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Zamorra, das Alt- und das Junggetwern und kosmische Urmächte

Teestunde mit RolfRolf hat sich als Schatzgräber betätigt und eine Rarität zu tage gefördert. Eine Parodie zu Professor Zamorra im Besonderen und zum Heftroman im Allgemeinen. Er hat sie mit seinem Bruder Peter K. Michael zusammengeschrieben, der in gewissen Teilen dieses und anderer Universen als Karolus von Twerne bekannt ist.... Viel Spaß.

Zamorra, das Alt- und das Junggetwern und kosmische Urmächte

Manchmal macht man echt interessante Ausgrabungen. Hierzu gehört die Story, die ich heute statt der sonst üblichen „Gedanken und Erinnerungen“ in der Teestunde mal präsentieren möchte.

Die wurde zum letzten Mal im Jubiläumsband des EDFC e. V. zum 500sten „Zamorra“ veröffentlicht. Auch die Zamorra-Leser der heutigen Zeit werden sich damit zurecht finden, weil diese Satire recht zeitlos ist und die handelnden Figuren in der Serie noch bekannt sind. Bei den beiden Redakteuren „Rolltdasgeld“ und „Schönversprecher“ sind natürlich die PZ-Redakteure von damals, nämlich Helmut „Jason Dark“ Rellergerd und Michael „Mad Mike“ Schönenbröcher gemeint.

 

Die Grundsubstanz der Story ist von meinem Bruder Peter der, wie in Insiderkreisen bekannt ist, für seine spitze Zunge einen Waffenschein bräuchte. Da Peter außer dass er damals einige PZ-Romane gelesen hat, aber wenig Einblick in die Serie hatte, habe ich sie zum 500er Jubi-Band des EDFC gründlich überarbeitet – so wie sie heute vorliegt.

Ich wünsche viel Spaß und Lesevergnügen

Peter K. Michael und Rolf W. Michael in einer Co-Produktion

In Kassel, der Stadt der Gebrüder Grimm ... im Märchendorf Zwehren, das einst Twerne hieß... Residenz der Herren von Twerne... entstand in einer Co-Prodkution der Gebrüder, die den Namen des schwerttragenden Erzengels führen, das Satyrikon aus der Serie:

Professor Zamorra und der Kleister des Unsinnigen

Karolus von Twerne präsentiert:
DAS GRAUEN IN DER UNTERWELT

Dröhnend stürzte der Tisch mit der teuren Vase aus feinstem Bleikristall um. Klirrend zerbarst das kostbare Stück am Boden.

Doch auf solche Kleinigkeiten konnte Professor Zamorra in diesem Augenblick keine Rücksicht nehmen. Alles hing jetzt von seiner Schnelligkeit ab. Würgende Übelkeit quoll aus den unteren Magenwänden herauf und quälte den weltberühmten Parapsychologen wie ein Dämon, der sein Gefängnis zerbricht und herauf ans Licht des Tages kriechen will.

Alles in Professor Zamorra schrie nach Selbstaufgabe. Aber er durfte jetzt nicht stehen bleiben und seinem inneren Drängen nachgeben. Eine Katastrophe von unermesslichem Ausmaß stand bevor, wenn er jetzt versagte.

Rote Nebel wallten vor seinen Augen, als er den finsteren Korridor entlang taumelte.

Da - da endlich - da war sie - die Tür!

Mit letzter Kraft drückte Zamorra die Klinke herunter und warf sich gegen die Tür.

Ekelerregender Gestank wie aus tausend Pestgräbern schlug ihm entgegen und nahm dem Meister des Übersinnlichen den Atem.

Schwer angeschlagen stolperte Professor Zamorra vorwärts. Es waren nur noch wenige Meter, die ihn von seinem Ziel trennten.

"Nicht aufgeben! Nur jetzt nicht aufgeben!" hämmerte es immer wieder in seinem umnebelten Gehirn. Völlig auf sich allein gestellt kämpfte sich der Weltexperte auf dem Gebiete der Parapsychologie und des Übersinnlichen dem rettenden Ziel entgegen.

Ein Weg der Qualen, auf dem ihm auch das Amulett nicht half. Sein stärkrster Schutz gegen alle Mächte des Bösen versagte heute. In kaltem Silber glitzernd hing Merlins Stern auf Zamorras Brust. Denn dies war ein Kampf, bei dem die Kraft des Amuletts seinem Träger nicht helfen konnte.
.
Immer stärker wurde die würgende Übelkeit, die aus Zamorras Innerstem aufstieg. Und dann...brach es hervor.

Verzweifelt warf sich der Parapsychologe nach vorn...und erreichte sein Ziel. Erschöpft sank er vor der strahlend weißen Schüssel in die Knie...

***

"Guten Morgen, Cherie! Hast du gut geschlafen?"

Vorhänge wurden auseinander gerissen und mit brutaler Helligkeit drang das hier in London in dieser Konzentration seltene Sonnenlicht ins Zimmer.

Nur mit einem Handtuch bekleidet betrat Nicole Duval Zamorras Schlafzimmer, das unmittelbar an ihre Kemenate angrenzte. Ihre grazilen Bewegungen wären unter normalen Umständen für Professor Zamorra die reinste Herausforderung gewesen. Und gerade heute lag in Nicoles Augen leinen besonderer Schlafzimmer-Blick.

Normalerweise wäre bei so einem Anblick weiblicher Erotik nicht in der Hölle, sondern in Zamorras Hose der Teufel los gewesen. Denn das kleine Biest schien feststellen zu wollen, ob Zamorra auch in diesem Zustand noch ihre Über-Sinnlichkeit meistern würde.

Wie eine angreifende Panther-Katze fiel Nicole über ihn her und bevor sich Zamorra wehren konnte, hatte sie ihm schon einen Kuss aufgedrückt.

Doch ganz im Gegensatz zu einer Szene, wie sie der Leser sonst gewohnten ist, zuckte Nicole zurück, als habe sie den Froschkönig geknutscht.

"Igittegittegitt! Du riechst ja wie eine ganze Kneipe, Zamorra!" stieß die zierliche Französin empört hervor.

"Nicht so laut, Liebling!" Stöhnend versuchte der Parapsychologe, sich aus den Kissen aufzurichten. "Sei ein braves Mädchen und zieh die Vorhänge zu. Ich habe Kopfschmerzen und mit ist schlecht. Die viele Arbeit...!"

"Hihihi!" lachte Nicole. "Der Kater hält den Held zurück, ans Kätzchen zu gehen!" Doch dann wurde sie ernst und blickte den Meister des Übersinnlichen empört an:
"Du solltest dich schämen, so rumzusumpfen.“ Nicoles Stimme klang jetzt so gequält wie die einer geplagten Ehefrau am Morgen, wenn der Fußballverein ihres Eheherrn die Meisterschaft gewonnen hat. „Du weißt doch, wie es heißt. Der Teufel hat den Schnaps gemacht...!"

"Schnaps?! Wer wird so ein Desinfektionsmittel wie profanen Schnaps trinken!" unterbrach Zamorra seine Lebensgefährtin. Trotz seines desolaten Zustandes klang seiner Stimme jetzt richtig beleidigt.

"Es war das edle Gewächs der Reben.“ brachte er nach einer Weile hervor. „Denn zufällig ist auch Pater Aurelian in London, um von John Sinclair die Kirchensteuer einzuziehen, ohne die er keine geweihten Silberkugeln mehr bekommt. Und Pater Aurelian hatte einige Flaschen Messwein im Gepäck, die er dem Papst persönlich gemaust hat. Was versteht ein Wodka-gewohnter Pole, (na ja, heute eben ein Bier- und Enzian-gewöhnter Bayer) auch wenn ihn das Schicksal in den Vatikan verschlagen hat, vom edlen Saft der Reben. Doch ein Franzose und ein Italiener...!"

"...hauen sich den Wein so lange rein, bis es nicht mehr geht!" vollendete Nicole Duval ungerührt.

"In Frankreich und Italien gehört Wein zum normalen Essen!" protestierte Professor Zamorra und hielt sich stöhnend den Kopf.

"Aber nicht als Hauptgericht, wie ihr ihn euch offensichtlich reingeschüttet habt!" Nicoles Stimme klang so streng wie sie ein geplagter Ehemann es eigentlich nur von seiner holden Angetrauten gewöhnt ist.

"Wir haben versucht, die Stärke und die Macht des Ju-Ju-Stabes auszuloten!" Zamorras Stimme bekam einen weinerlichen Klang.

"Aha, so nennt man also heute den Grund für ein sinnloses Besäufnis!" keifte Nicole Duval. "Mon dieu, wenn wir verheiratet wären, wurde ich jetzt die Stärke eines Nudelholzes ausloten."

"Ja, schlag nur zu, wenn du damit dein weibliches Machotum befriedigst!" stöhnte Zamorra. "Denn schlimmer können die Kopfschmerzen nicht mehr werden!"

