Leit(d)artikel KolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Tiger, Prehns, Elstner und das Fernsehen

Teestunde mit RolfAuch wenn es nicht jeden interessiert, aber wir haben es ja schon im Interview gehabt – Du bist Zirkusfreund und Tierliebhaber im Allgemeinen und Tigerliebhaber im Besonderen. Seit ein paar Monaten gibt es einen besonderen Tiger. Erzähl doch mal die Geschichte vom Fernsehauftritt der Kleinen, bevor es dann wieder mit anderen Themen weitergeht...

Tiger, Prehns, Elstner und das Fernsehen

Chayenne war im Fernsehen.

In der Sendung „Menschen der Woche“ hatte sie allen anderen Mitwirkenden, einschließlich des Moderators Frank Elstner, die Schau gestohlen. Und weil Chayenne eben meine Freundin ist, war ich auch dabei...

Wer Chayenne ist?

Sonderbare Frage? In den vergangenen Tee-Stunden habe ich doch schon Einiges von ihr erzählt. Sie ist ein Tiger-Baby, das von dem Tierlehrer-Ehepaar Janine und Sascha Prehn mit der Flasche aufgezogen wurde.

Wer mehr wissen will, der schaue ganz einfach unter  „Prehns Raubtiere“ nach. Aber ich will auch hier Etwas aus meiner Sicht dazu erzählen – deswegen seid ihr ja schließlich zu meiner „Tee-Stunde“ gekommen.

Ich kenne Sascha und Janine Prehn seit einigen Jahren. Sie waren früher beim Circus „Herkules“, der sein Winterquartier hier in der Region hat. Sascha baute mit Sahib, Shiva und Jill eine Tigergruppe auf. Und natürlich war ich da immer mal und habe die Proben beobachtet. So ist dann eine echte Freundschaft entstanden.

Übrigens gehört auch das Zauberspiegel-Team zum Freundeskreis von Janine und Sascha. Ihre Web-Seite hat Bettina  aufgebaut. Und von Hermann gibt es im „Zirkus-Interview“ ein Bild, als ihm das kleine Tiger-Mädchen die langsam kahl werdende Stelle im Hinterhaupt abschleckt.

Ja, und dieses Tigermädchen ist Chayenne. 

Ganz nebenher – auch bei mir lässt sie gern ihre raue Zunge über das Oberdeck gleiten, wo die Zierde des Hauptes altersbedingt langsam zurück weicht. Auch ich war ein lockerer Jüngling mit Haar...

Am Dienstag, den 28. Oktober 2008  bekam ich im Amt einen Anruf: „Kannst du mir morgen mit deinem Wagen  mal einen Tiger fahren?“ Seit dieser Zeit bezeichne ich meinen VW-Golf auch als „Raubtier-Transporter“.

Natürlich war es kein ausgewachsener Amur-Tiger, sondern nur ein Amur-Tiger-Baby. Das Tiger-Paar in dem Tierpark bei Paderborn, von dem Sascha auch die anderen Tiger hat, bekam Nachwuchs.

Drei kleine, plärrende Maunzel – aber die Mutter hatte nur Milch für zwei Junge. In der Natur wird dann das schwächste Tier abgestoßen und geht elend ein. In der Obhut der Menschen, um mal den hässlichen Begriff „Gefangenschaft“ zu vermeiden,  besteht die Möglichkeit, diese Kleinen mit der Flasche aufzuziehen.

Allerdings – das ist nicht nur ein 24-Stunden-Job, sondern auch eine sehr teure Angelegenheit. Die Spezial-Milch für die Aufzucht vom Katzen gibt es nur über den Tierarzt und kostet ein Schweinegeld. Wenn es nur kleine Hauskatzen sind, reicht ja eine Dose für ca 50 Euro aus. Aber bei einem Tiger ist sie, je weiter das Wachstum fortschreitet umso schneller alle. Zum Schluss ist der kleine Tiger in der Flaschen-Fütterung wesentlich teurer als die großen Geschwister im Wagen. 

Das weiß Ich auch  von meinem Freund Dominik Fischer, der schon jede Menge kleiner Tiger mit der Flasche aufgezogen hat. Alle zwei Stunden muss es das Fläschchen geben. Vom Saubermachen und sonstiger „mütterlicher Wärme“ mal ganz zu schweigen.

Der Tierpark hatte jedoch für eine Flaschenaufzucht nicht das Personal.  Und – junge kleine Tiger stellen noch keinen Wert dar. Erst wenn sie erwachsen und vor allem, wenn sie manegenreif trainiert sind, dann steigen die Preise. Aber – so ganz ein kleines Tiger-Baby seinem in der Natur völlig normalem Schicksal zu überlassen, dass wollte man dort auch nicht. Also glühen die Telefondrähte....

Weil der Tierpark Sascha eben gut kannte, wurde der kleine Tiger zu einem Spottpreis angeboten. Und ich bin sicher, dass Janine da Sascha so lange bekniet hat, bis er akzeptierte. Denn Sascha wollte eigentlich nur mit Tigern arbeiten, die keinen direkten Kontakt mit Menschen hatten. „Flaschenkinder“ sind für einen Tierlehrer immer ein Risiko und können echt gefährlich werden, weil sie keine „Fluchtdistanz“ haben.

Von dieser „Fluchtdistanz“ habe ich eben schon geschrieben. Sie ist in der Dressur ungeheuer wichtig. Der Tierlehrer mit der dünnen Peitsche in der Rechten und der Gerte in der Linken kann seine Tiere mit diesem vom Tier gewollten Abstand zum Menschen dirigieren. Das Tier hält  diese „Hilfen“ für Teile des menschlichen Körpers. Gehe ich also, ohne mich selbst im Käfig vorwärts zu bewegen,  mit der langen „Hilfe“ in den unsichtbaren Fluchtbereich des Tieres, wird es den Platz verlassen, weil das Tier  von sich aus die erforderliche Distanz wieder herstellen will.

Ich brauche dann nur mit der Hilfe dem zurückweichenden Tiger immer wieder in die Distanz zu gehen – und zwar von der Gegenseite, in die ich ihn haben will. Habe ich auf diese Art das Tier da, wo sein vorgesehener Platz ist, wird die Hilfe einfach zurück gezogen.  Dann kommt nur noch ein lang gezogenes „Braaav!“ oder ein „Good Boy“. Das ist für das Tier das Zeichen,  das es getan hat, was von ihm gefordert wurde.

Auf diese Art werden übrigens nicht nur Raubtierdressuren, sondern auf dieser Art laufen auch allen anderen Freiheits-Dressuren (Vorführungen ohne Zügel und Longe) ab. Und da ist es egal, ob es  Pferde, Kamele oder andere Exoten sind. Nur hat der Tierlehrer da die lange Chambriere also die Peitsche mit der langen Schnur und einen zweiten langen Peitschenstiel mir einer kurzen Schnur.

