.

Da - wie schon angesprochen - im einsamen Autorendasein der Blickwinkel schnell eingeschränkt sein kann und man sich vielleicht schreibtechnisch im Kreis dreht und sich vielleicht auch auf bereits Erreichtem ausruht, statt weiter zu machen, ist gerade in den gerade erwähnten Aspekten das Schreibcamp sehr gut, weil man eben nicht nur für ein kurzes Wochenendseminar aus dem üblichen Schreibtrott gerissen wird, sondern - auch wenn im Nachhinein eine Woche ebenso viel zu kurz erscheinen mag - man doch wirklich eine gewisse Zeit intensiv verbringt und in jeder Hinsicht eine Menge lernt. Und - das vielleicht auch ein Vorteil der längeren Seminarzeit - die Erlebnisse und Erfahrungen auch nachwirken und in einem arbeiten und man in den Dozenten und Teilnehmern auch Gleichgesinnte gefunden hat, man also in seinem »Autorendasein« nicht unbedingt allein sein muss.

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