"Das könnte dir so passen, einen Jagdhieb einzustecken und danach krank zu feiern!" giftete Nicole. "Daraus wird nichts. Los, raus aus der Kiste. Zur Strafe gehst du jetzt mit mir einkaufen. Du darfst dreimal raten, wer bezahlt..." Und wie eine wilde Märchenfee wirbelte Nicole Duval nach draußen.

Zamorra schluckte schwer, als er sich mühsam aus den Federn grub.

"Es schwimmt, aber es sinkt nicht", zitierte der französische Parapsychologe den Wappenspruch der Stadt Paris, der zwar auf das Schiff in der Heraldik gemünzt war, jedoch bei seinem Schwanken im Stehen nicht sonderlich abwegig war.

Mit äußerster Willensanstrengung zwang Zamorra seine widerspenstigen Glieder, sich in Richtung auf das Badezimmer zu bewegen. Beiläufig nahm er zur Kenntnis, dass seine Bewegungsabläufe im aufrechten Gang die Perfektion eines Kleinstkindes erreicht hatten.

Tief seufzte er bei dem Gedanken, dass ihn Nicole Duval mal wieder durch sämtliche Londoner Boutiquen von Chelsea bis zum Piccadilly schleppen würde. Dabei würde sie dann wie üblich die Hälfte der Lagerbestände aufkaufen.

Zwar war Nicole Duval nur seine geliebte Sekretärin, allerdings diktiere sie ihm gelegentlich. Und wie üblich hatte sie nur leere Koffer mit auf die Reise genommen, die natürlich so rasch als möglich mit den neuesten und teuersten Artikeln der Modebranche gefüllt werden mussten.

Derzeit verhandelte Nicole Duval mit dem französischen Staatspräsidenten wegen der Anmietung eines Flügels von Schloss Versailles, um dort ihre überflüssige Garderobe unterzubringen. Denn inzwischen weigerten sich selbst soziale Einrichtungen, ihren teuren Modefummel in die Kleiderspende aufzunehmen.

Seit Nicole von einem gewissen Roman-Sammler aus Wien gehört hatte, der für seine etwas umfangreichere Sammlung an Heften und Taschenbüchern eine extra Wohnung anmieten musste, war sie der Ansicht, dass auf Chateau Montagne zu wenig Platz für ihre ach so notwendigen Textilien war.

Pater Aurelian wagte sie nicht zu fragen, ob man vielleicht in den Krypten unter dem Vatikan einige Plätzchen für ihre Garderobe finden könnte. Wer wusste denn, was da vielleicht insgeheim mit ihren schnuckeligen Dessous, Tangas, Seidenhemdchen und nicht zu vergessen dem giesa'schen Kronenkorken-Bikini alles gemacht wurde.

Aber vielleicht bestand für Nicole auch die Möglichkeit, mit der bayerischen Staatskanzlei zu verhandeln. Diese Behörde brauchte ja eigentlich nur ihre öden Aktenordner aus den Räumen von Neuschwanstein zu entfernen, die der Märchenkönig nicht mehr hatte ausbauen können und die jetzt als Aktenräume und Archiv genutzt wurden. Es musste doch irgendwo auf dieser Welt einen Platz für Nicoles überflüssige Garderobe geben.

Der Geist des guten Königs Ludwig würde daran sicher keinen Anstoß nehmen, wenn die Räume von Neuschwanstein zum Garderobenschrank Nicole umfunktionier würden. Allerdings würde der Geist des Märchenkönigs nur solange ruhig bleiben, wie Zamorra dort nicht seine Leibwäsche unterbrachte.

Neuschwanstein wäre sicher eine gute Lösung für Nicoles Prbelem Und vielleicht konnte man das eine oder andere der guten Stücke an die Touristenströme günstig verhöckern.

Doch halten wir uns innerhalb der vorgegebenen Gesetze des Heftromanes, in denen man Nebenfiguren nicht allzu stark ins Zentrum des Geschehens stellen soll und wenden wir uns wieder dem Haupthelden unserer Erzählung zu.

Unter Aufbietung aller geistigen wie körperlichen Kräfte, soweit sie zum derzeitigen Zeitpunkt verfügbar waren, erreichte Professor Zamorra das Badezimmer.

Und als er in den Spiegel sah, wurde sein Gesicht so weiß wie die gekalkte Wand hinter ihm.

***

Der Schrei aus dem Badezimmer ließ Nicole Duval das Mark in den Knochen gefrieren.
Entschlossen streifte sie sich ihren hauchdünnen Bademantel über (hier erkennt der geneigte Leser, dass es sich nicht um eine Story des echten Lamont handelt – denn da wäre Nicole jetzt völlig nackt) und spurtete los. Trotz aller derzeitigen menschlich-männlichen Unzulänglichkeiten, sie musste dem Geliebten zu Hilfe zu eilen.

Doch als Nicole Duval die Tür auf riss, sah sie, dass Zamorra zwar mitten in einer Peinlichkeit, jedoch in keiner Gefahr steckte und ihre heftromangerechte Rettungsaktion deshalb völlig für die Katze war.

"Aha, deshalb hast du also geschrien!" Nicole stemmte die Fäuste in die Hüften. "Kann ich gut verstehen. Zamorra! Du altes Wildschwein hast das ganze Bad voll gekotzt und bist jetzt darin ausgerutscht. Sei froh, dass du noch nicht deinen Bastei-weißen Anzug anhast...!"

Sie brach ab, als sie in das von maßlosem Schrecken gezeichnete Gesicht des Parapsychologen blickte.

Zamorras Miene glich der eines Mannes, der nach einem opulentem Mahl in einem exklusiven Pariser Restaurant mit der American-Expreß-Card bezahlen will, statt dieser jedoch in seiner Tasche eine Monopoly-Ereigniskarte mit der freundlichen und in dieser Situation äußerst sinnreichen Aufforderung 'Gehen Sie in das Gefängnis' vorfindet.

"Es ist fort!" kam es brüchig von seinen Lippen. "Das war es, warum ich geschrieen habe!"

"Dein Scheckbuch?" fragte Nicole spitz. "Das kannst du den Lesern deiner Romane erzählen, aber mir nicht. Mit dieser faulen Ausrede kommst du nicht um die verordnete Einkaufstournee herum!"

"Es ist der größte Schatz, den ich besitze...!" flüsterte der Parapsychologe.

"Das kann nicht sein! Dein größter Schatz steht doch vor dir, oder?" Die erhobene Klobürste in Nicoles Hand doubelte das sonst in solchen Situationen gebräuchliche Nudelholz. "Wage es nur, einen anderen Schatz zu haben als mich!"

"Das Amulett! Ich meine des Amulett!" stieß Professor Zamorra rasch hervor, bevor die harten Borsten des Latrinenfegers auf seinem Schädel landen konnten.

"Du hast es doch hoffentlich nicht im Suff einer anderen Frau als Liebespfand geschenkt!" drohte Nicole.

"Nein... nein... ich habe es verloren!" stieß Zamorra brüchig hervor. "Und jetzt...eben...langsam...die Erinnerung kehrt zurück!

Ja, ich trug das Amulett noch um den Hals, als ich mich gestern Nacht über die Kloschüssel beugte, um auf diese Art zu verhindern, dass die Kalorien des vergangenen Abendmahles meinen Körper in Dimensionen geraten lassen, die sich im Gegensatz ihrer Autoren Heftromanhelden wie ich nicht leisten können.

Ja, ich bin jetzt völlig sicher, dass mir Merlins Stern dabei samt der Kette über den Hals geglitten ist. Ich bemerkte es aber erst, als ich mich schon halb wieder erhoben hatte. Natürlich bückte ich mich sofort, um das Amulett herauszufischen. Aber ich erinnere mich jetzt, dass ich mich an jener dünnen Kette dort fest hielt.
Dann rauschte es wie ein herabtosender Gebirgsbach und mit einem Wasserschwall war das Amulett verschwunden. An mehr kann ich mich nicht erinnern. Vielleicht hat Asmodis..."

"Hat sich was mit Asmodis!" giftete Nicole, der die Tragweite des Verlustes sofort klar wurde. "Versuch nur nicht, die Schuld auf Merlins kleinen oder großen Bruder zu schieben. Komm lieber wieder zu dir, du versoffenes Genie. Wir müssen jetzt was unternehmen..."

"Ich bin kein Unternehmer, sondern Wissenschaftler", brabbelte Zamorra.

"Du bist ja immer noch blau!" stieß Nicole hervor. Und dann reagierte sie ganz impulsiv.

Mit einem Sprung war die zierliche Französin an der Dusche. Mit einem kurzen Handgriff stellte sie die Düse der Brause auf äußerste Leistung. Und dann drehte sie gnadenlos das Rad mit dem blauen Punkt.

Zamorra wurde von dem eiskalten Wasserstrahl zurückgeschleudert und fast gegen die Wand gepresst. Mit matten Bewegungen, denen jede Kraft fehlte, versuchte er, die eisige Flut abzuwehren, die seinen Pyjama durchnässte und in seinen alkoholumflorten Lebensgeistern einen 'QUICK-TRAIN-CHARLY' auslöste.