Für den Tierlehrer sind diese Dinge das, was für den Dirigenten eines Sinfonieorchesters der Taktstock ist. Das Knallen der Chambriere ist ein Zeichen, das Tempo zu forcieren – in der Natur würden die Tiere bei so was erschreckt loslaufen.  Das Touchieren (fanz. Berühren), wie man die Berührung mit der Peitschenschnur nennt, ist ein Hinweis für einen „Bummelanten“ oder einen, der unaufmerksam ist  Da sitzen ja so viele Leute in der Loge, die einen ablenken können.  Also muss man ihnen klar machen, dass man sich hier bei der Arbeit konzentrieren muss.

Dieses „Touchieren“ wird von sogenannten Tierschützern, die ich mit diesen Dingen nie beschäftigt haben, als Schlagen angesehen. Ein wirklicher Schlag, der einem  Pferd oder auch sonst ein Tier  echt Schmerz bereitet – dann macht es einen Satz über die Loge in die Zuschauer.  Wenn ich das so recht gehört habe, hat der alte Ernst Jacob Renz vor über hundert Jahren mal einen,krankenhausreif geprügelt,   weil der ein Pferd in der Manege geschlagen hat. Leute, die so was machen, gehören nicht in die Manege. Und – sie bekämen beim Circus  gar keine Anstellung.

Aber ich bin schon wieder abgeschweift – wenn es vielleicht für den einen oder andren auch mal interessant war. Aber wir sind ja bei der natürlichen Verhaltensweisen von Raubtieren und wie man sie benutzt, um die Tiere damit zu dirigieren. Denn auch der Stab und die dünne Peitsche, manchmal auch nur eine Gerte, sind der „Taktstock“ des Dirigenten im Käfig.

Dass die beiden  als „Hilfe“ bezeichneten Stöcke von den Tieren als Teil des menschlichen Körpers angesehen werden, hat für den Tierlehrer noch einen anderen Vorteil. Wenn der Tiger unwillig schlägt und keine Reaktion verspürt, weil er eben nur die Peitsche oder den Stock getroffen hat, bekommt er vor dem Tierlehrer noch mehr Respekt. Denn ein anderer Tiger hätte bei so einem Hieb Schmerz angezeigt .Dass hier gar keinen Reaktion erfolgt, zeigt dem Tiger, dass der Tierlehrer eben „mehr abkann“ und dadurch „überlegen“ ist. Und dann wird es sich dem Willen des Menschen fügen.

Kraftproben dieser Art kommen immer wieder vor. Das Publikum nimmt nie so recht war, ob es eben nur mal ein Versuch oder eine tatsächliche Herausforderung ist. Und da ist eben schon die Gefahr beim „Flaschenkind“. In menschlicher Gesellschaft aufgezogen sind ihm diese Sachen schon bekannt und ein Stock ist für sie kein verlängerter Arm, sondern etwas, womit man spielen kann.

Also, wenn ein „Flaschenkind“ ernsthaft in Wut auf den Tierlehrer gerät – dann ist „Alarmstufe Rot“.  Aber – kein Tierlehrer wird ein solcher Narr sein, seine Tiere zu reizen. Und die Flaschenkinder, das sind die, mit denen der Tierlehrer am Ende der Vorführung zum Staunen des Publikums richtig schmusen kann. Diese Tiere lieben das – es erinnert sie an die Kindheit im Wohnwagen.

Sascha arbeitet nur mit einer dünnen Peitsche und der Gerte. Die schwere Löwenpeitsche, wie sie Indiana Jones schwingt, ist im Käfig ohnehin nur ein Schauobjekt, weil sie so schön knallt. Dass man die Tiere nicht mit so einer Peitsche schlägt, ist unter Tierlehrern seit vielen Jahrzehnten selbstverständlich. Er wehrt die Tiere nicht ab – der Schmerz  reizt sie nur noch mehr. Die Zeiten dieser „Löwenbändiger“ sind gottseidank lange vorbei.

Hauptsächlich dirigiert Sascha seine Tiger mit der Stimme und mit Fleischstücken als Belohnung.. Und – als er mit einem Kreuzbandriss  plötzlich ausfiel, übernahm Janine die Vorführung von einem auf den anderen Tag, obwohl sie vorher immer nur mal gelegentlich im Käfig gewesen war.

Und  das – liebe Freunde – dass soll dieser Frau erst mal jemand nachmachen. Auch, wenn Janine den Tieren bekannt war und sie auch gefüttert hat – ihnen dann allen dreien plötzlich gegenüber zu treten und Leistungen von ihnen zu verlangen, das ist ein echtes Risiko. Klar, nicht immer hat alles sofort geklappt. Aber – als ich die Vorführung dann in Borken sah, war sie perfekt.  

Und nach diesen kurzen Erklärungen, die das Verständnis für das, was nachfolgt, einfacher machen, kommen wir wieder zum Thema. Nämlich zu dem  Anruf: „Kannst du morgen einen Tiger fahren?“

Klar bin ich für alle Arten von Abenteuern zu haben. Urlaub hatte ich genug und durch meine unerwartete Frühpensionierung hat die Stadt ohnehin vier Wochen von mir bekommen, die ich eigentlich für meine Ägypten-Tour im Jahr darauf gespart hatte.

Saschas Auto hatte sich einige Tage vorher völlig verabschiedet und dämmerte dem Schrott entgegen. Da war nichts mehr zu machen. Und für einen neuen Wagen war kein Geld da.  Ich will übrigens auch hier gern bescheinigen, dass mir Sascha angeboten hat, das Sprit-Geld zu übernehmen. Aber – bei guten Freunden rechne ich bekanntlich nichts auf....

Es wurde ein recht hektischer Vormittag – erst von Nassenerfurth nach Korbach – und dann von dort in Richtung auf Paderborn. Das kleine, quäkende und plärrende Tiger-Baby war kaum so groß wie eine junge Hauskatze. Übrigens – wenn sie geboren werden, sind Tiger ungefähr so groß wie Meerschweinchen.

Jedenfalls passte das kleine Bündel gut in die Katzen -Tragebox. Auf der Rückfahrt habe ich ganz gegen meine Gewohnheit das Radio ausgelassen. Die Kleine sollte nur die menschlichen Stimmen hören und nicht noch mehr durcheinander gebracht werden.

Auf der Hinfahrt hatte ich schon nach dem Namen gefragt. „Chayenne“ hat sich Janine ausgedacht – wenn ich sie recht verstanden habe, ist ihr der Name im Traum gekommen. Und „Chayenne“ ist auf jeden Fall für eine Tiger ungewöhnlich.

Normalerweise werden Raubtiere immer nach Städten oder Ländern genannt. Löwen mit den Namen „Kongo“, „Mombasa“ oder „Kenia“ sind nicht ungewöhnlich. Der Löwe, mit dem Alexander Lacey schmust, heißt „Massai“ - der von seinem Bruder Martin  „Kasanga“. Manchmal gibt es bei Löwen auch Römer-Namen wie „Cäsar“, „Brutus“ oder „Nero“.

Bei Tigern haben die indischen Bengal-Tiger dann immer Namen wie „Madras“, „Bombay“, „Delhi“ oder eben „Bengal“. Außerdem gibt es noch die Namen indischer Götter wie „Shiva“, „Chandra“ oder „Krischna“.  Die Sibirier, auch Amur-Tiger genannt, bekommen meist russische Namen wie „Iwan“, Katja“, „Orlok“ - oder auch „Tibet“ oder „Amur“.

Obwohl sibirische Tiger haben Sahib und Shiva indische Namen – dass man Tigerinnen Shiva nennt, obwohl das eigentlich ein indischer Gott ist, das ist so üblich. Eine Frage das Klanges – den Tieren ist es ohnehin egal, was ihr Name bedeutet. Nur sollte man drauf achten, dass nicht die Namen von zwei Tieren in der Gruppe gleich klingen.

Bei einem so ungewöhnlichen Namen wie Chayenne ist da keine Gefahr. Und auch Jill, die fast zwei Jahre früher in die Gruppe gekommen ist, hat einen so auffälligen Namen, den sie nicht verwechselt. Nebenher, Jill ist der Tiger, mit dem ich auf meiner Visiten-Karte zu sehen bin...    

Also, das kleine Tiger-Baby hieß Chayenne und zwei Tage später hörte ich per Telefon zu meiner Erleichterung, dass sie die Flasche akzeptiert. Das ist nicht immer ganz einfach. Und „Herr Miezi“ und „Amy“, die beiden Katzen, die mit ihm Wohnwagen leben,  haben sie schnell akzeptiert.

Ja, wer mehr Details über die ersten Tage und Wochen von Chayenne wissen will, der sollte auf jeden Fall in die schon genannte Web-Seite sehen.

Da der Circus Herkules, bei dem Sascha im letzten Jahr noch arbeitete, im Herbst in unserer Region gastierte war klar, dass ich öfter mal hingefahren bin. Und so habe ich nicht nur Chayenne das Fläschchen geben und sie aufwachsen sehen, es entwickelte sich neben „Mama“ Janine und „Papa“ Sascha eine echte Tiger-Liebe.

 Wenn ich kam wurde gepurrt und die Hand geleckt – und dann ging die Spielerei los – mit Pfötchen und Zähnen. Allerdings – die Krallen blieben drin – das macht sie heute noch so. Nur die Zähne,  die können heute mächtig weh tun, wenn sie im Eifer des Gefechts etwas mehr zulangt.

„Purren“ - was ist das? Ganz einfach, wenn ein Tiger Geräusche macht, die ungefähr: „Pfrr, pfrr“ klingen, dann ist das so, als ob er „Hallo“ sagt. Das „Pfrr“ ist eine Art Schnurren und eine Begrüßung – auf jeden Fall ein Wohlfühlzeichen. Dazu bekomme ich bei dieser Begrüßung nach längerer Zeit immer noch die Hand geleckt.

Als Chayenne noch sehr klein war, habe ich, wenn ich da war, die Kleine für die Kinder in der Tierschau ans Fenster gehalten. Sascha und Janine waren während der Vorstellung im Vollstress, weil da jede Hand gebracht wird – und so brauchte Chayenne dann nicht in ihre Box .Denn für zwei Stunden in die Box – das gab natürlich lautstarken Protest. Aber das hörte sich nicht wie bei einem Tiger an – eher wie bei einem kleinen Kind. Nur Fauchen konnte Chayenne schon damals wie eine Große.

So habe ich also recht oft Tiger-Baby-Sitter gespielt – und dabei ist eine „wundervolle Freundschaft“ entstanden. 

Da Sascha im Frühjahr ein anderes Engagement vereinbart hatte, bezog er einen Winterplatz bei Hessisch-Lichtenau, während der Circus Herkules auf einen neuen Winterplatz nach Thüringen ging.

Hoch im Wald auf dem großen Parkplatz einer Ausflugsgaststätte, wo man auch gut essen konnte. So was zog natürlich dann  auch Gäste an. Die kamen nicht nur zum Essen und Trinken – sondern auch um die Tiger zu sehen. Ich habe sehr schnell festgestellt, dass man dort vorzüglich und recht preisgünstig essen kann.  Sascha, mit dem mich eine besondere Liebe für eine gute und reichhaltige Küche verbindet,  brauchte mir den Weg nur einmal zu weisen – dann gingen wir öfter mal hin.

Und natürlich war Chayenne, nachdem sie dann so groß war, dass sie richtig laufen konnte, immer mit dabei. Ganz klar, dass der kleine Tiger bald die ganze Gaststätte kannte und sich in völliger Selbstverständlichkeit dort bewegte. Natürlich kamen dann auch viele Gäste eben wegen des kleine Tigers, der alle freundlich purrend begrüßte, sich streicheln ließ und es genoss, hier im Mittelpunkt zu stehen.

Ganz klar, bei der nächsten Sitzung der Circusfreunde Nordhessen  war Chayenne natürlich auch dabei. Ganz klar, dass sie das ganze Restaurant „aufgemischt“ hat. Jetzt hängen dort ihre Bilder an der Wand.

Als der Circus Lieberum, bei dem ich im Weihnachtprogramm als Weihnachtsmann mit in der Manege war, eine Nikolaus-Gala gab, war ich mit Sascha und Chayenne da. Und bevor es los ging, bin ich mit dem kleinen Tiger-Mädchen in die Manege. Klar, ich muss doch sagen können, im Circus einen Tiger vorgeführt zu haben.

Es kommt ja immer drauf an, was man sagt, und was die Leute interpretieren. In Indien habe ich den Rangers im Nationalpark Rantambore ein Bild von mir mit einem großen Tiger gezeigt und dann gesagt: „I kissed the Tiger“. Natürlich haben diese braven Leute gedacht, ich hätte mit dem mächtigen Tiger-Kater von Dany Renz geschmust – dabei war der Tiger, den ich geküsst habe, einer von Domiinik Fischers kleinen Tiger-Katern im Alter von drei Monaten.Ja, das „Tapfere Schneiderlein“ hat ja auch „Sieben auf einen Streich“ erschlagen – und dass das Fliegen gewesen sind, daran hat ja keiner gedacht. Aber – man hat ihn bewundert – und nur darauf kommt es an.

Also – Tiger geküsst (mit Chayenne im Bild sogar festgehalten) und Tiger alleine in der Manege vorgeführt – nur eben nicht so, wie das der staunende Zuhörer interpretiert.

Aber – für Chayenne war es im Circus Lieberum die Manegen-Taufe. Und – mir fällt nur das Wort „cool“ ein, wie sie die Sache abgezogen hat.

Trotz der Musik, dem Publikum und der völlig ungewohnten Atmosphäre benahm sich Chayenne, als hätte sie nie was anderes gemacht, als im Circus aufzutreten. Locker wie ein Rocker  ging sie über den Manegenrand und ließ ich streicheln und beklatschen. Und auch in der Pause hat sie es richtig genossen, im Mittelpunkt zu stehen. Denn da wollten natürlich alle Kinder einmal im Leben einen Tiger anfassen. Und die Mama zückte das Handy, mit dem man heute ja fotografieren kann, um dieses Bild für die Ewigkeit und die liebe  Verwandtschaft festzuhalten.