Für Ungediente sei erläutert, dass diese Kodierung „Quick-Train“ mit dem Zusatz „Charly“ seinerzeit den NATO-Alarm für den Ernstfall auslösen sollte. Es war ja schließlich nicht jeder Leser „dabei“, dass er das wissen kann.

"Erbarmen!" wimmerte der Meister des Übersinnlichen. "Nach so viel Wasser bin ich wieder stocknüchtern!"

"Das wird auch Zeit!" Nicole drehte am Wasserhahn, daß der eiskalte Strahl in sich zusammenfiel. "Denn wir müssen jetzt rasch handeln, bevor das Amulett nicht mehr auffindbar ist.

Wenn Merlins Stern im Lokus hinunter gespült wurde, dann ist es irgendwo dort unten in der Kanalisation.“ sagte Zamorras Gefährtin entschlossen. „Also müssen wir in die Unterwelt Londons hinuntersteigen und das Amulett suchen bevor jemand anderes... Zamorra... hallo, Zamorra... aufwachen..!

 * * *

Atemlos hetzten Professor Zamorra und Nicole Duval die breite Treppe des Regent-Palace-Hotels am Londoner Piccadilly-Circus herunter.

Uralt-Leser der Serie wissen, dass Zamorra in diesem Hotel immer hier abstieg, weil der diese Story bearbeitende Reserve-Lamont in den Kellerräumen dieses Hotels eine Bierquelle weiß, die auch nach der viel zu frühen englischen Sperrstunde noch sprudelt. (Ja, das war früher so. Heute ist die Sperrstunde um 23 Uhr in England aufgehoben und die „Flüsterkneipe“ im Regent-Palace sicher nicht mehr vorhanden)

"Wo ist der nächste Einstieg in die Kanalisation?" krächzte Zamorra mit rauer Stimme. Entgeistert blickte der Portier des 'Regent-Palace' den Gast aus Frankreich an. Manieren hatten diese Ausländer. Wenn diese Hektik die europäische Gemeinschaft bedeutete, dann blieb man lieber alleine auf seiner Insel. Aber der Portier war jedoch Engländer genug, um seine Gefühle zu beherrschen.
"Ich denke, die meinen mit diesem Wort sicher den Einstieg zur nächsten U-Bahn!" näselte er mit dem unnahbaren Charme eines Butler Parker. "Der ist..."

"Nein, ich meine die Kanalisation. Sie haben richtig verstanden, mon ami!" gab Zamorra zurück.

"Ich bin kein Ami, ich bin Untertan ihrer Majestät, der Königin von England!" gab der Portier würdevoll zurück.

"Wo ist der nächste Kanaldeckel!" schäumte Professor Zamorra. "Reden Sie, Mann. Sonst steht der Untergang der Welt bevor...!“

"Darf es nicht eine Telefonzelle sein?" Der Portier sah ihn von der Seite an. "Die reicht doch zum Umkleiden in den blauen Schlafanzug und das rote Wettermäntelchen, wenn man die Welt retten will..."

"Einen Kanaldeckel!" Professor Zamorra knirschte jede Silbe einzeln hervor. "Ich bin..."

"...der Rächer der Kanalarbeiter!" vollendete der Portier mit eisigem Gesicht. Aber dann gab er eine recht präzise Beschreibung zum nächsten Gully. Im nächsten Augenblick starrte er dem Mann im blütenweißen Anzug und der Frau in dem weißen Textil, das mehr Mini als Rock war, nach, wie sie im Gewühl des Piccadilly-Circus verschwanden.

Der Portier des „Regent-Palace“ war Brite genug, über diesen Vorfall hinweg zu sehen. Es gab schon merkwürdige Leute auf dem Kontinent...

***

"Was heißt hier, der 'Chef' wäre in einer Besprechung! Ich bin hier der Chef!" röhrte es aus dem muschelförmigen Telefonhörer. "Schwingen Sie ihre Hufe und holen Sie Asmodis an den Apparat oder ich mache Ihnen den Himmel kalt!"

"Moment, ich stelle durch!" Die Hexe, die für ihre Feuerqualen während der spanischen Inquisition mit einer Planstelle im Vorzimmer des Asmodis entschädigt worden war, nahm gewisse Geheimschaltungen vor.

Und sie hoffte und betete, soweit eine Hexe eben betet, dass sie sich nicht in der Stimme verhört hatte. Denn sonst konnte der 'Alte' grantig werden.

Denn die Besprechung, die der Fürst der Finsternis hatte, war zwar nicht sonderlich wichtig, aber dafür sehr intim...

***

"Für dich, Assi!"

Der weibliche Buhldämon, der sich auf dem breiten Bett aus glutflüssiger Lava räkelte, hielt dem Fürsten der Finsternis den Hörer entgegen.

Knurrend stelle Asmodis das Glas mit dem 'Dämonen-Killer', einer teuflisch scharfen Cocktail-Kreation, ab und nahm unwillig den Hörer in die Hand.

"Wenn nicht old Luzie selber dran ist, dann soll dich ein Heiliger holen!" giftete er in die Sprechmuschel.
Im nächsten Augenblick klappte der Pferdehuf schmerzhaft an seinen normalen Fuß und die vorher stolze Haltung des Asmodis wurde zum Kothau, den kein chinesischer Mandarin perfekter vor dem Sohn des Himmels auf dem Drachenthron hätte machen können.

"...und das war nur ein kleiner Scherz, hochwürdigster Lucifuge Rofocale!" dienerte der Fürst der Finsternis am Telefon.

"Ich bin kein 'Hochwürdigster', du Abkömmling einer langen Ahnenreihe von Buhldämonen, Poltergeistern und Nachtgespenstern!" tobte Satans Ministerpräsident, der seine Untergebenen selbstverständlich nach Herzenslust beleidigen durfte.

"Hochwürden ist ein Titel bei der Konkurrenz! Und auch Begriffe wie 'Eure Scheinheiligkeit' passt besser auf einen Kirchenfürsten als auf einen Teufel. Verstanden?!"

"Ich werde es mit merken, Eure Ungnädigkeit!" dienerte Asmodis.

"Das rate ich dir auch, Assi!" grollte es aus dem Hörer. "Sonst kannst du nämlich schnell den Job deines Kollegen antreten, der in Moskau Dienst schiebt. Dann ist es vorbei mit dem westlichen Wohlleben...!"

"Die Zivilisation ist aber schon bis zum Roten Platz vorgedrungen!" wagte Asmodis zu bemerken.

"Ich weiß selbst, wo McDonalds seine Filialen aufmacht!" knurrte Lucifuge Rofocale. "Möchtest du hingehen und die neusten Fast-Food-Kreationen probieren? Oder Gottschalks niveaulose Hamburger-Werbung ertragen?"

"Willst du dem Teufel mit der Hölle drohen?" fragte Asmodis. "Schon die Namen Gott und Schalk sind so pervers wie der ganze Reklame-Rummel, bei dem man noch dazu den Gold-Bären aufgebunden bekommt.

Fast-Food kann zum Fasten animieren. Da aber das Fasten von den Klerus-Horden der Konkurrenz als gottgefällig gelobt wird, sollte es im Interesse der Hölle liegen, daß man den Big-Mac zum absoluten Burger-King erhebt."

"Wenn du weiter solche Spitzfindigkeiten machst, dann wirst du als Vorkoster für die neue amerikanische Schnellküche eingestellt!" drohte Satans Ministerpräsident.

"Das ist gemein!" heulte Asmodis. "Das erinnert mich an Tierversuche, gegen die ich auch im Namen des Schreibers dieser Zeilen aufs Schärfste protestiere. Da ärgere ich mich lieber mit Zamorra rum..."

"Und zu dieser angenehmen wie lobenswerten Beschäftigung wirst du sofort Gelegenheit bekommen, mein teuerster Asmodis!" säuselte es aus dem Hörer. "Denn wenn du deinem Buhldämon nicht so intensiv an die Wäsche gegangen wärst...halt, kein Wort mehr. Das kleine, knackige Hexlein mit der wohlgeformten...(Grüß Gott, liebe Bundesprüfstelle), und dem knackigen...(...und liebes bischöfliches Vikariat) ist nämlich meine Agentin, die deine Personalakte auf den neuesten Stand bringen soll. Also, wenn du die Kleine nicht wie einen unschuldigen Teenager vernascht hättest, wüsstest du längst, dass Zamorra dir in diesem Augenblick schutzlos ausgeliefert ist!"

"Aber er hat doch...!"
"Rede nicht im Präsens des Indikativ sondern im Imperfekt!" grollte Lucifuge Rofocale, der es ausgezeichnet verstand, seinem Untergebenen mit unverständlichen grammatischen Begriffen eine besondere Art Hölle zu bescheren. "Es heißt richtig 'Er hatte doch'.

Jawohl, er hatte... aber jetzt hat er das Amulett nicht mehr!"

"Was ist geschehen?" Die Stimme des Asmodis klang jetzt wie die eines Wirtschaftsmagnaten, der über Aktien-Majoritäten verfügt. Er hatte sich innerlich gefangen und wollte, wie üblich, aus jeder Niederlage möglichst einen Sieg machen.