Für Chayennes künftige Karriere als Circus-Prinzessin ist das nur gut. Andere Tiger haben Angst, wenn das erste Mal Publikum da ist, die Musik aus den Lautsprechern dröhnt und die Lichtanlage funkelt. Chayenne nimmt das mit der natürlichen Grazie eines geborenen Film- oder Pop-Stars. Madonna kann ihren Fans nicht aufregender und die Königin von England ihrem Volk nicht hoheitsvoller gegenüber treten.

Es sei noch kurz erzählt, dass ich Chayenne bei der Geburtstagsfeier meines „Pseudo-Enkels“ Lisa als Überraschungsgast dabei hatte.

Kaum einer kann sich vorstellen, was es bedeutet, einen kleinen Tiger bei einem Kindergeburtstag dabei zu haben. Chayenne tobte mit den Kindern rum, als gehöre sie dazu. Und in dem  aufgebauten Prinzessinnen-Zelt war natürlich der Tiger zuerst drin. 

Ja, das war für Lisa etwas, wovon alle kleinen Mädchen träumen – am 5. Geburtstag einen Tiger als Gast zu haben. Noch mehr hat aber Lisas Verwandtschaft in Nigeria gestaunt, was da im fernen Deutschland so abläuft...

Ich war ziemlich oft draußen in Hess. Lichtenau und habe Janine und Sascha besucht – natürlich auch wegen der „Kleinen“. Und selbstverständlich  habe ich sie alle drei auch mehrfach nach Nassenerfurth geholt.

Wenn mich vorher noch niemand im Dorf kannte – wenn du  mit einem kleinen Tiger an der Leine über die Straße gehst, danach kennt dich jeder. Irgendwann war ich mit ihr dann auch mal in unserer Metzgerei – die wollten immer nicht glauben, wenn ich geschnetzeltes Rindfleisch gekauft habe, das es für einen Tiger ist. Dieses Mal brauchte ich dann auch nichts zu bezahlen....

Chayenne kannte also meine Wohnung und ich habe immer nur die Computerecke etwas abgesichert und das Keyboard abgebaut. Ansonsten hat sie nur immer mal eine Serie Bücher aus den Regalen gerissen. Und meine Katzen waren verschwunden, wenn der Tiger im Haus war.

Die Kleine hat auch mal bei mir übernachtet, weil Sascha mit den großen Tigern den Transport zum Weihnachtscircus nach Waiblingen hatte.  Da hätte sie sonst zu lange in der Kiste sitzen müssen – den ohne Aufsicht im Wohnwagen rumlaufen – das ging nicht. Schon wegen des Fernsehers, den sie mehr als einmal runter gerissen hat.

Die Zeit bei mir fand sie toll. Zwar ist auch der Wohnwagen ziemlich groß – aber mein „Palast“ ist eben noch größer. Außerdem sind mehr Sofas da – und natürlich mein  Bett hatte es ihr angetan. Ich habe dann gesehen, dass sie sich draußen im Garten ausgetobt hat – sehr zur Freude der Nachbarschaft, die mit Fotoapparaten anrollte. Am tollsten war für Chayenne aber die Besichtigung des Bauernhofs gegenüber – sooo viele Gerüche – und der Kuhstall war interessant – soooo viele Steaks für Tiger...

Jedenfalls war sie dann Abends ruhig und hat auch schön brav mit im Bett geschlafen. Wie bekannt ist, schlafen Raubkatzen, egal ob Löwen oder Tiger, mehr als zwanzig Stunden am Tag – auch in freier Wildbahn. Bei Chayenne, die natürlich an allem interessiert war, ging das so, dass sie sich plötzlich zusammen rollte und einschlief, wenn sie zu viel in sich aufgenommen hatte. Aber – nach einer halben Stunde war sie wach – und sofort von Null auf Hundert. Aus den Augen konnte man sie niemals so richtig lassen.

Morgens wurde ich nicht nur von einem Wecker, sondern auch von einem Tiger-Küsschen geweckt. Sie hat das immer gemacht und Janine sagte, dass sie das auch bei ihr machte, so lange sie im Wagen geschlafen hat – also fast die ersten fünf Monate. Ich kenne so was ja auch von meinen Katzen – aber ein  Tiger-Kuss ist nun mal was Besonderes. Allerdings musste man danach schnell hoch, weil dann die Pfoten kamen und ins Gesicht patschten.

Ganz klar, die Kleine „musste mal“ - also raus mit ihr in den Garten – zur Verwunderung der Leute, die morgens auf den Bus warteten.  Klar, die durften sie auch streicheln – und es ist doch praktisch, dass man heute mit einem Handy fotografieren kann. Wann hat man schon mal die Gelegenheit, sich mit einem Tiger ablichten zu lassen . Auch, wenn es nur ein ganz kleiner ist. Aber – dass der Tiger schon Zähne hatte, haben einige der „Helden“ dann doch festgestellt. 

Ich bin dann mit Chayenne nach Waiblingen gefahren und diese Tour war ein echter Vorgeschmack auf das, was ich eigentlich erzählen will. Bei den notwendigen Pausen, damit sie laufen und was trinken konnte, war natürlich auf dem Rastplatz der Teufel los. Chayenne hat es wieder genossen, der Mittelpunkt zu sein. Ich hatte sie an der Leine und wie eine Wilde zog sie mich dahin, wo die Leute waren. Ja, es ist tatsächlich so, Chayenne liebt es, der Star zu sein und bewundert zu werden.

Übrigens hat sie dann, als ich dann im Wohnwagen übernachtete, auch neben mir geschlafen. Sascha fand das ganz in Ordnung. So hatte er sein Bett alleine. Ein kleiner Tiger kann nämlich ganz schön drängeln.

Es gäbe noch viel zu erzählen. Jeder Kontakt mit ihr war ein einziges Abenteuer. Irgendwann war dann auch das Zauberspiegel-Team da und auch Hermann wurde abgeschleckt – allerdings auf dem Oberdeck, wo die Zierde des Hauptes schütter wird.  Jaaa – bei mir auch!!!  Aber da gibt es ein sehr schönes Foto – mal sehn, ob Hermann das jetzt mit reinsetzt....

Es gibt auch ein „Heldenfoto“ wo sie meinen Finger im Mäulchen hat. Das sieht geil aus und ich kann das heute noch bei ihr machen – was ich dann im Fernsehstudio auch „schaumäßig“ gemacht habe. Denn zwischen den Reißzähnen und den Backenzähnen  ist eine Lücke – da muss der Finger rein. Kommst du aber zwischen die Backenzähne, dann tut es mächtig weh...

Ja, irgendwann kam der Frühling – und damit erst mal der Abschied. Janine, Sascha und die Tiger gingen zum Circus Solero nach Holland. Chayenne war schon zwei Wochen vor der Abreise endgültig in den Tigerwagen umgezogen. Als sie anfing, im Wohnwagen die Sitzpolster zu zerreißen, war die Tolerzanz auch bei Janine ausgereizt.