"Das Amulett Zamorras ist durch ein für ihn böses Mißgeschickt in die Kloaken von London gefallen!" Liucifuge Rofocales Stimme klang belustigt. "Und jetzt spielt dein Spezi den Orpheus in der Unterwelt und ist unterwegs in die Kanalisation, um es zurück zu holen. Das ist deine Chance...!"

"Haben wir nicht ein paar arme Teufel auf der Strafbank, die den Job machen!" Asmodis versuchte sich zu drücken. "Das in den Kanälen ist doch nur Drecksarbeit. Ich würde Arbeitsplätze vernichten und..."

"Nein, diesmal steigerst du selbst das höllische Brutto-Sozialprodukt!" befahl Satans Ministerpräsident mit scharfer Stimme. "Schnapp dir Zamorra, bevor er das Amulett wieder hat und wage nicht, ihn wieder entwischen zu lassen. Sonst bleibst du da unten und kannst dir den Kanal vollaufen lassen...!"

Ein Klicken in der Leitung zeigte an, da- Lucifuge Rofocale aufgehängt hatte.

Missvergnügt warf Asmodis den Hörer auf die Gabel und sandte zu der schnuckeligen Agenten-Hexe einen giftigen Blick. Die räkelte sich wie die geträumte Sünde auf dem Bett und winkte ihm mit zarter Hand und klappernden Augenlidern ein nettes 'Bye, bye', als Asmodis sein Refugium verließ. Knurrend stakste der Herr über viele Legionen von Dämonen, unreiner Geister und gefallener Engel zu einem der Schächte, die zur Oberwelt führten.

Eigentlich war es eine Zumutung, dass der regierende Fürst der Finsternis selbst in Londons stinkendes Kanalnetz hinaufsteigen sollte, um dort außerhalb der vierzehntägigen Dekade Professor Zamorra zu jagen.

Na, der konnte was erleben, wenn er ihn zu fassen bekam. Warum ausgerechnet mussten es die Londoner Kanäle sein, fragte sich Asmodis bitter.

"Wäre dir das Innere der Peterskirche während einer Papst-Messe lieber gewesen, Assi?" säuselte die Stimme des Kaisers Luzifer in seinem Inneren...

***

"Trotz aller Schweinerei hier unten haben wir auch noch oben mächtig Schwein gehabt, Cherie!" flötete Nicole Duval. "Es war ziemlich knapp. Denn um ein Haar hätte uns der dicke Polizist festgenommen, als wir in den Kanal einsteigen wollten!"

"Alles, was mit 'B' anfängt, mag Asmodis frikassieren. Bobbies, Bullen, Bollizei." brabbelte Zamorra während er weiter den engen Schacht hinunter kletterte.

"Gut dass du den getreuen Gesetzeshüter im letzten Augenblick hypnotisieren konntest!" kicherte Nicole.

"So kann man es auch nennen!" knurrte Zamorra und verspürte glitschigen Grund unter seinen Schuhen.

"Hat sich was mit Hypnose.“ setzte er dann hinzu. „Die klappt doch nur bei einem gewissen Intelligenzgrad. Also, ich will ja nicht gegen ehrbare Beruf sagen...aber mit Hypnose wäre ich da nicht weiter gekommen.

Zwanzig Pfund hat mich der Spaß gekostet, dass der Bobby die Augen gen Himmel drehte. Seit die Bestechungsgelder der höheren Beamten in den Medien breit getreten werden, ziehen die niederen Gehaltsgruppen für das Zudrücken eines Auges mächtig nach. Ach ja, die Inflation..."

"Ich kann ihn verstehen!" sagte Nicole und schob Zamorras Hand beiseite, als er ihr helfen wollte, die letzten Stufen herab zu steigen und dabei im Dämmerlicht der Kanäle zwischen ihre Beine griff.

"Bei den kleinen Beamtengehältern müssen auch die Hüter von Recht und Ordnung ein wenig Entwicklungshilfe bei den Touristen absahnen. Außerdem war es ja auch sein Risiko, als er zwei Unbefugten extra den Kanaldeckel aufhielt und sie in die Londoner Unterwelt einsteigen ließ.

Das braucht nur einer seiner Kollegen zu sehen und schon muss er seine Beute teilen!"

"Wie gut, dass John Sinclair nicht weiß, wie leicht man Geld nebenher verdienen kann!" lachte Professor Zamorra. "Die Reinigungsgebühren für die Schlösser und Adelssitze von Geistern und Gespenstern, die er unter der Hand kassieren könnte, müßten ein ganz hübsches Sümmchen ausmachen!"

"Vielleicht transferiert er ja seine Trinkgelder am Finanzamt vorbei!" mutmaßte Nicole. "Wie sollte er sonst das Geld haben, einen Bentley zu fahren. Die Mühle ist fast so teuer wie ein Rolls Royce und für den Benzinverbrauch sollte man sich ein eigenes Emirat erobern."

"Wenn ich mit John Sinclair und Tony Ballard eine Firma gründen würde, könnten die Ghost-Busters von New York glatt zum Arbeitsamt gehen!" sagte Zamorra nachdenklich. "Heiliger Jason, was hätten wir für Möglichkeiten! Wir würden der Dämonen-Mafia eine Dämonenjäger-Camorra gegenüber stellen und dann hätte sogar noch Jerry Cotton ausreichend Arbeit."

Ein großer Haufen glibbrigen Unrats rissen den Parapsychologen aus seinem Grübeln. Der Boden glitt unter seinen Füßen hinweg. Hinter ihm kreischte Nicole Duval, die seine verzweifelt zugreifenden Hände an Rocksaum spürte. Ein kurzer, energischer Schlag und die Finder des Parapsychologen ließen los.

Brüllend rutschte Professor Zamorra seinem Schicksal entgegen.

Die von glitschigen Moder überzogenen Steine gaben keinen Halt. Und sie waren so geschichtet, dass sie in einer fast unmerklichen, aber doch vorhandenen Neigung direkt zum breiten Hauptkanal führten. Eine breite, aus rohen Steinen gemauerte Rinne, in dem die stinkende Brühe der Abwässer einer Millionenstadt Blasen schlug.
Hinter sich hörte Zamorra Nicoles gellenden Schrei. Und es war nicht erkennbar, ob es die Empörung über seinen impulsiven Griff nach ihrem Rock oder die Angst um den Geliebten war.

Dann war das Ende da. Wie ein Kind nach einer Fahrt auf der Rutschbahn im weichen Sand landet, so landete der Meister des Übersinnlichen in einer Substanz, die er als Franzose in seiner eigenen Sprache mit 'Merde' bezeichnete.

Zamorras Schrei wurde erstickt, als das übelriechende Wasser über ihm zusammen schlug. Er ruderte mit Armen und Beinen und kam prustend wieder an die Oberfläche. Mit kräftigen Schwimmbewegungen versuchte er, den rettenden Rand des Kanals wieder zu erreichen.

Aber was war das?

Irgend etwas lauerte dort unten und schien seine wesenlosen Klauen nach ihm auszustrecken.

Kräfte unheimlicher Gewalten ergriffen den Parapsychologen und zogen ihn hinab in die unergründliche Tiefe.

Eine eisige Kralle schien nach Zamorras Herz zu greifen.

Würde dies sein Schicksal sein? Musste er, der unerschrockene Kämpfer der Lichtwelt, hier zwischen Kot und Unrat ertrinken?

Niemals in allen vergangenen fünfhundert Abenteuern hatte er so tief in der Sch....gesteckt wie dieses Mal. (und auch nicht wie beim aktuellen Stand von neunhundertundeinpaargequetschten..)

Mit äußerster Willenskraft versuchte Zamorra, den Kopf über der brodelnden, stinkenden Brühe zu halten, die man nur noch mit viel Phantasie als Wasser bezeichnen konnte. Doch die Kraft des Unheimliche, das ihn herab zerrte, war stärker, war stärker als die in Todesangst verdoppelten Kräfte Zamorras.

Trotz stärkster Gegenwehr zog die unheimliche Macht den Parapsychologen immer weiter abwärts.

Professor Zamorra war unweigerlich verloren...

***

"Es ist doch alles ganz einfach," dachte Asmodis, außer sich vor Freude und zitierte so mit satanischer Freude einen der Kritischen Rezenseten der Heftroman-Szene.

"Da bei Gott und im Heftroman nichts unmöglich ist, brauchte ich nur einen Haufen Fäkalien unter Zamorras Schuhe zu zaubern und mich in einen Kraken zu verwandeln. Und schon ist der Gegner, der mich viele hundert Hefte blamiert hat, besiegt."

Die Befriedigung eines braven Beamten, der einen jahrelang liegenden Vorgang endlich zum Abschluß bringt, brandete in Asmodis auf. Ohne seine unbezwingliche Waffen war Professor Zamorra gegen ihn als Fürsten der Finsternis eine absolute Null.
 