Im Raubtierwagen hatte man Chayenne schon vorher ein separates Abteil eingerichtet, in der sie auch schon immer viele Stunden verbracht hat, so dass der Abschied aus dem Wohnwagen für sie nicht so schlimm war. Sie hat zwar Kontakt mir ihren großen Geschwistern – aber durch ihr  „KInderzimmer“ wird vermieden, dass ihr was passiert. Für uns ist sie zwar schon recht groß, aber gegen einen ausgewachsenen Tiger noch sehr klein. Wäre sie jetzt schon mit den großen Tigern zusammen könnte es passieren, dass sie totgebissen oder wenigstens schwer verletzt wird. Tiger sind nun mal Einzelgänger und all diese Dinge muss man wissen, wenn man  mit ihnen zusammen leben und arbeiten will.

Jedenfalls hat Chayenne ihren „Salon“ mit ihrem ganzen Spielzeug und freut sich, wenn jemand  kommt und mit ihr spricht. Noch kann ich es wagen, sie durch die Gitter zu streicheln, aber ich weiß auch, wann sie beißt. Einem Fremden würde ich es jetzt nicht mehr empfehlen, durch die Gitter zu greifen.

Nebenher – bei den großen Tigern greift niemand durch das Gitter – die Gefahr ist zu groß. Sie sind sehr schnell dran und greifen auch unter dem Gitter durch. Eine Tierlehrerin beim Circus Constanze Busch hat auf dieser Art  ihren rechten Arm verloren. Er war nicht zu retten und musste amputiert werden.

Also, so schmusig und lieb sie aussehen – es sind Raubtiere und können immer und jederzeit gefährlich werden. Das gilt auch schon für Chayenne. Du kannst den Tiger aus dem Dschungel holen – aber du wirst nie den Dschungel aus dem Tiger holen können. Also, auch wenn sie im Käfig sind – drei Meter Abstand und mehr, wenn man nicht zu Schaden kommen will.

Am 20. April klingelte bei mir das Telefon. Nein, es hatte nichts mit diesem  Datum zu tun, das vor über 60 Jahren den Kindern mal Schulfrei verschafft hat – wie noch früher der 27. Januar. Was – mit d e m Tag könnt ihr nichts anfangen? Da hatte der Kaiser Geburtstag! Sonderbar – nur den Geburtstag dieses zugereisten österreichischen  Anstreichers, der alle Deutschen zu „Lackierten“ machte, den kennt hier jeder.

Aber bei den Telefonat ging es nicht um einen Wolf (das war Hitlers Name in der „Kämpferzeit – für den, der diesen Gag nicht versteht) sondern um einen Tiger.

Sascha war dran, erzählte kurz, dass es allen gut ging und erwähnte, dass da eine TV-Sendung wäre, wo man aber leider nicht hin könne. Ohne richtig zu wissen, was da geplant war, hatte ich den Transport schon zugesagt.

Haaa! Da war es wieder, das Abenteuer. So konnte man mal wieder etwas Spannung in den tristen Alltag bringen. Und außerdem natürlich gute Freunde – und meine Tiger-Freundin wieder sehne.

Der Circus Solero stand in Oosterwolde, irgendwo südlich von Groningen im nördlichen Holland. So viel wusste ich – den Rest fand ich auf der Karte. Einem alten Pfadfinder sind nämlich die neumodischen Navis ein Gräuel – abgesehen davon bin ich als Computer-Dummy zu dämlich, so ein Zaubergerät zu bedienen. Bei mir geht es immer noch nach Karte, Kompass und dem Stand der Gestirne...

Und das hatte ich in Holland dringend nötig. Denn jenseits der Autobahn von Assen wurde die Sache zur echten Durchschlage-Übung. Es gab nämlich ab der Autobahnabfahrt auf meiner Karte keine eingezeichneten Landstraßen mehr. Und weil alle Wegweise in Holland „autobahnblau“ sind, weiß man als Ortsunkundiger nicht, was ist hier der Highway und was ist der Heuweg.

Bis ich dann den Circus gefunden habe, hatte ich eine mehr als einstündige Besichtigungstour in Holland gehabt. Und ich würde wahrscheinlich jetzt noch dort kreuzen, wenn ich nicht an einer Bushaltestelle einen Plan der Gegend gefunden hätte.

Klar, man kann auch nach dem Weg fragen. Allerdings sollte man da auch Flämisch sprechen. Und da kann ich nur: „Kannitverstan“. Und das konnte ich auf jede Antwort auf meine Frage sagen. Zwar hat man meine  Zamorra-Romane seinerzeit ins Flämische übersetzt – aber das hat mir da auch nicht genützt. Und auch dass Roy de Voß, der „Magier“ ein Holländer war hat nicht dazu beigetragen, dass ich mich im Vereinigten Königreich der Niederlande verständlich machen kann.

Aber – immerhin habe ich mit dem Glück, dass auch ein alter „Waldläufer“ manchmal braucht, irgendwo in Oosterwolde  den Circus Solero gefunden. Und die heimische „Ahle Wurscht“ und das Gehacktes aus unserer Nassenerfurther Landmetzgerei kamen genau richtig.

Nicht nur bei Sascha und Janine, die da schon länger wissen, was gut  schmeckt – da kam dann auch einige holländische Freude. Also, mir wurde aufgetragen beim nächsten Mal viel mehr von diesen Delikatessen mitzubringen,  besonders festes Brot – und natürlich Bier. Wo die Wurst so gut schmeckt, muss auch das Bier gut schmecken.  Dann werde ich also im Juni als kulinarischer Entwicklungshelfer nach Holland fahren...

Die Begrüßung mit Chayenne durch das Gitter war einzigartig. So intensiv hat sie mit selten die Hand geleckt – wir hatten uns ja sooo lange nicht gesehen. Aber – als sie dann raus kam, musste ich ihr erst mal einen echten Jagdhieb verpassen. Sie hat mich nämlich, wie in früheren Zeiten, angesprungen und gebissen. Nur – damals war sie wesentlich kleiner und die Zähne noch nicht ausgebildet. Sie wusste aber nur, dass sie mit mir allen machen konnte. Vor Sascha und Janine hatte sie schon Respekt.

Und – nach diesem Jagdhieb wusste sie auch bei mir, was sie darf und was nicht. Wenn sie jetzt beißt und  spürt, dass nicht nur Stoff sondern Fleisch drunter ist, lässt sie los. Hat sie aber nur den Ärmel oder den Stoff der Jeans – dann wird natürlich voll zugelangt. Und natürlich habe ich  dann immer Klamotten an, wo es nicht mehr so drauf ankommt.
Andere Menschen dürfen jetzt kaum noch in ihre Nähe. So einige kleine Bißwunden gibt es bei den Spielereien immer. Die muss man abkönnen, wenn man mit jungen Tigern spielt – weil es für den Tiger grundsätzlich immer „Kampfspiele“ sind. Aber andere Leute sollte man davor bewahren, dass Zähne und Krallen rote Furchen in die Haut ziehen.