Das Amulett war für ihn hier und jetzt unerreichbar. Das Schwert 'Gwaiyur' lag zur Deckung der Kosten für Nicoles neusten Sportwagen als Sicherheitsleitung bei der Bank. Und der 'Ju-Ju-Stab', mit dem Zamorra Asmodis noch echte Probleme bereiten konnte, lag wohlverwahrt im Safe von Chateau Montagne, seit Nicole mit einem der Gassenköter damit „Stöckchen werfen“ gespielt hatte.

Asmodis widerstand, wie in unzähligen Romanen vorher, der Versuchung, Zamorra schnell zu töten. Wie ein Katze, die nach langer Jagd mit der Maus spielt, so wollte der Fürst der Finsternis auch noch etwas mit dem wehrlosen Opfer spielen.

Professor Zamorra sollte den Tod spüren, wenn er im grünblauen Unrat ertränkt wurde.

***

Der Meister des Übersinnlichen spürte, wie seine Kräfte erlahmten.

Jetzt... jetzt gleich mußte die braune Brühe über ihm zusammenschlagen... dann noch einige bange Minuten des Luftanhaltens... und dann kam das schwere Ende in den gurgelnden Fluten.

"Die Lösung!" schrie sein gemartertes Hirn. "Es muss eine Lösung geben. Es kann noch nicht zu Ende sein... nicht jetzt... bei dieser knappen Seitenzahl!

Die Lösung, du Idiot!" schrie er durch den Computer den Überarbeiter der Story an. "Lass dir gefälligst was einfallen, du Zeilenschinder. Oder geilst du dich an meiner besch....nee, beschämenden Situation auf?

Los, hau irgendwas in den Computer, das der Redakteur begreift, den Leser zufrieden stellt und die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften nicht beleidigt."

Und schon blitzte es in Zamorras Erinnerung auf.

Ein Zauberspruch, den ihm Merlin einmal verraten hatte, als er im Saal des Wissens nach den Geheimnissen des Wein-Geistes geforscht hatte und danach stockbesoffen war.

Niemals zuvor hatte es der Meister des Übersinnlichen gewagt, diesen Machtspruch anzuwenden. Denn nicht einmal Merlin wusste zu sagen, wie groß die Gewalt dieser Beschwörung war und welche Wirkung sie hervor rief.

Doch nun hatte Zamorra nichts mehr zu verlieren. Und so setzte er in seiner Todesangst alles auf eine Karte.

Er wartete, bis er sich in ein Wellental vorgearbeitet hatte, damit der Spruch nicht abgebrochen wurde.

"Drachenzahn und Hexenschrei! Bürste, eile flugs herbei!" kam es über seine Lippen.

Und der Spruch wurde gehört...

***

Aufbrüllend spürte der Fürst der Finsternis, dass sein großer Gegner einen letzten Trumpf ausspielte.

Und er begriff, dass er ein Narr war und seine große Chance hatte verstreichen lassen. Er hätte aus den vergangenen Romanhandlungen wissen müssen, dass die Autoren auch in den unmöglichsten Situationen immer ein As im Ärmel hatten, das sie ihrem Helden im letzten Augenblick zuschieben konnten.

So schnell es ging versuchte Asmodis, mit seinen ganzen Höllenkräften Zamorra unter das Dreckwasser zu reißen.

Doch in diesem Augenblick griffen Gewalten zu, gegen die auch der Teufel nur eine Bauernfigur im kosmischen Schachspiel ist...

***

Wie schon die Weisen auf den Türmen von Bo-roque raunten und die Wissenden von Weridar flüsterten, gibt es eine Macht am Rande des Universums oder in seiner Mitte, am Anfang oder am Ende aller Zeiten. Eine Macht, die über den Kräften von Licht und Dunkelheit wie auch von Gut und Böse erhaben ist.

Eine Macht, die es nicht zulässt, dass sich die Waagschale des Guten wie des Bösen zu einer Seite neigt.

Nur heimlich wagen die Eingeweihten des Zauberkreises oder der heiligen Bastei den Namen dieser ultimativen Macht zu flüstern.

Es ist die Heftromanlogik, die stets dafür sorgt, dass der Held auch aus den ausweglosesten Situationen noch einen Sieg macht. Und sei das Ganze noch so unglaubwürdig oder an den Haaren herbeigezogen.

Diese kosmische Macht also griff ein.

Und sandte Professor Zamorra die Rettung.

***

"Drachenzahn und Hexenschrei! Bürste, eile flugs herbei!" kam es noch einmal machtvoll von Professor Zamorras Lippen, bevor die Fluten wieder über ihm zusammen schlugen.

Doch die Worte der Macht hatten „Es“ herbeigerufen...

Übergangslos erstrahlte das unterirdische Gewölbe in gleißendem weißem Licht.

Geistesgegenwärtig barg Nicole Duval am Ufer des Abwasserkanals ihre Augen mit den Händen und entging der Gefahr, von dem überirdischen Glanz der Erscheinung geblendet zu werden.

Als sich Zamorras Augen nach wenigen Augenblicken an die Helligkeit gewöhnt hatten, erkannte er die Waffe, die das Schicksal in seine Hände gelegt hatte.

Niemals hätte er zu träumen gewagt, daß er dieses Relikt eines vergessenen Okkultismus jemals erblicken würde. Ganze Legionen von schwarzen und weißen Magiern der höchsten Grade wagten, von diesem gewaltigen Machtinstrument nur im Flüsterton zu reden.

Karcisten und Adepten wurden in dieses Mirakel niemals eingeweiht.

Die silberne Klobürste von Esh' du Dwyr!

Die Weisen wollen wissen, dass sie einst beim Latrinenreinigen der Heerscharen des Elbenkönigs Glarelion eine Rolle gespielt haben soll. Als dann die Schatten über die Welt fielen, habe sie den Lokus von Schwarzauberers Amun-Re von Atlantis verziert. Aber den halbvergessenen Legenden der grauen Vorzeit nach war die Bürste älter als das Universum... viel älter...

Bevor ihm eine herangischtende Welle stinkender Brühe den Atem rauben konnte, griff Professor Zamorra zu.

Seine Hand schloss um den Griff der Bürste und sofort spürte er, wie weißmagische Energien seinen ausgelaugten Körper durchrasten.

Die Kräfte der Bürste durchflossen den Körper des Parapsychologen und trafen auf Asmodis, der in der Gestalt eines grausigen Kraken versuchte, Zamorra hinunter in den Tod zu ziehen.

Der Fürst der Finsternis brüllte auf wie zehntausend Sterbliche, als er die Positiv-Energien verspürte. Energien, die sich anschickten, aus Zamorra heraus zu fließen und seinen eignen Teufelskörper zu durchdringen.

Von der Wucht dieses Angriffs voll getroffen erkannte der Höllensohn, dass er dieser Macht nichts Gleichwertiges entgegen zu setzen hatte.

Dazu kam, dass Asmodis noch nicht sein richtiges Kampfgewicht und seiner volle Schlagkraft wieder erreicht hatte.

Der Fürst der Finsternis war noch geschwächt von seinem letzten Zusammentreffen mit Professor Zamorra in jenem Hühnerstall in Drochtersen (s. Professor Zamorra 4678 "Hexen-Hermanns Horror-Hühner"), als die Dorfschönheiten ihm Spiegeleier machen wollten und die Bauernburschen ihm klarmachten, dass „wir auf dem Land unsere Hühner selber treten können.

Mit einem 'Vater-unser' auf den Lippen, das in seiner Höllenwelt einen lästerlichen Fluch bedeutet, zog sich Asmodis schwer angeschlagen zurück...

***

"Oh, wie bin ich glücklich, dich wieder zu sehen, cherie!" flötete Nicole erfreut, als sich Zamorra keuchend und prustend aus dem Wasser hangelte.

Wie üblich in solchen Situationen wollte sie sich ihrem Geliebten an die Heldenbrust werfen. Doch mitten im Anflug schien die hübsche Französin gegen eine unsichtbare Wand zu prallen. Stocksteif blieb sie stehen und sah Zamorra mit kraus gezogenem Näschen an.

"Ist was?" fragte der Parapsychologe, der mit dieser heftroman-untypischen Situation nichts anfangen konnte.
"Wie wäre es, wenn du aus dieser Story verschwindest und im nächsten 'John-Sinclair'-Roman die Rolle als 'Müffi, das Geruchs-Gespenst' annimmst!" fragte Nicole.

"Das Bad war etwas absurd parfümiert!" gab Zamorra zu. "Aber das ist doch kein Grund, mir nicht den in einer solchen Situation redaktionell vorgeschriebenen Kuss zu geben!" Dabei wischte er sich notdürftig eine undefinierbare klebrige, braune Masse aus dem Gesicht.

"Nicht so lange du schlimmer deodorierst als heute morgen!" sagte Nicole kategorisch. "Im Hotel gehst du erst mal unter die Dusche und deine Klamotten bekommt die Kleiderspende..."