Die Nacht im Wohnwagen war relativ kurz. Da wir ja am Abend mit Wurst und Gehacktes ordentlich zugelangt hatten,  gab es nur einen Kaffee zum Frühstück.  Ja, und dann ging es so kurz nach 4 Uhr morgens los. Sascha musste bleiben, seine Tiger vorführen und schon die ersten Vorarbeiten für den denn bevorstehenden Reisetag machen.

Die Rückbank war runter geklappt, Janine hatte Chayenne am Halsband und jede Menge zu tun, sie auf den ersten Kilometern ruhig zu halten. Wir waren auch so mit ihr schon einige Male von Hess. Lichtenau nach Nassenerfurth gefahren – das sind auch ca. 70 km pro Strecke. Aber – eine Tour von Hollands Küstenregion nach Baden-Baden – das ist ein ganz anderer Ritt.

Den ersten technischen Halt hatten wir kurze Zeit später noch vor der Autobahn. Chayenne war nämlich noch nicht „auf dem Klo gewesen“. Also, bei „Stinken“ eine Vollbremsung und auf den Rasen. Gut, dass uns sie moderne Zivilisation das Zewa-Tuch geschenkt hat, dass mit den übel riechenden Hinterlassenschaften dann im Straßengraben versenkt wurde. Morgens halb Fünf in Holland – Schwupp – die Polizei hat's nicht gesehen.  Gut dass Janine so schlau war, dem Tiger hinten im wagen noch was unter zu legen – sonst wäre das Achterdeck meiner „Antares“ zum Katzenklo geworden. 

Also wieder einsteigen und weiter. Chayenne war natürlich immer noch so aufgedreht wie ein Teenager auf dem Weg nach Disney-Land. Dass das Tiger-Teeny dann auf der weiteren Strecke ruhiger wurde, hatte einen ganz anderen Grund.

Mein Tank war nämlich ziemlich leer. In meiner Blauäugigkeit hatte ich angenommen, weil auf deutschen Autobahnen die Tankstellen rund um die Uhr geöffnet sind, wäre das in Holland auch so. Und bis zur Autobahn, das wusste ich, würde der Sprit reichen.

Falsch gedacht, Herr Weltenbummler! Die Tankstelle öffnete erst um Sieben, aber der Sprit hätte keine weiteren  20 km mehr gereicht. Mit einem jungen Tiger ohne Benzin an  der Autobahn zu stehen, dass ist zwar auch ein Abenteuer -aber keins, was mir erstrebenswert erscheint.

Da war zwar neben dem Eingang ein Vorrichtung, wie man mit Kreditkarte tanken konnte. Aber das Gerät bekam ich nur teilweise in den Griff. Es reagierte zwar, aber es gab an der Zapfsäule keinen Sprit. Meine Karte wurde zwar akzeptiert – aber die Zapfsäulen reagierten nicht.

Chayenne hat die Sache genossen, weil sie rum-tigern und im Gras spielen konnte.  So hatte sie eine echte Stunde Zeit sich zu bewegen und war dann auch entsprechend müde, als endlich ein Wagen mit holländischem Kennzeichen kam. Für den Mijnheer war es gar kein Problem, mit Karte zu tanken – und auch nicht, mich in die Kunst des Karten-Tankens einzuweihen.

Kurze Zeit später war auch mein Tank voll.  Also – den Tiger rein – nein, nicht in den Tank, sondern auf's Achterdeck – und dann auf Südkurs. Hinter uns träumte Chayenne die tollsten Tiger-Träume und wir kamen dann bei der inzwischen aufgekommenen Helligkeit auch gut voran.

Es sei gleich gesagt, dass mich Janine beim Fahren abgewechselt hat. Zwischendurch machten wir immer mal Halt auf Rastplätzen, wenn hinter uns jemand wach wurde. Chayenne, neugierig, wie sie nun  mal ist, wäre am liebsten nach vorne gekommen, um beim Lenken zu helfen. Und Janine hatte alle Mühe, sie so lange ruhig zu halten, bis ein Rastplatz erreicht war.

Was sie Leute in den Autos gedacht haben, die an uns vorbei gezogen sind, kann ich mir nur denken. Es ist sicher sonderbar, wenn aus dem hinteren Fenster eines schwarzen VW ein Tiger guckt. Na, besser die Augen nach vorn – wegen der versteckten Kamera...

Was es für Aufläufe auf den Rastplätzen gegeben hat, das kann man sich sicher leicht vorstellen. Auch wenn wir die großen Plätze mit Tankstellen so gut es ging vermieden haben, es war immer noch genug Betrieb, wenn Chayenne „Hof hielt“, Wie üblich, klickende Kameras und immer die Frage: „Darf ich den mal streicheln“. Nein, das durfte da keiner.  Und – man mag es mir wirklich glauben - so gerne ich so was mache – irgendwann wird das dann auch lästig. Aber – die Katze muss raus – also ca. 20 Minuten Pause, damit sie wieder ruhig ist.

Immerhin schlafen Löwen oder Tiger mindestens zwanzig Stunden am Tag. Und nur auf dieser Art war es möglich, wo eine Tour überhaupt zu machen. Ein Zoo hätte sie in eine Transport-Kiste gesteckt. Aber – für eine solche Zoo-Kiste, die dann noch in einen Golf gepasst hätte, war Chayenne schon zu groß.

So gegen 13 Uhr hatten wir Baden-Baden erreicht. Janine hatte in der Gegend eine Freundin, bei der wie eingeladen waren. Den Namen des Ortes Loffenau hatte ich vorher noch nie gehört. Aber – ein wunderschönes Fleckchen Erde. Und ein sehr schönes Haus. Das fand Chayenne auch – die fühlte sich sofort richtig zu Hause. Aber – das ist sie eigentlich überall, wo sie hinkommt. Keine Spur von Zurückhaltung und Vorsicht, wie es sonst bei Tigern üblich ist. Die besten Voraussetzungen für eine Karriere beim Film und im Show-Geschäft – Kontakte sind schon geknüpft worden.

Da Janine und ich den ganzen Tag noch nichts gegessen hatten, waren sie angebotenen Nudeln mit einer exzellenten original-italienischen Tomatensoße eine echte Rettung. Simones Ehemann kommt nämlich aus Italien, genauer gesagt aus Venedig. Und von seiner Mutter bekommt er eine ganz nach altem Familienrezept gemachte Tomatensoße. Und wir waren der Ehre würdig, die „Soße a la Mama“ zu genießen. Muss ich sagen, dass ich weniger vor Hunger als vor reinem Genuss noch  mal zugelangt habe? 

Chayenne bekam zwei Hühnerbeine, ihre absolute Leibspeise. Sie musste an diesem Tag etwas auf Diät bleiben, weil sie dann während der Fernsehaufnahme  einen vollen Futternapf bekommen sollte. Immerhin sollte sie vor der Kamera ja ruhig sein. Aber ob sie dann wirklich ruhig blieb – das wusste keiner von uns.