"Aber erst, wenn wir das Amulett gefunden haben." unterbrach sie Zamorra. "Die Bürste von Esh' du Dwyr wird uns dabei helfen."

"Wie bitte, cherie?" Nicole sah ihn ganz merkwürdig von der Seite an. "Die Bürste soll uns helfen. Liebling, das ist eine Klobürste. Nur ein Perversling benutzt so was zum Duschen..."

"Nicht zum Duschen, sondern zum Auffinden des Amuletts in diesem Labyrinth wird uns dieses uralte Relikt einer vergessenen Vergangenheit helfen.“ erklärte der Parasychologe. „Die Bürste von Esh' du Dwyr wurde einst aus der Kraft einer entarteten Erbsensuppe geschaffen und ist eine stärkere weißmagische Waffe als alle Dinge, die Merlin jemals mit seinem kosmischen Stabil-Baukasten oder seinen weißmagischen Lego-Steinen jemals erschaffen hat.

Und wenn das Amulett dort schwimmt, wo ich es vermute, brauchen wir die Bürste außerdem, um es wieder sauber zu bekommen..."

***

In der Hölle war der Teufel los.

Lucifuge Rofocale tobte wie der Chefkoch eines Pariser High-Society-Restaurants, bei dem der Gast Ketchup für sein Chateaubriand bestellt.

Durch einen jungen, aufstrebenden Unterteufel hatte ihm Asmodis mitteilen lassen, dass die Aktion 'Zamorras Höllenfahrt' bis auf weiteres zu Gunsten der geneigten Leserschaft eines bestimmten Romanheft-Serie und des Redakteurs aufgeschoben werden mußte.

"Wenn man nicht alles selbst tut...!" röhrte Satans Ministerpräsident, während der ehemals aufstrebende Unterteufel durch eine wütende Handbewegung des Höllenherrschers ins Nichts geweht wurde und im Abyssos verging.

"Achtung! Hier kocht der Chef!" flüsterten sich die Höllenwesen zu, als Lucifuge Rofocale sein Refugium verließ und eine Wolke seines kostbaren Schwefel-Deodorants hinterließ.

Der Höllenfürst wusste, dass er sofort was unternehmen musste. Hatte Zamorra das Amulett erst mal in seinen Händen, war er wieder ein ernst zu nehmender Gegner.

Doch diesmal stand ihm einer der höchsten Herrscher der Hölle selbst gegenüber. Und er würde seine ganze Macht gebrauchen, um Professor diesmal tatsächlich zu vernichten.

Mit machtvollen Worten rief Lucifuge Rofocale das Heer der Nacht zu seinen Diensten...

***

"Iiiihhh! Eine Ratte!" Schrill hallte Nicoles entsetzter Ruf durch das moderfeuchte Gewölbe.

"Die leben überall in den Kanälen!" versuchte sie Zamorra zu beruhigen. „Das ist nun wirklich nichts Aufregendes.“

„Eine Ratte nicht. Aber... ach guck einfach mal hin!“ Zamorras Blick folgte Nicoles ausgestreckter Hand. Und er sah das Grauen aus der Finsternis aus sich zu wogen.

Denn der einen Ratte, die als Kundschafter aus einem Seitenkanal aufgetaucht war, folgten gleich ganze Heerscharen.

„Vielleicht hat eine Ratte Geburtstag und die feiern eine Party!" mutmaßte Zamorra, um Nicole abzulenken.

"Aber sicher. Und sie tanzen gerade um die beiden menschlichen Geburtstagstorten." gab die hübsche Französin zurück.

Mit Grauen erkannte der Parapsychologe, dass sie von ungeheuren Rattenschwärmen umkreist wurden. Immer enger wurden sie Kreise. Immer näher kamen die Ratten. Langsam aber stetig rückten die grausigen Nagen gegen die beiden Dämonenjäger vor. Gelbe Zähne bleckten im fahlen Licht und bösartige, schwarze Augen glitzerten in der Dunkelheit.

Lucifuge Rofocale, der Ministerpräsident der höllischen Majestät von Satanas Merkratik hatte die Horden der Nacht gerufen. Und er hatte ihnen den Ort genannt, an dem sie Fraß finden würden.

Mehr brauchte er den kleinen, possierlichen Nagern nicht zu sagen. Schrille, hohle Pfiffe erklangen durch die Kanalisation. Kleine, runde Ohren wurden gestellt und gelbliche Nagezähne gefletscht. Dann warfen sich die Ratten herum und eilten zu dem Ort, den ihnen der höllische Meister eingegeben hatte.

"Leise, leise - kommen Mäuse! Und aus diesen - werden Riesen!" rief Nicole den Zauberspruch, den der selige Kurt Brand einst sprach, ehe er mit der Schriftstellerei begann. Und damit hatte er dann auch Mäuse genug für sein tägliches Bierchen... oder deren Mehrzahl.

"Bist du wahnsinnig, Nicole! Du darfst doch keinen Spruch aufsagen, der die Nager noch herbeiruft. Gut, dass ich das magische Gegengift für diese Beschwörung habe.“ Und während sich Zamorras Körper straffte, hallte seine Stimme durch die Gewölbe:

"Riesen, Riesen - gehet leise! Werdet wieder kleine Mäuse!"

Denn diesen Spruch murmelte Kurt Brand jedesmal, wenn er einen Besuch der freundlichen Herrn vom Finanzamt hatte. Und siehe da, die kleinen Mäuslein verschwanden und waren nirgends zu finden. Und die Herrn vom Fiskus mussten dann unverrichteter Sache wieder abziehen.

Aber der Zauberspruch Zamorras blieb ohne Wirkung Und dann wogte das pfeifende und zirpende Grauen mit aller Macht heran. Ein Heer der Tiefe, gegen das Professor Zamorra und Nicole Duval keine Waffe besaßen.

Denn was sie hier bedrohte, waren keine schwarzblütigen Kreaturen oder Dämonenwesen, sondern sie Angreifer waren aus Fleisch und Blut, aber mit einer unglaublicher Freßbegierde.

Hier gab es keinen Zauberspruch oder magisches Relikt, um die Attacke von abertausend Nagern abzuwehren. Auch die silberne Bürste von Esh du Dyr war in dieser Situation völlig nutzlos - es sei denn, dass man dieses ehrwürdige Relikt als profanen Prügel gebrauchte.

Immer näher kam die Armee des Todes.

Professor Zamorra schob Nicole hinter sich und drängte sie zurück an das kalte, glitschige und von weißgrünen Schimmel überzogene Mauerwerk der Wand. Beide erkannten, dass es aus dieser Situation keine Rettung mehr gab.

Zamorra hielt die Bürste erhoben und sah mit entschlossenem Gesicht seinem letzten Kampf entgegen.

Dann sprang die erste Ratte...

***

"Da schlag doch Gott den Teufel tot!" Wütend krachte die Faust des Chefredakteurs auf den Tisch.

Um wenigstens halbwegs über die von ihm betreuten Serien informiert zu sein, hatte er sich eines der Manuskripte vom Schreibtisch eines streßgeplagten Redakteurs geholt und die Handlung überflogen. Aber was er hier lesen mußte, sprengte den Rahmen jeglicher Phantastik. Erschrocken eilte eine seiner Sekretärinnen in den Raum.

"Herr Schönversprecher soll kommen. Und Herr Rolltdasgeld auch." grollte der Redaktionsgewaltige.

"Denen mach ich die Hölle so heiß, wie sie es aus ihren Romanen kennen. Und dann bringe ich ihnen so viel Wasser im A.... zum Kochen, dass man damit die ganze Wüste Sahara bewässern könnte." versprach er mit grimmiger Miene, während die Sekretärin sich bemühte, ihre Stimme so normal wie möglich klingen zu lassen.Man musste die beiden zum Rapport Befohlenen nicht schon vorher beunruhigen.
 
Augenblicke später standen die beiden Gerufenen vor dem Herrn und Gebieter des Action-Roman-Programms.

"Jetzt erleben Sie mal ein richtiges Abenteuer life!" schien der Blick des hochgewachsenen, breitschultrigen Mannes mit dem sympathischen Gesicht eines echten Ruhrpott-Malochers dem Jüngeren mitteilen zu wollen. Und als Monster- alias Missouri- oder jetzt auch Mad-Mike die Leichenmiene seines Chefs sah, wünschte er sich nichts sehnlicher, anstatt hier an diesem unangenehmen Platz zu stehen, jetzt an der Seite von Gudrun Heber zu sein. Als Double für Tom Ericson wollte er mit ihr das lieber gefährliche Abenteuer erleben, dass ihm seine Phantasie in diesem Augenblick vorgaukelte.

Ein 'Abenteuer', das allerdings für ihn bei aller Faszination sogar tödlich enden konnte. Wer kennt denn das Vorleben einer Roman-Heldin? Immerhin kann Gudrun Heber ja HIV-infiziert sein...

"Heiliger Jason! Was fällt dem Kerl eigentlich ein!" brüllte der Chefredakteur. "Wie kann dieser Autor unsere hochedle Heldengestalt Zamorra in eine solche Situation bringen. So ein Quatsch! Das geht doch nicht!"