Janine und ich machten nicht nur die Pläne A und B – sondern auch noch C und D für die 15 Minuten, die Chayenne auf Sendung sein sollte.

Die ca. 3 Stunden, die wir in Loffenau  waren, das war für uns echte Erholung. Chayenne hatte sich mit Simones Mann angefreundet und ließ sich von ihm den Garten zeigen. Selbstverständlich war auch das Haus interessant und am liebsten hätte sie Simone sofort beim Kochen geholfen.

Und – da war eine schöne, große Sofa-Wohnlandschaft. So was hatte Chayenne in meiner Wohnung kennen und lieben gelernt. Nur sind meine Polstermöbel von den Spuren der Katzenbenutzung gezeichnet, während das dortige Möbel aussah, als sei es gerade aus dem Katalog von „Schöner Wohnen“ entsprungen.

Uninteressant – wenn es ein Tiger-Mädchen bequem haben will. Warum wollten die Menschen nicht begreifen, dass ein Tiger lieber auf einem weichen Sofa als auf dem Fußboden liegt. Endlich – haben sie es begriffen und eine Decke geholt, mit der das Polster abgedeckt wurde.. Ja, und dann konnte die Diva endlich in aller Ruhe die  ihr zustehende Siesta machen.

Natürlich wurde Chayenne dann auch der reichlich herbei strömenden Nachbarschaft vorstellen. Das ging in der Nachbarschaft  rum wie ein Lauffeuer – ein Tiger ist in der Siedlung - und Simones Mann konnte sich mal richtig als Dompteur präsentieren.

Er hatte Chayenne sogar so gut im Griff, dass sie dann sogar ausnahmsweise von Kindern gestreichelt werden konnte. Und dieses Ereignis wurde natürlich auch für die  staunende Nachwelt per Foto festgehalten.

Simone und ihr Mann sind dann auch mit ins Fernseh-Studio gefahren und waren auch Backstage mit dabei. So gegen 15,30 Uhr sind wir dann losgefahren. Es wwar ja Samstag Nachmittag und wir kamen gut voran.

Ja, die Aufnahmen sollten um 18 Uhr laufen – so kurz vor 16 Uhr kamen wir im Studio des Südwestfunk Baden-Baden an. Da ist ein altes, für diese Zwecke umgebautes ehemaliges Fabrik-Gebäude. Schön, dass man diese alten Gebäude jetzt erhält und der Abrisswahn der 60er und 70er Jahre vor diesem wirklich schönen Gebäude Halt gemacht hat.

Erst bei der Ankunft am Studio erfuhren wir, dass die Sendung „Menschen der Woche“ um 18 Uhr aufgezeichnet und am gleichen Tag gegen 22 Uhr gesendet wurde. Keine Möglichkeit, noch Freunde oder gar den Zauberspiegel auf den Sendetermin hinzuweisen. Aber vielleicht wird dieser Teil der Sendung ja irgendwann mal als Video auf der Web-Seite zu sehen sein. Man hat Janine versprochen, ihr eine DVD der Sendung zu schicken.

Sofort nach unserer Ankunft im SWR-Studio war eine Frau da, die uns direkt betreute, in einen besonderen Raum führte und Getränke brachte. Dann kam die Aufnahmeleiterin und wir sind rüber ins Studio gegangen. Es sollte alles abgesprochn und einer Probe gemacht werden. Besser gesagt, alles wurde mit Janine abgesprochen, die ja das Interview mit Frank Elstner führen sollte.

Ich bin in der Zeit mit der „Kleinen“ durch das ganze Studio „getigert“. Sie musste ja alles, aber auch wirklich alles, sehen und beschnüffeln. Und sie konnte es auch gar nicht begreifen, dass einige Leute vor ihr zurück gewichen sind, während sie doch freundlich purrend „Hallo“ sagte. 

Dass ich mit ihr die Kameras „beäugt“ und das Studio komplett „durchgeschnüffelt“ habe, hat sich dann als Glücksfall erwiesen. Als Janine nämlich mit ihr in die Sendung hinein ging, lief sie wie ein Hund brav bei Fuß. Sie kann nämlich auch ihre Zicken-Tour haben – und dann muss man sie entweder tragen oder wie ein störrisches Muli ziehen. Beides hätte vor der Kamera nicht so gut ausgesehen.

Je näher der Sendetermin kam, umso aufgeregter wurde Janine. In der Maske hatte man  sie noch toller gestylt, als sie sonst vor Publikum aufzutreten pflegt. Und mit Frank Elstner hatte sie auch einige Minuten Kontakt gehabt. Ja, und jetzt war sie so aufgeregt wie ein kleines Mädchen, dass auf einer Kirchenfeier ein Gedicht aufsagen soll.

Weil ja Janine und Chayenne die Stars vor der Kamera waren, bin ich in der Sendung nur einmal beim Kameraschwenk ins Publikum im Bild gewesen. Ich saß nämlich unmittelbarer Nähe von Chayenne Bereitschaft und hätte eingreifen können, wenn sie verrückt gespielt hätte. Bei Tieren muss man immer und mit allem rechnen.
Zwar war Chayenne an der Leine, aber wenn sie sich plötzlich Frank Elstner zum Spielen ausgesucht hätte, dann wäre das Interview doch etwas gestört worden.

Allerdings – dann hätten die Leute was zu sehen gehabt...

Doch nach der Studio-Tour, als Janine in der Maske war, habe ich Chayenne im Backstage-Bereich noch mal richtig toben lassen. Sehr zur Freude der Leute, die durch das Parterrefenster reingeguckt haben. Besonders interessant war für den Tiger das Tischfußballspiel. Da bewegte sich was, wenn man mit den Pfoten dagegen haut. Also wurde immer wieder an dem Gerät hochgestiegen und gespielt. Das kostet Energie – und danach war sie ruhig. Gottseidank nicht schläfrig – aber dazu war ja alles viel zu interessant – und viel zu viele Leute, die sie bewunderten.

Ja, was dann kam war für Janine sicher so was wie die „Green Mile“ - der Weg zum elektrischen Stuhl. Hinter einer verschlossenen Tür lief die Sendung und Frank Elstner interviewte seine Studiogäste. Die Aufnahmeleiterin zählte professionell die Minuten und unsere Betreuerin vom Fernsehen machte Janine Mut. Denn – es war nun doch geplant, dass sie mit Chayenne durch die Leute gehen nach vorn gehen sollte. Ich würde mich dann diskret an der Wand lang drücken bis ich nach vorne zu meinem freien Platz kam, vom den aus ich Chayenne notfalls hätte beschäftigen können.

Aber – während alle Menschen doch recht angespannt waren, der Tiger blieb cool. Ich hatte Chayenne an der Leine und schmuste mit ihr, damit sie nicht anfing, loszuschreien. Das wäre  bei der laufenden Sendung mit ihm übertragenen Ton gewesen. Aber – außer einem leisen Purren gab sie keinen Laut. Es war klar, sie fühlte sich sichtlich wohl. Keine Spur von Unsicherheit oder gar Aufregung.