"Alles geht! Nur der Frosch... der hüpft!" wagte der 'Abenteurer' zu sagen und empfing dafür einen giftigen Blick, an dem eine Königs-Kobra eingegangen wäre.

"Aber das ist doch unmöglich!" Der Chefredakteuer schob dem ehemaligen Serienredakteur das Manuskript zu und wies aus die angestrichenen Stellen. Obwohl sich Holy Jason nicht mehr erinnerte, wann er den letzten Roman der Serie gelesen hatte, war er sofort wieder in der Handlung.

"Man kann über diesen Lippstädter aus Südhessen ja sagen, was man will, Ideen hat er jedenfalls!" brummte Rolltdasgeld. "Zamorra stirbt und führt als abgenagtes Skelett seinen Kampf für das Gute weiter. Und Nicole macht einen Strip-Tease, der die Ratten so fasziniert, dass sie entkommt, während die Biester auf dem Höhepunkt der Extase angekommen sind. Interessant ...!"

„Faszinierend – aber unlogisch!“ wagte der Abenteurer hervorzubringen. Immerhin, es war jetzt seine Serie. Da musste er was zu sagen. Irgend was jedenfalls..

"Quatsch ist das! Bodenloser Quatsch!" tobte der Chefredakteur wie einErdbben der Stärke Sechs. "War der Kerl besoffen, als er das geschrieben hat? So einen Mist kann man doch nicht drucken!"

"Das Papier hat sicher keine Chance, sich gegen einen Druck des Manuskripts zu wehren!" sagte der 'Abenteurer' aus dem 'Dämonenland' und setze hinzu. "Wer hat schon eine Chance zu protestieren, wenn er Druck von oben bekommt?"

"Und die Leser protestieren auch nicht. Die gucken sich dann die Horror-Filme im Fernsehen an, wo die Handlungen noch unlogischer und noch schwachsinniger sind und kaufen dafür dann unsere Serie nicht mehr!" gab der Chefredakteur zurück. "Bloß gut, dass die Konkurrenz vom Markt ist."

"Was wir in dieser Situation brauchen, ist ein richtiger Schocker!" entfuhr es dem Alt-Redakteur."Dann bringen wir die Sache wieder richtig zum Laufen!" Aber diese Bemerkung wurde überhört.

"Schicken Sie das Manuskript zurück, Monster-Mike!" befahl der Redaktions-Gewaltige. "Der Autor soll es ändern und wenn noch so großer Blödsinn dabei heraus kommt.

Zamorra muss überleben... schon damit Sie hier überleben. Ich denke“ sein Blick glich dem eines Hundes, der beißen will, „dass ich mich hier ganz klar und deutlich ausgedrückt habe. Die Diskette soll dann sofort in den Satz, damit der Termin gehalten wird. Denn sonst setzen Sie vielleicht wieder so einen unbekannten Typen als Reserve-Lamont ein, der alte Gruselfilme abkupfert und Zamorra in der Handlung die Hauptrolle spielen läßt." (Ja, das hat es auch gegeben. Nach dem Motto: Das macht doch nichts. Das merkt doch keiner...)

"Das mit der Diskette geht nicht. Der Autor arbeitet noch mit normaler Elektro-Schreibmaschine!" gab der Angesprochene zurück. "Das Manuskript muss erst noch abgetippt werden!"

(Hier erkennt der geneigte Leser, daß diese Story schon recht betagt ist. Inzwischen verfügt auch Monsieur Lamont über Gerätschaften, über die Perry Rhodan und Rhen Dark in ihren ersten Bänden gestaunt hätten. Aber damals, als die Originalstory geschrieben wurde, hat sich Werner Kurt Giesa gegen diese Art von Technik gewehrt wie die preußischen Bauern des alten Fritz gegen die Einführung der Kartoffeln. Also versetzen wir uns in diese Zeiten... und das gilt auch jetzt im Februar 2009, obwohl die Nachgeborenen sich heute kaum noch eine Welt ohne Computer vorstellen können)
.
"Wohl noch nie was von Rationalisierung durch Computer gehört, wie? Leben unsere Autoren eigentlich im Mittelalter?" tobte der Chef-Redakteur.

"Ich weiß einen unserer erfolgreichsten Autoren, der lebt in dieser Hinsicht in der Steinzeit!" grinste Monster-Mike und erntete bei seinem Vorgänger im Amt einen bissigen Blick.

Was musste man ihn immer wieder damit aufziehen, dass er wie zu Großväterchens Zeiten auf einer manuellen Olympia-Maschine seine Manuskripte runter hämmerte. Sollten die Computer-Freaks erst mal höhere Auflagen einfahren als er.

Der geistige Vater eines gewissen Geisterjägers betrachtete die Arbeit an der alten Hacke für sich als alternatives Fitnessprogramm.

Eine Art Literaten-Body-Building...

***

Mit einem Ruck schüttelte Professor Zamorra die Ratte ab, die sich in seinem weißen Jacket verbissen hatte. Pfeifend überschlug sich der kleine Nager und landete zwischen seinen Artgenossen.

Und schon sprang die nächste Ratte. Mit einigen Sätzen gelangte sie fast bis zu Zamorras Kopf.

"Emil! Würg ihn!" pfiff es von unten in der für Zamorra unverständlichen Rattensprache.

Mit einer raschen Handbewegung fegte der Parapsychologe das Biest herab. Um aber die Bundesprüfstelle mit ihren Bedenken gegen 'Ratten-Romane' nicht übermäßig zu reizen, vermied es Zamorra nach Möglichkeit, eine der Ratten zu töten.

Und dann hatte der Meister des Übersinnlichen plötzlich den rettenden Gedanken. Denn ihm war zu Bewusstsein gekommen, dass er immer noch den gleichen Anzug trug wie damals in Hameln, als er gegen den dämonischen Rattenfänger kämpfte (s. Professor Zamorra 1327 'Rattentanz des Schreckens').

Hastig durchsuchte Zamorra die Taschen des Jacketts.

Erleichtert atmete er auf, als er spürte, dass die kleine Flöte noch da war. Das unscheinbare Instrument, mit dem der Teufelsrattenfänger soviel Angst und Schrecken verbreitet hatte. Nun würde der Meister des Übersinnlichen den kleinen Biestern die Flötentöne beibringen und die Londoner Kanalisation zu Ratten-Disco machen.

Während sich die gefährlichen Nager zum Generalangriff sammelten, setzte Professor Zamorra die Flöte an die Lippen und begann zu spielen...

***

"Aufhören! Bei Satans Kuhschwanz, das ist ja gräßlich!" heulte Lucifuge Rofocale. "Lieber ertrage ich Erlik von Twerne als Helden-Tenor einer Wagner-Oper oder Werner Kurt Giesa beim „Pony-Express“ am Schlagzeug als diese schrägen Töne!"

Satans Ministerpräsident hatte sich in das Innere einer Ratte verfügt, um von dort aus das Ende seines großen Gegners zu erleben. Und jetzt dudelte der Typ schrille Flötentöne wie ein alternativer Straßenmusikant bei der Kasseler Documenta.

Am liebsten wäre Satans Ministerpräsident bei dieser Vergewaltigung jeglicher Ton- und Harmonielehre sofort hinab in die Hölle geflohen. Doch Lucifuge Rofocale wusste nur zu gut, dass ihn die Höllengesetze zwangen, noch eine bestimmte Zeit im Körper der Ratte auszuharren, bis er sich in die Hölle zurück flüchten konnte.

Es gab nur eins, um dieser Folter durch eine Tonfolge zu entkommen, die jeder Art der klassischen Kompositionslehre Hohn sprach. Der Höllengebieter musste fliehen. Sofort und auf der Stelle. Auch, wenn er im Körper einer Ratte fliehen musste und noch eine lange Zeit als Ratte unter Ratten hausen musste.

Doch das war alles egal. Fort – nur fort von diesem Ort, wo dieser „Zauberflöte“ eine Carmagmole entströmte, wie sie nur das Gehirn eines Geisteskranken in Noten fassen kann.

Mochte Professor Zamorra das Amulett finden und damit selig werden.

„Heute ist nicht alle Tage. Ich komm wieder – keine Frage!“ zischte Lucifuge Rofocale voller Hass.

„Aber Chef! Immer schön fröhlich bleiben!“ hörte er von ganz unten die Stimme des Asmodis. Satans Ministerpräsident fauchte und hätte fast die komplette katholische Karfreitags-Liturgie zusammen geflucht. Aber da waren diese schauerlichen Flötentöne die ihn zwangen, die Flucht zu ergreifen.

„Na warte, Asmodis“ fauchte der Höllenherr. „Wenn ich wieder unten bin, dann werde ich dir die Flötentöne beibringen...“

Aber dann Satans Ministerpräsident der Ratte sie sein Innerstes mit sich trug, die Flucht. Fiepend und kreischend folgte ihnen das grauen Heer der Nacht durch die dunklen Gänge zu anderen Plätzen.

Fort, nur fort von diesen grauenvollen Tönen.

Zwar besaß die Flöte keinerlei Zauberkräfte wie die Tröte aus der Rumpelkammer der Königin dar Nacht, mit der sich Prinz Tamino durch die ganze Oper kämpft, aber Zamorra glaubte wenigstens daran. Und so ahnte er nicht, dass ihn nicht magische Kräfte, sondern nur seine miserabelen spielerischen Variationen auf der Flöte gerettet hatten.

Aus der Ferne verklangen die Pfiffe der Ratten im Nichts.

Doch Professor Zamorra dachte gar nicht daran, mit der Flöterei aufzuhören. Auf den Knien lag Nicole Duval vor ihm und umschlang seine Knie mit der flehentlichen Bitte, doch endlich das grausame Spiel zu beenden.

Doch der Meister des Übersinnlichen glaubte, sein Talent für das Lieblingsinstruments Friedrich des Großen entdeckt zu haben und flötete fröhlich weiter.

Eine Melodie, wie sie nur im krankhaften Gehirn eines wahnsinnigen Komponisten entstehen kann, jaulte und fiepte durch die Gänge und übertönte das Rauschen der Abwässer.

Dennoch diese musikalische Kreation eines geistig Umnachteten mit einigen fetten Beats und wummernden Bässen unterlegt, dazu das Gefasel irgend eines schlacksigen Typen, der erzählt, dass er völlig fertig und die ganze Welt schlecht ist, dazu das Ganze in der richtigen Lautstärke gespielt, das musste alle Chancen auf einen hohen Platz in den Charts alternativer Discotheken haben.

Dennoch – Musik wird störend oft empfingen - weil sie mit Geräusch verbunden..
 
Vergebens flehte Nicole Duval um Erbarmen.

Aber Zamorra flötete weiter. Er fand sich gut. Und nur das zählte. Hier und jetzt – da konnte er einmal sein Innerstes freigeben und sich selbst verwirklichen. Ob das anderen gefiel oder auf die Nerven ging – was stört es den wahren Künstler, dem es gelingt im Himmelreich der Töne zu schwelgen.

Ob Nicole Duval unter seinen künstlerischen Ergüssen litt, war in diesem Fall egal. Jetzt war seine Zeit. Jetzt war seine Stunde. Jetzt wurde geflötet...
 
Als Nicole Duval schon alle Hoffnung aufgegeben hatte, geschah das Unerwartete.

Plötzlich erklang ein Ton, der sich dem Vorgänger melodisch anfügte. Der Anfang einer Melodie war geschaffen.

Doch im gleichen Augenblick zerfiel die Flöte zu Staub.

Erleichtert atmete Nicole Duval auf, während Professor Zamorra belämmert an sich herunter starrte, währen die Zauberflöte in seinen Händen zerkrümelte...


***

Geduckt schlichen Zamorra und Nicole durch die düsteren Gelasse der Kanalisation. Jeden Augenblick könnte das Grauen wieder zuschlagen. Bei jedem Herzschlag konnte eine neue, tödliche Gefahr vor ihnen empor wachsen.

Aber – nichts geschah!

Vergeblich erwartete Professor Zamorra, dass ein Spinnenschatten der Meeghs über sie herfiel oder einer der Mächtigen vor ihnen auftauchte. Denn die Meeghs waren zu einer kleinen Party bei Perry Rhodan eingeladen. Und die Mächtigen saßen in irgendwelchen Aufsichtsräten. Die Dynastie der Ewigen aber war im Parlament des Freistaates Bayern. Also gab es keine der bekannten gegnerischen Kräfte, die sich Zamorra und Nicole noch in den Weg stellten.

Und so lässt der Bearbeiter der Story, um üble Zeilenschinderei zu vermeiden, in diesem Augenblick die silberne Klobürste von Esh' du Dwyr aufstrahlen wie ein KKW bei einem Super-Gau.

"Das Amulett!" flüsterte Zamorra. "Die Bürste hat das Amulett geortet. Dort..."

Nicoles Blick folgte seiner Hand, die auf einen glitschig braunen Haufen wies. Matt blinkte die Silberscheibe aus dem Unrat.

Professor Zamorra strahlte wie ein Kind, da- hinter dem Bart des Weihnachtsmannes Onkel Kuno erkannt hat.

"Den guten Mächten sei Dank, dass wir das Amulett wieder haben!" stieß er hervor. "Sei doch so lieb, Nicole und nimm es vorerst an dich."

"Was? Ich das Ding aus der Sch.... ziehen! Dich haben sie wohl mit dem Klammerbeutel gepudert, Zamorra!" giftete Nicole.

"Du kannst es ja vorher reinigen! Hier, ein Taschentuch...!" stieß der Meister des Übersinnlichen hervor. Aber da hatte er etwas Schönes gesagt.

"Oooohhhh! Du Unhold! Du Super-Macho!" stiess Nicole empört hervor. "Du tust ja, als ob wir verheiratet wären. Bin ich deine Sekretärin oder deine Putzfrau? Mach die Sch.... gefälligst selber!"

"Sch.... sagt man nicht. Davon geht die Bildung in den A...." dozierte Zamorra. "Und nun spiel mal schön die Tante Blank und putz die Platte. Lass dich von der fetten Made, die sich da auf dem Drudenfuß sonnt, bloß nicht stören."

"Das dreckige Ding fasse ich nicht an. Niemals!" schrie Nicole. "Nicht mal ein Teufel wagt sich aus der Hölle, um es jetzt zu kassieren, während seine Kräfte durch die Fäkalienhülle absorbiert sind und..."

"Narr!" sagte der Extra-Sinn des Lucifuge Rofocale in der Hölle, als er das Gespräch belauschte. "Das hättest du wissen müssen. Also noch mal full Speed zur Erde und... Stoffwechselendprodukt!!!"

Als vornehmer Höllenfürst befleissigte sich Lucifuge Rofocale einer ausgewählten Konversation, wo ein Dämon wie ein Mensch längst das profane Wort Sch..... gesagt hätte.

Denn sein Materie und Dimensionen durchdringender Blick zeigte ihm an, dass die Bürste von Esh' du Dwyr plötzlich ihr Eigenleben entwickelte...

***

Aus ihrem Inneren heraus begann die Bürste plötzlich zu leuchten. Und es war ein Glanz – heller als tausend Sonnen.

Impulsiv ließ Professor Zamorra den Stiel los und das geheimnisvolle Relikt schwebte über dem Amulett. Langsam ließ sie sich darauf nieder. Und überall, wo die silberne Klobrüste die Silberscheibe berührte, blitzte sie wie ladenneu.

"Der Meister!" flüsterte Nicole Duval gebannt. "Das ist das Werk des Meister Propper mit der Zirtuskraft!"

Wie ein weißer Wirbelwind umrundetete die Bürste das Amulett.

Dann schwebte Merlins Stern wie von Geisterhänden getragen zu Professor Zamorra hinüber. Der Meister des Übersinnlichen ergriff die Silberkette und hing sich seine stärkste Waffe gegen die Kräfte der Hölle wieder um den Hals.

Der Stiel der Bürste jedoch schmiegte sich in Nicoles Hände.

"Meine magische Kraft ist erloschen" flüsterte es ersterbend in ihrem Inneren. "Aber vielleicht kann ich dir irgendwann nach deiner Hochzeit mit Zamorra noch dienlich sein..."

***

Die letzten Strahlen der untergehenden Sonne streiften gerade den Big-Ben, als einige Passanten ein französisch sprechendes Pärchen völlig verdreckt aus dem Kanalschacht steigen sah.

Und während sich Zamorra und Nicole umarmten und küssten, konnten sich die unvoreingenommenen Betrachter der englischen Hauptstadt nicht genug über die Leute vom Kontinent wundern...

 

 ENDE

 

Noch 'n Nachwort!
Diese Story wurde ungefähr in den Jahren 1982/83 in verkürzter Form geschrieben. Autor war mein damals 20jähriger Bruder Peter Michael, der diese Satire unter dem Pseudonym 'Karolus von Twerne' schrieb. Die Erstveröffentlichung des Originals fand in einer Festschrift zu Werner Kurt Giesas 10jährigem Jubiläum als Schriftsteller Anno 1988 statt. Für das Magazin zur Feier des 5OOsten Zamorra-Romanes habe ich das Manuskript überarbeitet, ohne etwas zu verändern oder auszulassen... aber um noch einiges hinzu zu setzen. Da jedoch das Grundkonzept recht alt ist, sind die neueren Entwicklungen in der Serie nicht berücksichtigt. Ich hoffe, dass der Leser dennoch Spaß hatte... der Schreiber der Neufassung hatte ihn jedenfalls.

 

Kommentare  

#1 Dolmial 2009-02-28 21:32
Doch da erschien der Dämon namens Grosser Murks und stauchte Asmodis zusammen und Lucifuge Rofocale erschauerte ob seines Daseins in der Londoner Kanalisation.

Es war eine einfach herrliche Qual sich durch diesen Zamorra zu lesen! :cry:

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