Und dann  - drei – zwei -eins – ich gab Janine die Leine, die Türen zum großen Aufnahme-Raum wurden aufgerissen und die Kamera schwenkte auf den Gang zwischen den Tischreihen mit den Gästen. Trotzdem ich sehen musste, dass ich nach vorn meinen Platz erreichte, sah ich doch, dass Janine mit Chayenne durch die Leute ging, als wären sie die Stars auf einem roten Teppich von Las Vegas. Der Tiger zog nicht an der Leine, sondern ging ganz brav „bei Fuߓ.

Während Janine in einem bequemen Sessel Platz nahm  und sich von Frank Elstner begrüßen ließ hatte Chayenne ihren Futternapf entdeckt. Und der nahm in der ersten Hälfte der Sendung ihre Aufmerksamkeit voll in Anspruch. Feine Rindfleisch-Brocken – wer kann da schon widerstehen?

War Janine auch vor der Tür aufgeregt gewesen, vor der Kamera war sie plötzlich die Ruhe selbst und alle Fragen wurden ganz souverän und ohne nachzudenken beantwortet.   

Nachdem Chayenne etwas ihren Hunger gestillt hatte, setzte sie sich für die Kamera  in Positur und sah sich interessiert das Publikum an. Klar, nicht Frank Elstner war der Star des Abends und absolute Publikumsliebling. Ein Tiger-Teeny, das sich mit der Selbstsicherheit einer Claudia Schiffer dem Zuschauern präsentiert – das hat allen die Schau gestohlen.

Ich saß daneben – und hatte nichts zu tun. Chayenne ging sogar am Schluss der Sendung auf dem Weg nach draußen noch so brav „bei Fuߓ wie ein gut ausgebildeter Hund.

Die viertel Stunde Sendung lief so professionell ab, als wäre sie aus dem Filmmaterial eines halben Tages zusammen geschnitten worden.  Dass Frank Elstner sich in der Sendung dann doch nicht traute, Cayenne zu streicheln, lag daran, weil er einige Wochen früher von einem Luchs mit der Kralle erwischt worden war.  Im Backstage-Bereich hat er dann doch mal einen Tiger angefasst.

Nicht nur Janine sondern auch mir waren ganze Gebirge vom Herzen gefallen, dass alles so gut und perfekt geklappt hatte. Leider mussten wir beide fahren – den Sekt haben dann andere getrunken – uns blieb die Selters.

Hinten in unserem Backstage-Raum ging es dann natürlich rund. Das ganze Dreh-Team kam für Erinnerungsfotos. Die „Kleine“ war zwar etwas müde, aber auch da kann man als Tiger fotogen sein. Und sie ließ sich so streicheln ohne das als Herausforderung für ein „Kämpfchen“ anzusehen, bei den natürlich die Zähne eingesetzt werden. Zwar sind das noch die Milchzähne – aber auch die können durch die Haut gehen...

Eine Stunde blieben wir noch, bis die letzten Erinnerungsfotos geschossen waren, dann drängten wir beide auf Aufbruch. Wir mussten die Nacht noch nach Holland weil am andren Tag der Circus auf Reisen ging – und da wurde Janine gebraucht. Um 20 Uhr sind wir von Baden-Baden losgefahren – und gegen 3 Uhr waren wir wieder in Oosterwolde beim Circus. 

Zwischendurch hatten wir einen Stau und konnten uns gerade noch auf einen Parkplatz retten. Chayenne hatte die Hektik im Studio mit einem ausgiebigen Schäfchen überbrückt und war wieder voll Tatendrang. Von daher war es ganz gut, dass wir eine gute Stunde fest hingen. Den nicht nur Bewegung ermüdet ein Tier – auch neue Eindrücke tun da ihren Teil.  Und davon gab es natürlich auf einen Rastplatz, den bei einem Stau alle anfahren, mehr als genug.

So ging die Rückreise eigentlich ganz gut und wir haben uns beim Fahren immer mal abgewechselt. Nur in der letzten Stunde wurde Chayenne dann „knärbelich“ wie ein kleines Kind, dass dann endlich in die Heia will. Janine hatte alle Mühe, dass sie mir nicht das halbe Auto zerschrotet hat. Aber wir hatten Glück und fanden den Ort und auch den Circus-Platz sofort. Chayenne ging dann sofort ohne Probleme zu machen in ihr Abteil vom Käfigwagen  - und fiel drin um wie ein nasser Sack.

Das Abenteuer war beendet – und nicht nur der Tiger war fertig. Dass ich in dieser Nacht ohne Wiegenlied eingeschlafen bin, brauche ich wohl nicht zu erzählen. Am anderen Morgen um 10 Uhr, als ich erwachte, was im Circus schon wieder alles am rotieren. Weil Reisetag war, wurden die Tierzelte schon mal abgebrochen und auch sonst alles Entbehrliche schon verstaut.

Ja, und wenn irgendwo gearbeitet wird, dann ist es am Besten, zu verschwinden. Zumal ich ja mal bis vor ein paar Monaten Beamter war – und denen sagt man ja, was Arbeit  angeht, so Einiges nach...

Chayenne schlief noch, als ich an den Wagen kam und war auch nicht wach zu kriegen. Erst als ich meine Tasse Kaffee  getrunken hatte, meinen Wagen wieder umgebaut und abreisefertig war, kam bei ihr wieder etwas Action auf. Allerdings – es war nur ein Lecken der Hand und etwas Purren – mehr war nicht drin. Was ich gut verstehen kann. Denn als ich dann nach einigen Stunden Fahrt  wieder in Nassenerfurth auf den Hof kam, war ich auch ziemlich kaputt.

Aber – es war ein tolles Abenteuer. Und ich hoffe, in dieser Art noch einige zu erleben. Im Juni gehts wieder  nach Holland – und ganz sicher wird das in diesem Jahr nicht das letzte Mal sein. Übrigens – Chayenne wir beim Weihnachtscircus in Bonn mit in der Manege sein. Wer da wohnt oder hin fährt, der kann den Star selbst kennen lernen. Chayenne freue sich über jeden ihrer Fans, der zu ihr kommt.

So, und jetzt muss ich endlich wieder ran gehen und die „Passion“ fertig machen. Denn auch das wollen einige Freunde  des Zauberspiegels lesen...

Der Gästezugang für Kommentare wird vorerst wieder geschlossen. Bis zu 500 Spam-Kommentare waren zuviel.

Bitte registriert Euch.

Leit(d)artikelKolumnenPhantastischesKrimi/ThrillerHistorischesWesternAbenteuer/ActionOff TopicInterviewsHintergründeMythen und WirklichkeitenFictionArchivRedaktionelles

Wir verwenden Cookies, um Inhalte zu personalisieren und die Zugriffe auf unsere Webseite zu analysieren. Indem Sie "Akzeptieren" anklicken ohne Ihre Einstellungen zu verändern, geben Sie uns Ihre Einwilligung, Cookies zu verwenden.